Zur Lage der Kirche – Frage 3

60 Jahre nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil – Eine Analyse


Don Gurtner Zur Lage der Kirche

Von Don Micha­el Gurtner*

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Fra­ge 3: Ist es nicht nur Nost­al­gie, in der klas­si­schen Lit­ur­gie die Zukunft der Kir­che zu sehen?

Ant­wort: Auch die­sen Vor­wurf hört man immer wie­der, selbst von höhe­ren Stel­len und von Leu­ten, die es eigent­lich viel bes­ser wis­sen müß­ten, so könn­te man mei­nen. Dem ist ent­ge­gen­zu­hal­ten, daß eine Lit­ur­gie ja kein Histo­ri­en­dra­ma ist und auch kein Nach­ah­men einer her­aus­ra­gen­den Geste einer immer fer­ne­ren Ver­gan­gen­heit. Denn dann wür­de man tat­säch­lich zu zwei sich eigent­lich wider­sprüch­lich zuein­an­der ver­hal­ten­den Aus­sa­gen kom­men: a) Gesche­hen ist gesche­hen, es hat kei­nen Sinn es immer wie­der „auf­zu­ko­chen“, und wenn es sozu­sa­gen ein­mal wirk­sam war, dann kann man dem auch nichts mehr hin­zu­fü­gen, und von daher wür­de Lit­ur­gie, wenn sie denn so miß­ver­stan­den wird, tat­säch­lich etwas Sinn­lo­ses. Aber, wie man es bei vie­len sinn­lo­sen Din­gen tut, könn­te man auch hier dann zumin­dest sagen, wenn man etwas wohl­wol­lend wäre: „Naja, wer es mag, der soll eben“. Aber selbst hier müß­te man, damit es über­haupt nost­al­gisch sein könn­te, und damit kom­men wir zu b), die Lit­ur­gie tat­säch­lich so histo­risch wie mög­lich „nach­spie­len“, und sie als Abend­mahl insze­nie­ren. Dann und nur dann hät­te sie tat­säch­lich etwas Nostalgisches.

Auch wenn die­se Denk­art, die dem Vor­wurf der Nost­al­gie inne­wohnt, per se schon ein­mal falsch ist, sieht man den­noch bereits anhand der Tat­sa­che, daß Nost­al­gie – die sie ja nicht ist – als ein Vor­wurf ver­wen­det wird, der eine gewis­se Art von Lit­ur­gie­voll­zug sozu­sa­gen aus­lö­schen soll, und von daher eher als ein künst­lich kon­stru­ier­ter Tot­schlä­ger gedacht und dem­entspre­chend ein­ge­setzt wird: Denn wie­viel „Nost­al­gie“ sehen wir in unse­rem Leben, und auch mit gro­ßem Wohlwollen?

Stän­dig wer­den neue CDs und DVDs mit alten Lie­dern und Fil­men her­aus­ge­bracht, die wir uns ger­ne kau­fen und anse­hen. Histo­ri­sche Eisen­bah­nen wer­den teu­er restau­riert und fah­ren als Attrak­ti­on, ohne das Geld ein­zu­brin­gen, das sie an War­tung und Repa­ra­tur eigent­lich kosten. Stän­dig gibt es eine 60er, 70er, 80er oder 90er Par­ty, auf die die Leu­te wie damals geklei­det gehen und die Lie­der von damals hören. Im Som­mer sieht man scha­ren­wei­se jun­ge Men­schen, die ger­ne ihre „Old school“-Tätowierungen zei­gen, im Stil „ganz von damals“. Das sind sicher­lich kei­ne Nost­al­gi­ker, und die Liste mit „alten“, „nost­al­gi­schen“ Din­gen, die sich gera­de auch bei betont moder­nen Men­schen gro­ßer Beliebt­heit erfreu­en, ein­fach weil sie als schön und erhal­tens­wert emp­fun­den wer­den, könn­te man jetzt noch sehr lan­ge wei­ter­füh­ren. Aber was gemeint ist, ist klar­ge­wor­den. Jeden­falls muß mehr dahin­ter­stecken, wenn man durch den ohne­dies fal­schen Vor­wurf der Nost­al­gie etwas sozu­sa­gen aus­rot­ten möch­te, was anschei­nend nicht mehr sein darf, wo wir von Nost­al­gie, bei allem wirk­li­chen oder ver­meint­li­chen Fort­schritt, von dem wir umge­ben sind, doch nur so umringt sind, und es auch ger­ne sind.

Allein dar­an sieht man, daß die­ses Argu­ment der angeb­li­chen Nost­al­gie sach­lich falsch ist und bewußt mit böser Absicht instru­men­ta­li­siert wird, um etwas zu ver­nich­ten, des­sen Exi­stenz man welt­weit eigent­lich nicht mehr haben möch­te, und das ein­fach nicht mehr sein darf, wenn es nach den Köp­fen so eini­ger geht.

*Mag. Don Micha­el Gurt­ner ist ein aus Öster­reich stam­men­der Diö­ze­san­prie­ster, der in der Zeit des öffent­li­chen Meß­ver­bots die­sem wider­stan­den und sich gro­ße Ver­dien­ste um den Zugang der Gläu­bi­gen zu den Sakra­men­ten erwor­ben hat. Die aktu­el­le Kolum­ne erscheint jeden Samstag.


Das Buch zur Rei­he: Don Micha­el Gurt­ner: Zur Lage der Kir­che, Selbst­ver­lag, 2023, 216 Seiten.


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1 Kommentar

  1. Dem Vor­wurf der Nost­al­gie ist lei­der zu ent­geg­nen. dass die­ses, wie Don Micha­el Gurt­ner zu recht schreibt, ein Tot­schlag­ar­gu­ment ist, das jede sach­li­che Argu­men­ta­ti­on aber auch die Betrach­tung der eigent­li­chen Ziel­set­zung der Lit­ur­gie ver­hin­dern will. Lit­ur­gie ist die höch­ste Form der Got­tes­ver­eh­rung und allei­ne die­se Tat­sa­che zwingt uns mit die­sem The­ma unter Beach­tung der Demut, des Respekts und der Ver­nei­gung vor Gott zu beschäf­ti­gen. Über 1700 Jah­re hat­te die Kir­che eine höch­ste Lit­ur­gie, die sich nach dem Inhalt immer gleich war und in der Form nur wenig gewan­delt hat. Die­se schrieb Papst Pius V. ver­bind­lich für alle Zeit vor. Die­se Lit­ur­gie hat­te über 1700 Jah­re die­sel­be Spra­che und schon des­we­gen einen Hauch von Ewig­keit. Dem folgt jetzt eine Lit­ur­gie in der jewei­li­gen Lan­des­spra­che, wel­che einem per­ma­nen­ten Wan­del unter­liegt. Die hohe Sym­bol­haf­tig­keit der alten Mes­se, in wel­cher der Prie­ster drei­und­drei­ßig mal das Kreuz­zei­chen mach­te, wur­de einem lit­ur­gi­schen Pau­pe­ris­mus geop­fert. Nur drei Kreuz­zei­chen kennt die Neue Mes­se und nur 17 % der Gebe­te wur­den bei­be­hal­ten, der Rest wur­de mehr­zahl­ig (60%) gestri­chen oder maß­geb­lich ver­än­dert. Neue Gebe­te wur­den teil­wei­se in der Kuschel­spra­che („Lie­ber Gott) for­mu­liert. Wenn ich sol­che eine Anspra­che Got­tes höre, tut es mir weh. Gott hat mehr verdient,mehr an Ver­eh­rung und mehr an wah­rer Liebe.

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