Von Don Michael Gurtner*
Frage: Was ist in solch einer Situation zu tun, um dem entgegenzuwirken?
Antwort: Ich würde den Katholiken von heute dringendst raten, sich selbst emsig zu bilden. Dabei sollten sie sich schwerpunktmäßig darum mühen, ganz besonders den eucharistischen Glauben in sich zu stärken (und zwar so, wie er stets von der Tradition der Kirche gelehrt wurde!). Denn hier ist das Zentrum gelegen, von dem aus sich alles andere dann wieder recht entwickeln kann, was im argen liegt. Aber wenn es im Zentrum hapert, dann kann auch alles andere nicht abheilen.
Deshalb müssen die Gläubigen in einem gewissen Sinne eine Eigenständigkeit gegenüber dem Klerus entwickeln, wo dieser selbst sich vom traditionell Katholischen abgesetzt hat. Wir glauben an Christus, nicht an den Pfarrer, Bischof oder Papst! Denn etwas ist ja nicht deshalb schon katholisch, weil es der Kaplan, der Pfarrherr oder der Bischof so sagt, sondern es ist umgekehrt: Katholisch ist etwas dann, und nur deshalb, weil es von Christus her kommt. Und das ist es, was der Klerus dann die Gläubigen in Predigt und Katechese lehren, und diese umgekehrt im Glauben, d. h. in der willentlichen Zustimmung des Verstandes zur geoffenbarten Wahrheit Gottes annehmen müssen.
Nicht also weil es vom Klerus kommt, sondern weil es vom Vater durch den Sohn geoffenbart ist. Und nur was und weil es von Christus kommt, muß es der Klerus auch predigen. Somit treffen sich der Kleriker und die Laien im Glauben Jesu Christi, und nicht, wie es heute vielleicht mehr denn je der Fall ist, die Laien im Glauben des Klerus und der Theologen. Da ist einiges schwer durcheinandergekommen in den vergangenen Jahrzehnten, und dem müssen sich die Laien verwehren. Sie müssen wirklich aufpassen und Sorge tragen, katholisch zu bleiben, und sich nicht von ihren Hirten ungewollt in eine andere Kirche führen zu lassen, die zwar sozusagen noch die alte Beschriftung hat, aber innerlich eigentlich gar nicht mehr die katholische Kirche ist.
Die besorgte Frage nicht weniger gläubiger Katholiken ist leider durchaus berechtigt: Ist die katholische Kirche noch dieselbe katholische Kirche, oder hat man uns nicht stillschweigend in eine neue, andere Kirche übergeführt, sozusagen still und heimlich über Nacht umgesiedelt? Diese Zweifel müssen wir als Klerus ernst nehmen und ehrlich angehen, und die Gläubigen müssen angesichts der aktuellen Sachlage lernen, sozusagen „entwöhnt“ zu sein: Sie müssen sich notfalls, geistlich gesprochen, selbst ernähren können, auf eigenen Beinen stehen und vom Klerus unabhängige Entscheidungen treffen, wenn der Klerus sozusagen ausläßt.
*Mag. Don Michael Gurtner ist ein aus Österreich stammender Diözesanpriester, der in der Zeit des öffentlichen Meßverbots diesem widerstanden und sich große Verdienste um den Zugang der Gläubigen zu den Sakramenten erworben hat. Die aktuelle Kolumne erscheint jeden Samstag.
Das Buch zur Reihe: Don Michael Gurtner: Zur Lage der Kirche, Selbstverlag, 2023, 216 Seiten.
Bisher erschienen:
- Zur Lage der Kirche – eine neue Kolumne
- Zur Lage der Kirche – Frage 1
- Zur Lage der Kirche – Frage 2
- Zur Lage der Kirche – Frage 3
- Zur Lage der Kirche – Frage 4
- Zur Lage der Kirche – Frage 5
- Zur Lage der Kirche – Frage 6
- Zur Lage der Kirche – Frage 7
- Zur Lage der Kirche – Frage 8
- Zur Lage der Kirche – Frage 9
- Zur Lage der Kirche – Frage 10
- Zur Lage der Kirche – Frage 11
- Zur Lage der Kirche – Frage 12
- Zur Lage der Kirche – Frage 13
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- Zur Lage der Kirche – Frage 15
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