Die Epiphanie der Erlösung und der Strafe


Die Epiphanie, Erscheinung des Herrn, und das Dreikönigsfest am Beginn des Jahres 2022 laden zu einer ernsten Betrachtung ein.
Die Epiphanie, Erscheinung des Herrn, und das Dreikönigsfest am Beginn des Jahres 2022 laden zu einer ernsten Betrachtung ein.

Von Cri­sti­na Sic­car­di*

Als die Wei­sen, die sich vom Auf­gang „sei­nes Sterns“ (Jesu) lei­ten lie­ßen, in Jeru­sa­lem den König des römi­schen Judäa auf­such­ten, um ihn zu fra­gen, wo der neue König gebo­ren wor­den war, weil sie ihn anbe­ten woll­ten, geriet Hero­des in Panik, weil er glaub­te, daß jemand sein Reich an sich rei­ßen woll­te. Da er die Pro­phe­zei­un­gen der Hei­li­gen Schrift nicht kann­te, die die Geburt des Königs der Juden in Beth­le­hem ankün­dig­ten (Micha 5,1), befrag­te er die Schrift­ge­lehr­ten, und als er von dem hei­li­gen Ort erfuhr, war er beun­ru­higt und ver­stört. Dann offen­bar­te er den Wür­den­trä­gern aus dem Osten die Stadt, aus der auch König David her­vor­ge­gan­gen war, und bat sie, das Kind zu fin­den und ihm dann den genau­en Ort zu nen­nen, „damit auch er es anbe­ten kön­ne“ (Mt 2,1–8). Die Hei­li­gen Drei Köni­ge fan­den den Hei­land, bete­ten Ihn an und mach­ten Ihm Gold, Weih­rauch und Myr­rhe zum Geschenk, weil sie Sein hei­li­ges König­tum aner­kann­ten. Sie waren auf gött­li­che Wei­se erleuch­tet wor­den: Sie erkann­ten, daß die­ser König kein gewöhn­li­cher Herr­scher war und daß Sein Reich weit über die­se Welt hinausging.

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Die Hei­li­gen Drei Köni­ge ver­kör­pern nicht nur die heid­ni­sche Welt, die das fleisch­ge­wor­de­ne Wort aner­kennt und sich vor ihm ver­neigt, son­dern auch eine irdi­sche Auto­ri­tät mit über­na­tür­li­chen Aus­wir­kun­gen. Gott wähl­te nicht blo­ße Inha­ber welt­li­cher Macht, son­dern die Wei­sen, die öffent­lich als Prie­ster, Wei­se, Phi­lo­so­phen, Wis­sen­schaft­ler und Astro­lo­gen aner­kannt waren. Sie waren Per­ser, und da die Gebie­te öst­lich des bibli­schen Palä­sti­na mit dem Per­ser­reich zusam­men­fie­len, gibt es kei­nen Zwei­fel an der eth­ni­schen Her­kunft und der zoro­a­stri­schen Reli­gi­on der im Mat­thä­us­evan­ge­li­um beschrie­be­nen Per­so­nen.

Der Hei­land offen­bar­te sich zuerst den Hir­ten und unmit­tel­bar danach bedeu­ten­den Per­sön­lich­kei­ten, die das Wis­sen und die Suche nach der Wahr­heit sym­bo­li­sie­ren. Die Geschich­te des Chri­sten­tums führt auf wesent­li­che Tat­sa­chen zurück, bei denen Ver­nunft und Glau­be zusam­men­wir­ken, um zu der von Chri­stus geof­fen­bar­ten Wahr­heit zu gelan­gen. Die­se ein­zi­ge Wahr­heit wur­de im Lau­fe der Geschich­te von der Hei­li­gen Mut­ter Kir­che immer aner­kannt, die sie hel­den­haft durch Hei­lig­keit, Theo­lo­gie und Kon­zi­li­en ver­tei­digt hat.

Es gab drei Epo­chen mit gro­ßen Kri­sen: Aria­nis­mus, Pro­te­stan­tis­mus und Moder­nis­mus. Letz­te­re mani­fe­stiert sich wei­ter­hin in einer anma­ßen­den und aggres­si­ven Wei­se. Ihre Feind­se­lig­keit gegen­über der Tra­di­ti­on der Kir­che ist erdrückend, so sehr, daß Papst Fran­zis­kus selbst Hand­lun­gen der wirk­li­chen Ver­fol­gung gegen dok­tri­nä­re, theo­lo­gi­sche, kul­ti­sche und devo­tio­na­le „Epi­pha­ni­en“ durch­führt. Der welt­li­che, öko­lo­gi­sche, pau­pe­ri­sti­sche Göt­zen­dienst hat von den kirch­li­chen Inter­es­sen Besitz ergrif­fen, und die Stra­fen gehen inner­halb und außer­halb der Kir­che nie­der. Über­all in der Kir­che herrscht Spal­tung; Ero­si­on der Kir­che als Gan­zes auf­grund des feh­len­den Nach­wuch­ses; inhalt­li­che Lee­re; Unbe­ha­gen und Unru­he; ein Gefühl der Ver­las­sen­heit unter den Katho­li­ken, die sich von der ver­ant­wort­li­chen Auto­ri­tät im Stich gelas­sen füh­len; eine ermü­den­de und depri­mie­ren­de Wie­der­ho­lung von Gemein­plät­zen; Schlie­ßung von Kir­chen und Pfar­rei­en; Irrele­vanz der Sün­den­last; Ste­ri­li­tät und Trocken­heit; und der Ver­lust an Glaub­wür­dig­keit sei­tens des Hei­li­gen Stuhls, der sich mit der Kul­tur der Macht­lob­bys ver­bun­den hat.

Die Pan­de­mie ist natür­lich eine wei­te­re Stra­fe mit all ihren gesund­heit­li­chen, psy­cho­lo­gi­schen, sozio­lo­gi­schen und wirt­schaft­li­chen Aus­wir­kun­gen, die das bereits bestehen­de Unbe­ha­gen noch ver­schlim­mert haben. Und dann ist da noch die Gewalt, die inner­halb der häus­li­chen Mau­ern expo­nen­ti­ell zuge­nom­men hat, Mau­ern, die durch den über­trie­be­nen Femi­nis­mus und die freie Sexua­li­tät noch ver­schlim­mert wur­den, Ideo­lo­gien, die den gesun­den Men­schen­ver­stand und den Respekt vor dem Indi­vi­du­um außer Kraft set­zen, ein­schließ­lich der Ver­ant­wor­tung, die man vor allem gegen­über den eige­nen Kin­dern hat und wahr­neh­men soll­te. Eine bestimm­te Wis­sen­schaft und Öko­lo­gie sind zu Reli­gio­nen gewor­den, die sogar von der Kir­che ver­ehrt wer­den, die den Weg des Trans­hu­ma­nis­mus nicht zu bemer­ken scheint, der eben­so ver­hee­rend wie unmensch­lich ist und zu einer tota­len Kon­trol­le des indi­vi­du­el­len Lebens führt. Die Kir­che ist nicht mehr die Lehr­mei­ste­rin des ewi­gen Lebens, die Lehr­mei­ste­rin der wah­ren Frei­heit, die zur Ach­tung vor sich selbst und den ande­ren führt, son­dern eine Anhän­ge­rin der Welt. So wer­den die See­len nicht mehr geschützt, gelei­tet, unter­stützt und betreut, son­dern dem Ver­der­ben über­las­sen und zur Gefan­gen­schaft in den laster­haf­ten Gefäng­nis­sen der läß­li­chen und der Tod­sün­den ver­ur­teilt.

Das Grau­en der staat­lich zuge­las­se­nen Abtrei­bun­gen und von Kin­dern und Jugend­li­chen, die in nicht nur kom­pli­zier­ten, son­dern oft abnor­men Fami­li­en­ver­hält­nis­sen leben, sind das offen­sicht­li­che Ver­sa­gen einer west­li­chen Zivi­li­sa­ti­on, die zuneh­mend bar­ba­risch gewor­den ist. Jun­gen Men­schen wer­den „Highs“ und Nacht­clubs ange­bo­ten, die sie zumeist ihres legi­ti­men inne­ren Bedürf­nis­ses berau­ben, einen Vater und eine Mut­ter zu haben, die die­sen Namen auch ver­die­nen. Sie sind oft gezwun­gen, auf­ge­teilt auf zwei Häu­ser zu leben, in denen Frei­zü­gig­keit zu einer „guten Sache“ gewor­den ist und die gute Nor­ma­li­tät dar­in besteht, bereits in der frü­hen Jugend Sex zu haben, was von schlech­ten Lehr­mei­stern unter­stützt wird, die auf die­se Wei­se ihr unaus­ge­gli­che­nes Leben recht­fer­ti­gen.

Stra­fen haben die Mensch­heit von Anfang an beglei­tet, wie der Sün­den­fall nach der Erb­sün­de zeigt, als der Mann und die Frau es für das Beste hiel­ten, auf Gott zu ver­zich­ten und Sei­nen Raum zu steh­len. Züch­ti­gun­gen ent­stam­men der Gerech­tig­keit, und wenn sie aner­kannt wer­den, kön­nen sie eine aus­ge­zeich­ne­te Gele­gen­heit sein, um das belei­dig­te und manch­mal ver­rück­te Gewis­sen wie­der zur Ver­nunft zu brin­gen.

Psy­cho­lo­gie und Sozio­lo­gie wis­sen nicht mehr, wie sie sich in der tota­len Ver­wir­rung, die wir erle­ben, zurecht­fin­den sol­len, wäh­rend der Papst ange­sichts der kul­tu­rel­len und mora­li­schen Kata­stro­phen nicht nur schweigt und kei­ne Dia­gno­sen und erfolg­rei­chen The­ra­pien vor­schlägt, son­dern uns auf­for­dert, „den Geruch der Scha­fe anzu­neh­men“ und Jesus in die „inne­ren Stäl­le“ hin­ein­zu­las­sen, ohne laut die Not­wen­dig­keit der Erneue­rung in der Bekeh­rung durch Reue, Buße, Gebet und Sakra­men­te hier und jetzt anzu­mah­nen, damit die See­len zu wür­di­gen Tem­peln wer­den kön­nen, wie der hei­li­ge Pau­lus uns sagt:

„Oder wißt ihr nicht, daß euer Leib ein Tem­pel des Hei­li­gen Gei­stes ist, der in euch ist und den ihr von Gott habt, und daß ihr nicht euch selbst gehört? Denn um einen hohen Preis wur­det ihr erkauft. Dar­um ver­herr­licht Gott in eurem Leib!“ (1 Kor 6,19).

Die Epi­pha­nie des Pan­to­kra­tors, des höch­sten Wel­ten­herr­schers und Wel­ten­rich­ters, der gekom­men ist, um zu ret­ten und zu ver­ur­tei­len, ist immer im Gan­ge, wes­halb die Gläu­bi­gen nie­mals etwas befürch­ten müssen.

*Cri­sti­na Sic­car­di, Histo­ri­ke­rin und Publi­zi­stin, zu ihren jüng­sten Buch­pu­bli­ka­tio­nen gehö­ren „L’inverno del­la Chie­sa dopo il Con­ci­lio Vati­ca­no II“ (Der Win­ter der Kir­che nach dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil. Ver­än­de­run­gen und Ursa­chen, 2013); „San Pio X“ (Der hei­li­ge Pius X. Das Leben des Pap­stes, der die Kir­che geord­net und refor­miert hat, 2014); „San Fran­ces­co“ (Hei­li­ger Fran­zis­kus. Eine der am mei­sten ver­zerr­ten Gestal­ten der Geschich­te, 2019).

Von der Autorin zuletzt veröffentlicht:

Über­set­zung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Cor­ri­spon­den­za Romana/​Wikicommons/​MiL

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