
(Rom) Papst Franziskus gab am gestrigen Sonntag die Ernennung von 21 neuen Kardinälen bekannt. 16 davon werden Papstwähler sein. Damit erreicht Franziskus die vorgeschriebene Mehrheit für die Wahl eines Papstes: Mehr als zwei Drittel der Papstwähler im künftigen Konklave werden von ihm ernannt worden sein.
Seit Ende 2021 wurde bereits die Einberufung eines Konsistoriums zur Kreierung neuer Kardinäle erwartet. Nicht weil es einen Bedarf dafür gegeben hätte, sondern wegen der Ungeduld von Franziskus, seine Nachfolge regeln zu wollen. Gestern war es soweit. Dabei ist der Wahlkörper noch gut gefüllt. Die Höchstzahl der Papstwähler wurde von Johannes Paul II. mit 120 Kardinälen festgelegt. 117 Papstwähler gibt es derzeit, also nur drei unter der Obergrenze. Die Bestimmung des polnischen Papstes, von Benedikt XVI. bestätigt, ist allerdings nicht kategorischer Natur, da der jeweils regierende Papst der oberste Rechtssetzer ist.
Dennoch ernannte Papst Franziskus 16 neue Papstwähler, was deren Gesamtzahl auf 133 erhöht. Insgesamt wird das derzeit 208 Purpurträger zählende Kardinalskollegium um 21 auf 229 aufgestockt.
Voraussichtlich erst am 18. November 2023 wird die Obergrenze von 120 Papstwählern wieder unterschritten werden. In den kommenden anderthalb Jahren werden dreizehn Purpurträger ihr 80. Lebensjahr vollenden und damit als Papstwähler ausscheiden.
Entscheidende Mehrheitsverhältnisse
In Rom sind sich alle Seiten einig, daß die Maßnahme von Franziskus der Absicherung seiner Nachfolge dient. Der argentinische Papst will seit Jahren mit geradezu ungeduldigem Nachdruck sicherstellen, daß auf Franziskus ein Franziskus II. folgen wird. Ob sich sein Nachfolger so nennen wird oder nicht, spielt dabei keine Rolle. Er soll dem jetzigen Kirchenoberhaupt im Geist und in der Linie folgen.
Von den 117 derzeitigen Papstwählern wurden 67 bereits von Franziskus eingesetzt. Zusammen mit den 16 neuen Papstwählern erhöht sich die Zahl der von Franziskus ernannten Papstwähler auf 83. Bezogen auf die Obergrenze des Wahlkörpers wird damit die entscheidende Zweidrittel-Grenze, das sind 80 von 120 Papstwählern, erreicht.
Das Konsistorium, an dem die neuen Kardinäle kreiert werden, wird am 27. August stattfinden. Anschließend versammelt sich das Kardinalskollegium am 28./29. August, um über die Apostolische Konstitution Praedicate Evangelium zur Neuordnung der Römischen Kurie „nachzudenken“, so Franziskus. Die neue Konstitution tritt allerdings bereits zu Pfingsten, also am kommenden Sonntag, dem 5. Juni, in Kraft. Das Kardinalskollegium wird erst zur Nachbereitung eingebunden.
Die neuen Purpurträger: traditionsfeindlich, progressiv, exotisch
Franziskus gab gestern am Ende des Regina Caeli folgende Kardinalsernennungen bekannt, deren Auftakt gleich ein erklärter Gegner des überlieferten Ritus machte, wie sich insgesamt exponierte Progressive unter den Neuernannten finden. Grundsätzlich spiegeln die Ernennungen den Hang zu unbekannten Kirchenmännern aus exotischen Ländern wider, wie sie schon alle bisherigen Kardinalskreierungen von Franziskus prägten.
- Erzbischof Arthur Roche, Präfekt der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung, England.
- Erzbischof Lazzaro You Heung-sik, Präfekt der Kongregation für den Klerus, Südkorea.
- Erzbischof Fernando Vérgez Alzaga LC, Vorsitzender der Päpstlichen Kommission für den Staat der Vatikanstadt und Präsident des Governatorats des Staates der Vatikanstadt, Spanien.
- Erzbischof Jean-Marc Aveline, Metropolitan-Erzbischof von Marseille in Frankreich.
- Bischof Peter Ebere Okpaleke, Bischof von Ekwulobia in Nigeria.
- Erzbischof Leonardo Ulrich Steiner OFM, Metropolitan-Erzbischof von Manaus in Brasilien.
- Erzbischof Filipe Neri António Sebastião do Rosário Ferrão, Erzbischof von Goa und Damão in Indien.
- Bischof Robert Walter McElroy, Bischof von San Diego in den USA.
- Erzbischof Virgilio Do Carmo Da Silva SDB, Erzbischof von Dili in Osttimor.
- Bischof Oscar Cantoni, Bischof von Como in Italien.
- Erzbischof Anthony Poola, Erzbischof von Hyderabad in Indien.
- Erzbischof Paulo Cezar Costa, Metropolitan-Erzbischof der Erzdiözese Brasilia in Brasilien.
- Bischof Richard Kuuia Baawobr Mafr, Bischof von Wa in Ghana.
- Erzbischof William Goh Seng Chye, Erzbischof von Singapur.
- Erzbischof Adalberto Martínez Flores, Metropolitan-Erzbischof von Asunción in Paraguay.
- Giorgio Marengo IMC, Apostolischer Präfekt von Ulan-Bator in der Mongolei.
Unter den 13 Diözesanbischöfen finden sich nur zwei europäische Bischofssitze, davon mit Marseille einer, der im 20. Jahrhundert mit der Kardinalswürde verbunden war.
Zu den 16 künftigen Papstwählern ernannte Franziskus noch fünf Kirchenmänner zu Kardinälen, die das 80. Lebensjahr bereits vollendet haben und somit in einem Konklave nicht mehr wahlberechtigt sind:
- Erzbischof Jorge Enrique Jiménez Carvajal, emeritierter Erzbischof von Cartagena in Kolumbien.
- Erzbischof Lucas Van Looy SDB, emeritierter Erzbischof von Gent in Belgien.
- Erzbischof Arrigo Miglio, emeritierter Erzbischof von Cagliari in Italien.
- P. Gianfranco Ghirlanda SJ, Professor für Theologie.
- Msgr. Fortunato Frezza, Domherr von St. Peter.
Franziskus schloß die Bekanntgabe mit der Aufforderung:
„Laßt uns für die neuen Kardinäle beten, daß sie, indem sie ihre Treue zu Christus bekräftigen, mir in meinem Amt als Bischof von Rom zum Wohle des ganzen heiligen und gläubigen Gottesvolkes helfen mögen.“
McElroy, Paraguay und die päpstlichen Kommissare
Unter den Neuernannten sind drei Präfekten römischer Dikasterien. Neben diesen Vertrauten des Papstes sticht die einzige Ernennung aus den USA ins Auge. Mit Bischof McElroy ernannte Franziskus einen Ultraprogressiven, der die päpstliche Linie in der Migranten‑, Klima‑, Amazonas- und Kommunionfrage unterstützt. Ein demonstratives Signal dafür, welche Fraktion das Kirchenoberhaupt in den USA unterstützt. Aktuell vor allem eine indirekte Ohrfeige für den mutigen Erzbischof Salvatore Cordileone von San Francisco, der der päpstlichen Agenda trotzte und ein Kommunionverbot für Nancy Pelosi, die mächtige Abtreibungslobbyistin der Demokratischen Partei, verhängte. Das Kommunionverbot für Abtreibungspolitiker der Demokraten wurde von McElroy besonders lautstark abgelehnt. Eine solche Ernennung mit einem eminent politischen Signal entspricht in besonderer Weise dem Denken von Franziskus. Sie bestätigt zudem, daß das unsägliche McCarrick-Erbe auch vier Jahre nach dem abrupten Sturz des bis dahin mächtigsten Kirchenmannes der Franziskus-Ära in den USA noch keineswegs beseitigt ist.
Paraguay wird seinen ersten Kardinal erhalten. Darauf wurde dort seit längerem gedrängt – offensichtlich mit Erfolg. Lobbyismus lohnt sich demnach, wie die paraguayanische Presse seit gestern zufrieden feststellt.
P. Gianfranco Ghirlanda, ein Mitbruder von Franziskus aus dem Jesuitenorden, wird offensichtlich für seine zuverlässigen Tätigkeiten als Päpstlicher Kommissar ausgezeichnet. Er ist der derzeit amtierende, bereits dritte Päpstliche Kommissar der Franziskaner der Immakulata, die gleich am Beginn des derzeitigen Pontifikats der Bergoglianischen Barmherzigkeit zum Opfer fielen.
2014 hatte ihn Franziskus schon zum Päpstlichen Delegaten für die Legionäre Christi ernannt. Mit der Entwicklung in dem Orden scheint Franziskus zufrieden. Mit Kurienerzbischof Alzaga ernennt der argentinische Papst bereits den zweiten Kardinal aus diesem Orden.
P. Ghirlanda gehörte Ende 2016 auch der ziemlich zweifelhaften vatikanischen Untersuchungskommission zum Malteserorden im Streit zwischen Großmeister Festing und Großkanzler Boeselager an. Unter Berufung auf das Ergebnis dieser Kommission, die mehrheitlich einseitig mit Boeselager nahestehenden Mitgliedern besetzt und damit kaum unabhängig war, verlangte Franziskus den Rücktritt von Großmeister Fra‘ Matthew Festing.
Der Kirchenrechtler begleitet im päpstlichen Auftrag auch die Verfassungsreform im Malteserorden. Gleiches gilt für die Ordensgemeinschaft Memores Domini von Comunione e Liberazione (CL) aus der die Frauen kamen, die Papst Benedikt XVI. bereits während seines Pontifikats den Haushalt führten.
P. Ghirlanda wird am 5. Juli sein 80. Lebensjahr vollenden, weshalb auch er mit der Kardinalskreierung am 27. August nicht mehr Papstwähler sein wird.
Text: Giuseppe Nardi
Bild:Wikicommons
Nun ja… einen Kardinal Fellay hatte in diesem Pontifikat wohl auch niemand erwartet…