Kardinal Hummes schreibt allen Bischöfen: „Nachsynodales Schreiben kommt und ist zu akzeptieren“

Der Heilige Geist und seine Inanspruchnahme


Schreiben von Kardinal Hummes an alle Bischöfe der Welt mit einer apodiktischen Ankündigung.
Brief von Kardinal Claudio Hummes an alle Bischöfe der Welt mit apodiktischen Ankündigung zum nachsynodalen Amazonas-Schreiben.

(Rom) Kar­di­nal Clau­dio Hum­mes, Papst­ver­trau­ter und einer der bei­den Haupt­or­ga­ni­sa­to­ren der Ama­zo­nas­syn­ode, schrieb am 13. Janu­ar an die Bischö­fe der gan­zen Welt einen Brief mit der Auf­for­de­rung, sich auf das nach­syn­oda­le Apo­sto­li­sche Schrei­ben zur Ama­zo­nas­syn­ode und des­sen Umset­zung vorzubereiten.

Anzei­ge

Mit dem heu­te erschie­ne­nen Pau­ken­schlag-Buch „Aus den Tie­fen unse­rer Her­zen“ von Kar­di­nal Robert Sarah und Bene­dikt XVI. zur Ver­tei­di­gung des prie­ster­li­chen Zöli­bats ist ein gro­ßer Wurf gelun­gen. Die mit Hil­fe von Kuri­en­erz­bi­schof Georg Gäns­wein insze­nier­te „Distan­zie­rung“ Bene­dikts XVI., die von den welt­li­chen Medi­en bereit­wil­lig im gewünsch­ten Sinn auf­ge­bauscht wur­de, ist San­ta Mar­ta ein beacht­li­cher Gegen­wurf gelun­gen, weit mehr als mit den inhalt­lich schwa­chen Abwehr­ver­su­chen durch Vati­kan­spre­cher Matteo Bruni und den päpst­li­chen Haus­va­ti­ka­ni­sten Andrea Tor­ni­el­li. Aus der Welt bringt man das Buch aller­dings nicht mehr, zumal sich Bene­dikt XVI. nicht von des­sen Inhalt distan­zier­te – wie denn auch, stam­men die ent­spre­chen­den Tex­te ja aus sei­ner Feder. Kennt man das gute Ver­hält­nis zwi­schen Kar­di­nal Sarah und Bene­dikt XVI. kann von einer Distan­zie­rung ohne­hin kei­ne Rede sein.

Die Buch­sen­sa­ti­on, die Le Figa­ro am Sonn­tag publik mach­te, fes­selt in den ver­gan­ge­nen bei­den Tagen die Auf­merk­sam­keit. Sie lenk­te das Augen­merk wie­der auf die zen­tra­le Fra­ge, derent­we­gen die Ama­zo­nas­syn­ode abge­hal­ten wur­de: die Abschaf­fung oder Auf­wei­chung des prie­ster­li­chen Zölibats. 

Papst Fran­zis­kus kün­dig­te zum Syn­oden­schluß an, das nach­syn­oda­le Schrei­ben noch vor Jah­res­en­de vor­le­gen zu wol­len. Dazu kam es zwar nicht, doch nun soll es soweit sein. Dar­in ist auch der Grund zu sehen, wes­halb das Buch mit den Plä­doy­ers zur Ver­tei­di­gung des prie­ster­li­chen Zöli­bats von Kar­di­nal Sarah und Bene­dikt XVI., jetzt und unter erheb­li­chem Zeit­druck her­aus­ge­ge­ben wur­de. Das Buch soll das nach­syn­oda­le Schrei­ben von Fran­zis­kus noch beein­flus­sen. Kein gutes Zei­chen, denn es setzt vor­aus, daß die bei­den Autoren der Über­zeu­gung sind, daß Fran­zis­kus dar­in den „klei­nen Fin­ger­stoß“ voll­zie­hen könn­te, mit dem die Dis­zi­plin des prie­ster­li­chen Zöli­bats gekippt wer­den soll.

Der Zeit­plan ist auf­ge­gan­gen. Ob auch das Ziel erreicht wird, muß sich erst zei­gen. Das nach­syn­oda­le Schrei­ben von Fran­zis­kus liegt noch nicht vor. Aller­dings scheint das in Kür­ze der Fall zu sein. Einer der eng­sten Papst­ver­trau­ten in Sachen Ama­zo­nas­syn­ode, der bra­si­lia­ni­sche Kar­di­nal Clau­dio Hum­mes, schrieb am Mon­tag – Le Figa­ro hat­te das Sarah/​Benedikt XVI.­­–Buch weni­ge Stun­den zuvor ange­kün­digt –  allen Bischö­fen welt­weit einen Brief. Der RAI-Vati­ka­nist Aldo Maria Val­li bekam ihn zuge­spielt und ver­öf­fent­lich­te ihn.

Kar­di­nal Hum­mes, der Fran­zis­kus den Papst­na­men emp­foh­len hat­te, gehört seit lan­gem zu den erklär­ten Geg­nern des prie­ster­li­chen Zöli­bats, der in die­sen Krei­sen als „Zwangs­zö­li­bat“ dis­kre­di­tiert wird. Unter Papst Bene­dikt XVI. muß­te er zurück­ru­dern und sich zurück­hal­ten – zumin­dest in der Öffent­lich­keit. Unter Papst Fran­zis­kus betreibt Hum­mes die Zöli­bats­be­sei­ti­gung aktiv und mit Nach­druck, wie sie von pro­gres­si­ven Krei­sen seit den 60er Jah­ren ange­strebt wird. Da ihm Fran­zis­kus, trotz sei­ner bekann­ten Posi­tio­nen, den Wunsch einer Ama­zo­nas­syn­ode erfüll­te, ihn mit deren Vor­be­rei­tung beauf­trag­te und schließ­lich zum Gene­ral­re­la­tor der Syn­ode mach­te, besteht kein Zwei­fel, daß er des­sen Haupt­ziel begünstigt.

Kardinal Hummes (rechts) nach der Papstwahl auf der Mittelloggia zeigte an, er werde Einfluß im neuen Pontifikat haben
Die Anwe­sen­heit von Kar­di­nal Hum­mes (rechts) nach der Papst­wahl auf der Mit­tel­log­gia zeig­te an, er wer­de Ein­fluß im neu­en Pon­ti­fi­kat haben.

„Unter der Leitung des Heiligen Geistes“

In die­sem Kon­text ist auch sein Schrei­ben an den Wel­tepi­sko­pat zu sehen, das er am Mon­tag aus­sand­te. Hum­mes teilt den Bischö­fen aller fünf Kon­ti­nen­te dar­in mit, daß sich der Ent­wurf des nach­syn­oda­len Schrei­bens in der End­re­dak­ti­on befin­det. Zugleich läßt er den Bischö­fen eine Liste von „nütz­li­chen“ Tex­ten zukom­men, damit sie sich dar­auf vor­be­rei­ten kön­nen. Vor allem betont Hum­mes eine Dik­ti­on, die seit Beginn des Pon­ti­fi­kats von Fran­zis­kus in auf­fäl­lig ver­stärk­tem Maße bekannt ist: Er unter­streicht, daß die „neu­en Wege für die Kir­che“, die mit dem nach­syn­oda­len Schrei­ben beschrit­ten wer­den sol­len, „unter der Lei­tung des Hei­li­gen Gei­stes“ ver­faßt wur­den. Die insi­sten­te Beru­fung auf den Hei­li­gen Geist wird vom päpst­li­chen Umfeld bevor­zugt für des­sen „Revo­lu­tio­nen“ genann­te Neue­run­gen in Anspruch genommen:

  • Die Ver­fech­ter der Neue­run­gen wer­den damit der argu­men­ta­ti­ven Begrün­dung und Recht­fer­ti­gung entbunden;
  • Kri­tik dar­an ist nicht erlaubt, da es Kri­tik am Hei­li­gen Geist wäre, doch Kri­tik am Hei­li­gen Geist, wie jeder Katho­lik weiß, die ein­zi­ge Sün­de ist, die nicht ver­ge­ben wird.

War­um aber das Schrei­ben von Kar­di­nal Hum­mes an alle Bischöfe?

Weil, so der Bra­si­lia­ner, Papst Fran­zis­kus wünscht, daß die Bischö­fe das Doku­ment bereits erhal­ten, bevor „die Pres­se es kom­men­tiert“, und sich so „mit ihm bei der Vor­stel­lung ver­ei­nen können“.

Die Vor­ge­hens­wei­se ist unge­wöhn­lich. Auch in der Ver­gan­gen­heit wur­den Ent­wür­fe päpst­li­cher Doku­men­te vor­ab den Bischö­fen zur Kennt­nis gebracht, aller­dings zum Zweck, daß sie dazu Stel­lung neh­men konn­ten, wozu sie aus­drück­lich ersucht wur­den. Die­se Rück­mel­dun­gen aus aller Welt dien­ten dem Hei­li­gen Stuhl nicht nur zur Erfas­sung der Stim­mung unter den Bischö­fen und in den Orts­kir­chen, son­dern dien­te der Ein­bin­dung und der Mitbestimmung.

Das war gestern. Unter Papst Fran­zis­kus wird die Mög­lich­keit, daß ein Bischof ande­rer Mei­nung sein oder gege­be­nen­falls Ände­rungs­vor­schlä­ge haben könn­te, gar nicht in Erwä­gung gezo­gen. Mit dem Schrei­ben gibt Kar­di­nal Hum­mes in „geschlif­fe­ner Kuri­en­spra­che“ (Aldo Maria Val­li) den Bischö­fen zu ver­ste­hen, daß sie nicht ande­rer Mei­nung zu sein haben, son­dern zur Gemein­schaft und Ein­heit mit dem Papst ver­pflich­tet sind. Val­li faßt die Bot­schaft des Schrei­bens noch deut­li­cher zusammen:

„Kurz­um: Wis­se, Herr Bischof, daß du kei­ne Wahl hast. Falls dir die Exhorta­ti­on nicht gefällt, heißt das, daß du nicht in der Gemein­schaft mit dem Papst bist.“

Wel­cher „bit­te­re Hap­pen“ muß in dem ange­kün­dig­ten nach­syn­oda­len Schrei­ben also wohl ent­hal­ten sein, fragt sich Val­li, wenn Kar­di­nal Hum­mes mit einer sol­chen Ankün­di­gung vor­ge­schickt wird, um den Bischö­fen Unver­dau­li­ches schmack­haft zu machen, und damit sie sich ihrer­seits schon ein­mal dar­auf vor­be­rei­ten, das Unver­dau­li­che den Gläu­bi­gen schmack­haft zu machen?

Das Schrei­ben von Kar­di­nal Hum­mes im Wortlaut:

Euer Eminenz, höchwürdigste Exzellenz!

Der Hei­li­ge Vater berei­tet ein neu­es Apo­sto­li­sche Schrei­ben vor, das die Neu­en Wege für die Kir­che und für eine ganz­heit­li­che Öko­lo­gie vor­ge­stellt wird, die unter der Lei­tung des Hei­li­gen Gei­stes wäh­rend der Ama­zo­nas­syn­ode im Okto­ber letz­ten Jah­res erar­bei­tet wurden.

Der Ent­wurf wird der­zeit über­ar­bei­tet und kor­ri­giert und dann über­setzt. Papst Fran­zis­kus hofft, es bis Ende die­ses Monats oder Anfang Febru­ar pro­mul­gie­ren zu können.

Die Ermah­nung wird mit Span­nung erwar­tet und wird gro­ßes Inter­es­se und unter­schied­li­che Reak­tio­nen nach sich zie­hen. Wie zuvor bei Lau­da­to si (2015), Amo­ris Lae­ti­tia (2016), Gau­de­te et Exul­ta­te (2018) und Chri­stus Vivit (2019) möch­te der Hei­li­ge Vater daher, daß die ört­li­chen Ordi­na­ri­en den Text direkt erhal­ten, bevor er ver­öf­fent­licht wird und die Pres­se ihn zu kom­men­tie­ren beginnt. Auf die­se Wei­se kön­nen Sie sich mit ihm in der Prä­sen­ta­ti­on des Schrei­bens und dar­in ver­ei­nen, es den Gläu­bi­gen sowie allen Män­nern und Frau­en guten Wil­lens, den Medi­en, der Wis­sen­schaft und ande­ren Per­so­nen zugäng­lich zu machen, die Auto­ri­täts- und Füh­rungs­po­si­tio­nen bekleiden.

Mit dem Ziel, eine ange­mes­se­ne Vor­be­rei­tung zu för­dern, wer­den in die­sem ersten Brief eini­ge Emp­feh­lun­gen gege­ben. Der Zweck ist nicht, zu wer­ben oder Auf­merk­sam­keit zu erre­gen. Es geht viel­mehr dar­um, Sie als Ordi­na­ri­us in Gemein­schaft mit Papst Fran­zis­kus dis­kret zu unter­stüt­zen, wäh­rend sie sich dar­auf vor­be­rei­ten, die Ermah­nung ent­ge­gen­zu­neh­men und dem Volk Got­tes in Ihrem Zustän­dig­keits­be­reich zu über­mit­teln. Infol­ge­des­sen kön­nen die Emp­feh­lun­gen mit größ­ter Frei­heit ver­wen­det wer­den, sofern sie nütz­lich erscheinen.

Eine nütz­li­che Mög­lich­keit, sich vor­zu­be­rei­ten, besteht dar­in, eini­ge der frü­he­ren Doku­men­te zu die­sem The­ma zu lesen, die wei­ter unten in den ange­häng­ten Hilfs­mit­teln bereit­ge­stellt wer­den. Inner­halb von etwa 10 Tagen erhal­ten Sie einen zwei­ten Brief mit wei­te­ren Vorschlägen.

Wenn der Tag der Ver­kün­dung naht, erhal­ten Sie die Ermah­nung per E‑Mail mit Sperr­frist. Am sel­ben Tag fin­det in der Syn­oden­hal­le, in der im Okto­ber die Arbei­ten statt­fan­den, eine fei­er­li­che Ver­an­stal­tung statt.

Sie könn­ten auch mit der Pla­nung einer Pres­se­kon­fe­renz oder einer ande­ren Ver­an­stal­tung begin­nen, die sobald als mög­lich auf die Ver­öf­fent­li­chung der Ermah­nung folgt. Zum Bei­spiel könn­te es ange­bracht sein, daß Sie die Ermah­nung zusam­men mit einem Indi­ge­nen-Ver­tre­ter (sofern dies in Ihrer Regi­on prak­ti­ka­bel ist), einem sach­kun­di­gen Pasto­ral­ver­ant­wort­li­chen (Prie­ster oder Ordens­ver­tre­ter, Laie oder Lai­in), einem Sach­ver­stän­di­gen für öko­lo­gi­sche Fra­gen und einem in der Jugend­seel­sor­ge täti­gen Jugend­li­chen vorstellen.

Bit­te behan­deln Sie die­ses Schrei­ben ver­trau­lich und geben Sie es nur an die­je­ni­gen wei­ter, die direkt an der diö­ze­sa­nen Vor­be­rei­tung der Ver­öf­fent­li­chung des Schrei­bens betei­ligt sind, nicht an ande­re oder an die Medi­en. Bit­te beach­ten Sie die­se Richt­li­ni­en sorg­fäl­tig. Bit­te ver­zei­hen Sie gleich­zei­tig, wenn Sie mehr als ein Exem­plar die­ses Schrei­bens erhal­ten – es ist bes­ser, Dupli­ka­te zu ris­kie­ren, als eini­ge Diö­ze­sen wegen schlech­ter Inter­net­ver­bin­dun­gen nicht zu erreichen.

In der Hoff­nung, daß die­ser Brief nütz­lich sein wird, wol­len wir uns im auf­rich­ti­gen Gebet zum Vater Unser aller Barm­her­zig­keit zusam­men­schlie­ßen, auf daß Er Papst Fran­zis­kus und alle Bischö­fe bei der Ver­kün­di­gung der Ermah­nung seg­net und Er das Volk Got­tes im Ama­zo­nas und auf der gan­zen Welt vor­be­rei­tet, es mit Glau­ben, Hoff­nung, Intel­li­genz und Wirk­sam­keit zu empfangen.

Mit auf­rich­ti­gen Grü­ßen in Christus

Kar­di­nal Clau­dio Hum­mes, OFM
Gene­ral­re­la­tor der Syn­ode
Prä­si­dent des Pan-Ama­zo­ni­schen Kir­chen­netz­werks (REPAM)

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Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Aldo Maria Valli/​MiL

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