Der echte heilige Franziskus von Assisi – wie er wirklich war

Buchvorstellung


Älteste, authentische Darstellung des heiligen Franz von Assisi, zu Lebzeiten entstanden (Benediktinerabtei Subiaco, Kloster des heiligen Benedikt).
Älteste, authentische Darstellung des heiligen Franz von Assisi, zu Lebzeiten entstanden (Benediktinerabtei Subiaco, Kloster des heiligen Benedikt).

Die Histo­ri­ke­rin Cri­sti­na Sic­car­di stell­te ihr jüng­stes Buch vor, das Franz von Assi­si (1181/1182–1226), dem Grün­der­va­ter aller fran­zis­ka­ni­schen Orden gewid­met ist, und zwar dem ech­ten, dem wah­ren hei­li­gen Fran­zis­kus. Das Buch ent­stand, weil der Pover­el­lo aus dem mit­tel­ita­lie­ni­schen Umbri­en „eine der am mei­sten ent­stell­ten Gestal­ten der Geschich­te ist“, wie es im Unter­ti­tel heißt. 

Anzei­ge

Mau­ro Faver­za­ni von Cor­ri­spon­den­za Roma­na besuch­te die Buch­prä­sen­ta­ti­on in Cremona:

Wer war der Hei­li­ge Fran­zis­kus wirk­lich? Ein Umwelt­schüt­zer? Ein Pazi­fist? Ein Armuts­be­kämp­fer? Ein Syn­kre­tist? Ein Öko­lo­ge? Ein Öku­me­ni­ker? Ein Welt­ver­bes­se­rer? Ein Relativist? 

Zu vie­le woll­ten zu lan­ge, daß genau das geglaubt wird, doch es ent­spricht nicht den Fak­ten, sogar ganz und gar nicht. Die doku­men­tier­ten Grün­de dafür wer­den von Cri­sti­na Sic­car­di in ihrem neu­en Buch, erschie­nen im Ver­lag Sug­ar­co, dar­ge­legt. Der hei­li­ge Franz von Assi­si gehört zu den bekann­te­sten, aber auch den am mei­sten defor­mier­ten Gestal­ten der Geschich­te. Das Buch will die­se Aus­wüch­se zurechtrücken.

„Die Ver­zer­rung des hei­li­gen Fran­zis­kus wur­de vor mehr als hun­dert Jah­ren vom fran­zö­si­schen Histo­ri­ker Paul Saba­tier, einem cal­vi­ni­sti­schen Pastor, begon­nen, der die moder­ne fran­zis­ka­ni­sche Geschichts­schrei­bung ein­führ­te. Viel­fach aus­ge­zeich­net, grün­de­te er 1902 in Assi­si die Socie­tà Inter­na­zio­na­le di Stu­di Fran­ce­sca­ni (SISF) und wur­de 1919 Pro­fes­sor der pro­te­stan­ti­schen Theo­lo­gie an der Uni­ver­si­tät Straß­burg “, so Siccardi.

Der von Saba­tier geschaf­fe­ne Fran­zis­kus ist aber nicht der Hei­li­ge der authen­ti­schen, histo­ri­schen Quel­len und der Zeu­gen und Bio­gra­phen sei­ner Zeit, son­dern eher eine Art von „gro­tes­ker Kari­ka­tur“, die nichts mit dem Ori­gi­nal zu tun hat.

„Der hei­li­ge Fran­zis­kus kämpf­te und litt, um Inter­pre­ta­tio­nen und Her­me­neu­ti­ken abzu­wen­den, die er aus zwei Kate­go­rien von Grün­den ver­ab­scheu­te und bekämpf­te: zum einen, weil er in einer Zeit der Häre­si­en leb­te, ins­be­son­de­re jener der Katha­rer und Wal­den­ser, und Häre­si­en aus sub­jek­ti­ven Inter­pre­ta­tio­nen her­vor­ge­hen; zum ande­ren, weil die Regel sei­nes Ordens schon zu sei­nen Leb­zei­ten in Fra­ge gestellt wur­de, und er eine Ver­zer­rung befürchtete.“ 

Das ging soweit, daß er in sei­nem „Testa­ment“ die Brü­der auf­for­der­te, „weder in die Regel noch in die­se Wor­te Erklä­run­gen“ ein­zu­fü­gen, indem sie sagen: „So sind sie zu verstehen“. 

Wer aber war dann der Mysti­ker von Assisi? 

Das Buch von Cristina Siccardi
Das Buch von Cri­sti­na Siccardi

Sei­ne Unter­schrift lau­te­te „fra­ter Fran­cis­cus par­vu­lus“, was soviel heißt wie, „der Klei­ne“. Er mein­te damit Ein­fach­heit und Rein­heit. Er hat­te „mehr als alle ande­ren gezeigt, daß das Dasein, das von Chri­stus im Evan­ge­li­um auf­ge­zeigt wur­de, mög­lich ist, indem er die Leh­re Jesu gewis­sen­haft und lie­be­voll befolgte“. 

Cri­sti­na Sic­car­di rollt auch zwei Momen­te im Leben des Hei­li­gen auf, die heu­te beson­ders oft ideo­lo­gisch defor­miert wer­den. Der erste, der sich auf sei­nen angeb­li­chen „Syn­kre­tis­mus“ bezieht, meint sei­ne drei Rei­sen in isla­mi­sches Land: zwei von ihnen schei­ter­ten an Schiff­bruch und Krank­heit; die drit­te führ­te ihn direkt zum Sul­tan von Ägyp­ten al-Malik al-Kāmil, nach Dami­et­ta, nicht des „Dia­logs“ wegen – wie von sei­nen „Defor­mie­rern“ behaup­tet –, son­dern um den Sul­tan zu bekeh­ren und ihm „den einen drei­ei­ni­gen Gott und den Hei­land aller, Jesus Chri­stus“ zu pre­di­gen, also kei­nen „Gott, der – wie es vie­le Män­ner der Kir­che heu­te tun – mit Allah in Ver­bin­dung gebracht oder sogar gleich­ge­setzt wer­den kann“. Franz von Assi­si tat das Gegen­teil davon. 

„Da er kei­ne Ergeb­nis­se erziel­te, trat er den Rück­weg an, ohne wei­te­re Zeit zu vergeuden.“ 

Die Autorin stell­te noch etwas klar:

„Die Lüge vom hei­li­gen Fran­zis­kus als eines Vor­läu­fers des öku­me­ni­schen und inter­re­li­giö­sen Dia­logs ist eine Fake News. Alle histo­ri­schen Quel­len, also nicht Inter­pre­ta­tio­nen, spre­chen von sei­nem wie­der­holt geäu­ßer­ten Wunsch, den Mus­li­men zu begeg­nen, um das Mar­ty­ri­um zu erleiden.“ 

Sei­ne Teil­nah­me am Fünf­ten Kreuz­zug zeigt, so Sic­car­di, daß er, der von sich selbst als „Sol­dat“ oder „Rit­ter Chri­sti“ und als „Herold des gro­ßen Königs“ sprach, Licht­jah­re von jeder pazi­fi­sti­schen Ver­su­chung ent­fernt war. 

Und was sei­nen vor­geb­li­chen „Öko­lo­gis­mus“ betrifft, erklär­te Cri­sti­na Sic­car­di aus­führ­lich, daß der Hei­li­ge, weil er:

„auf den Spu­ren Chri­sti in einem stän­di­gen Wech­sel zwi­schen Gebet, Medi­ta­ti­on, Sakra­men­ten, Eksta­se und Ein­übung der theo­lo­gi­schen Tugen­den und der Kar­di­nal­tu­gen­den leb­te, durch Got­tes Wil­len den Zustand mysti­scher Unschuld erlang­te; des­halb war das Ver­hält­nis der Schöp­fung zu ihm so har­mo­nisch und hat sich ihm unter­wor­fen. Das hat nichts mit Tier­schüt­zern zu tun, die Tie­re so ‚lie­ben‘, daß sie sie ‚ver­göt­tern‘.“

Zu den Ver­dien­sten des von Sug­ar­co ver­leg­ten Buches gehört auch das Vor­wort von Pater Ser­a­fi­no Tognet­ti von der Gemein­schaft der Söh­ne und Töch­ter Got­tes, der dar­an erin­nert, wie in der Zeit des Hei­li­gen Fran­zis­kus „die Lie­be Got­tes in den Her­zen fast über­all aus­ge­löscht war. Die Buße wur­de igno­riert und galt gera­de­zu als Unsinn, sosehr hat­ten sich Flei­sches­lust, Gier, Reich­tum und Stolz ausgebreitet.“ 

Wie heu­te, möch­te man hinzufügen. 

Was also war es, das die Gei­ster wie­der ent­fach­te, wenn der „par­vu­lus“ aus Assi­si eine Gegend besuchte?

„Es waren nicht die Demut und die Armut des Hei­li­gen, wie man heu­te so sehr betont, son­dern die Selig­keit, die sei­ne Per­son aus­strahl­te. Als die Men­schen Fran­zis­kus sahen, sahen sie das Reich Got­tes auf Erden. Als die Men­schen ihn sahen, lern­ten sie Gott kennen.“ 

Genau das suchen die Men­schen noch heu­te. Das ist es, was am hei­li­gen Fran­zis­kus fas­zi­niert, über­zeugt und zur Bekeh­rung führt. Das bele­gen auch Ver­an­stal­tun­gen wie die Buch­vor­stel­lung in Cre­mo­na: Das gro­ße Publi­kum und die leben­di­ge Dis­kus­si­on, die auf die Vor­stel­lung folg­te, bestä­ti­gen wie sehr die Men­schen auch heu­te den hei­li­gen Fran­zis­kus suchen, weil es sie nach Gott dürstet.

Text: Mau­ro Faver­za­ni
Bild: Wikicommons/​Verlag (Screen­shot)

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1 Kommentar

  1. Ob er in der heu­ti­gen Kir­che über­haupt noch Platz oder Gehör fin­den wür­de, ich bezweif­le es.

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