
Von Don Michael Gurtner*
Frage 1: Hochwürden, wenn wir das Epizentrum der gegenwärtigen, Jahrzehnte andauernden Krise ausmachen wollen: Wo müssen wir nachsuchen?
Antwort: Nun, manche meinen, es handle sich um eine Krise, die von einem moralischen Verfall ausgeht, andere sagen, es seien die Einflüsse einer bösen Welt, die vom guten Gott nichts mehr wissen wolle, die „Gott los“-geworden ist und die ihr neu erworbenes gottloses Denken nun auch in demselben Maße in die Kirche eingebracht hat, in dem die Kirche die Welt in sich aufgenommen hat. Beides sind aber nur verschiedene Ausdrücke einer woanders zu ortenden Krise und treffen die Sache nicht wirklich exakt. Sie streifen sie eher bloß. Die Frage nach der innersten Grundursache der großen Krise ist sicher komplex und hat verschiedene Einflüsse, die zusammenspielen, und dann, in ihrem Zusammenspiel, zu dem führen, was wir täglich beobachten müssen. So wären beispielsweise die Fragen nach der Krise im Klerus und jener der Krise unter den Gläubigen zunächst getrennt voneinander zu betrachten, weil es hier im Beginn wohl unterschiedliche Dynamiken gab, die sich erst zu einem späteren Zeitpunkt vereinten, wobei der erste Schritt ganz sicher im Klerus zu suchen ist, der aus dem Ruder gelaufen ist. Der Großteil der Gläubigen wurde nach dem Zweiten Vaticanum vom Klerus – der selbst wiederum ungesunde Direktiven von den höheren Instanzen bekam, denen er in blindem Gehorsam unhinterfragt vertraute – einfach mit etwas überrumpelt, was sie selbst eigentlich gar nicht wollten, und wohl auch ein Großteil des Klerus nicht wirklich wollte. Man lehnte diese Neuerungen, die nach dem jüngsten Konzil beinahe schon gewaltsam aufoktroyiert wurden, zunächst überwiegend ab. Erst nach einiger Zeit, als das vormals Neue dann selbst zum Gewohnten geworden war, kippte diese Ablehnung, und nun verteidigte man mit Zähnen und Klauen, was zuerst eigentlich kaum jemand wirklich wollte. Die schädlichen und ungesunden Neuerungen gingen zunächst von einer kleinen, aber lauten und aggressiven Minderheit aus, welche die geistliche Orientierung verloren hatte. Viele von denen, die diese Umwälzungen damals als einfache Gläubige miterlebt hatten, berichten einhellig dasselbe. Es ist diese Dynamik des Herdentriebes, des „Mainstreams“, der vorsagt, was dann alle nachzusagen haben, wenn sie sich nicht, besonders als Kleriker, selbst ins Abseits schießen wollen. Aber das sind die Umstände, nicht die Begründung selbst.
Aber wenn wir einen einigermaßen synthetischen und konzisen Ansatz einer Antwort versuchen wollen, so bewährt es sich, für eine erste, vorerst noch etwas grobe Analyse der Sachlage die verschiedenen Problematiken auf einen gemeinsamen Kern hin abzutasten, gleichsam wie man die Radien konzentrischer Kreise immer weiter verkleinert, um zum gemeinsamen Ursprung vorzustoßen.
Ausgehend von der offensichtlichsten aller Krisen, der sogenannten „großen Kirchenkrise“, stellen wir uns die Frage, was dieser eigentlich zugrunde liegt, und stoßen dann sehr schnell auf deren Ursprung, welche eine Glaubenskrise ist. Diese wiederum ist eine Krise, die einerseits zwar auf einer katholischen Bildungskrise beruht, weil die katechetische Verkündigung über weite Teile mangelhaft und über ebenso weite Teile sogar wirklich inhaltlich falsch betrieben wird. Das hat unweigerlich Auswirkungen auf das rein faktenbezogene Glaubenswissen, aber auch auf das Kirchenverständnis, und schließlich wirkt dies auf das gesamte Glaubensleben. Dies steht im ewigen Wechselspiel mit der schweren Liturgiekrise, welche zwar selbst teils Ausdruck dieser Glaubenskrise ist, aber zu einem noch größeren Anteil deren Hauptursache: Eine verkürzte und verkrüppelte Liturgie verändert den Glauben der Menschen mittelfristig zunächst negativ, wobei dieser veränderte Glaube dann seinerseits wiederum auf die Liturgie rückwirkt, indem aus diesen Glaubensirrtümern heraus der Ruf nach einer noch mehr verkürzten Liturgie erwächst, die den Glauben dann noch mehr herausfordert und schwächt, und dieses Spiel wiederholt und verstärkt sich in einem unaufhörlichen Teufelskreis. Wir sehen es seit Jahrzehnten, und die Spirale dreht sich immer weiter nach unten. Überall dort, wo man begonnen hat nachzugeben, kam gleich darauf die nächste Lockerung/Verfremdung und gleich danach noch eine, und so weiter.
Diese Liturgiekrise ist es, die zuerst durchbrochen werden muß, auch gegen alle Widerstände, wenn wir auch aus allen anderen Krisen herauskommen wollen. Die Liturgie steht nicht am Ende, sondern am Anfang aller Lösungen! Im Zentrum der Liturgiekrise steht wiederum die „eucharistische Krise“: Dieses Sakrament, das ein wahres und einzigartiges Opfer ist, ist das alleinige Zentrum aller Liturgie (denn jede Form von Liturgie läuft letzten Endes auf das Kreuzesopfer hinaus), und dieses Zentrum der Liturgie ist gemeinsam mit dieser das Zentrum der Kirche. Deshalb ist die Restauration der Liturgie an die Stärkung und Korrektur des eucharistischen Opferglaubens gebunden und wird nicht abgelöst von dieser geschehen können. Es kann nur die Eucharistie sein, von der alles Heil, und damit auch alle Heilung des Verwundeten, ausgeht, ausgehen muß, und auch ausgehen wird. Einfach schon allein deshalb, weil es gar nicht anders geht.
*Mag. Don Michael Gurtner ist ein aus Österreich stammender Diözesanpriester, der in der Zeit des öffentlichen Meßverbots diesem widerstanden und sich große Verdienste um den Zugang der Gläubigen zu den Sakramenten erworben hat.
Das Buch zur Reihe: Don Michael Gurtner: Zur Lage der Kirche, Selbstverlag, 2023, 216 Seiten.
Alle Beiträge:
- Zur Lage der Kirche – eine neue Kolumne
- Zur Lage der Kirche – Frage 1
- Zur Lage der Kirche – Frage 2
- Zur Lage der Kirche – Frage 3
- Zur Lage der Kirche – Frage 4
- Zur Lage der Kirche – Frage 5
- Zur Lage der Kirche – Frage 6
- Zur Lage der Kirche – Frage 7
- Zur Lage der Kirche – Frage 8
- Zur Lage der Kirche – Frage 9
- Zur Lage der Kirche – Frage 10
- Zur Lage der Kirche – Frage 11
- Zur Lage der Kirche – Frage 12
- Zur Lage der Kirche – Frage 13
- Zur Lage der Kirche – Frage 14
- Zur Lage der Kirche – Frage 15
- Zur Lage der Kirche – Frage 16
- Zur Lage der Kirche – Frage 17
- Zur Lage der Kirche – Frage 18
- Zur Lage der Kirche – Frage 19
- Zur Lage der Kirche – Frage 20
- Zur Lage der Kirche – Frage 21
- Zur Lage der Kirche – Frage 22
- Zur Lage der Kirche – Frage 23
- Zur Lage der Kirche – Frage 24
- Zur Lage der Kirche – Frage 25
- Zur Lage der Kirche – Frage 26
- Zur Lage der Kirche – Frage 27
- Zur Lage der Kirche – Frage 28
- Zur Lage der Kirche – Frage 29
- Zur Lage der Kirche – Frage 30
- Zur Lage der Kirche – Frage 31
- Zur Lage der Kirche – Frage 32
- Zur Lage der Kirche – Frage 33
- Zur Lage der Kirche – Frage 34
- Zur Lage der Kirche – Frage 35
- Zur Lage der Kirche – Frage 36
- Zur Lage der Kirche – Frage 37
- Zur Lage der Kirche – Frage 38
- Zur Lage der Kirche – Frage 39
- Zur Lage der Kirche – Frage 40
- Zur Lage der Kirche – Frage 41
- Zur Lage der Kirche – Frage 42
- Zur Lage der Kirche – Frage 43
- Zur Lage der Kirche – Frage 44
- Zur Lage der Kirche – Frage 45
- Zur Lage der Kirche – Frage 46
- Zur Lage der Kirche – Frage 47
- Zur Lage der Kirche – Frage 48
- Zur Lage der Kirche – Frage 49
- Zur Lage der Kirche – Frage 50
- Zur Lage der Kirche – Frage 51
- Zur Lage der Kirche – Frage 52
- Zur Lage der Kirche – Frage 53
- Zur Lage der Kirche – Frage 54
- Zur Lage der Kirche – Frage 55
- Zur Lage der Kirche – Frage 56
- Zur Lage der Kirche – Frage 57
- Zur Lage der Kirche – Frage 58
- Zur Lage der Kirche – Frage 59
- Zur Lage der Kirche – Frage 60
- Zur Lage der Kirche – Frage 61
- Zur Lage der Kirche – Frage 62
- Zur Lage der Kirche – Frage 63
- Zur Lage der Kirche – Frage 64
- Zur Lage der Kirche – Frage 65
- Zur Lage der Kirche – Frage 66
- Zur Lage der Kirche – Frage 67
- Zur Lage der Kirche – Frage 68
- Zur Lage der Kirche – Frage 69
Vergelt’s Gott an HH Don Michael Gurtner für diese Artikelserie. Der Dirigent Herbert v. Karajan brachte es mit diesem Satz auf den Punkt: „Wer die Form verändert, verändert auch den Inhalt.…“. Dieses Prinzip trifft in höchstem Maß auf die Veränderungen von nahezu 2000 Jahren Liturgie- und Gebetspraxis zu.
Es war nicht schlecht, daß die Kirche in einem Pastoralkonzil dringliche und wichtige Fragen zeitgenössischer Pastoral behandelt, solange es klare und mit der Lehrtradition stimmige Aussagen gegeben hätte, die aus einem tiefen übernatürlichen Glauben und einer entsprechenden Sendung= Mission kommen. Das Gegenteil war der Fall.
Noch schlimmer aber war, daß die Kirche mit dem „neuen V2-Denken“ eine vollkommene Profanisierung durchmachte. Es ging nicht mehr um eine höhere, ewige Sendung der Kirche. Man wollte sich wie ein NGO-Verein der Welt in plumper, ja geradezu primitiver Weise anpassen, wodurch man ja schon äusserlich erfahrbar die Sendung verliert. Welche übernatürliche Sendung hat ein Priester, der dem Altar Gottes (Hochaltar) den Rücken zudreht und ein häßliches Meßgewand im Stil eines Karibik-Duschvorhangs einem weihevollen Meßgewand an einem „Mahltisch“ mit Blick in die Gemeinde aus Holz vorzieht?
Wenn uns der Heiland klar sagte: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt…“, so darf man aus der übernatürlichen Sendung der Kirche keine profane NGO-Mission machen. Darin liegt schon der Denkfehler.
Natürlich ist diese Profanisierung der Kirche (Zerstörung des Altars) ein Teil der Logen-Agenda, die zuerst einmal die Monarchien beseitigte. Die Zerstörung des Thrones und der Krone, die ja durch sakramentale Salbung dem Monarchen in seiner übernatürlichen Sendung in der Welt aufgesetzt wird, war ja auch dahingehend notwendig, als der christlich gesalbte Monarch der erste Verteidiger und Schützer der Kirche war (defensor fidei), wie natürlich im letzten Urgrund seiner Sendung und seiner Entscheidungen sich an Gott im Glauben wandte. Natürlich war ein katholischer Monarch auch ein fehlender Mensch, aber im letzten Urgrund mit Gott verbunden und von einer guten, übernatürlichen religiösen Sendung geleitet, mit hohem Rechenschaftsgefühl gegenüber Gott.
Mit heutigen Parteipolitikern ohne übernatürliche Sendung und Glaubensorientierung können die Probleme in Staat und Welt schon gar nicht gelöst werden.
Der Profanisierungsgedanke ist eine Grundlage im Modernismus, dem leider auch- vermutlich unbewusst als Kind seiner Zeit- weiland SH Papst Benedikt XVI. Wer das Papstamt als übernatürlich betrachtet, der wird- egal welche Umstände und Gründe eine natürliche Sendung beenden würden- keinesfalls von dieser übernatürlichen Sendung zurücktreten, sondern sie im übernatürlichen Verständnis der Hingabe und göttlichen Vorsehung erfüllen, WIE GOTT ES WILL. Das hat uns der Hl. Papst Johannes Paul II. als mystisch-betender Papst vorgelebt und damit das Papstamt in seiner Übernatürlichkeit sehr gestärkt, SH Papst Benedikt XVI. hat es mit seinem völlig aus dem modernstischen Denken kommenden Rücktritt enorm beschädigt, einer nunmehrigen Bedeutungslosigkeit preisgegeben, ein „Job“ wie jeder andere, wo man in Pension geht.
Nicht falsch, aber wozu ein solches Buch 2023? Sowas lesen wir doch seit 50 Jahren, und gebracht oder geändert hat es all die Jahrzehnte nichts.