Zur Lage der Kirche – Frage 25

Nutzen und Schaden theologischer Fakultäten


Don Michael Gurtner: Zur Lage der Kirche

Von Don Micha­el Gurtner*

Anzei­ge

Fra­ge: Wie sieht die Lage in den theo­lo­gi­schen Fakul­tä­ten aus?

Ant­wort: Auch und gera­de an den theo­lo­gi­schen Fakul­tä­ten wird nicht mehr das nöti­ge Rüst­zeug ver­mit­telt. Es gibt zwar noch ein­zel­ne gute Pro­fes­so­ren, die den katho­li­schen Glau­ben gedie­gen, gründ­lich und voll­um­fäng­lich ver­mit­teln, aber das sind heu­te wirk­lich Ein­zel­fäl­le und wer­den meist auch nicht mehr eben­bür­tig nach­be­setzt. Die guten Leu­te mit einer gesun­den katho­li­schen Sicht der Din­ge, deren Theo­lo­gie wirk­lich aus einer Über­tra­gung des Glau­bens in das Leben ent­stammt, haben heu­te ein­fach kei­ne Chan­ce mehr. Theo­lo­gie ist eigent­lich von ihrem Poten­ti­al her ein sehr umfas­sen­des Fach­ge­biet, das in vie­le ande­re Fächer hin­ein­reicht: von der Juri­ste­rei begon­nen über Kunst- und Pro­fan­ge­schich­te, Alt­phi­lo­lo­gie, Musik, Archäo­lo­gie bis ganz beson­ders auch zum natur­wis­sen­schaft­lich-mathe­ma­ti­schen Bereich, der vie­le Ver­bin­dun­gen auf­weist, die lei­der oft­mals zu wenig wahr­ge­nom­men wer­den. Theo­lo­gie war in längst ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­ten ein­mal ein hoch­span­nen­des Stu­di­en­fach, das eine unge­mei­ne All­ge­mein- und Fach­bil­dung ver­mit­tel­te und das Den­ker her­vor­brach­te, wel­ches die Welt und die Men­schen wirk­lich wei­ter­ge­bracht haben. Den­ken wir nur an die vie­len tie­fen Ein­sich­ten, die wir den gro­ßen Theo­lo­gen ver­gan­ge­ner Jahr­hun­der­te ver­dan­ken, oder die vie­len Erfin­dun­gen und Ent­deckun­gen aus dem pro­fa­nen Bereich, die aus den Klö­stern und dem Kle­rus her­vor­gin­gen. Das war mög­lich, weil damals noch ein wirk­li­ches Inter­es­se für Wahr­heit in ihrem unver­kürz­ten Umfang vor­han­den war. Die­ses Fun­da­ment ist heu­te wei­test­ge­hend weg­ge­bro­chen, und es wird nicht ein­mal mehr nach der theo­lo­gi­schen Wahr­heit gestrebt und geforscht. Im Gegen­teil, die Exi­stenz einer abso­lu­ten, dem Men­schen in der Erkennt­nis zugäng­li­chen Wahr­heit wird mehr­heit­lich sogar als zu über­heb­lich und ein­ge­bil­det per se abge­lehnt. Damit führt sich aber auch die Theo­lo­gie selbst ad absur­dum, wenn sie nicht mehr nach der Wahr­heit Got­tes forscht und die­se viel­leicht sogar von vor­ne­her­ein ablehnt.

Und das macht sich auch im aka­de­mi­schen Milieu bemerk­bar: Die Theo­lo­gie als aka­de­mi­sches Stu­di­en­fach ist mehr­heit­lich zu einem niveau­be­frei­ten rei­nen Plau­der­fach ver­kom­men, und die aka­de­mi­schen Abschlüs­se sind nicht mehr viel wert. Es wird von vie­len Pro­fes­so­ren nichts Gehalt­vol­les mehr gebo­ten, aber auch nichts mehr ver­langt. Das Niveau der theo­lo­gi­schen Fakul­tä­ten ist heu­te teil­wei­se so der­ma­ßen tief gesun­ken, daß man eigent­lich ehr­lich ein­ge­ste­hen muß, daß die Mit­glied­schaft der Theo­lo­gie im Kanon der aka­de­mi­schen Uni­ver­si­täts­fä­cher vie­ler­orts nicht mehr gerecht­fer­tigt ist. Des­halb ist es wirk­lich nur ver­ständ­lich, wenn ande­re Dis­zi­pli­nen die Theo­lo­gen nicht mehr ernst neh­men und mit vol­lem Recht fest­stel­len, daß die staat­li­chen Sub­ven­tio­nen der theo­lo­gi­schen Fakul­tä­ten ande­ren For­schungs­pro­jek­ten die finan­zi­el­len Mit­tel weg­neh­men. Vor dem Hin­ter­grund der man­geln­den aka­de­mi­schen Qua­li­tät ist dies wirk­lich nach­voll­zieh­bar und ein begrün­de­ter Vor­wurf der pro­fa­nen, aber ernst­haf­te­ren und seriö­se­ren Studiengänge.

Wie es um das Niveau des Den­kens der theo­lo­gi­schen Aka­de­mi­ker heu­te zumeist bestellt ist, läßt sich leicht anhand der zahl­rei­chen Wort­mel­dun­gen vie­ler Kle­ri­ker und Pro­fes­so­ren nach­prü­fen, die man regel­mä­ßig in den Medi­en lesen kann. Man redet zu viel über per­sön­li­che Befind­lich­kei­ten und sub­jek­ti­ve Wunsch­vor­stel­lun­gen, anstatt die Sach­fra­gen auf ihren objek­ti­ven Gehalt hin zu befra­gen. Vie­le theo­lo­gi­sche Aka­de­mi­ker, auch zahl­rei­che doc­to­res theo­lo­giae, sind ganz offen­sicht­lich dazu gar nicht mehr in der Lage. Daß die finan­zi­el­len Mit­tel, die für die theo­lo­gi­schen Fakul­tä­ten auf­ge­wen­det wer­den, rei­ne Geld­ver­schwen­dung sind, erkennt man aus der Gegen­über­stel­lung der Inve­sti­tio­nen und dem Bil­dungs­stand der Absol­ven­ten. Wel­chen Wert und Bei­trag steu­ern sie bei? Den auf­ge­wen­de­ten Geld­mit­teln ent­spricht häu­fig kein Nut­zen mehr. Was die Gesell­schaft heu­te braucht, sind geist­li­che Men­schen, Men­schen, für die der rech­te Glau­be eine inne­re Über­zeu­gung ist. Die eine gott­ori­en­tier­te Rich­tung wei­sen kön­nen. Wenn Theo­lo­gie nicht damit gepaart ist, bleibt sie nur ein nutz­lo­ses scan­dalum.

Kern die­ses Pro­blems ist dabei: Die Kir­che gibt zwar oft noch vor, Fra­gen aus dem Glau­ben her­aus zu beant­wor­ten und eine Linie vor­zu­ge­ben, die dem Gesetz Got­tes ent­spricht, ohne dabei aber selbst noch von die­sem Glau­ben über­zeugt zu sein. Folg­lich wird ver­sucht, der eige­nen, rein mensch­li­chen Idee mit der Auto­ri­tät Got­tes Gewicht zu ver­lei­hen. Doch daß das letzt­lich schei­tern muß, ist klar, denn die Men­schen mer­ken sehr schnell, wenn man etwas rein Mensch­li­chem ein­fach ein Eti­kett mit der Auf­schrift „Gott“ anhef­tet und sich erwar­tet, daß das nie­man­dem auffällt.

Es wäre sinn­vol­ler, die aus den eben skiz­zier­ten Grün­den über­flüs­sig gewor­de­nen theo­lo­gi­schen Fakul­tä­ten zu schlie­ßen und die frei­wer­den­den Gel­der ande­ren Fakul­tä­ten zukom­men zu las­sen, wel­che die­se drin­gen­der brau­chen und für sinn­vol­le­re Pro­jek­te aus­ge­ben, die einen grö­ße­ren Nut­zen für die All­ge­mein­heit haben, etwa im Sek­tor der Quan­ten- oder Astro­phy­sik oder auch der Che­mie. Die Aus­bil­dung des Kle­rus wür­de dabei, wie in ande­ren Län­dern üblich, kir­chen­in­tern in den Prie­ster­häu­sern erfolgen.

*Mag. Don Micha­el Gurt­ner ist ein aus Öster­reich stam­men­der Diö­ze­san­prie­ster, der in der Zeit des öffent­li­chen Meß­ver­bots die­sem wider­stan­den und sich gro­ße Ver­dien­ste um den Zugang der Gläu­bi­gen zu den Sakra­men­ten erwor­ben hat. Die aktu­el­le Kolum­ne erscheint jeden Samstag.


Das Buch zur Rei­he: Don Micha­el Gurt­ner: Zur Lage der Kir­che, Selbst­ver­lag, 2023, 216 Seiten.


Bis­her erschienen:

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