Von Cristina Siccardi*
Anstatt den Eltern zu erklären, wie sie die Dimension von Vater und Mutter nach christlichen Grundsätzen wiedergewinnen und den abgerissenen Faden zum Sinn für die Heiligkeit der Familie wieder anknüpfen können, hat die Italienische Bischofskonferenz für den Ostermontag, an dem die Kirche der Engelserscheinung am leeren Grab Jesu gedenkt (Mk 16,1–7), den 19jährigen Generation-Z-Rapper Blanco (Riccardo Fabbriconi), der mit „Brividi“ („Gänsehaut“), einem Lied, das Homosexualität und Heterosexualität auf die gleiche Stufe stellt, Gewinner des antichristlichen und blasphemischen Sanremo Festival 2022 wurde, eingeladen, vor dem Eintreffen des Papstes zur Gebetsvigil um 18 Uhr vor 57.000 Jugendlichen „auf Wallfahrt“ aufzutreten. Die Kirche braucht also, um die Aufmerksamkeit der Jugend zu gewinnen, die an sozialen Netzwerken, Sex und zerrütteten Familien krankt, Zeugen, die selbst die Jugendlichen Lichtjahre von Gott wegführen? Ist das der Zweck der Kirche?
Der Leiter des Büros für die Jugendpastoral der Italienischen Bischofskonferenz, Don Michele Falabretti, sagte: „Wir haben gedacht, den Jungen und Mädchen ein Geschenk zu machen“, weil der Kontext berücksichtigt werden muß: „Wehe, wenn man ihn unterschätzt! Man läuft Gefahr, nicht auf der gleichen Wellenlänge zu sein“. Für den Prälaten ist es undenkbar, „mit ihnen zu reden, sie mit Argumenten oder Worten zu überzeugen, wenn man nicht zuerst bereit ist, ihnen zuzuhören, ohne den Anschein zu erwecken, ihre Welt mit einem Wisch wegzuwischen, indem man sie als schmutzig und ungeeignet beurteilt“. Die Methode, die der heilige Johannes Bosco entwickelt hat, nicht um die Aufmerksamkeit auf sich selbst zu lenken, sondern um die Seelen zu retten, war die der Vorbeugung gegen die Übel und die der christlichen Freude, ohne die Notwendigkeit, die Perversionen der Welt und die Künstler zusammenzukratzen, die den Gesetzen Gottes widersprechen.
„Die Kirche hat immer die Kunst gefördert, um den Geist zu erheben, während sie auf diese Weise die Vulgarität gutheißt“, sagte Msgr. Antonio Suetta, der Bischof von Ventimiglia, der sich gegen die Entscheidung der Bischofskonferenz aussprach. „Ich habe diese Nachricht mit großer negativer Überraschung vernommen, und zwar aus zwei Gründen: Erstens glaube ich nicht, daß diese Figur ein geeignetes Vorbild für eine katholische Initiative ist, die sich an Jugendliche richtet, und zweitens kenne ich die Person nicht, weshalb ich mich zu ihr nicht äußern kann. Es ist klar, daß die bei Blancos Auftritten vermittelte Botschaft nicht in einen katholischen Kontext paßt. Ich finde es beschämend, daß eine Figur, die – vor allem nach ihrem Sieg beim Festival zusammen mit Mahmood – eindeutig zu einer Ikone einer bestimmten Auffassung von Leben, Freiheit, Affektivität usw. geworden ist, auf dem Petersplatz auftritt.“
Der Versuch, die Aufmerksamkeit der Jugendlichen zu gewinnen, die zumeist von einer zynischen, respektlosen, menschenfeindlichen und sogar gewalttätigen Kultur verschlungen werden (man denke an die Aktionen der Baby-Gangs), ist nicht nur ein Vergnügen für die LGBTQ-Bewegungen, sondern eine echte Blasphemie: Auf dem Vorplatz des Petersdoms ist es nicht zulässig, jenen Raum zu geben, die sich zu Sprechern von Worten voller Übelkeit, Schändlichkeit, Obszönitäten und von Schimpfwörtern machen. Den Alptraum, den die Generation der Kinder des infernalischen zeitgenössischen „Kerzendocht“ bewußt lebt, den lebt auch, aber unbewußt, die Kirche, die von der Mode, dem Chaos und dem Masochismus einer unvernünftigen und entheiligenden Zeit überwältigt wird. Inzwischen wurde der Bezug zur Realität des Evangeliums verloren und damit zu dem, was Jesus wirklich gelehrt hat. Ein Beispiel: Der gute Hirte sucht und findet das verlorene Schaf; es ist nicht das Schaf, das die anderen 99 in die Irre führt. Außerdem gibt es eine unumstößliche Tatsache: So wie man nicht zwei Herren dienen kann (Gott und der Welt), kann man als Endziel nicht gleichzeitig das Paradies und die Hölle angeben.
*Cristina Siccardi, Historikerin und Publizistin, zu ihren jüngsten Buchpublikationen gehören „L’inverno della Chiesa dopo il Concilio Vaticano II“ (Der Winter der Kirche nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil. Veränderungen und Ursachen, 2013); „San Pio X“ (Der heilige Pius X. Das Leben des Papstes, der die Kirche geordnet und reformiert hat, 2014); „San Francesco“ (Heiliger Franziskus. Eine der am meisten verzerrten Gestalten der Geschichte, 2019).
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Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Corrispondenza Romana/Twitter (Screenshots)