Zur Lage der Kirche – Frage 14

Politisches Agieren muß immer und sichtbar dem ersten Auftrag der Kirche, der Heiligung der Seelen, untergeordnet sein


Don Michael Gurtner: Zur Lage der Kirche

Von Don Micha­el Gurtner*

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Fra­ge: Und das rech­te Ver­hält­nis von Kir­che und Politik?

Ant­wort: Dies ist eine sehr all­ge­mei­ne Fra­ge, die, um der Sache gerecht zu wer­den, für jede kon­kre­te Situa­ti­on und Kon­stel­la­ti­on, d. h. für jedes Land und jede Zeit, eigens beant­wor­tet wer­den müß­te. Manch­mal ist es ein not­wen­di­ges Übel, sich als Kir­che ein­zu­mi­schen, sehr oft aber geht die Kir­che hier zu weit und gibt über­flüs­si­ge oder unqua­li­fi­zier­te Äuße­run­gen ab, auch offi­zi­el­ler Natur, die sie sich bes­ser gespart hät­te. Aber eini­ge Grund­sät­ze kann man doch dazu sagen.

In Ita­li­en, Öster­reich, und noch viel mehr in Deutsch­land, betreibt die Kir­che zuviel Poli­tik, teils gar Par­tei­po­li­tik. In der Schweiz ist es eher der Staat, der sich zu sehr in die Kir­chen­be­lan­ge ein­mischt, obwohl es auch dort Kir­chen­ver­tre­ter gibt, die in der schwei­ze­ri­schen Tages­po­li­tik mit­zu­mi­schen suchen, wo es nicht statt­haft ist.

Jede die­ser bei­den Grö­ßen hat ihre eige­ne Legi­ti­ma­ti­on und Frei­heit, wenn­gleich es Berei­che gibt, die sich über­schnei­den. Von daher gibt es mit­un­ter auch die mora­li­sche Ver­pflich­tung der Kir­che, zu man­chen The­men Stel­lung zu neh­men und bei­spiels­wei­se immer dann das all­ge­mein­gül­ti­ge Natur­recht ein­zu­mah­nen und zu ver­tei­di­gen, wo die­ses vom Staat außer acht gelas­sen und ver­letzt wird. Das ist zunächst ein­mal eine Ver­pflich­tung der Kir­che, aber wei­ter auch eine Ver­pflich­tung aller natür­li­chen und juri­sti­schen Per­so­nen sowie aller Grup­pen, Ver­ei­ni­gun­gen und Pri­vat­per­so­nen, die dazu in der Lage sind. Aber es muß immer unter der Wah­rung der objek­ti­ven, durch die Offen­ba­rung fest­ge­leg­ten Vor­ga­ben sein. Dann kann eine poli­ti­sche Inter­ven­ti­on der Kir­che auf allen Ebe­nen, auch jener der Pfar­rei, in Aus­nah­me­si­tua­tio­nen mit­un­ter auch zur Pflicht werden.

Das Poli­ti­sche darf jedoch nicht zum eigent­li­chen Zen­trum wer­den, und wenn man kirch­li­cher­seits eine poli­ti­sche Aus­sa­ge tätigt, so muß dies zumin­dest im wei­te­sten Sinn eine reli­giö­se Bedeu­tung haben. Par­tei­po­li­tik ist soweit als mög­lich völ­lig zu ver­mei­den, Es muß viel­mehr eine inhalt­li­che Posi­tio­nie­rung sein, auch wenn viel­leicht dadurch klar wird, wel­che Par­tei­en gemeint sind, und auch nur dort, wo es abso­lut nötig ist.

Aller­dings muß die Kir­che immer auf­pas­sen, daß dies nicht ihr Haupt­ge­schäft wird, und hier muß man sich mit­un­ter schon fra­gen, ob wir nicht teil­wei­se viel zu tief ins poli­ti­sche Tages­ge­schäft ein­ge­drun­gen sind. Ganz beson­ders den­ke ich hier­bei an Inter­views von Bischö­fen und die Pres­se­kon­fe­ren­zen bzw. Tages­ord­nungs­punk­te der Bischofs­kon­fe­ren­zen. In man­chen Län­dern und Diö­ze­sen ent­steht der wohl nicht ganz fal­sche Ein­druck, die Kir­che sei fast zu einer Art eige­ner Par­tei ver­kom­men, deren Grund­ori­en­tie­rung sehr weit links zu orten ist. Alles poli­ti­sche Agie­ren, auch wenn es mit­un­ter löb­lich oder gar gefor­dert sein kann, muß immer dem eigent­li­chen und ersten Auf­trag der Kir­che, näm­lich der Hei­li­gung der See­len, unter­ge­ord­net blei­ben, und zwar sicht­bar untergeordnet.

Des wei­te­ren ist als Grund­satz zu beach­ten, daß in poli­ti­schen Fra­gen für den ein­zel­nen Katho­li­ken, wenn­gleich immer inner­halb der Gren­zen des Natur­rechts, eine gewis­se Band­brei­te an legi­ti­men Mei­nun­gen und Ansich­ten herrscht. Auch wenn bestimm­te Denk­wei­sen logi­scher und sinn­vol­ler sein mögen, kann es mora­lisch den­noch legi­tim sein, eine ande­re Opti­on zu prä­fe­rie­ren. Hier muß man auf­pas­sen, daß der Homo poli­ti­cus, der in jedem von uns ein wenig steckt, bei den Kir­chen­män­nern den Homo eccle­sia­sti­cus, der oft sehr viel schmäch­ti­ger ist, weil er weni­ger genährt wird, nicht tot­schlägt, und sie nicht ihre eige­nen, per­sön­li­chen Mei­nun­gen mit theo­lo­gi­schen Tricks als die mora­lisch oder dog­ma­tisch ein­zig katho­lisch ver­tret­ba­re Lösung prä­sen­tie­ren, wo dies viel­leicht gar nicht der Fall ist.

Auch hier sehen wir in der Kir­che der­zeit ein Inver­si­ons­pro­blem: Viel­fach gibt die Kir­che, bei­spiels­wei­se in Stel­lung­nah­men der Bischofs­kon­fe­ren­zen, aber auch auf ande­ren Ebe­nen, eine gemein­sa­me „katho­li­sche“ Grund­li­nie vor, wo die Gläu­bi­gen wirk­lich mit allem gött­li­chen und welt­li­chen Recht unter­schied­li­cher Auf­fas­sung sein kön­nen, wie etwa der Kli­ma­fra­ge, wo man teils sehr dog­ma­tisch und mora­lisch gewor­den ist, eben­so in der sehr links ange­sie­del­ten Flücht­lings­po­li­tik, wäh­rend man in Berei­chen, die nun wirk­lich gött­lich genau vor­ge­ge­ben sind, sehr ela­stisch und unde­fi­niert ist und sich dem immer wei­ter öff­net. Daß hier auch in der Kir­che etwas gewal­tig schief liegt und ver­dreht ist, ist wirk­lich offen­sicht­lich. Aber eben: Die Kir­che wird mehr und mehr selbst zu Welt.

*Mag. Don Micha­el Gurt­ner ist ein aus Öster­reich stam­men­der Diö­ze­san­prie­ster, der in der Zeit des öffent­li­chen Meß­ver­bots die­sem wider­stan­den und sich gro­ße Ver­dien­ste um den Zugang der Gläu­bi­gen zu den Sakra­men­ten erwor­ben hat. Die aktu­el­le Kolum­ne erscheint jeden Samstag.


Das Buch zur Rei­he: Don Micha­el Gurt­ner: Zur Lage der Kir­che, Selbst­ver­lag, 2023, 216 Seiten.


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1 Kommentar

  1. Wenn Kir­che als Kol­lek­tiv gedacht wird, in dem vie­le ver­schie­de­ne Mei­nun­gen vor­lie­gen, dann haben wir es mit einer welt­li­chen Kir­che zu tun. Nicht mit der Kir­che des Herrn. 

    Der Begriff homo poli­ti­kus geht wohl auf die alten Grie­chen zurück. Pla­ton nennt das Retho­ri­ker. Ein Retho­ri­ker ist einer, der die Kunst beherrscht, so zu reden, wie die Welt es hören will. Es ist jedoch die Auf­ga­be der Kir­che des Herrn, die Wahr­heit zu sagen, nicht das, was die Leu­te hören wol­len. Dazu haben wir als Bei­stand den Hei­li­gen Geist. Der hei­li­ge Geist zeigt uns, wo wir fehl­ge­lei­tet sind und deu­tet anschlie­ssend auf Christus. 

    Der Stand­punkt der Bibel ist, kein Herr­scher kann an der Macht sein, ohne daß Gott es zuläßt. Des­halb das Gleich­nis mit der Mün­ze. Gebt dem Kai­ser, was des Kai­sers ist und Gott, was Got­tes ist. Wir sol­len also, so sagt auch Pau­lus, uns unter die gege­be­nen Herr­schaft­ver­hält­nis­se und Geset­ze unterordnen. 

    Der Tagungs­ord­nungs­punkt, der uns wirk­lich vor­ge­ge­ben ist, ist das lau­fen­de gött­li­che Gericht. Die Göt­zen fal­len alle nach­ein­an­der. Auch die Demo­kra­tie ist als Göt­ze schon gefal­len. Demo­kra­tie soll­te „Opi­um fürs Volk“ sein, damit wir von dem Wesent­li­chen abge­lenkt wer­den. Demo­kra­tie funk­tio­niert aber nicht mehr. Zu erken­nen dar­an daß die Spra­che in der Poli­tik kei­nen Bezug mehr zur Wahr­heit hat. Es ist alles ver­dreht, ver­blen­det und abgeirrt. 

    Es steht nicht zur Dis­kus­si­on, wie­viel Geschlech­ter es gibt, ob der Mensch Ursa­che einer Kli­ma­er­wär­mung ist, oder ob ein hin­ter­häl­ti­ges Ver­hal­ten ein Kite­ri­um für hohe Ämter ist. 

    Tages­ord­nungs­punkt ist die Situa­ti­on in der Welt. Das welt­li­che Gesche­hen ist als gött­li­che Gei­ssel zu sehen, die die Men­schen kurz vor der Wie­der­kunft Chri­sti zur Umkehr brin­gen soll. Die Bibel sagt dazu an vie­len Stel­len, es geht um das See­len­heil der Gerech­ten. Alles, was gera­de pas­siert, ist auf das See­len­heil ausgerichtet. 

    Ein Vor­bild für eine rich­ti­ge christ­li­che Ein­stel­lung ist Robert Fitz­ge­rald Ken­ne­dy Juni­or. RFK Juni­or gab vor zwei Wochen ein Inter­view zu sei­ner Prä­si­dent­schafts­kan­di­da­tur. Er beginnt folgendermassen:„I don’t worry, my life is in God‚s hands“. Das Video hat eine Zustim­mung in den Kom­men­ta­ren erfahren. 

    https://​www​.you​tube​.com/​w​a​t​c​h​?​v​=​h​X​n​k​G​e​K​B​Lqs

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