
Von Cristina Siccardi*
Ist die Todsünde zu einem Recht geworden? Es scheint so, da es in offenkundig skandalöser Weise so präsentiert wird, sowohl im Apostolischen Schreiben Amoris Laetitia vom 19. März 2016 (ein blasphemisches „Geschenk“ an den heiligen Josef und die Kirche, wie Pater Serafino Lanzetta aufgezeigt hat) als auch in der Erklärung Fiducia supplicans des Dikasteriums für die Glaubenslehre, die kurz vor dem Weihnachtsfest, am 18. Dezember 2023, veröffentlicht wurde: ein blasphemisches „Geschenk“ an das Jesuskind und an die zu ihm bekehrten Seelen.
Unter dem Deckmantel honigsüßer Güte, mit lutherisch-modernistisch-rahnerisch-relativistischer Theologie… und jetzt auch noch mit pornographischer Theologie, deren Träger der derzeitige Präfekt des Glaubensdikasteriums, der argentinische Kardinal Víctor Manuel Fernández, ist – Autor von Büchern wie „Saname con tu boca. El arte de besar“ (1995) und „La pasión mística: espiritualidad y sensualidad“ (1998) – versucht man glauben zu machen, daß die Todsünde keinen Einfluß auf den christlichen Zustand hat, so daß der Beichtvater, selbst wenn man sich entschließt, seine Sünden, einschließlich der Todsünden, zu bekennen, verpflichtet ist, auch den Unbußfertigen loszusprechen, alle zu segnen, als ob nichts geschehen wäre, und den „armen Schwachen“ in dem Zustand zu belassen, in dem er sich befindet, ohne die Notwendigkeit einer Bekehrung, und somit ohne sein Leben zu ändern.
Kurzum, die Todsünde scheint zu einem Recht geworden zu sein, zu einem vollwertigen Teil der laizistischen „Erklärung der Menschenrechte“. Der Säkularismus und der Liberalismus sind seit mehreren Jahrzehnten in die irdische Kirche eingedrungen, und unter dem Pontifikat von Papst Franziskus sind wir angesichts des literarischen Hintergrundes des derzeitigen Präfekten für die Glaubenslehre zu einer extremen Laxheit und sogar Laszivität gelangt. Die Sünder haben das „Recht“, in ihrem Zustand der Todsünde zu verharren, ohne zu Reue, Bekehrung und Heiligung eingeladen zu werden. Das aber sind die grundlegenden Faktoren, um sich wirklich als Angehöriger der Kirche Christi zu bezeichnen. Wir haben es mit einem pastoralen Glaubensabfall zu tun, der logischerweise auch den doktrinären Bereich untergräbt.
Dies sind die Worte, die Papst Franziskus wörtlich am 14. Januar in der Sendung „Che tempo che fa“ auf Canale Nove an Fabio Fazio richtete: „Der Herr segnet alle, alle, die kommen. Der Herr segnet alle, die sich taufen lassen können, d. h. jeden Menschen; aber dann müssen die Menschen mit dem Segen des Herrn ins Gespräch kommen und sehen, was der Weg ist, den der Herr ihnen vorschlägt, aber wir müssen sie an der Hand nehmen und ihnen helfen, diesen Weg zu gehen, und sie nicht von vornherein verurteilen, und das ist die pastorale Arbeit der Kirche; das ist eine sehr wichtige Arbeit für die Beichtväter. Ich sage den Beichtvätern immer: Vergeben Sie alles und behandeln Sie die Menschen mit viel Freundlichkeit, so wie der Herr uns behandelt, und wenn Sie dann den Menschen helfen wollen, dann können Sie mit ihnen reden und ihnen helfen, weiterzugehen, aber vergeben Sie allen. In 54 Jahren als Priester habe ich, das ist eine Beichte, 54 Jahre, die ich Priester bin, ich bin eh alt, in diesen 54 Jahren habe ich nur ein einziges Mal die Vergebung verweigert wegen der Heuchelei der Person, ein einziges Mal; immer habe ich alles vergeben, auch, wie ich sage, mit dem Wissen, daß diese Person vielleicht rückfällig wird, aber der Herr vergibt uns; helfen, nicht rückfällig zu werden oder weniger rückfällig zu werden, aber immer vergeben.“
Die Heilige Schrift und die Mutter Kirche bejahen nicht dieses liberale subjektive Empfinden, das Irrtum über Irrtum hervorbringt und die Seelen ihrem unbußfertigen Schicksal mit seinen Folgen der Finsternis überläßt, wie es bei der stiefmütterlichen Kirche der Fall ist.
Der Erlöser kam für die Sünder in die Welt, nicht um sie in ihrem Zustand zu belassen: Er kam mit unendlicher Liebe, um sie durch Sein Blutopfer von der Sünde zu erlösen. Aber Sein Opfer reicht nicht aus, um uns zu retten, wir müssen auch unseren kleinen Teil dazu beitragen, indem wir uns entscheiden, unser Leben zu ändern und dem zu entsagen, was uns von Gott trennt, der Sünde, die der schlimmste Feind des Menschen ist.
Satan verführt die Seelen, um sie ins Verderben zu führen, Christus lädt die Seelen zu Sich ein, um sie zur ewigen Seligkeit zu führen. Der Häretiker Luther vertrat ausdrücklich die Ansicht, daß der Glaube ausreicht, um in das Himmelreich zu gelangen, weil Christus bereits für alles bezahlt hat. Die Sünder in ihrem Zustand der Todsünde zu segnen, bedeutet daher, sie in ihrem gefangenen Zustand zu begünstigen, in diesem Fall religiös gesehen irreguläre und homosexuelle Paare. Die Kirche ist als gute Mutter verpflichtet, ihre getauften Kinder vor der Todsünde zu bewahren.
Gott sorgt, belohnt und bestraft, sagt der Katechismus, und er ist in dem Maße barmherzig, wie er in vollkommener Gerechtigkeit handelt. Papst Franziskus erklärte aber Fazio: „Was ich jetzt sage, ist kein Glaubensdogma, sondern eine persönliche Sache von mir. Mir gefällt es zu denken, daß die Hölle leer ist, ich hoffe, daß das die Realität ist.“ Tatsache ist, daß die Hölle existiert: Jesus hat von ihr gesprochen, die Tradition der Kirche hat sie immer bestätigt, von den Aposteln bis zu den Kirchenvätern und ‑lehrern, die Heiligen haben sie gesehen, und die Gottesmutter selbst hat den drei Hirtenkindern von Fatima die Hölle und ihre Bewohner gezeigt.
Das Sechste der Zehn Gebote, die Mose gegeben wurden und die heute niemand mehr ernst zu nehmen scheint, lautet: „Du sollst nicht Unkeuschheit treiben“. Was sagt Jesus zu dem jungen Mann? „Wenn du ins Leben eingehen willst, dann halte die Gebote“ (Mt 19,17). Die zweite der vier Sünden, die vor Gott nach Rache schreien, ist die Sünde wider die Natur; die dritte Sünde wider den Heiligen Geist ist die Sünde des „Widerstrebens gegen die erkannte Wahrheit“.
Der heilige Paulus sagt: „Oder wißt ihr nicht, daß die Ungerechten das Reich Gottes nicht erben werden? Täuscht euch nicht: Weder Unzüchtige, noch Götzendiener, noch Ehebrecher, noch Verweichlichte, noch Sodomiten, noch Diebe, noch Geizige, noch Trunkenbolde, noch Lästerer, noch Habgierige werden sein Reich erben“ (Gal 5,19–21); und der Evangelist Johannes spricht ausdrücklich von den Sünden, die in die Hölle führen: „Für die Feigen und Ungläubigen, die Niederträchtigen, Mörder und Unzüchtigen, die Zauberer, die Götzendiener und alle Lügner ist der Pfuhl von Feuer und Schwefel bestimmt: Das ist der zweite Tod“ (Offb 21,8).
Jesus fordert die Ehebrecherin, die niemand verurteilt hat, mit Nachdruck auf: „Geh hin und sündige nicht mehr“, und zu Magdalena sagt Er, nur weil sie reumütig ist: „Deine Sünden sind dir vergeben“ (Lk 7,48), also das, was jeder gute Beichtvater tun muß.
Der Apostel der Heiden erklärt „meinem rechtmäßigen Sohn im Glauben, Timotheus: Wir wissen, daß das Gesetz gut ist, wenn man es rechtmäßig anwendet; wir wissen auch, daß das Gesetz nicht für die Gerechten gemacht ist, sondern für die Ungerechten und Widerspenstigen, für die Gottlosen und Sünder, für die Frevler und Ungläubigen, für die, die Vater und Mutter töten, für die Mörder, für die Hurer, für Sodomiten, für Sklavenhändler, für Lügner, für Meineidige und für alles andere, was der gesunden Lehre widerspricht, nach dem Evangelium von der Herrlichkeit des seligen Gottes, das mir anvertraut ist“ (1 Tim 1,1–11).
Das ist unser Glaube, im übrigen: „Wenn wir selbst oder ein Engel vom Himmel euch ein anderes Evangelium predigen würden als das, was wir euch gepredigt haben, so wäre es anathema“ (Gal 1,8). Eine gesunde Seelsorge ist nichts anderes als die Anwendung der gesunden Lehre, sonst infiziert die pathologische und verwirrende Seelsorge die Lehre selbst. Der Teufel bedient sich nun an allem und jedem, aber nicht an denen, die im Glauben widerstehen, um weiterhin Kinder Gottes zu sein: „Sind wir aber Kinder, so sind wir auch Erben: Erben Gottes, Miterben Christi, wenn wir wahrhaftig an seinen Leiden teilhaben, um auch an seiner Herrlichkeit teilzuhaben. Denn ich bin überzeugt, daß die gegenwärtigen Leiden nicht vergleichbar sind mit der zukünftigen Herrlichkeit, die an uns offenbart werden soll“ (Röm 8,17–18).
*Cristina Siccardi, Historikerin und Publizistin, zu ihren jüngsten Buchpublikationen gehören „L’inverno della Chiesa dopo il Concilio Vaticano II“ (Der Winter der Kirche nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil. Veränderungen und Ursachen, 2013); „San Pio X“ (Der heilige Pius X. Das Leben des Papstes, der die Kirche geordnet und reformiert hat, 2014) und vor allem ihr Buch „San Francesco“ (Heiliger Franziskus. Eine der am meisten verzerrten Gestalten der Geschichte, 2019).
Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Corrispondenza Romana
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Papst Franziskus argumentiert hier sehr geschickt mit dem Fokus auf den einzelnen Sünder.
Doch in Amoris Laetitia und in der Erklärung Fiducia supplicans geht es konkret
um „Paare“, die in irregulären Situationen leben, welche die Betroffenen für die Dauer
dieser Situation sowohl vom Sakramentenempfang als auch vom Empfang eines (exklusiven)
Segens ausschließen.
Die katholische Kirche hat keine Vollmacht, Verbindungen von Personen gleichen Geschlechts zu segnen. Das hat Papst Franziskus vor etwa 2 Jahren noch klargestellt. Und jetzt plötzlich hat „die katholische Kirche“ doch die Vollmacht dazu? Wo kommt sie denn mit einem Mal her?
Was Franziskus sich hier geleistet hat, steht in klarem Widerspruch zur zweitausendjährigen Lehre und Tradition der katholischen Kirche.
Daran gibt es nicht zu rütteln.
Nun gilt es für jeden ernsthaften Katholiken, die Konsequenzen zu ziehen.
Die Konsequenzen ziehen ist richtig, nur welche?
Die Konsequenzen sind ganz klar: Das Gebet. Einsam in der Klause, gemeinsam vor dem Altar: Der Priester geostet, das Westwerk im Rücken. Das schafft Sicherheit, das ist die Kirche.
Die meisten werden die Konsequenz ziehen, die Sünde wie ihr Prophet erst recht anzubeten.
@Ecclesia
Wir sollten Priester und Priestergemeinschaften der Tradition nicht mehr unterstützen, die sich in irgendeiner Weise von Papst Franziskus
abhängig gemacht haben, beispielsweise indem sie die im Jahr 2020 mit dem Decret „Quo Magis“ eingeführten Präfationen aus dem Novus Ordo Messbuch Pauls VI. verwenden und uns somit einen Mischritus als traditionellen lateinischen Ritus (von 1962) verkaufen wollen.
Wir sollten uns stärker als bisher in familiären Hausgemeinschaften organisieren, uns stärker als bisher mit der traditionellen Lehre der katholischen Kirche beschäftigen, sie mittels unverfälschter vorkonziliarer Lehrtexte intensiver studieren und unerschrockener vertreten.
Das sind nur zwei Beispiele.
Liebe® Ecclesia,
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