Von Don Michael Gurtner*
Frage: Läßt sich diese Kirchenspaltung nicht auch im liturgischen Bereich feststellen, beispielsweise im vatikanischen Dokument Traditionis custodes, welches die klassische Liturgie massivst einschränkt bzw. teils auch ganz unterbinden möchte?
Antwort: Ganz eindeutig zeigt auch dieses Dokument einen Bruch und damit eine Loslösung von Christus auf. Es gilt nun eine neue, andere Theologie, und das muß sich auch liturgisch ausdrücken, so meint man. Dabei betreiben nicht diejenigen die Spaltung, die bei der klassischen Liturgie und Lehre bleiben, so wie man es ihnen oftmals fälschlich vorwirft, sondern genau diejenigen spalten, welche das Bisherige ablehnen und verbieten. Warum? Weil sie einen anderen, neuen Glauben haben und das bisherige Verständnis vollkommen ablehnen – es darf nicht mehr sein und muß ausgerottet werden. Nicht die Bewahrer sind weggegangen, sondern die Neuerer haben sich von dem abgespalten, was bisher immer galt. Das ist keine Frage von Minderheit oder Mehrheit, und wer auf der abgespaltenen Seite steht, entscheidet sich auch nicht daran, wo ein Priester, ein Bischof, ein Kardinal oder ein Papst persönlich steht, sondern Maßstab ist einzig das, was Gott offenbart und Christus lehrt. Und Seine Lehre spiegelt sich in der klassischen Lehre und Praxis der Kirche wider, besonders auch in der liturgischen. Wenn sich diese ändert, so bedeutet dies, daß sich das Glaubensverständnis geändert hat – doch Christus ändert sich nicht, und er ändert schon gar nicht Seine „Meinung“, Christus hat nämlich keine Meinung, sondern göttliches Allwissen, das unveränderlich ist und sich nicht entwickeln kann oder muß. Deshalb kann nicht plötzlich falsch oder verboten sein, was die Kirche bis zum Vorabend des jüngsten Konzils gut begründet tat und lehrte. Man sagt oft – und auch vatikanische Dokumente und Erklärungen tun dies –, diejenigen würden der kirchlichen Einheit schaden und Spaltung hervorrufen, welche die klassische Lehre vertreten und an der sogenannten „alte Liturgie“, die unaufgebbar ist, festhalten. Bei genauer Betrachtung ist genau das Gegenteil der Fall: Diejenigen, die bei einer angestrebten Abspaltung von der kirchlichen Vergangenheit nicht mitgehen, sondern eben bleiben wollen, werden sozusagen gewaltsam abgestoßen, indem man ihnen Spaltungen unterstellt, die ihrerseits in Wirklichkeit gar nicht gegeben sind, sondern eben nur „andererseits“ existieren. Die einzige Sehnsucht der (fälschlich und tendenziös) sogenannten „Traditionalisten“ (oder „Indietristen“, wie sie von Papst Franziskus mit einem von ihm erfundenen Wort genannt werden) ist es, vollumfänglich katholisch zu sein und zu bleiben, ohne ihren Glauben mit all dem, was dazugehört und woraus er sich nährt –und an erster Stelle steht hier eben die heilige Liturgie als höchster Akt vollkommener Gottesverehrung –, aufgeben zu müssen. Sie haben zu Recht Angst, daß ihnen ein neuer, anderer Glaube aufgezwungen wird, so wie sie es in den vergangenen Jahrzehnten vielfach beobachtet haben. Sie wollen nicht wie viele andere nach den letzten Reformen vom Glauben abfallen, sie wollen ihn auch nicht verwässern, sondern sie hängen an ihm, weil sie an Christus hängen, und möchten ihn deshalb bewahren – mit all dem, was dazugehört. Dies ist ein oberstes Grundrecht eines jeden Gläubigen und eines jeden Menschen allgemein. Sie haben gesehen, wie sich viele Gläubige und auch Kleriker von Christus und seiner Offenbarung abgespalten haben, und da möchten und können sie eben aus gutem Grunde nicht mitgehen.
*Mag. Don Michael Gurtner ist ein aus Österreich stammender Diözesanpriester, der in der Zeit des öffentlichen Meßverbots diesem widerstanden und sich große Verdienste um den Zugang der Gläubigen zu den Sakramenten erworben hat. Die aktuelle Kolumne erscheint jeden Samstag.
Das Buch zur Reihe: Don Michael Gurtner: Zur Lage der Kirche, Selbstverlag, 2023, 216 Seiten.
Bisher erschienen:
- Zur Lage der Kirche – eine neue Kolumne
- Zur Lage der Kirche – Frage 1
- Zur Lage der Kirche – Frage 2
- Zur Lage der Kirche – Frage 3
- Zur Lage der Kirche – Frage 4
- Zur Lage der Kirche – Frage 5
- Zur Lage der Kirche – Frage 6
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