(Rom) Papst Franziskus bereitet seine dritte Enzyklika vor, die, folgt man einigen Stimmen, „Wir sind alle Brüder“ heißen wird. Ein Datum für die Promulgierung ist nicht bekannt. Gerüchteweise wird der kommende 4. Oktober, das Fest des heiligen Franz von Assisi, genannt. Zuletzt hatte Franziskus vor fünf Jahren seine Ökoenzyklika Laudato si‘ veröffentlicht.
Darin schrieb er im 83. Paragraph:
„Das Ziel des Laufs des Universums liegt in der Fülle Gottes, die durch den auferstandenen Christus – den Angelpunkt des universalen Reifungsprozesses – schon erreicht worden ist.“
Dem fügte er die Fußnote 53 hinzu:
„Auf dieser Linie liegt auch der entsprechende Beitrag von Pierre Teilhard de Chardin SJ.“
Welchen „entsprechenden“ Beitrag Franziskus damit meint, wird nicht gesagt. Seit der Veröffentlichung des umstrittenen nachsynodalen Schreibens Amoris laetitia im April 2016 gilt Franziskus als Papst „der Fußnoten“, weil er Schritte mit weitreichenden Folgen zu umstrittenen Fragen in unscheinbaren Fußnoten versteckt. Der unbedarften Öffentlichkeit, vor allem den Kritikern, sollen sie nicht gleich ins Auge fallen, während die „richtigen“ Leute sie zu finden wissen und vollendete Tatsachen schaffen sollen. So geschah es.
Laudato si‘ zog wegen zahlreicher anderer Punkte Interesse und Aufmerksamkeit auf sich, während die Fußnote 53 vom kirchlichen Hauptstrom weitgehend unbeachtet blieb. Die „richtigen“ Leute hatten sie hingegen aufmerksam gelesen. Am 18. November 2017 faßte der Päpstliche Kulturrat unter der Leitung von Kardinal Gianfranco Ravasi bei seiner Vollversammlung zum Thema „Die Zukunft der Menschheit“ den Beschluß, Papst Franziskus offiziell um die Aufhebung des Monitum der Glaubenskongregation gegen das Werk von Teilhard de Chardin zu bitten:
„Die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, das Monitum aufzuheben, mit dem seit 1962 von der Glaubenskongregation (vormals Heiliges Offizium) die Schriften von P. Pierre Teilhard de Chardin SJ belegt sind.“
Alles lief sehr leise ab. In der Erklärung des Päpstlichen Kulturrats wurde gesagt:
„Wir sind der Ansicht, daß ein solcher Akt nicht nur die genuine Anstrengung des frommen Jesuiten rehabilitieren würde, die wissenschaftliche Sicht des Universums mit der christlichen Eschatologie zu versöhnen zu versuchen, sondern auch ein außerordentlicher Ansporn für alle Theologen und Wissenschaftler guten Willens wäre, nach den Vorgaben der Enzyklika Laudato si‘ am Aufbau eines christlichen, anthropologischen Modells mitzuwirken, das sich natürlich in die wunderbare Handlung des Kosmos einfügen würde.“
„Wir warnen vor Teilhard de Chardins Schriften“
1962 war vom Heiligen Offizium, der heutigen Glaubenskongregation, ein Monitum gegen den französischen Jesuiten verhängt worden. Vor seinen Werken wird seither ausdrücklich gewarnt. Wörtlich heißt es in der Warnung des Heiligen Offiziums, daß:
„(…) einige Werke, auch posthum erschienene, von P. Teilhard de Chardin verbreitet werden, die nicht geringen Erfolg haben. Unabhängig von der Beurteilung dessen, was die positiven Wissenschaften betrifft, ist ausreichend klar, daß diese Schriften voller Zweideutigkeiten und sogar voller schwerwiegender Irrtümer in philosophischer und theologischer Hinsicht von solchem Ausmaß sind, daß sie die katholische Glaubenslehre beleidigen.“
Zugleich wurde der Auftrag an alle kirchlichen Autoritäten erteilt:
„(…) wirksam die Seelen, vor allem der Studenten, gegen die in den Werken von Pater Teilhard de Chardin und seiner Anhänger enthaltenen Gefahren zu verteidigen“.
Die Beurteilung der Werke des Jesuiten fällt vernichtend aus:
- Der Philosoph Jacques Maritain nannte die Kosmogonie Teilhard de Chardins „ein großes Märchen“.
- Für den Philosophen und Historiker Etienne Gilson setzt Teilhard de Chardin „dem historischen Christus des Evangeliums einen kosmischen Christus entgegen, an den kein einziger Wissenschaftler glaubt“.
- Für den Welschschweizer Kardinal Charles Journet (1891–1975) wurden vom Jesuiten die christlichen Begriffe „Schöpfung, Geist, Böse, Gott, Erbsünde, Kreuz, Auferstehung, Parusie und Caritas“ in nichts aufgelöst.
Die Corrispondenza Romana von Prof. Roberto de Mattei schrieb zum Vorstoß des Päpstlichen Kulturrats:
„Pierre Teilhard de Chardin (1881–1955) war ein Jesuit, „der durch sein heterodoxes philosophisches und theologisches Verständnis bekannt wurde, und auch für den Mangel an wissenschaftlicher Bildung. Kern seines Denkens ist die Anbetung der Materie, auf die er eine evolutionistische und pantheistische Kosmogonie aufbaute. Das Monitum aufzuheben, hieße, offiziell den häretischen Jesuiten zu rehabilitieren.“
1981 hatte bereits der damalige Kardinalstaatssekretär Agostino Casaroli den Versuch unternommen, Teilhard de Chardin zu rehabilitieren, was den energischen Protest mehrerer Kardinäle auf den Plan rief. Das hatte zur Folge, daß das Monitum ausdrücklich bekräftigt wurde.
Auch die Amazonassynode und ihre Texte, so manche Stimmen, spiegeln die Ideen eines ökologischen und evolutionistischen Pantheismus wider. Überhaupt wird die Kosmogonie des Jesuiten als eine Form von theoretischem Unterbau, eine Art Gründungscharta der neuen Religion „mit amazonischen Wurzeln“ gesehen.
Die Anzeichen seiner Rehabilitierung verdichten sich zwar seit fünf Jahren. Erfolgt ist sie aber noch nicht. Die derzeit vorbereitete dritte Enzyklika von Papst Franziskus wird, folgt man römischen Stimmen, als der „geeignete“ Rahmen für eine faktische offizielle Rehabilitierung genannt.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MiL
Wir sind alle Brüder? Klingt ein bißchen freimaurerisch, oder irre ich mich da? Was die angesprochene Rehabilitierung Teilhard de Chardins betriff, frage ich mich, ob die Päpste vor 2013, kernig ausgedrückt, zu diesem Thema einen Mumpitz, respektive Vollholler gelehrt haben, wenn jetzt ein Gaucho aus der Pampa meint, dass das alles anders sei.