Zur Lage der Kirche – Frage 30

Gott hat Kirche und Klerus nicht zu ihrem Selbstzweck sichtbar eingesetzt


Don Michael Gurtner Zur Lage der Kirche

Von Don Micha­el Gurtner*

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Frage: Das bedeu­tet, die Lai­en müs­sen sich von Kle­rus und Kir­che emanzipieren?

Ant­wort: Rich­tig ver­stan­den, bedeu­tet es genau das. Nicht im Sin­ne eines prin­zi­pi­el­len Anti­kle­ri­ka­lis­mus, son­dern im Sin­ne eines gerecht­fer­tig­ten Selbst­schut­zes, um die Pro­tek­ti­on des rech­ten katho­li­schen Glau­bens. Es geht um das höch­ste Gut der mensch­li­chen See­le: den rech­ten Glau­ben, die Gemein­schaft mit Gott, das ewi­ge See­len­heil! Das ist kei­ne Neben­säch­lich­keit, son­dern der all­er­zen­tral­ste Sinn des mensch­li­chen Seins und Stre­bens! Katho­lisch zu sein bedeu­tet nicht dem Pfar­rer, dem Bischof, dem Papst oder der Kir­che gehor­sam zu sein und auto­ma­tisch alles zu tun und zu glau­ben, was sie sagen, son­dern es geht um den Gehor­sam gegen­über Chri­stus – dem ein­zig wirk­lich gerecht­fer­tig­ten Gehor­sam. Kir­che und Kle­rus sind nicht Herr über den Glau­ben, sie sind nicht des­sen Urhe­ber und Kon­struk­teur, son­dern müs­sen Ver­mitt­ler der Wahr­hei­ten Chri­sti sein. Der Herr­gott hat die Kir­che und den Kle­rus nicht zu ihrem Selbst­zweck sicht­bar ein­ge­setzt, son­dern um durch sie zu wir­ken, sei­ne Gna­den aus­zu­spen­den und dem Men­schen einen kon­kre­ten „Ort“ zu schaf­fen. Kle­rus und sicht­ba­re Kir­che sind Mit­tel, nicht Selbst­zweck. Des­halb ste­hen sie unter Gott und nicht über ihm als des­sen Her­ren, wie es heu­te lei­der viel­fach ver­sucht wird. In die­sem Sin­ne müs­sen wir Gott gehor­chen und nicht der (sicht­ba­ren) Kir­che, wenn die­se selbst nicht mehr Gott gehorcht. Wenn die Kir­che näm­lich Gott gehorcht und der Mensch der Kir­che, dann und nur dann gehorcht er letzt­lich Gott selbst – und die­ser Gehor­sam gegen­über Gott allein ist der ein­zig wah­re und nöti­ge Gehor­sam eines Gläu­bi­gen. Er muß einst sei­nem Herr­gott und Rich­ter Rechen­schaft able­gen, nicht der Kir­che oder dem Pfar­rer. Wenn aber die Kir­che selbst sich von Gott löst, ihm nicht mehr gehor­sam ist und ande­res lehrt als die Offen­ba­rung Got­tes, so ist der Gläu­bi­ge nicht mehr berech­tigt der Kir­che zu gehor­chen, son­dern muß Gott gehor­chen. Man muß Gott mehr gehor­chen als dem Men­schen! Und wenn die sicht­ba­re Kir­che sich eben vom Gött­li­chen lang­sam los­sagt und nur mehr mensch­lich-welt­lich ist, müs­sen wir uns an die wah­re Kir­che, die gött­lich und unsicht­bar ist, hal­ten. Die sicht­ba­re Kir­che muß sozu­sa­gen kon­gru­ent zur unsicht­ba­ren Kir­che sein. Dort, wo sie es nicht mehr ist, hat sie auch kei­nen Anspruch mehr gehört zu werden.

Wir müs­sen uns auch von der Idee lösen, die unter vie­len Gläu­bi­gen noch vor­han­den ist, daß die Prie­ster sozu­sa­gen auto­ma­tisch oder zumin­dest mehr­heit­lich „die Guten“ sind. Momen­tan ist es lei­der eher umge­kehrt: zwar nicht auf jeden ein­zel­nen bezo­gen, aber doch auf das gro­ße Gesamt betrach­tet, sind die Kle­ri­ker viel eher „die Bösen“, wenn wir es mit einem pla­ka­ti­ven Eti­kett zusam­men­fas­sen wol­len. Vie­le las­sen sich für unlau­te­re Zwecke ein­span­nen und arbei­ten (teils ohne es zu mer­ken) nicht für den Auf­bau der Kir­che, nicht zur Ver­brei­tung des Glau­bens, nicht für die Wahr­heit der Offen­ba­rung Got­tes, son­dern wir­ken zer­stö­re­risch und am Abbau der Kir­che und des Glau­bens. Vie­le gewiß bewußt und aus geziel­ter Ent­schei­dung, ande­re sind aus gutem Glau­ben her­aus in ein inner­kirch­li­ches Zer­stö­rungs­kom­man­do hin­ein­ge­rutscht, indem sie sich für sinist­re Zwecke haben ein­span­nen las­sen, ohne es viel­leicht zunächst selbst zu merken.

*Mag. Don Micha­el Gurt­ner ist ein aus Öster­reich stam­men­der Diö­ze­san­prie­ster, der in der Zeit des öffent­li­chen Meß­ver­bots die­sem wider­stan­den und sich gro­ße Ver­dien­ste um den Zugang der Gläu­bi­gen zu den Sakra­men­ten erwor­ben hat. Die aktu­el­le Kolum­ne erscheint jeden Samstag.


Das Buch zur Rei­he: Don Micha­el Gurt­ner: Zur Lage der Kir­che, Selbst­ver­lag, 2023, 216 Seiten.


Bis­her erschienen:

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