Zur Lage der Kirche – Frage 44

Wer spaltet und entfernt sich von der Wahrheit?


Don Michael Gurtner: Zur Lage der Kirche

Von Don Micha­el Gurtner*

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Fra­ge: Läßt sich die­se Kir­chen­spal­tung nicht auch im lit­ur­gi­schen Bereich fest­stel­len, bei­spiels­wei­se im vati­ka­ni­schen Doku­ment Tradi­tio­nis cus­to­des, wel­ches die klas­si­sche Lit­ur­gie mas­sivst ein­schränkt bzw. teils auch ganz unter­bin­den möchte?

Ant­wort: Ganz ein­deu­tig zeigt auch die­ses Doku­ment einen Bruch und damit eine Los­lö­sung von Chri­stus auf. Es gilt nun eine neue, ande­re Theo­lo­gie, und das muß sich auch lit­ur­gisch aus­drücken, so meint man. Dabei betrei­ben nicht die­je­ni­gen die Spal­tung, die bei der klas­si­schen Lit­ur­gie und Leh­re blei­ben, so wie man es ihnen oft­mals fälsch­lich vor­wirft, son­dern genau die­je­ni­gen spal­ten, wel­che das Bis­he­ri­ge ableh­nen und ver­bie­ten. War­um? Weil sie einen ande­ren, neu­en Glau­ben haben und das bis­he­ri­ge Ver­ständ­nis voll­kom­men ableh­nen – es darf nicht mehr sein und muß aus­ge­rot­tet wer­den. Nicht die Bewah­rer sind weg­ge­gan­gen, son­dern die Neue­rer haben sich von dem abge­spal­ten, was bis­her immer galt. Das ist kei­ne Fra­ge von Min­der­heit oder Mehr­heit, und wer auf der abge­spal­te­nen Sei­te steht, ent­schei­det sich auch nicht dar­an, wo ein Prie­ster, ein Bischof, ein Kar­di­nal oder ein Papst per­sön­lich steht, son­dern Maß­stab ist ein­zig das, was Gott offen­bart und Chri­stus lehrt. Und Sei­ne Leh­re spie­gelt sich in der klas­si­schen Leh­re und Pra­xis der Kir­che wider, beson­ders auch in der lit­ur­gi­schen. Wenn sich die­se ändert, so bedeu­tet dies, daß sich das Glau­bens­ver­ständ­nis geän­dert hat – doch Chri­stus ändert sich nicht, und er ändert schon gar nicht Sei­ne „Mei­nung“, Chri­stus hat näm­lich kei­ne Mei­nung, son­dern gött­li­ches All­wis­sen, das unver­än­der­lich ist und sich nicht ent­wickeln kann oder muß. Des­halb kann nicht plötz­lich falsch oder ver­bo­ten sein, was die Kir­che bis zum Vor­abend des jüng­sten Kon­zils gut begrün­det tat und lehr­te. Man sagt oft – und auch vati­ka­ni­sche Doku­men­te und Erklä­run­gen tun dies –, die­je­ni­gen wür­den der kirch­li­chen Ein­heit scha­den und Spal­tung her­vor­ru­fen, wel­che die klas­si­sche Leh­re ver­tre­ten und an der soge­nann­ten „alte Lit­ur­gie“, die unauf­gebbar ist, fest­hal­ten. Bei genau­er Betrach­tung ist genau das Gegen­teil der Fall: Die­je­ni­gen, die bei einer ange­streb­ten Abspal­tung von der kirch­li­chen Ver­gan­gen­heit nicht mit­ge­hen, son­dern eben blei­ben wol­len, wer­den sozu­sa­gen gewalt­sam abge­sto­ßen, indem man ihnen Spal­tun­gen unter­stellt, die ihrer­seits in Wirk­lich­keit gar nicht gege­ben sind, son­dern eben nur „ande­rer­seits“ exi­stie­ren. Die ein­zi­ge Sehn­sucht der (fälsch­lich und ten­den­zi­ös) soge­nann­ten „Tra­di­tio­na­li­sten“ (oder „Indiet­ri­sten“, wie sie von Papst Fran­zis­kus mit einem von ihm erfun­de­nen Wort genannt wer­den) ist es, voll­um­fäng­lich katho­lisch zu sein und zu blei­ben, ohne ihren Glau­ben mit all dem, was dazu­ge­hört und wor­aus er sich nährt –und an erster Stel­le steht hier eben die hei­li­ge Lit­ur­gie als höch­ster Akt voll­kom­me­ner Got­tes­ver­eh­rung –, auf­ge­ben zu müs­sen. Sie haben zu Recht Angst, daß ihnen ein neu­er, ande­rer Glau­be auf­ge­zwun­gen wird, so wie sie es in den ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­ten viel­fach beob­ach­tet haben. Sie wol­len nicht wie vie­le ande­re nach den letz­ten Refor­men vom Glau­ben abfal­len, sie wol­len ihn auch nicht ver­wäs­sern, son­dern sie hän­gen an ihm, weil sie an Chri­stus hän­gen, und möch­ten ihn des­halb bewah­ren – mit all dem, was dazu­ge­hört. Dies ist ein ober­stes Grund­recht eines jeden Gläu­bi­gen und eines jeden Men­schen all­ge­mein. Sie haben gese­hen, wie sich vie­le Gläu­bi­ge und auch Kle­ri­ker von Chri­stus und sei­ner Offen­ba­rung abge­spal­ten haben, und da möch­ten und kön­nen sie eben aus gutem Grun­de nicht mitgehen.

*Mag. Don Micha­el Gurt­ner ist ein aus Öster­reich stam­men­der Diö­ze­san­prie­ster, der in der Zeit des öffent­li­chen Meß­ver­bots die­sem wider­stan­den und sich gro­ße Ver­dien­ste um den Zugang der Gläu­bi­gen zu den Sakra­men­ten erwor­ben hat. Die aktu­el­le Kolum­ne erscheint jeden Samstag.


Das Buch zur Rei­he: Don Micha­el Gurt­ner: Zur Lage der Kir­che, Selbst­ver­lag, 2023, 216 Seiten.


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