
Am 11. Oktober vor 60 Jahren wurde das Zweite Vatikanische Konzil eröffnet. Aus diesem Anlaß wurde mit Kardinal Matteo Zuppi ein Interview geführt, um Rückschau zu halten und Bilanz zu ziehen: Was war das Zweite Vatikanische Konzil und was ist davon geblieben? Matteo Zuppi, Mitglied der Gemeinschaft von Sant’Egidio, wurde 2015 von Papst Franziskus, ganz im Sinne einer bergoglianischen „Freundlichkeit“, als Nachfolger von Carlo Kardinal Caffarra zum Erzbischof von Bologna ernannt, 2017 von Franziskus in Bologna besucht, 2019 zum Kardinal kreiert und 2022 von ihm in seiner Vertretung zum Vorsitzenden der Italienischen Bischofskonferenz ernannt. Seit er den Purpur erhielt, gilt Kardinal Zuppi als möglicher Papabile im kommenden Konklave, weshalb seinen Ausführungen besondere Bedeutung zukommt. Die Historikerin und Publizistin Cristina Siccardi analysierte das Interview.
Das Zweite Vaticanum und die Hoffnungen und Enttäuschungen von Kardinal Zuppi
Von Cristina Siccardi*
Als das Zweite Vatikanische Konzil vor 60 Jahren, am 11. Oktober 1962, eröffnet wurde, war die progressive Fraktion der Versammlung, eine Minderheit, am Scharren. Ihre Hauptakteure standen bereit, vorbereitet und enthusiastisch, für die revolutionären Veränderungen, die dank Papst Johannes XXIII. kommen sollten, der ohne erkennbaren Grund beschlossen hatte, ein Konzil für eine Kirche einzuberufen, die durch neue und aufregende Ziele „entstaubt“ werden sollte – vor allem dadurch, nicht mehr die theologischen Irrtümer und Fehler der Welt zu verurteilen, sondern entschlossen sich auf die säkularisierten und antichristlichen „Zeichen der Zeit“ einzulassen und ihnen zu folgen.
Die Zeit ist, wie man so schön sagt, ein „Gentleman“, wir müssen nur die Tugend der Geduld üben, und die Ursachen dieser revolutionären Entscheidungen haben zu einer physiologischen Entgleisung ihrer Auswirkungen geführt. Durch den Lauf der Jahrzehnte können wir eine fundierte Einschätzung von Motiven und Folgen vornehmen und haben dafür den Beweis in den Protagonisten jener Zeit selbst, die wir mit großer christlicher Pietät hören und lesen. In ihren Ausführungen ist eine Armut und Kargheit, die peinlich beeindruckt: Es sind ehemalige Revolutionäre, die sich selbst glorifiziert haben und nun fassungslos sind, nichts mehr zu sagen haben und im Dunkeln tappen, indem sie Halt suchen, den sie nicht finden, und über die Scherben stolpern, die sie selbst zerbrochen haben.
Es ist eine sich auflösende verweltlichte Kirche, die keine Antworten mehr hat, die nichts mehr zu lehren hat und die sich gegenüber allen – außer der Kirche aller Zeiten – auf eine Haltung des „Zuhörens“ als letzten Zweck beschränkt. Die zehn ägyptischen Plagen haben Rom erreicht, doch wie der antike Pharao zur Zeit des Mose brechen diese Kirchenmänner lieber mit einem beeindruckenden Stolz zusammen, als sich zu beugen. Sie üben keine Selbstkritik und knien nicht mehr vor Gott nieder, sondern wieder und wieder und sinnfrei vor den Menschen.
All das konnten wir am 6. Oktober auf dramatische Weise und mit außergewöhnlichen Beweisen in einem Interview mit Kardinal Matteo Zuppi, Erzbischof von Bologna und Vorsitzender der Italienischen Bischofskonferenz, im Fernsehsender der Bischöfe TV2000, übernommen auch von der Tageszeitung der Bischöfe Avvenire, erleben. Die Antworten, die Gennaro Ferrara, dem Gastgeber des Abends, gegeben wurden, an dem auch Monsignore Luigi Bettazzi, der letzte noch lebende italienische Konzilsvater, teilnahm (die anderen Gäste waren: die Theologin Simona Segoloni; der Journalist und Vatikanist Gian Franco Svidercoschi; Ernesto Preziosi, Präsident des Zentrums für historische und soziale Studien CENSES; Roberto Bettazzi, der Gitarrist der ersten Beat-Messe in Italien, die am 26. Januar 1969 in der Kirche Santa Maria di Cafaggio gefeiert und vom Istituto Luce gefilmt wurde), waren stotternd, hinkend, unsicher, verschwommen, voller „vielleicht“ und Konditionalsätzen im Konjunktiv, ohne jemals die Sturheit aufzugeben, trotz der schlechten Früchte dieses Baumes auf dem Weg der Konzilsirrtümer zu verharren. Der Titel der Sendung lautete „1962–2022: das Konzil der Zukunft“, bei der mit großer Klarheit die Wahrheit zutage trat, was das Konzil objektiv wirklich war: eine auf Sand gebaute Sandburg.
Der Kardinal schaffte es, in den knapp 18 Minuten und 54 Sekunden (samt den Fragen und einem dokumentarischen Einschub von Papst Franziskus), den authentischen Sinn dieses Konzils und dessen, was es hervorgebracht hat, zu vermitteln: eine Katastrophe, die regelrechte Selbstzerstörung der Kirche. Aber sehen wir uns im Detail an, was gesagt wurde, um dieses 60. Jahrestages der Illusionen und zuweilen Halluzinationen zu „gedenken“ (besser gesagt, ihn zu versenken), die damals geritten und völlig enttäuscht wurden.
Ausgangspunkt war der Abend des 11. Oktober 1962, des Tags, an dem Matteo Zuppi seinen siebten Geburtstag feierte. Von diesem Tag erinnert er sich jedoch an nichts mehr und sagte: „Vielleicht habe ich die Streicheleinheiten bekommen, die mir, sagen wir, von Papst Johannes empfohlen wurden“ (gemeint ist die medienwirksame legendäre „Mondrede“). Er kommt daher sofort auf die Erinnerungen seines Vaters zu sprechen, der bei der Sonntagsausgabe des Osservatore Romano arbeitete und sich bei der Ausgabe zum Konzilsabschluß außerordentlich engagierte: „Ich bewahre sie noch immer mit so vielen Zeugnissen auf, genau mit dieser Konzilsemotion des Konzilsabschlusses“. In den 1970er Jahren war Zuppi ein aktiver Hauptdarsteller des kirchlichen „Frühlings“ in der Gemeinschaft Sant’Egidio. Diese Jahre, so der Moderator, waren voller Hoffnungen und Erwartungen an die Kirche und die Welt, weshalb er, um bei der Kirche zu bleiben, die Frage stellte: „Welche der Erwartungen, die Sie als Junge hatten, haben sich Ihrer Meinung nach erfüllt und welche wurden dagegen enttäuscht?“ Zuppi antwortete wie folgt: „Gute Frage. Die vielleicht am meisten erfüllte Erwartung ist die des Wortes [Gottes], schließlich war es die Entdeckung des Wortes, der Alltäglichkeit des Wortes einer Kirche und eines Evangeliums, die nicht in den Sakristeien oder in der sakralen Sphäre verschlossen blieb, sondern uns begleitete.“ Daher, so Ferrara, „die persönliche Lektüre“, was Zuppi bekräftigte: „Die kleinen Bibeln, vielleicht erinnert sich jemand an die Florentiner, die vom Verlag Fiorentina, diese kleinen, diese ersten kleinen Bibelchen“, die zu den Versammlungen mitgebracht wurden, „das war eine Begleitung, eine Entdeckung, sagen wir eines Evangeliums, das man in der Tasche trug, genau, sagen wir es einmal so“, „und vielleicht haben wir das ein wenig vergessen und es zu sehr dem Lektionar überlassen, und das ist gut so, aber vielleicht sollten wir mehr als das Sonntags- oder Wochentagslektionar eine persönliche, direkte Beziehung zum Wort haben“.
Und worin blieb er enttäuscht?
Kardinal Zuppi: „Auch dort war eine große Entdeckung jener Jahre die Gemeinschaft, eine Dimension der Gemeinschaft… Die Kirche war Gemeinschaft… Das Risiko besteht darin, daß wir Gemeinschaft zum Etikett machten, aber es zu wenig geworden sind… Die Kirche ist zu wenig Gemeinschaft geworden… zu sehr Individuum… manchmal… so… daß… eine Beziehung mehr der Organisation… mehr strukturell als die schöne Entdeckung der Dimension der Brüderlichkeit, der Gemeinschaft, der Familie… Ich würde sagen, daß sie sich vielleicht nicht so sehr verändert hat, wie sie es hätte tun können und sollen, wie die Kirche zu sein hat.“
Die Idee, die hinter der Auswahl des Titels für den Abend stand, bezog sich auf den vom Konzil aufgezeigten Weg und somit auf die Frage Ferraras: „Ist es immer noch ein Weg, der zu gehen ist? Was bedeutet es zu sagen, daß wir einfach dem ausgewiesenen Weg folgen müssen? Oder, wenn wir mit dem Titel spielen: Brauchen wir gar ein neues Konzil?“
Kardinal Zuppi: „Nein, erst einmal müssen wir es noch verstehen, es leben. Das Konzil… es gibt eine Lesart, es gibt natürlich diesen Geist, diesen Enthusiasmus, diese Perspektive… die wir noch in die Praxis umsetzen müssen… Alle Konzile hatten offensichtlich einen… ihre Zeiten. Nicht? … Zeiten der Umsetzung, weil die Kirche ein sehr komplizierter Körper ist… es ist nie eine Richtlinie, selbst in den vertikalsten Zeiten war es nie so… ein Knopf, etwas, das dann herabstieg… nach Meinung einiger ist sogar das Konzil von Trient in irgendeinem Teil nicht angekommen, also geschweige denn… wir haben noch Zeit, sagen wir es so. Aber wir müssen… und ich habe den Eindruck, daß wir sie voll und ganz leben… diese Suche.“
Kardinal Zuppi zitierte dann Benedikt XVI., indem er ihm Worte zuschrieb, die sich allerdings nicht finden lassen.
Kardinal Zuppi: „Vor zehn Jahren hielt Papst Benedikt eine sehr wichtige Rede anläßlich des 50. Jahrestages der Konzilseröffnung, in der er sagte: ‚Wir müssen diese nüchterne Trunkenheit des Konzils leben, die auch von den Enttäuschungen geprägt ist, die dieser Enthusiasmus in Wirklichkeit damals verursacht hat, besser… die dieser Enthusiasmus, diese Hoffnung, die Erwartung, die das Konzil in sich trug, nicht zu verwirklichen wußte. Wir müssen wieder von dieser nüchternen Trunkenheit ausgehen, von diesem Pfingsten.‘ Der Papst sagte: ‚Was müssen wir tun? Uns wieder auf den Weg machen. Wieder aufbrechen‘, und er zeigte auf den Weg nach Santiago, um zu sagen, schau, ‚so viele brechen auf, machen sich auf den Weg, wir müssen mit ihnen gehen‘. Es scheint mir, daß das, was wir mit Papst Franziskus tun, gerade weil wir heute diese nüchterne Trunkenheit auch mit der Leidenschaft und dem Enthusiasmus wiedererleben müssen, wenn wir so wollen, auch mit dieser Naivität, dieser Hoffnung, die das Konzil… geboten hat… auch wenn wir viele Schwierigkeiten feststellen, und wir auch viele Probleme festgestellt haben, die uns in diesen Jahren begleitet haben.“
Lassen Sie uns, wirft Ferrara ein, über diese Reise sprechen, die offensichtlich eine Reise nach vorn ist. Zuppi sagt: „Manche Leute würden es vorziehen, rückwärts zu gehen“, und zwischen einem Kichern und dem nächsten fügt der Kardinal hinzu: „Die besten Wünsche… im allgemeinen aber… jedenfalls geht das Leben weiter“.
Uns stellt sich spontan die Frage: Weitergehen, obwohl wir uns verlaufen haben und weiter im Dunkeln tappen?
Gennaro Ferrara erinnerte dann daran, daß der Kardinal kürzlich in einem Interview mit dem Osservatore Romano gesagt hatte, daß wir keine Nostalgie nach der Christenheit haben brauchen, daß wir die Logik der Zahlen überwinden müssen, daß wir auf den Durst achten und nicht über die Wüste klagen sollen. „Was bedeutet das konkret für die Kirche?“
Kardinal Zuppi: „Nun… äh… es bedeutet… sagen wir, daß wir manchmal das Gefühl haben… alles hat sich verändert, so viel hat sich verändert… vielleicht gelangen wir zu einer starken Wahrnehmung davon, weil sich so viele Gemeinden physisch verändern… der Eindruck ist, daß… die Idee war, daß wir alles unter Kontrolle hatten, wir aber nicht mehr alles unter Kontrolle haben. In Wirklichkeit hatten die sensibelsten Menschen diese Erfahrung schon gemacht, sie hatten es vor 80 Jahren verstanden. Es beeindruckt mich immer, daß Don Primo Mazzolari 1938 das Buch I lontani (Die Fernen) geschrieben hat und der Papst… Bischof Montini in Mailand eine Volksmission ins Leben gerufen hat, gerade weil er die Distanz, die Ferne ganzer Bevölkerungsschichten, vor allem der Arbeiterschaft, gespürt hat. Frankreich, ein Missionsland, war die große Frage der 40er Jahre… Was ich damit sagen will, ist, daß es ein Verständnis gibt… sie hatten es schon vor dem Konzil geahnt… das Konzil war eine große Gelegenheit, zu den Menschen zu sprechen, den Menschen von heute zu sagen, daß das Evangelium nicht etwas aus der Vergangenheit ist, von diesem großen Paradigma, das Paul VI. angedeutet hatte, das des Samariters, das war die große Perspektive des Konzils. Ich würde sagen, daß wir heute wieder mit allen ins Gespräch kommen, und das ist auch ein… wir tun uns schwerer, wir stellen auch eine Distanz fest, aber auch viele Fragen… die wir… die wir wiederfinden, vielleicht auf eine andere Art und Weise, mit anderen Modalitäten, die uns manchmal zu weit weg scheinen… die wir nicht vollständig entschlüsseln können, in Wirklichkeit scheint mir, daß die Perspektive von Evangelii gaudium genau darin besteht, uns auf die Straße zu begeben, um wieder mit allen zu sprechen, um die vielen Fragen zu verstehen, die verborgen sind, die vielleicht… die anders formuliert sind, aber die dennoch die Fragen sind, auf die das Evangelium antwortet.“
Dann ging es mit dem Thema der Kollegialität weiter, einer Dimension, die mit der Synode 2021–2023 unter dem Motto „Laßt uns gemeinsam als Kirche im Heiligen Geist wandeln“ gelebt wird, ein Titel, der exakt an den Hirtenbrief von Kardinal Michele Pellegrino, damals Erzbischof von Turin, vom 8. Dezember 1971 erinnert. Verzeihen Sie, Herr Vorsitzender der italienischen Bischöfe, und das soll zukunftsweisend und weitblickend sein? Wäre das ein Schritt vorwärts, wohin? Sehen Sie nicht den Abgrund der Seelen, die nicht einfach nur gehört werden wollen, sondern sich nach starken, ernsthaften, mutigen, kraftvollen geistlichen, evangelischen und lehrmäßigen Unterweisungen von Ihnen, den Erben der Apostel, sehnen?
Bischof Bettazzi hatte vor Zuppi erzählt, wie sehr er sich gefreut hatte, bei der Versammlung 2500 Konzilsväter aus der ganzen Welt zu sehen: ein Bild der kollegialen, gemeinschaftlichen Kirche. Die Synode, so wurde erklärt, knüpfe an das Zweite Vatikanische Konzil an. Und was ist mit dem ganzen Rest der zweitausendjährigen Kirche, wo ist er geblieben? Zuppi sagte dazu: „Die Synodalität ist der Weg, auf das ganze Volk Gottes zu hören, weshalb sie es [das Konzil] vervollständigt“; „Die drei Teile: der Primat des Papstes, die Kollegialität als große Entdeckung und Bewußtsein des Konzils, also die Bischöfe, die Synodalität, und das ganze Volk Gottes. Sie ergänzen sich alle gegenseitig.“
Schließlich folgte eine Frage des Interviewers zur Liturgie: „Sprechen wir über die Liturgie: Ist sie ein erfülltes oder enttäuschtes Versprechen? Einerseits ist sie eine Frucht des Konzils, in der heutigen Sprache und nicht mehr auf Latein, und doch kann man dieses Vorhaben, die Liturgie dem Leben derer, die sie feiern, näherzubringen, auch heute noch nicht als vollendet bezeichnen…“.
Kardinal Zuppi: „Es gibt zwei Dimensionen, die sich in der Eucharistiefeier, in der Liturgie, begegnen: die horizontale und die vertikale. Ich glaube, wir müssen sowohl die eine als auch die andere zurückgewinnen, und es ist kein Zufall, daß Papst Franziskus so sehr auf der ars celebrandi, auf der Homilie, auf der Teilnahme der Gemeinschaft an der Eucharistiefeier bestanden hat. Die vertikale Dimension ist diejenige… diejenige, die vielleicht in den Jahren nach dem Konzil vor allem mehr beiseite gelassen wurde, weil es einen großen Sinn für die Gemeinschaft gab, der vorherrschend war, für die Begegnung, für die Versammlung, für die Familie Gottes, für das Volk, das sich versammelte… Ich glaube, wir müssen uns sehr um die Feier kümmern, indem wir diese beiden Dimensionen wiederherstellen. Es gibt keine Dimension… Wir können die horizontale Dimension der Teilnahme an der Versammlung, von der Sie sprachen, der Teilnahme der Versammlung, der Aufmerksamkeit für das Leben, also das Leben, das in eucharistische Zelebration eintritt, nicht wiedergewinnen, ohne die horizontale… Und dann hatte Bologna Kardinal Lercaro, der, wie ich sagen würde, vielleicht der Hauptinterpret des Konzils der Liturgiereform war, und es scheint mir, dass ich auch heute noch in den Kirchen von Bologna so viel Aufmerksamkeit und so viel Sorgfalt finde, die von der Aufmerksamkeit von Kardinal Lercaro herrühren, daß er in vielen, einigen der Altäre der vielen Kirchen, die er gebaut hat, diesen Vers aus der Didaché angebracht hat: ‚Wenn wir das Brot des Himmels teilen, wie sollten wir dann nicht auch das Brot der Erde teilen?‘“
Begeistert von den musikalischen Neuerungen, die die Liturgiereform (Revolution der Liturgie) mit sich brachte, erzählte Zuppi lächelnd: „Ich hatte eine große Leidenschaft für die sogenannte Beat-Messe.“
Das ist das Zweite Vatikanische Konzil und das ist die Kirche, laut Kardinal Matteo Zuppi.
Nur noch eine Bemerkung: Vieles wird sich ändern müssen, und die Anzeichen dafür, wenn auch mißhandelt und isoliert, sind bereits sichtbar (auch dank des Internets, das sie öffentlich macht) im Unbehagen sehr vieler Gewissen auf der ganzen Welt, die allen Generationen und allen sozialen Schichten angehören, einschließlich jener der Priester und der Ordensleute, Gewissen nicht des „Volkes Gottes“, sondern derer, die treu geblieben sind und derer, die dem Weg, der Wahrheit und dem Leben treu sein wollen.
*Cristina Siccardi, Historikerin und Publizistin, zu ihren jüngsten Buchpublikationen gehören „L’inverno della Chiesa dopo il Concilio Vaticano II“ (Der Winter der Kirche nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil. Veränderungen und Ursachen, 2013); „San Pio X“ (Der heilige Pius X. Das Leben des Papstes, der die Kirche geordnet und reformiert hat, 2014); „San Francesco“ (Heiliger Franziskus. Eine der am meisten verzerrten Gestalten der Geschichte, 2019).
Einleitung/Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Corrispondenza Romana
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Stimmt, „Pfingsten“ hat Papst Benedikt in seiner Rede tatsächlich verwendet:
https://www.vatican.va/content/benedict-xvi/de/speeches/2012/october/documents/hf_ben-xvi_spe_20121011_fiaccolata.html
Vielen Dank für den Hinweis, aus diesen Worten von Benedikt XVI. läßt sich eine gewisse Ähnlichkeit mit der Wiedergabe herauslesen, wobei Kardinal Zuppi ihnen eine deutliche Akzentverschiebung verpaßte. Benedikt XVI. nahm die Rede von Johannes XXIII. zum Anlaß, schilderte die damalige Begeisterung, entkoppelte aber seine weiteren Ausführungen vom Konzil, das er nicht mehr erwähnte.
Insgesamt bleibt die Aussage Benedikts freilich ambivalent, so auch in seiner letzten großen Rede vor der Abdankung an den römischen Klerus.
Das erklärt wohl auch, weshalb auch die besten konservativen Priester ein „Dogma“ unerschütterlich und verbissen verteidigen: das Zweite Vatikanische Konzil, ein „pastorales“ Konzil ohne dogmatischen Anspruch. Die Argumentation ähnelt dabei durchaus (zwangsläufig) jener von Kardinal Zuppi. „Wenn es das Vaticanum II nicht gegeben hätte“… Doch jede „Was wäre, wenn“-Aussage ist kein echtes Argument, solange keine Gegenprobe möglich ist. Der kirchliche Zusammenbruch nach dem Konzil ist eine Tatsache, womit über den dahinterstehenden Geist schon alles ausgesagt ist. Die Behauptung, es wäre andernfalls „noch schlimmer gekommen“, ist dagegen willkürlich.
In dieser unkritischen Verteidigung des Konzils und seiner Wirkmächte steckt wohl das Haupthindernis für eine wirkliche Gesundung der Kirche. Darin stecken wahrscheinlich auch die Ursachen für Absonderlichkeiten wie die Linie des neuen Bischofs von Chur, obwohl er aus den Reihen des konservativen Opus Dei stammt.