Zur Lage der Kirche – Frage 13

60 Jahre nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil – Eine Analyse


Don Gurtner Zur Lage der Kirche

Von Don Micha­el Gurtner*

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Fra­ge: Wel­ches ist dann das ent­schei­den­de Kri­te­ri­um für ein Ja oder ein Nein der Kirche?

Ant­wort: Was das Mora­li­sche angeht, so gibt es drei Berei­che: Neben dem Guten und dem Schlech­ten bzw. dem Bösen (was von­ein­an­der noch­mals zu unter­schei­den ist) gibt es auch noch die Adia­pho­ren, d. h. das Neu­tra­le, das weder gut noch schlecht ist und wo man frei wäh­len kann.

Die­ser neu­tra­le Bereich ist auch als frei wähl­bar anzu­er­ken­nen, und die­se Frei­heit soll­te die Kir­che eigent­lich ver­tei­di­gen. Mit­un­ter war und ist man da viel­leicht wirk­lich zu uti­li­ta­ri­stisch, im Sin­ne, daß man etwa allem, was nicht einen wirk­li­chen (reli­giö­sen) Nut­zen hat, einen ableh­nen­den bis nega­ti­ven Stem­pel auf­drück­te. Oder daß man neu­tra­len Din­gen unge­recht­fer­tigt etwas Schlech­tes unter­stell­te, wo es nicht ange­mes­sen ist. Sol­che Din­ge scha­den dann letzt­lich auch den Ein­wän­den der Kir­che, wo die­se gut, rich­tig und not­wen­dig sind.

Es gibt bei­spiels­wei­se Leu­te, auch Kle­ri­ker, die es kri­ti­sie­ren, wenn sich Frau­en oder Män­ner zu modisch klei­den, auch dann, wenn es nicht frei­zü­gig ist. Oder wenn Leu­te einem Hob­by nach­ge­hen, das kei­nen eigent­li­chen Nut­zen bringt und daher, in deren Augen, raus­ge­schmis­se­nes Geld und ver­ta­ne Zeit ist. Frü­her gab es Zei­ten, da ver­bot die Kir­che man­cher­orts aus die­sem Grun­de das Schach­spiel, heu­te ist es viel­leicht eine Sam­mel­lei­den­schaft oder Ähn­li­ches. Oder wenn das Auto zu groß, der Urlaub zu weit oder die Klei­dung zu schön und der Stil zu auf­wen­dig ist. Hier haben wir es mit Berei­chen zu tun, die wirk­lich dem Ermes­sen des ein­zel­nen zu über­las­sen sind und wo eine Kri­tik nicht statt­haft ist, weil es eben dem neu­tra­len, legi­ti­men Bereich des frei Ent­scheid­ba­ren zuzu­ord­nen ist, wenn jemand sein Geld für Mar­ken­klei­dung, tech­no­lo­gi­sche Spie­le­rei­en oder schö­ne Möbel aus­gibt. Hier soll sich der Kle­rus nicht ein­mi­schen, vom Hilfs­ka­plan bis zum Papst.

Grund­le­gen­de Richt­schnur im Bereich des Mora­li­schen, wel­che heu­te viel zu wenig ver­tei­digt und ein­ge­for­dert wird, ist jeden­falls das Natur­recht. Hier ist das ent­schei­den­de Maß zu fin­den, an dem sich Ja und Nein schei­den müs­sen. Aber wäh­rend man­che Krei­se der Kir­che heu­te jeg­li­che Art von Kon­sum zur Ursün­de schlecht­hin erklä­ren, befür­wor­ten die­sel­ben Leu­te alle mög­li­chen Din­ge, wel­che in frü­he­ren Zei­ten mit vol­lem Recht vom Hei­li­gen Uffi­zi­um ver­ur­teilt und mit einer Zen­sur belegt wor­den wären. Daß hier in der Urteils­bil­dung der Kir­che etwas ver­dreht ist, ist offensichtlich.

*Mag. Don Micha­el Gurt­ner ist ein aus Öster­reich stam­men­der Diö­ze­san­prie­ster, der in der Zeit des öffent­li­chen Meß­ver­bots die­sem wider­stan­den und sich gro­ße Ver­dien­ste um den Zugang der Gläu­bi­gen zu den Sakra­men­ten erwor­ben hat. Die aktu­el­le Kolum­ne erscheint jeden Samstag.


Das Buch zur Rei­he: Don Micha­el Gurt­ner: Zur Lage der Kir­che, Selbst­ver­lag, 2023, 216 Seiten.


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