Angelelli – die neue Kategorie der „politischen Märtyrer“

Zweifelhafte Selig- und Heiligsprechungen unter Papst Franziskus


Enrique Angelelli: eine zweifelhafte Seligsprechung mit ideologischem Stallgeruch.
Enrique Angelelli: eine beunruhigende Seligsprechung vor zweifelhaftem Hintergrund und mit ideologischem Stallgeruch.

(Rom) Es hat­te sich bereits abge­zeich­net, und man­che hat­ten es befürch­tet: Der argen­ti­ni­sche Bischof Angel­el­li wird selig­ge­spro­chen. Der Zug der zwei­fel­haf­ten Kano­ni­sie­run­gen rollt unge­bremst weiter.

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Am 17. Okto­ber unter­zeich­ne­te der neue Sub­sti­tut des Kar­di­nal­staats­se­kre­tärs, der Vati­kan­di­plo­mat und Erz­bi­schof Edgar Peña, als eine sei­ner ersten Amts­hand­lun­gen ein Schrei­ben (Pro­to­koll Nr. 423.517), mit dem er Msgr. Mar­ce­lo Colom­bo, dem eme­ri­tier­ten Bischof von La Rio­ja, den Ter­min für die Selig­spre­chung von Bischof Enri­co Angel­el­li Car­let­ti, dem frü­he­ren Bischof von La Rio­ja, mitteilte.

„Es ist mir eine Freu­de, Ihnen mit­tei­len zu kön­nen, daß der Hei­li­ge Vater es gewährt, daß die Zele­bra­ti­on des Selig­spre­chungs­ri­tus des ehr­wür­di­gen Die­ners Got­tes, Enri­co Angel­el­li Car­let­ti, Bischof von La Rio­ja, in die­ser Stadt am Sams­tag, 27. April 2019 stattfindet.“

Der Papst wird nicht per­sön­lich dar­an teil­neh­men, son­dern von Kar­di­nal Ange­lo Becciu, dem Prä­fek­ten der Hei­lig­spre­chungs­kon­gre­ga­ti­on und Vor­gän­ger von Peña als Sub­sti­tut im Staats­se­kre­ta­ri­at, ver­tre­ten werden.

Wer war Bischof Enrico Angelelli Carletti?

Seligsprechung Angelellis
Selig­spre­chung Angelellis

Bischof Angel­el­li war ein Ver­tre­ter der mar­xi­sti­schen Befrei­ungs­theo­lo­gie, der seit den 50er Jah­ren freund­schaft­li­che Kon­tak­te zum kom­mu­ni­sti­schen Ost­block unter­hielt, beson­ders zur Pax-Bewe­gung, die ihm Auf­trag der Regime die katho­li­sche Kir­che unter­wan­der­te. Seit den 60er Jah­ren war er eng mit der links­re­vo­lu­tio­nä­ren Ter­ror­be­we­gung Mon­tone­r­os ver­bun­den. Die Mon­tone­r­os waren ein Teil des Link­spe­ro­nis­mus, der sich radi­ka­li­sier­te und eine gewalt­sa­me Macht­über­nah­me in Argen­ti­ni­en anstreb­te, wie es damals in zahl­rei­chen latein­ame­ri­ka­ni­schen Staa­ten von kom­mu­ni­sti­schen Revo­lu­ti­ons­be­we­gung mit sowje­ti­scher  und kuba­ni­scher Unter­stüt­zung ver­sucht wur­de. Die Fol­ge waren Ter­ror und Gegen­ter­ror, wobei sich – das ist eine argen­ti­ni­sche Beson­der­heit – rech­te und lin­ke Pero­ni­sten als Fein­de gegen­über­stan­den. Als der Ter­ror das Land ins Cha­os zu stür­zen droh­te, putsch­te 1976 das Mili­tär, um die Ord­nung wie­der her­zu­stel­len, wie die Gene­rä­le erklärten.

Nicht nur die zwei­fel­haf­te Links-Aus­rich­tung mach­te Angel­el­li schon zu Leb­zei­ten zu einem umstrit­te­nen Kir­chen­füh­rer. In einer zeit­ge­nös­si­schen Flug­schrift wur­de ihm vorgehalten:

„Wer wie ein Mar­xist denkt und wie ein Mar­xist spricht, ist auch ein Marxist!“

Zweifelhafte Todesumstände

Zwei­fel­haft sind auch die Umstän­de sei­nes Todes. Offi­zi­ell starb er in einem tra­gi­schen Ver­kehrs­un­fall, der aller Wahr­schein­lich­keit nach durch einen Fahr­feh­ler sei­nes Beglei­ters ver­schul­det wur­de, eines ande­ren Befrei­ungs­theo­lo­gen und Prie­sters, der der lin­ken Prie­ster­be­we­gung für die Drit­te Welt ange­hör­te, die von Angel­el­li unter­stützt wur­de. Sein Bei­fah­rer gab an, sich nicht mehr an den Unfall erin­nern zu kön­nen. Er gab kurz dar­auf sein Prie­ster­tum auf.

„Wer wie ein Marxist denkt und spricht, ist auch ein Marxist“
„Wer wie ein Mar­xist denkt und spricht, ist auch ein Marxist“

Etli­che Jah­re nach dem Tod Angel­el­lis äußer­te plötz­lich ein ande­rer mar­xi­sti­scher Prie­ster, der Kapu­zi­ner Anto­nio Puig­ja­né, die Behaup­tung, der Bischof sei in Wirk­lich­keit einem Atten­tat zum Opfer gefal­len. Der Auf­trag dazu sei von der dama­li­gen Mili­tär­dik­ta­tur ergan­gen. Seit­her wur­de flei­ßig am Mythos vom ermor­de­ten „Bischof der Armen“ weitergestrickt.

Puig­ja­né selbst gelang­te als Links­ter­ro­rist in die Schlag­zei­len, da er sogar noch 1989, Jah­re nach dem Ende der Mili­tär­dik­ta­tur, mit Waf­fen­ge­walt die damals bereits demo­kra­ti­sche Regie­rung von Raul Alfon­sin stür­zen wollte.

Es fehl­te nicht an Krei­sen in Argen­ti­ni­en und in West­eu­ro­pa, in- und außer­halb der Kir­che, die bereit­wil­lig auf die­sen unge­wöhn­li­che Zug auf­spran­gen und empört eine Ver­wick­lung des ver­haß­ten Mili­tär­re­gimes als Tat­sa­che anpran­ger­ten, obwohl kei­ne Bewei­se für eine so gewag­te Behaup­tung vor­ge­legt wer­den konn­ten. Alle Augen­zeu­gen des Unfalls und am Unfall­ort bezeug­ten nichts dergleichen.

Unter ganz ande­ren poli­ti­schen Vor­zei­chen – inzwi­schen regier­ten in Argen­ti­ni­en die gemä­ßig­ten Link­spe­ro­ni­sten – wur­de der Ver­kehrs­un­fall 38 Jahr spä­ter neu auf­ge­rollt und zwei füh­ren­de Mili­tärs, ohne kon­kre­te Bewei­se, als Auf­trag­ge­ber eines Mord­an­schla­ges ver­ur­teilt. In der­sel­ben Zeit wur­de auch der Ex-Kapu­zi­ner Puig­ja­né vor­zei­tig begna­digt, obwohl sein Ter­ror­an­griff zahl­rei­che Men­schen­le­ben geko­stet hatte.

Die Ange­le­gen­heit ist in Argen­ti­ni­en bis heu­te umstrit­ten. Kri­ti­ker spre­chen von einem poli­ti­schen Pro­zeß, der weni­ger der Wahr­heits­fin­dung, son­dern zur Beglei­chung alter Rech­nun­gen dien­te (sie­he zu Angel­el­li, der Situa­ti­on in Argen­ti­ni­en und lin­ken Mythen­bil­dun­gen: Die unglei­chen „Mär­ty­rer“).

Starb Angelelli in odium fidei?

Doch, ob Ver­kehrs­un­fall oder Atten­tat, weder im einen noch im ande­ren Fall gibt es Hin­wei­se, daß der Tod Angel­el­lis in odi­um fidei erfolg­te. Der Haß gegen den Glau­ben ist aber Vor­aus­set­zung, um einen her­bei­ge­führ­ten Tod als Mar­ty­ri­um für Chri­stus aner­ken­nen zu können.

Angelelli, ein linkes Tabu
Angel­el­li, ein lin­kes Tabu

Nach­dem Fran­zis­kus bereits Papst Johan­nes XXIII. wun­der­los hei­lig­ge­spro­chen hat­te, erklär­te er nun – nicht weni­ger zwei­fel­haft – den Tod von Bischof Angel­el­li kur­zer­hand zum Atten­tat und den Bischof zum Mär­ty­rer. Die Aner­ken­nung sei­nes Todes als Mar­ty­ri­um ver­kürzt näm­lich den lang­wie­ri­gen Weg des Selig­spre­chungs­ver­fah­rens, da kein Wun­der von­nö­ten ist.

Mit der wun­der­lo­sen Selig­spre­chung von Bischof Angel­el­li durch ein Ereig­nis, ob Ver­kehrs­un­fall oder Atten­tat, das zum Mar­ty­ri­um umge­deu­tet wird, schafft Papst Fran­zis­kus eine neue, frag­wür­di­ge Kate­go­rie von „poli­ti­schen Märtyrern“.

Im ver­gan­ge­nen August brach ein ande­rer argen­ti­ni­scher Erz­bi­schof, Msgr. Hec­tor Aguer, das Tabu Angel­el­li. Er stell­te die Fra­ge, war­um nicht ein Zeit­ge­nos­se Angel­el­lis, der katho­li­sche Intel­lek­tu­el­le Car­los Alber­to Sache­ri selig­ge­spro­chen wer­de, der wirk­lich ein Opfer des Ter­ro­ris­mus wur­de, aller­dings des mar­xi­sti­schen. Sache­ri wur­de vor den Augen sei­ner eige­nen Kin­der hin­ge­rich­tet. Er hat­te zuvor mit einem Buch die kom­mu­ni­sti­sche Infil­tra­ti­on der katho­li­schen Kir­che auf­ge­zeigt und kritisiert.

Doch auf die­sem Auge war die poli­ti­sche Lin­ke schon immer blind. Inzwi­schen scheint auch die Kir­chen­füh­rung dafür blind gewor­den zu sein.

Wel­che Schluß­fol­ge­rung kann aus dem unge­wöhn­li­chen Vor­ge­hen von Papst Fran­zis­kus gezo­gen werden?

Wohl nur eine: Die Bestä­ti­gung eines längst vor­han­de­nen Ver­dachts, daß der eigen­sin­ni­ge, argen­ti­ni­sche Papst eine beun­ru­hi­gen­de, hoch­po­li­ti­sier­te und längst über­wun­den geglaub­te Rich­tung in der Kir­che, die Alli­anz zwi­schen Chri­sten­tum und Sozia­lis­mus, kano­ni­sie­ren will, die histo­risch kom­pro­mit­tiert ist durch Sowjet­dik­ta­tu­ren, Ter­ro­ris­mus, Kir­chen­feind­lich­keit, Denun­zia­ti­on, Abtrei­bung… Soll noch mehr auf­ge­zählt werden?

Text: Andre­as Becker
Bild: InfoCatolica

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Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

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1 Kommentar

  1. Wie immer man zum der­zei­ti­gen Gesche­hen und der Per­son des aktu­el­len Pon­ti­fex auch ste­hen mag: eine Kano­ni­sie­rungs­rou­ti­ne, wel­che den Ein­druck erweckt, jeder „Lin­ke“, des­sen Namen man hab­haft wird, wer­de nun zur Ehre der Altä­re erho­ben, scha­det dem Anse­hen der Kir­che immens. 

    Man hat sich offen­kun­dig von dem bis­he­ri­gen klu­gen, behut­sa­men und vor allem sorg­fäl­ti­gen Vor­ge­hen bei Selig- und Hei­lig­spre­chun­gen zugun­sten eines eher hemds­är­me­li­gen Hau­ruck-Ver­fah­rens ver­ab­schie­det – mit der Fol­ge, dass die Kano­ni­sie­rung befremd­lich in den Dunst­kreis der (poli­ti­schen) Sym­pa­thie­be­kun­dung durch gera­de „am Hebel“ befind­li­che Gesin­nungs­ge­nos­sen rückt.

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