Zur Lage der Kirche – Frage 66

Die Synodalisierung wird der Kirche nicht aus der Krise helfen


Don Michael Gurtner: Zur Lage der Kirche

Von Don Micha­el Gurtner*

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Fra­ge: Wird die Syn­oda­li­sie­rung der Kir­che aus ihrer anhal­ten­den Kri­se helfen?

Ant­wort: Mit­nich­ten, das Gegen­teil wird ein­tre­ten. Die Syn­oda­li­sie­rung ist der gesam­ten katho­li­schen Leh­re und Tra­di­ti­on fremd, weil es eben nicht jener Struk­tur ent­spricht, wel­che der Hei­land für sei­ne Kir­che gewollt hat. Er hat Sei­ne Kir­che hier­ar­chisch gegrün­det und nicht syn­odal oder demo­kra­tisch. Was wir der­zeit erle­ben, ist eine schlei­chen­de, scheib­chen­wei­se und tota­le Umfor­mung der katho­li­schen Kir­che, die vor aller Augen geschieht. Man beruft dafür kein drit­tes vati­ka­ni­sches Kon­zil ein, son­dern geht lang­sa­mer und schritt­wei­se vor, weil so die Ände­run­gen leich­ter ange­nom­men wer­den. Denn durch das letz­te Kon­zil und sei­ne Umwäl­zun­gen hat man die Wach­hun­de sozu­sa­gen vor den Haupt­ein­gang gelockt, und des­halb kommt man jetzt durch die Hin­ter­tü­re her­ein, wo kei­ner der Wäch­ter wartet.

Die Agen­da, die zumin­dest in den mit­tel­eu­ro­päi­schen Län­dern haar­sträu­bend unka­tho­lisch ist, ist nichts ande­res als die De-fac­to-Auf­lö­sung der katho­li­schen Kir­che durch Zer­set­zung von innen her. Man will die Kir­che zah­len­mä­ßig (und nicht inhalt­lich!) durch Ent­christ­li­chung und Ver­welt­li­chung ret­ten – doch genau das hat schon seit dem letz­ten Kon­zil nicht funk­tio­niert, im Gegen­teil: Es ist genau der Grund der Kri­se. Man beschrif­tet das töd­li­che Gift ein­fach mit „Medi­zin“ und ver­ab­reicht es. Wenn der Kör­per dar­auf mit lebens­be­droh­li­chen Sym­pto­men reagiert, sagt man: Es war noch zu wenig, wir müs­sen noch mehr von die­ser Medi­zin verabreichen.

Man hat die Kir­che ver­welt­licht und moder­ni­siert, und die Leu­te sind – irgend­wie auch ver­ständ­lich – scha­ren­wei­se davon­ge­lau­fen und dann in wei­te­rer Fol­ge zu fak­ti­schen Athe­isten gewor­den. War­um soll plötz­lich nut­zen, was bis­lang nur Scha­den ver­ur­sacht hat? War­um sol­len die Men­schen gläu­bi­ger wer­den, wenn die Kir­che selbst den Glau­ben aus sich ent­fernt und sich von sich selbst abwen­det? Auch in der Kir­che denkt man in Zah­len und nicht in Inhal­ten. Poli­tisch-welt­lich eben, wie ein Dienstleistungsgroßunternehmen.

Daß dies wirk­lich gut gemeint sein soll, kann ich des­halb nicht glau­ben, weil ich die poten­ti­el­le Tor­heit des Men­schen für prin­zi­pi­ell begrenzt hal­te. Wenn eine zer­stö­re­ri­sche Ent­wick­lung, die durch die Syn­oda­li­sie­rung der Kir­che ein­tre­ten wird, so der­ma­ßen offen­sicht­lich ist, gera­de weil sie bereits ein­ge­setzt hat, kann ich nicht mehr davon aus­ge­hen, daß es sich wirk­lich nur um einen nai­ven, aber wohl­ge­mein­ten Unfall oder Feh­ler han­deln kann. Die Vor­sätz­lich­keit ist offen­sicht­lich. Man will es also, es pas­siert nicht ein­fach so. Wir haben bereits jetzt das Pro­blem, daß die katho­li­sche Kir­che zwar ein­deu­tig die Kir­che Jesu Chri­sti ist, wel­che Er ein­ge­setzt hat, aber sie ist nicht mehr so, wie Er sie ein­ge­setzt hat: Sie hat sich in Leh­re und Pra­xis teils bereits weit von dem ent­fernt, was Chri­stus gewollt hat. Poin­tiert gesagt: Die katho­li­sche Kir­che ist nicht mehr im vol­len Wort­sinn katho­lisch. Die­ses Pro­blem wird sich mit der Syn­oda­li­tät wei­ter ver­schär­fen. Von daher sehe ich in der Syn­oda­li­tät, ähn­lich wie auch im letz­ten Kon­zil übri­gens, einen der Grün­de und eine Ver­schär­fung der Kir­chen­kri­se, ganz sicher aber kein Heil­mit­tel. Es ist das töd­li­che Gift, das man eben­so bewußt wie auch arg­li­stig als ret­ten­de Medi­zin präsentiert.

Wenn die katho­li­sche Kir­che aber nicht mehr garan­tiert, katho­lisch zu sein, dann stellt sich die Fra­ge, wes­halb die Leu­te der neu­en, offi­zi­ell geän­der­ten Leh­re noch fol­gen soll­ten oder könn­ten. Wenn die Leh­re der Kir­che plötz­lich nicht mehr mit der Leh­re Chri­sti, so wie sie die Kir­che über Jahr­hun­der­te gelehrt hat, über­ein­stimmt, dann müs­sen sich die Leu­te ent­schei­den, was ihnen wich­ti­ger ist: die Leh­re Chri­sti, oder die (ande­re) neue Leh­re der Kirche.

Letzt­lich ist die­ser „syn­oda­le Pro­zeß“ auch posi­tiv zu sehen, zumin­dest in einer Hin­sicht, denn er wird den Nie­der­gang merk­lich beschleu­ni­gen und den Weg für einen Neu­an­fang im Sin­ne Jesu Chri­sti ebnen. Je eher dies gesche­hen kann, desto bes­ser ist es.

*Mag. Don Micha­el Gurt­ner ist ein aus Öster­reich stam­men­der Diö­ze­san­prie­ster, der in der Zeit des öffent­li­chen (Coro­na-) Meß­ver­bots die­sem wider­stan­den und sich gro­ße Ver­dien­ste um den Zugang der Gläu­bi­gen zu den Sakra­men­ten erwor­ben hat. Die aktu­el­le Kolum­ne erscheint jeden Samstag.


Das Buch zur Rei­he: Don Micha­el Gurt­ner: Zur Lage der Kir­che, Selbst­ver­lag, 2023, 216 Seiten.


Bis­her erschienen:

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