Acht Jahre Kalvarienberg für die Franziskaner der Immakulata

Erzbischof José Rodriguez Carballo nun auch für Ecclesia-Dei-Gemeinschaften zuständig


Erste Begegnung von Papst Franziskus mit ausgewählten Franziskanern der Immakulata im Juni 2014. Weder Dialog noch Recht noch Gnade. Bei der Umsetzung spielte Erzbischof Carballo eine zentrale Rolle.
Erste Begegnung von Papst Franziskus mit ausgewählten Franziskanern der Immakulata im Juni 2014. Weder Dialog noch Recht noch Gnade. Bei der Umsetzung der Verfolgung spielte Erzbischof Carballo eine zentrale Rolle.

(Rom) Seit dem 11. August 2013 befin­den sich die Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta, eine der bemer­kens­wer­te­sten Erschei­nun­gen der jüng­sten Kir­chen­ge­schich­te, unter kom­mis­sa­ri­scher Ver­wal­tung. Mehr als acht Jah­re sind ver­gan­gen, seit der Orden ins Faden­kreuz des Hei­li­gen Stuhls gera­ten ist, und noch immer schweigt sich der Vati­kan aus über die Grün­de, die dazu führ­ten. Das Schick­sal des Ordens erhält dra­ma­ti­sche Aktua­li­tät, seit Papst Fran­zis­kus im Motu pro­prio Tra­di­tio­nis cus­to­des die soge­nann­ten Eccle­sia-Dei-Gemein­schaf­ten jener Ordens­kon­gre­ga­ti­on unter­stell­te, die für den Scher­ben­hau­fen bei den Fran­zis­ka­nern der Imma­ku­la­ta ver­ant­wort­lich ist.

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Der trau­ma­ti­sche Ein­griff führ­te im Som­mer 2013 selbst jenen vor Augen, daß mit Papst Fran­zis­kus die Ära Bene­dikt abrupt zu Ende war, die noch gehofft hat­ten. Der Angriff gegen die 1990 von Pater Ste­fa­no Maria Manel­li gegrün­de­te Ordens­fa­mi­lie ist untrenn­bar mit dem Namen von Kuri­en­erz­bi­schof José Rodri­guez Car­bal­lo OFM, dem Sekre­tär der Ordens­kon­gre­ga­ti­on, ver­bun­den. Papst Fran­zis­kus hat­te den aus Gali­ci­en stam­men­den Fran­zis­ka­ner weni­ge Tage nach sei­ner Wahl zum Kir­chen­ober­haupt in die­ses Amt beru­fen. Die erste Initia­ti­ve, die Car­bal­lo durch­führ­te, war die Zer­schla­gung der Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta, wie man sie bis dahin kann­te und wie sie von ihrem Grün­der gedacht waren.

Msgr. Car­bal­lo war es, der am 3. Mai 2014 auf einer Ordens­kon­fe­renz in Kata­lo­ni­en indi­rekt und hin­ter ver­schlos­se­nen Türen ent­hüll­te, war­um sein Dik­aste­ri­um den tra­di­ti­ons­ver­bun­de­nen Orden auf bra­chia­le Wei­se maßregelte:

„Für Ordens­leu­te ist das Kon­zil ein Punkt, der nicht ver­han­del­bar ist.“

An der Ordens­kon­gre­ga­ti­on sei man „sehr besorgt“ dar­über, so Carballo: 

„Wir sehen ech­te Abwei­chun­gen“. Vor allem, weil „nicht weni­ge Insti­tu­te“ ihrem Ordens­nach­wuchs „nicht nur eine vor­kon­zi­lia­re, son­dern sogar eine anti-kon­zi­lia­re For­mung geben. Das ist nicht zuläs­sig. Das heißt, sich außer­halb der Geschich­te stel­len. Das ist etwas, das uns in der Kon­gre­ga­ti­on sehr besorgt.“

Er füg­te hin­zu, daß Kar­di­nal João Braz de Aviz, der Prä­fekt der Ordens­kon­gre­ga­ti­on, die­se Besorg­nis tei­le. Was auf’s Wort geglaubt wer­den kann.

Schon im Dezem­ber 2013 hat­te sich der Apo­sto­li­sche Kom­mis­sar P. Fidenzio Vol­pi OFM Cap (1939–2015), dem im August alle Voll­mach­ten der abge­setz­ten Ordens­lei­tung über­tra­gen wor­den waren, gegen­über dem Vati­ka­ni­sten Mar­co Tosat­ti damit gerecht­fer­tigt, daß bei den Fran­zis­ka­nern der Imma­ku­la­ta ein­ge­grif­fen wer­den muß­te, weil der Orden „kryp­to-lefeb­vria­nisch, jeden­falls tra­di­tio­na­li­stisch abge­drif­tet“ sei. Der Vor­wurf rich­te­te sich, wohl­ge­merkt, gegen einen Orden, den Papst Bene­dikt XVI. geför­dert hatte. 

Die Äuße­run­gen von Kom­mis­sar Vol­pi und Kuri­en­erz­bi­schof Car­bal­lo offen­bar­ten, daß für sie die Tra­di­ti­ons­ver­bun­den­heit ein grund­sätz­li­ches „Pro­blem“ ist, das es zu bekämp­fen gilt.

Die Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta waren nur der Anfang. Seit­her fie­len meh­re­re Ordens­ge­mein­schaf­ten im Namen von Papst Fran­zis­kus dem Fall­beil von Kar­di­nal Braz de Aviz und Erz­bi­schof Car­bal­lo zum Opfer. Das erklärt die Sor­ge in den Eccle­sia-Dei-Gemein­schaf­ten (Petrus­bru­der­schaft, Insti­tut Chri­stus König und Hohe­prie­ster, Insti­tut du Bon Pasteur, Apo­sto­li­sche Per­so­nal­ad­mi­ni­stra­ti­on St. Johan­nes Maria Vian­ney, Tran­sal­pi­ne Redempto­ri­sten, Die­ner Jesu und Mari­ens, Fra­ter­ni­té Saint-Vin­cent-Fer­ri­er, Insti­tut St. Phil­ipp Neri u. a. m.).

Msgr. Car­bal­lo war bis zur Beru­fung an die Römi­sche Kurie zehn Jahr Gene­ral­mi­ni­ster des Fran­zis­ka­ner­or­dens gewe­sen. Wäh­rend sei­ner Amts­zeit war es zu einem Finanz­skan­dal gekom­men, der zu einem Ver­mö­gens­ver­lust von 20 Mil­lio­nen Euro für sei­nen Orden führ­te. Im Ermitt­lungs­akt war von dubio­sen Geld­ge­schäf­ten, Dro­gen und Waf­fen die Rede. Das Dos­sier über sei­ne Ver­strickung in den Skan­dal, das dem neu­en vati­ka­ni­schen Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Pie­tro Paro­lin über­mit­telt wur­de, ver­schwand in einer Schub­la­de. Als der Skan­dal auf­flog, hat­te sich Car­bal­lo dank päpst­li­cher Pro­tek­ti­on bereits aus der Schuß­li­nie gebracht. Als neu­er Sekre­tär der Ordens­kon­gre­ga­ti­on hat­te er kein Ohr für die Brü­der der Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta, die das Armuts­ge­lüb­de des hei­li­gen Franz von Assi­si wesent­lich stren­ger befolgten.

Das ist eine von meh­re­ren Vor­ge­schich­ten zum trau­ri­gen Schick­sal der Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta. Vor ihrem Hin­ter­grund wirkt es kühn, wenn Car­bal­lo vor kur­zem in einem Inter­view erklär­te, gegen ein „Dut­zend Ordens­grün­der und ‑grün­de­rin­nen“ wegen des Ver­dachts auf finan­zi­el­le Miß­wirt­schaft zu ermit­teln und ihre Grün­dun­gen not­falls aufzulösen.

Die Nuo­va Bus­so­la Quo­ti­dia­na schrieb dazu:

„Vie­le, sogar im Vati­kan, fra­gen sich, war­um Car­bal­lo von einem sol­chen Durst nach Bestra­fung und Demü­ti­gung beseelt scheint? Und war­um spielt er trotz sei­ner Ver­gan­gen­heit eine so heik­le Rol­le? War­um so viel Här­te in einer Zeit der zur Schau getra­ge­nen „Barm­her­zig­keit“ für alle?“

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Anti­cat­to­co­mu­nis­mo (Screen­shot)

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