Von Don Michael Gurtner*
Frage: Sie sprachen von Absetzungen und Versetzungen: Können Sie Beispiele nennen?
Antwort: Weniger bekannte oder vergessene lokale Beispiele gäbe es haufenweise, um zu verdeutlichen, was gemeint ist, seien hier nur einige bekannte Fälle aufgeführt: Kardinal Burke wurde zuerst auf den unbedeutenden Ehrenposten des Kardinalpatrons des Souveränen Malteser Ritterordens abgeschoben. Als er begann, von dort aus auffallend segensreich zu wirken, und etwas aufzubauen versuchte, wurde er auch dort durch die Ernennung eines päpstlichen Delegaten de facto ersetzt, ohne ihn noch jahrelang formell abzusetzen. Kardinal Müller wurde als Glaubenspräfekt ohne die geringste Vorwarnung zu seiner großen Überraschung in einem zweiminütigen Gespräch, das im Rahmen einer regulären, wöchentlich stattfindenden Tabellenaudienz stattfand, abgesetzt. Der Papst selbst sagte gegenüber Journalisten, daß es von ihm ungerecht war, daß er den angebotenen Rücktritt des Pariser Erzbischofs Aupetit angenommen hat, und er sagte auch unumwunden, er habe den Rücktritt „nicht auf dem Altar der Wahrheit, sondern auf dem Altar der Heuchelei“ angenommen, da die Medien in heuchlerischer Weise den Erzbischof diffamiert hatten, so daß er „beschädigt“ war. Trotz dieses Wissens hat ihn der Papst aus dem Amt entfernt. Ähnlich erging es Jahren zuvor den Bischöfen Mixa und Tebartz-van Elst. Kollegen im Bischofsamt hatten entschieden und mit Hilfe der Medien eine wirklich abartige Schmutzkampagne inszeniert, für die man sich nur schämen kann, und die kirchliche Autorität gehorchte ihnen willig. Auch Erzbischof Gänswein wurde als Präfekt des Päpstlichen Hauses zwar lange nie formell abgesetzt, aber ähnlich wie Kardinal Burke einfach „abgeschoben“ und de facto seiner Aufgaben entbunden. Bischöfe, welche es wagen, eine politisch unkorrekte Meinung kundzutun, wie etwa Exz. Laun (bezüglich Abtreibung) oder Exz. Eleganti (kirchliche und staatliche Corona-Maßnahmen) bekommen von anderen Bischöfen öffentlich Maulkörbe in Form von Predigt- und Äußerungsverboten verpaßt. Bischof Oliveri von Albenga wurde ohne wirklichen Grund zum Rücktritt gedrängt. Als er sich weigerte, selbigen einzureichen, wurde einfach ein zweiter Bischof für dieselbe Diözese ernannt (was kirchenrechtlich eigentlich gar nicht geht) und ersterer von seinem Nachfolger in dessen Anwesenheit öffentlich niedergemacht und gedemütigt.
Das sind nur einige wenige und sehr bekannte Fälle, die Bischöfe betreffen, und es gäbe noch zahlreiche andere aufzulisten. Auf der Ebene der Priester gibt es noch sehr viel mehr und es geht dort ebenso schmutzig und ungerecht zu: Die Bischöfe opfern ihre Priester ebenso widerstandslos „auf dem Altar der Heuchelei“, wie der Papst seine Bischöfe opfert, wenn es die Medien so verlangen. Mediokratie eben, in jeglichem Wortsinn. Um manchmal die eigene Haut zu retten und nicht den Haß der Medien auf sich zu ziehen, bringt man ihnen andere Personen als Opfer dar. Dabei macht es nichts aus, wenn Anschuldigungen frei erfunden, übertrieben, verdreht, überzogen, aus dem Kontext gerissen oder sonst unwahr oder unstatthaft sind. Wie damals Petrus, so ist auch heute in der Kirche jeder nur darum besorgt, ja nicht mit jemanden in Zusammenhang gebracht zu werden, wenn der Medienzorn (als angebliche Vox populi) sich gegen einen Kollegen entbrannt hat. Auch das ist, wie das Evangelium überliefert, eine petrinische Manier, doch Petrus wandelte sich. Dieses Verhalten der petrinischen Schwäche hingegen ist jedoch nicht nur unmoralisch, sondern es schwächt die Kirche auch, da sie den Gegnern so erst eine Taktik in die Hand gibt, die funktioniert, die erprobt ist und bei Bedarf gezielt angewendet werden kann, um der Welt mißliebige Kirchenmänner „herauszuschießen“. Die Kirche und die Kleriker machen sich durch unangemessene, oft falsche Nachgiebigkeit erpreßbar, und die faulen, verdorbenen Früchte sehen wir heute vor sich hingären.
Und in den Seminarien ist es noch schlimmer: Es genügt oft eine ungerechtfertigte Beschwerde oder eine böswillige Behauptung und es rollen Köpfe.
Dieses „Betriebsklima“ das in der Kirche mittlerweile auf sämtlichen Ebenen vorherrschend scheint, spricht sich herum und bleibt niemandem verborgen, der mit kirchlichen Kreisen zu tun hat: Sowas ist freilich nicht gerade anziehend und ist keine Ermutigung, in das Priesterseminar einzutreten.
*Mag. Don Michael Gurtner ist ein aus Österreich stammender Diözesanpriester, der in der Zeit des öffentlichen (Corona-) Meßverbots diesem widerstanden und sich große Verdienste um den Zugang der Gläubigen zu den Sakramenten erworben hat. Die aktuelle Kolumne erscheint jeden Samstag.
Das Buch zur Reihe: Don Michael Gurtner: Zur Lage der Kirche, Selbstverlag, 2023, 216 Seiten.
Bisher erschienen:
- Zur Lage der Kirche – eine neue Kolumne
- Zur Lage der Kirche – Frage 1
- Zur Lage der Kirche – Frage 2
- Zur Lage der Kirche – Frage 3
- Zur Lage der Kirche – Frage 4
- Zur Lage der Kirche – Frage 5
- Zur Lage der Kirche – Frage 6
- Zur Lage der Kirche – Frage 7
- Zur Lage der Kirche – Frage 8
- Zur Lage der Kirche – Frage 9
- Zur Lage der Kirche – Frage 10
- Zur Lage der Kirche – Frage 11
- Zur Lage der Kirche – Frage 12
- Zur Lage der Kirche – Frage 13
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