(Paris) Gestern, am 12. April, verstarb in Paris Msgr. Jacques Gaillot, einer jener suspendierten oder sanktionierten Kirchenmänner, die von Papst Franziskus rehabilitiert wurden, im Alter von 87 Jahren. Der Rebell Gaillot war 1995 von Papst Johannes Paul II. seines Amtes enthoben und aus seinem Bistum entfernt worden.
Msgr. Jacques Gaillot wurde 1935 in Saint-Dizier in der Champagne geboren. Sein Theologiestudium am Priesterseminar von Langres mußte er von 1957 bis 1959 für den Kriegsdienst in Algerien unterbrechen. Diese Erfahrung nannte er später als Grund für pazifistische Positionen. 1961 wurde er für seine Heimatdiözese Langres zum Priester geweiht. Zu dieser Zeit studierte er bereits in Rom. Nach seiner Rückkehr von dort wurde er 1965 Professor am Regionalseminar in Reims, anschließend, 1973, Pfarrer in seiner Heimatstadt Saint-Dizier. Parallel unterrichtete er am Pariser Institut de formation des éducateurs du clergé (IFEC), einem nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil von der Französischen Bischofskonferenz gegründeten Institut zur Aus- und Fortbildung für Ausbildner an Priesterseminaren.
1977 wurde Gaillot Generalvikar der Diözese Langres und 1982 von Papst Johannes Paul II. zum Bischof von Evreux in der Normandie ernannt. Dort wurde er zu einer Art französischer Eugen Drewermann. Zumindest versuchten deutsche Medien ihn mit diesem Vergleich dem deutschen Publikum zu präsentieren.
Im Kalten Krieg machte er sich zu einem kirchlichen Feigenblatt der politischen Linken, besonders der nicht-orthodoxen Neuen Linken, die sich in der Öko- und Friedensbewegung organisierte. Er wurde zum Gesicht von Greenpeace-Aktionen und nahm 1989 als einziger Bischof an der Überführung der sterblichen Überreste von Henri Grégoire in das Pariser Panthéon teil, jene entweihte Kirche, die von den Kirchenfeinden und Freimaurern zum laizistischen Tempel der Republik gemacht wurde.
Grégoire war ein Vertreter der Aufklärung, Freimaurer der Pariser Loge der Neun Schwestern, der auch Voltaire und Benjamin Franklin angehörten, und eine der Hauptfiguren der Französischen Revolution. Von 1790 bis 1814 war er Mitglied der französischen Nationalversammlung, 1792 Vorsitzender des Nationalkonvents und ab 1801 Vorsitzender des Senats. 1790 ließ er sich zum Bischof von Blois wählen und leistete als erster Kleriker den geforderten Eid auf die Zivilverfassung. Er stellte sich nach der Grande Terreur (dem Großen Terror) zwar gegen den „Kult der reinen Vernunft“ und bemühte sich als konstitutioneller Bischof um die Reorganisation der faktisch ausgelöschten Kirche, allerdings auf schismatischer gallikanischer Grundlage und im Geist der antidogmatischen Aufklärung. 1808 wurde er in den Grafenstand des neuen französischen Imperiums erhoben.
Die Anwesenheit von Bischof Gaillot bei der Ehrung von 1989 war in erster Linie ein Signal an das Regime des Sozialisten und Freimaurers François Mitterrand, der damals als Staatspräsident amtierte.
Msgr. Gaillot sprach sich für die Anerkennung von Scheidung und Zweitehe, die Abschaffung des priesterlichen Zölibats, die Anerkennung der Homosexualität und der Euthanasie sowie die Einführung des Frauenpriestertums aus. Er engagierte sich zugunsten von Migranten und Migration und wurde von den linken Medien als „Verteidiger von Minderheiten“ gerühmt. So wurde er für die Kirche zum Enfant terrible unter den Bischöfen Frankreichs.
Nach dreizehn Jahren enthob ihn Johannes Paul II. wegen seiner heterodoxen Ansichten und seines politischen Engagements seines Amtes als Bischof von Evreux, beließ ihm jedoch den Rang und Titel eines Titularbischofs von Partenia, einem Bistum in Mauretanien, das im 5. Jahrhundert im Zuge des Vandalenzugs nach Nordafrika untergegangen war.
Gaillot setzte sein ideologisch eingefärbtes Engagement bis zu seinem Tod fort. So forderte er, bereits hochbetagt, im Herbst 2021 die Aufhebung des Beichtgeheimnisses, weil dieses „nicht über dem Säkularismus der Republik“ stehen könne. Wiederum redete er kirchenfeindlichen Kräften nach dem Mund, die damals unter dem Vorwand der „Mißbrauchsbekämpfung“ das Beichtgeheimnis kippen wollten.
Msgr. Gaillot selbst hatte sich als Bischof von Evreux in Sachen Mißbrauchsskandal keineswegs mit Ruhm bekleckert. 2000 mußte er nach Enthüllungen zugeben, was er zunächst geleugnet hatte, nämlich von dem homosexuellen Mißbrauch eines Priesters in seiner Diözese gewußt zu haben, der dann in Kanada wegen derselben Taten zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden war.
Zusammen mit dem ehemaligen Weihbischof von Paris, Msgr. Daniel Pézeril (1967–1986), gehörte Msgr. Gaillot zu den ersten Bischöfen, die offen einen „Dialog“ mit der Freimaurerei führten.
Mit der Wahl von Papst Franziskus änderte sich schließlich das Klima. Am 30. August 2015 wurde der randständige Gaillot, der sich für das „Eherecht“ von Homosexuellen einsetzte und davon phantasierte, daß Homosexuelle „uns im Himmel vorausgehen werden“, also von Gott bevorzugt würden, von Franziskus in Audienz empfangen. Eine Dreiviertelstunde nahm sich der Papst „in einer entspannten Atmosphäre“ in Santa Marta Zeit für Gaillot. Von dessen Umfeld wurde die Begegnung als „Treffen von Gleichgesinnten“ bezeichnet.
Man erinnere sich: Derselbe Franziskus hatte Ludovine de La Rochère, der Vorsitzenden der Bürgerrechtsbewegung Manif pour tous, die Millionen Franzosen zur Verteidigung von Ehe, Familie und Lebensrecht gegen die Gender-Ideologie mobilisiert hatte, am 12. Juni 2014 nicht einmal fünf Minuten gewährt. Er empfing sie auch nicht in Audienz, sondern fertigte sie im Vorübergehen nach der morgendlichen Messe in Santa Marta ab.
Jacques Gaillot gehört zu einer ganzen Reihe von umstrittenen Kirchenmännern, die Franziskus faktisch direkt oder indirekt rehabilitierte oder ehrte oder vom Rand in die Mitte stellte, darunter: Ernesto Cardenal, Leonardo Boff, Gustavo Gutierrez, Eugen Drewermann, Pedro Arrupe, José Maria Castillo, Enrique Alvear, Miguel D’Escoto, Luis Espinal, Hélder Câmara, Enrique Angelelli, Raúl Vera López, Michele De Paolis, Jeronimo Podestà, Andrea Gallo, Luigi Betazzi, Lorenzo Milani, Ariel Álvarez Valdés, Teilhard de Chardin, Betto Libanio Christo, Jon Sobrino, Samuel Ruiz García, Pedro Casaldáliga, Luigi Ciotti …
Diese Galerie „Gleichgesinnter“ ist schwer irritierend und zugleich bezeichnend für das derzeitige Pontifikat.
Wie die Französische Bischofskonferenz gestern bekanntgab, verstarb Bischof Gaillot laut Mitteilung der Diözese Evreux an Bauchspeicheldrüsenkrebs. Glaubenstreue Medien in Frankreich enden ihre Nachrufe mit dem Hinweis, „möge Gott ihm gnädig sein“.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Riposte Catholique/MiL
Ohne inhaltliche Wertung des einen oder anderen Falles ist es kirchenpolitisch schon interessant, dass Lefebvre und Gaillot beides Franzosen waren. Requiescant in pace.