Zur Lage der Kirche – Frage 54

Man hat bei der Liturgiereform letztlich alles geändert


Don Michael Gurtner: Zur Lage der Kirche

Von Don Micha­el Gurtner*

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Fra­ge: Kön­nen Sie dies viel­leicht anhand von ein oder zwei Bei­spie­len erläutern?

Ant­wort: Eine der schwer­wie­gend­sten Ände­run­gen, auch wenn sie auf den ersten Blick unschein­bar wirkt, war sicher­lich die kom­plet­te Abän­de­rung der Opfer­ge­be­te, die nun zu den soge­nann­ten Gaben­ge­be­ten wur­den: Brach­ten die ein­sti­gen Gebe­te klar zum Aus­druck, daß es sich um ein wah­res und eigent­li­ches Opfer für die Sün­den der Ver­stor­be­nen und Leben­den, Anwe­sen­den wie Abwe­sen­den han­delt, das an Gott gerich­tet ist (was auch durch die Kreuz­zei­chen zum Aus­druck gebracht wird, das der Prie­ster mit Pate­ne bzw. Kelch über den Altar zeich­net, bevor er die­se abstellt), so wur­de nach der Lit­ur­gie­re­form aus dem Gebet zur Opfe­rung das soge­nann­te Gebet zur Gaben­be­rei­tung (bereits die­se Namens­än­de­rung sagt viel aus!), das einem jüdi­schen Tisch­ge­bet ent­springt und nichts mehr vom Opfer aus­sagt, das dar­ge­bracht wird, son­dern es dankt ihm ein­fach für die Früch­te der Erde bzw. des Wein­stocks, die aus mensch­li­cher Arbeit ent­wach­sen sind. Dar­auf­hin stellt der Prie­ster Pate­ne und Kelch ein­fach so auf den Altar, ohne die­se „Gaben“ durch ein Kreuz­zei­chen mit dem Kreu­zes­op­fer in Bezug zu setzen.

Da fragt man sich schon: War­um die­se Redu­zie­rung? Was hat man dadurch gewon­nen? Wel­cher Leit­ge­dan­ke steht dahin­ter und was soll dadurch bezweckt wer­den, wenn nicht ein Abrücken von der eigent­li­chen Opfer- und Sakra­ments­theo­lo­gie? Frei­lich, man hat die­se Theo­lo­gie durch die neu­en Gaben­ge­be­te nicht direkt geleug­net – aber man hat sie ent­fernt und ver­schwie­gen und drängt die lit­ur­gi­sche Hand­lung wie auch das Ver­ständ­nis der Gläu­bi­gen bewußt in eine kom­plett ande­re Rich­tung. Das wird beson­ders dann deut­lich, wenn man das Neue in Bezug setzt zum Vor­he­ri­gen: An die­sen Rela­tio­nen erkennt man beson­ders deut­lich, daß es letzt­lich um eine stil­le Ände­rung der bis­he­ri­gen Leh­re geht. Wer davon aus­geht, daß die Kir­che dem­entspre­chend han­delt und betet, was sie auch glaubt, bzw. daß sie glaubt, was sie in ihren lit­ur­gi­schen Hand­lun­gen tut, so wür­de nie­mand, der es nicht weiß, im neu­en Ritus dar­auf kom­men, daß es sich um ein wah­res Opfer­ge­sche­hen han­delt. Sei­ne Gedan­ken wer­den auf eine ein­fa­che Tisch­ge­mein­schaft gelenkt – auch in zahl­rei­chen ande­ren Momen­ten der Mes­se bzw. durch Ele­men­te wie Volks­al­tar und den laut gespro­che­nen Voll­zug in der Volks­spra­che – in Rich­tung der „ver­sam­mel­ten Gemeinde“.

Und wo wir schon beim The­ma Volks­al­tar und Volks­spra­che sind (bei­de übri­gens nur fakul­ta­tiv, aber de fac­to lei­der obli­ga­to­ri­scher als die rech­ten Wand­lungs­wor­te): Die­se schla­gen in die­sel­be Ker­be. Wenn der Prie­ster in der Hei­li­gen Mes­se wirk­lich Gott ein Opfer dar­bringt – war­um soll dann aus­ge­rech­net die Hin­wen­dung zum Volk am „Volks­al­tar“ (der Name sagt schon alles) und das lau­te Rezi­tie­ren aller Tex­te in der Lan­des­spra­che des „Vol­kes“ sowie das direk­te Anspre­chen des Vol­kes aus­drücken, daß der Prie­ster sich betend und opfernd auch im Namen des Vol­kes an Gott wen­det und die­ses mit ihm? Wie kann etwas noch bes­ser durch sein offen­kun­di­ges Gegen­teil aus­ge­drückt wer­den? Es ist, als wür­de ich sagen, ich drücke mich bes­ser aus, wenn ich ita­lie­nisch mit Herrn Pesto­luc­ci spre­che, indem ich mich dabei auf deutsch an Frau Gug­gen­bich­ler wen­de. Das macht ein­fach kei­nen Sinn, es sei denn, man möch­te absicht­lich etwas im Den­ken und Glau­ben der Men­schen ändern und so das Bis­he­ri­ge durch etwas ande­res erset­zen, ohne es all­zu offen zu sagen.

Man hat bei der Lit­ur­gie­re­form letzt­lich alles geän­dert, weil sich das Den­ken eini­ger weni­ger, aber lei­der bestim­men­der Theo­lo­gen geän­dert hat­te, um dadurch auch das Den­ken und Glau­ben der Men­schen zu ver­än­dern, vom Katho­li­schen weg­zu­füh­ren und dem Pro­te­stan­tis­mus anzu­pas­sen. Als man sozu­sa­gen im Äuße­ren alles geän­dert hat­te, sag­te man den Men­schen, es habe sich im Inne­ren nichts geän­dert, obwohl sich gera­de auch dort eben­so alles geän­dert hat­te. Äuße­res und Inne­res gehen ja immer mit­sam­men. Da muß man ehr­lich zuge­ben: Der Kle­rus hat hier die Men­schen scham­los belo­gen und betro­gen und tut dies im Grun­de bis heu­te, um zu sei­nem Ziel zu gelan­gen. Man sag­te, nichts habe sich geän­dert, wobei sich in Wirk­lich­keit alles geän­dert hat­te. Sowas ist nicht ehr­lich, und heu­te tut man das­sel­be wie­der und geht dabei einen gro­ßen Schritt wei­ter. Es funk­tio­niert eben.

*Mag. Don Micha­el Gurt­ner ist ein aus Öster­reich stam­men­der Diö­ze­san­prie­ster, der in der Zeit des öffent­li­chen Meß­ver­bots die­sem wider­stan­den und sich gro­ße Ver­dien­ste um den Zugang der Gläu­bi­gen zu den Sakra­men­ten erwor­ben hat. Die aktu­el­le Kolum­ne erscheint jeden Samstag.


Das Buch zur Rei­he: Don Micha­el Gurt­ner: Zur Lage der Kir­che, Selbst­ver­lag, 2023, 216 Seiten.


Bis­her erschienen:

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