Von Don Michael Gurtner*
Frage: In diesem Kontext stellt sich auch die Frage: Wie weit muß, darf oder kann die Kirche parteiisch sein im Sinne, daß sie sich auf die Seite bestimmter Gruppen stellt, etwa der Armen?
Antwort: Nun, die Kirche muß mit allen reden und ist zunächst einmal für alle eingesetzt, für die Armen ebenso wie für die Reichen. Ihr ist gerade in sozialpolitischen Fragen weniger die Kämpferrolle zugeschrieben (auch wenn es Situationen geben kann, wo auch das nötig wird), sondern zunächst einmal eher die Vermittlerrolle. In diesem Kontext müssen wir in der gegenwärtigen Situation in der Kirche wirklich gut aufpassen, daß wir nicht Klassenlager von den guten Armen und den bösen Reichen bilden und diese dann gegeneinander gleichsam aufpeitschen, vielleicht auch ohne es zu wollen. Darin ist derzeit doch eine gewisse Gefahr zu sehen, daß das geschieht.
Der Reiche ist genauso der Heilssakramente und der göttlichen Lehre bedürftig wie der Arme, darin sind sich letztlich alle gleich, und gerade die Kirche und ihr Umfeld war ja immer der Ort, eigentlich auch der einzige Ort, wo sich Arme und Reiche zusammentrafen und auch Kontakte knüpften. So gesehen gibt es für die Kirche, in einem gewissen Sinne, kein Arm und Reich, schon gar nicht als Gegensatz oder gar Feindschaft.
Momentan sind wir aber eher dabei, durch unnötige und unkluge Positionierungen einen guten Teil der Leute zu verprellen, indem wir sie als böse und unmoralisch abstempeln, weil sie angeblich nicht genug auf die Umwelt achten, weil sie Geld haben, weil sie nicht politisch links denken, weil sie nicht mit allen kirchlichen oder gesellschaftlichen Neuerungen mitgehen wollen und so weiter. Der Katalog der „neuen Sünden“, den wir in der Kirche erfinden, wird immer länger und teils auch skurriler.
Wir müßten diejenigen, die Einfluß haben und Geldmittel oder Personal verwalten, viel eher für den Glauben und die katholische Kirche gewinnen, und sie dann auch weiter für die Armen gewinnen, anstatt sie unnötig zu verprellen. Einfach zu sagen, die Armen sind die Guten und die Reichen (oder auch die Entscheidungsträger) die Bösen, ist zu schwarz-weiß und auch nicht das, was Jesus gelehrt hat.
Armut führt oftmals zu noch größeren und schwereren Sünden als Reichtum, und es ist weder Sünd’ noch Schand’, Geld oder generell Privatbesitz zu haben. Die wirkliche Frage ist: Wie setze ich dieses Geld ein? Was mache ich damit? Wie ist meine innere Haltung zu Besitz, und welchen Stellenwert nehmen irdische Güter ein? An Fragen wie diesen entscheidet sich, wie moralisch oder unmoralisch mein persönlicher Besitz ist.
Armut ist ein Übel dieser Welt, das viel Leid verursacht und hinter dem meist eine große Ungerechtigkeit steht, etwa weil Löhne und Arbeitsbedingungen nicht hinreichend sind, wegen struktureller Verstrickungen etc. Es geht nicht darum, die Reichen ärmer zu machen, sondern Ziel muß es sein, die Armen reicher zu machen. Oftmals scheint es jedoch, daß eine allzu negative Haltung zu Konsum letztlich viel mehr Armut herbeiführt, als sie beseitigt. Armut ist aber ein Übel, das ausradiert werden muß, und die Kirche hat einst immer an vorderster Front gegen dieses Übel gekämpft: Denken wir nur an die vielen caritativen Orden oder die kirchlichen Hilfswerke. Aber es genügt nicht, diesen Kampf nur an der Front zu führen: Das sind nur momentane Linderungen, die lediglich kurz anhalten und immer nur einen ganz kleinen Prozentsatz derer treffen, die eigentlich Hilfe bräuchten. Man kann nicht auf Dauer nur Geld verschenken, auch wenn dies für den Moment helfen kann. Das Übel muß viel mehr direkt an seiner Wurzel angegangen werden, und deshalb findet der eigentliche Kampf gegen die Armut nicht an der Front statt, so notwendig und löblich dieser auch sein mag, sondern hinter der Front. Auch das ist eine Aufgabe der Kirche, die dem Bereich der Diakonie, also der tätigen Nächstenliebe gegenüber den Armen und Notleidenden, zuzurechnen und ebenso wichtig ist wie die direkte materielle Hilfe, die für den Moment gut ist, aber nicht lange anhält und die eigentlichen Wurzelprobleme nicht angeht.
Hier, in diesem Bereich der diakonischen Arbeit im Hintergrund, wo es nicht gleich ein jeder sieht, geschieht sicherlich noch viel zu wenig von seiten der Kirche: sie müßte viel mehr die Arbeitgeber für ihre Anliegen gewinnen, um über diese Schiene auch die Situation vieler Arbeitnehmer zu verbessern. Da müßte viel mehr vermittelt werden. Es hat sich gezeigt, daß Unternehmen, welche bewußt eine Linie fahren, die dem Evangelium und der klassischen katholischen Soziallehre entspricht, viele Vorteile für die Angestellten, aber auch für sich selbst verbuchen können. Über solche Modelle hört man viel zu wenig, dabei müßte aber gerade das verbreitet und gefördert werden, da sich hier langfristig anhaltende Strukturen zur Armutsbekämpfung ergeben. Aber eben, dazu muß ich die „Reichen“ gewinnen und nicht verprellen.
Somit würde ich als zusammenfassende Antwort sagen: Selbstverständlich muß die Kirche für die Armen etwas tun, aber ohne sich dabei automatisch und gleichsam aus Prinzip gegen die Reichen zu stellen. Erstens weil es unlogisch wäre, da es zu keiner Verbesserung führt, und zweitens, weil die Kirche zu allen Seelen gesandt ist, zu jenen der Armen wie zu jenen der Reichen, ohne jemanden von vorne herein auszuschließen.
*Mag. Don Michael Gurtner ist ein aus Österreich stammender Diözesanpriester, der in der Zeit des öffentlichen Meßverbots diesem widerstanden und sich große Verdienste um den Zugang der Gläubigen zu den Sakramenten erworben hat. Die aktuelle Kolumne erscheint jeden Samstag.
Das Buch zur Reihe: Don Michael Gurtner: Zur Lage der Kirche, Selbstverlag, 2023, 216 Seiten.
Bisher erschienen:
- Zur Lage der Kirche – eine neue Kolumne
- Zur Lage der Kirche – Frage 1
- Zur Lage der Kirche – Frage 2
- Zur Lage der Kirche – Frage 3
- Zur Lage der Kirche – Frage 4
- Zur Lage der Kirche – Frage 5
- Zur Lage der Kirche – Frage 6
- Zur Lage der Kirche – Frage 7
- Zur Lage der Kirche – Frage 8
- Zur Lage der Kirche – Frage 9
- Zur Lage der Kirche – Frage 10
- Zur Lage der Kirche – Frage 11
- Zur Lage der Kirche – Frage 12
- Zur Lage der Kirche – Frage 13
- Zur Lage der Kirche – Frage 14
- Zur Lage der Kirche – Frage 15
- Zur Lage der Kirche – Frage 16
Alles schön und gut und auch richtig was in diesen, bisher 17 Folgen, geschrieben wurde.
Aber der Südamerikaner Bergoglio ist Papst und das wird er noch länger sein als uns allen lieb ist.
Das ganze Geschreibsel hier bringt ganz und gar nichts. Er kann als absoluter Monarch und Nachfolger Christi tun und lassen was immer er möchte werden wir uns dessen mal bewusst.
Es ist mit sein Verdienst daß die Kirche am Boden liegt. Aber nicht nur allein sein Verdienst.
Was wir brauchen ist eine Neuevangelisierung des Abendlandes aber gerade dieses Abendland, von dessen Geld sich der erwählte Nachfolger Christi ein gutes Leben macht, das interessiert ihn nicht die Bohne genau so sieht es aus. Die Katholiken bekommen laufend einen Tritt in den Hintern und bedanken sich noch dafür. Wie masochistisch kann man noch werden?
Werden wir wach und proben mal den Aufstand …
Aber dafür sind wir alle viel zu obrigkeitshörig.