(Brasilia) In diesen Tagen wurde viel von Dom Helder Câmara gesprochen, dessen Seligsprechungsprozeß jüngst vom Heiligen Stuhl eröffnet wurde. Für den Durchschnittseuropäer ist heute die Gestalt von Msgr. Helder Pessoa Camara (1909–1999), Weihbischof von Rio de Janeiro und dann Erzbischof von Olinda-Recife, weitgehend unbekannt. Auch in kirchlichen Kreisen des deutschen Sprachraums ist ein ideologisch verklärtes Bild von Helder Camara weit verbreitet.
Auf der Internetplattform der Katholischen Kirche Vorarlberg der österreichischen Diözese Feldkirch etwa ist der Nonsens zu lesen: „Dom Helder Camara, Erzbischof von Recife in Brasilien, war einer der profiliertesten Vertreter der ‚Katakomben‘-Bischöfe“. Dom Helder hat zwar nie Katakomben wegen einer Christenverfolgung aufsuchen müssen, sehr wohl aber die Christen, die von den Diktaturen verfolgt wurden, von denen sich der „Rote Erzbischof“ hofieren ließ und für die er die Propagandatrommel rührte. Als „Katakomben-Bischöfe“ wurden Kirchenvertreter bezeichnet, die sich während des Zweiten Vatikanischen Konzils konspirativ in einer römischen Katakombe trafen und dort in einem offenbar ideologisch verbrämten Sinn gelobten, sich für eine „arme“ Kirche für die „Armen“ einzusetzen. Dom Helder Camara war einer von ihnen.
Wer war Dom Helder, den eine an Lächerlichkeit grenzende Propaganda umgibt?
Die einzigen Nachrichten die derzeit über Msgr. Helder Camara in die Medien gelangen, stammen aus Propagandawerkstätten, daß ich keine Angst habe, zu sagen, daß sie geradezu lächerlich wirken.
Als Dom Helder im August 1999 starb, gab es unter europäischen Medien geradezu einen Wettlauf ihn zu verherrlichen. Ihm wurden hochtrabende Titel verliehen wie „Prophet der Armen“, „Heiliger der Favelas“, „Stimme der Dritten Welt“, „Heiliger Helder von Amerika“ und so weiter. Es war eine Art von medialer Heiligsprechung (Vgl. Julio LOREDO: L’altro volto di Dom Helder [Das andere Gesicht von Dom Helder], hrsg. von Tradition, Familie, Privateigentum, 1999, S. 4–5).
Dieselbe Propagandamaschinerie scheint sich im Zusammenhang mit der Eröffnung des Seligsprechungsverfahrens reaktiviert zu haben, die am vergangenen 25. Februar vom Vatikan unterzeichnet wurde. Einige Informationen schaden daher nicht.
Militanter Sympathisant des Nationalsozialismus
Nur wenige wissen vielleicht, daß Helder Camara sein öffentliches Leben als Anhänger der NS-freundlichen Rechten begann.
Er wurde führender Funktionär des Ação Integralista Brasileira (AIB, Integralistische Aktion Brasiliens), der von Plinio Salgado gegründeten brasilianischen NS-Bewegung.
1934 wurde Camara, der am 15. August 1931 zum Priester geweiht worden war, Mitglied des obersten AIB-Leitungsgremiums. Er nahm an zahlreichen Versammlungen und paramilitärischen Aufmärschen teil, die jene der Nationalsozialisten im Deutschen Reich nachahmten. Seine Sympathien für den Nationalsozialismus waren so stark, daß er bei seiner Priesterweihe unter der Soutane die Uniform der berüchtigten NS-nahen Miliz der „Grünhemden“ trug.
1946 wollte ihn das Erzbistum Rio de Janeiro zum Weihbischof machen, doch der Heilige Stuhl lehnte wegen seines NS-Aktivismus an. Die Ernennung erfolgte erst sechs Jahre später. In der Zwischenzeit vollzog Helder Camara den Wechsel von einem Extrem ins andere. Der Nationalsozialismus war desavouiert, doch Camara hielt an seiner radikalen Neigung fest. Aus dem NS-Sympathisanten wurde ein Sympathisant des Marxismus.
Als 1968 der brasilianische Schriftsteller Otto Engel eine Biographie über Msgr. Camara schrieb, erhielt er „kategorische Anweisungen“ von der Kurie der Erzdiözese Olinda-Recife, die ihn verwarnte, die Vergangenheit als NS-Sympathisant publik zu machen.
Von der JUC zur Kommunistischen Partei: Die Katholische Aktion Brasiliens
1947 wurde Camara zum geistlichen Assistenten der Katholischen Aktion Brasiliens (ACB, Ação Católica Brasileira) ernannt, die unter seinem Einfluß nach links abdriftete. Zu manchen Themen machte sich die ACB sogar den Marxismus-Leninismus zu eigen.
Diese weltanschauliche Wanderung wurde vor allem in der JUC (Juventude Universitária Católica), einer Unterorganisation der ACB deutlich, der Câmara besonders nahestand. Luiz Alberto Gomes de Souza, ehemaliger Generalsekretär der internationalen JUC schrieb: „Der Aktionismus der JUC-Anhänger (…) mündete Schritt für Schritt in einem Einsatz, der sich als sozialistisch herausstellte“ (Luiz Alberto GOMES DE SOUZA: A JUC. Os estudantes católicos e a polàtica [Die JUC. Die katholischen Studenten und die Politik], Editora Vozes, Petrópolis 1984, S. 156).
Die kommunistische Revolution auf Kuba (wir sind im Jahr 1959) wurde von der JUC begeistert aufgenommen. Haroldo Lima und Aldo Arantes, JUC-Funktionäre, schrieben, „die Zunahme der sozialen Konflikte und der Sieg der kubanischen Revolution 1959 ließen in der JUC die Idee einer brasilianischen Revolution entstehen.“ Der Linkstrend in der JUC wurde durch deren Einbindung in die UNE (Unio Nacional de Estudantes) begünstigt, die der Kommunistischen Partei Brasiliens nahestand.
„Ergebnis ihrer Militanz in der Studentenbewegung war“, so Lima und Arantes, „daß die JUC eine politische Agenda für die Christen ‚von heute‘ formulierte. Auf diese Weise verabschiedete sie auf der Vollversammlung 1960 ein Dokument (…), mit dem sie den Anschluß an den demokratischen Sozialismus und die Idee der brasilianischen Revolution erklärten.“ (Haroldo LIMA e Aldo ARANTES: História da Açâo Popular. Da JUC ao PC do B [Geschichte der Volksaktion. Von der JUC zur Kommunistischen Partei Brasiliens], Editora Alfa-Omega, Sao Paulo 1984, S. 27–28).
Während der Linksregierung von Präsident Joap Goulart (1961–1964) übernahm innerhalb der JUC eine radikale Fraktion die Kontrolle, die sich anfangs O Grupão, die Große Gruppe nannte, aus der dann die Ação Popular (AP), die Volksaktion hervorging, die sich 1962 offiziell als sozialistisch definierte. Auf dem Kongreß von 1963 beschloß die AP ihre Statuten, mit denen „sie sich den Sozialismus und die Verstaatlichung der Produktionsmittel zu eigen machte“. Die Statuten enthielten zudem ein Lob auf die sowjetische Revolution und eine Anerkennung der „entscheidenden Bedeutung des Marxismus in der revolutionären Theorie und Praxis“ (ebd. S. 37).
Das revolutionäre Abdriften hatte damit noch nicht sein Ende. Beim Kongreß von 1968 beschloß die Ação Popular eine Ergänzung und bezeichnete sich nun als marxistisch-leninistisch einschließlich eines Namenswechsels in Ação Popular Marxista-Leninista (APML, Marxistisch-Leninistische Volksaktion). Da sie letztlich nichts mehr von der Kommunistischen Partei unterschied, wurde 1972 die Angliederung an den Partido Comunista do Brasil (PCdoB) beschlossen. Im Gefolge dieser ideologischen Migration schlossen sich viele Aktivisten der Katholischen Aktion während der brasilianischen Bleijahre dem bewaffneten Kampf an.
Gegen die Meinung nicht weniger Bischöfe war Msgr. Helder Camara einer der begeistertsten und überzeugtesten Verteidiger der politischen Wanderung der JUC nach links (S. beispielsweise Scott MAINWARING: The Catholic Church and Politics in Brazil. 1916–1985, Stanford University Press, 1986, S. 71).
Gegen Papst Paul VI. und andere Sonderbarkeiten
1968, als Papst Paul VI. sich anschickte, die Enzyklika Humanae vitae zu veröffentlichten, stellte sich Msgr. Helder Camara öffentlich gegen den Papst und kanzelte dessen Lehre über Verhütungsmittel als „einen Fehler“ ab, „der bestimmt ist, die Ehefrauen zu foltern und den Frieden in vielen Häusern zu stören“ (vgl. Helder PESSOA CAMARA: Obras Completas [Gesammelte Werke], Editora Universitária, Instituto Dom Helder Camara, Recife, 2004; ebenso Massimo INTROVIGNE: Una battaglia nella notte [Ein Kampf in der Nacht], Sugarco Edizioni, Mailand 2008).
In einem Gedicht, das für Aufsehen sorgte, spottete der Erzbischof von Olinda-Recife sogar über die kirchliche Lehre, deren „Opfer“ die Frauen seien, weil sie – laut Câmara – gezwungen seien, „kleine Monster“ zu zeugen:
„Kinder, Kinder, Kinder! Wenn du den Koitus willst, mußt Du zeugen! Auch wenn dir dein Kind ohne Eingeweide zur Welt kommt, mit Beinchen wie Zahnstocher, einem großen Kopf wie ein Fußball, todhäßlich!“
Helder Camara verteidigte die Ehescheidung, indem er die Haltung der orthodoxen Kirchen guthieß, die „die Möglichkeit einer neuen kirchlichen Eheschließung für jene, die vom [Ehepartner] verlassen wurden, nicht ausschließen“. Gefragt, ob er damit nicht den Laizisten rechtgebe, antwortete er: „Was spielt das für eine Rolle, ob irgendwer einen Sieg feiert, wenn er recht hat?“
Der unruhige Erzbischof forderte lautstark das Frauenpriestertum. An eine Gruppe von Bischöfen gerichtet, fragte er auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil mit Nachdruck:
„Sagt mir, ob ihr ein wirklich maßgebliches Argument findet, das Frauen den Zugang zum Priestertum verwehrt, oder handelt es sich nur um ein männliches Vorurteil?“
Was kümmerte es ihn, daß das Zweite Vatikanische Konzil diese Möglichkeit ausschloß. Laut Câmara „müssen wir über die Konzilstexte hinausgehen, deren Interpretation uns zukommt“. Zu Câmara und das Zweite Vatikanische Konzil siehe auch Papst Franziskus empfiehlt Charismatikern Suenens und Helder Camara als Vorbilder?).
Das Phantasieren hatte damit noch kein Ende. Bei einem Vortrag vor Konzilsvätern im Jahr 1965 sagte er:
„Ich glaube, daß der Mensch das Leben künstlich erzeugen, und soweit kommt, die Toten wiederaufzuwecken und (…) phänomenale Ergebnisse bei der Verjüngung von männlichen Patienten erzielen wird durch den Einsatz von Keimdrüsen von Affen.“
An der Seite der UdSSR, der Volksrepublik China und Kubas
Die konkreten Parteinahmen für den Kommunismus durch Dom Helder waren zahlreich und gleichbleibend (wenn er auch gelegentlich dessen Atheismus kritisierte).
So blieb seine Rede vom 27. Januar 1969 in New York im Rahmen der 6. Jahreskonferenz des katholischen Interamerikanischen Kooperationsprogramms in trauriger Erinnerung. Seine Parteinahme für den internationalen Kommunismus war so penetrant, daß er seither als „roter Erzbischof“ bezeichnet wurde, eine Titulierung, die Zeit seines Lebens an seinem Namen haften bleiben sollte. In Westeuropa und den USA war das damals jedoch eine Auszeichnung, die den Brasilianer nicht nur zum gerngesehenen Gast, sondern zu einem Säulenheiligen der Linken machte. Bücher wie „Revolution für den Frieden. Bischof der Armen und Unterdrückten“, „Stimme der stummen Welt“, „Der Anwalt der Gerechten“ oder „Umsturz durch die Gewaltlosen“ kreierten ein sozialromantisches Bild, das teils bewußt mit einer revolutionären Sprache kokettierte. Daß tatsächlich Revolution drin war, wo Revolution draufstand, wurde allerdings – zumindest in Europa – verschleiert.
Nachdem er den USA schwere Vorwürfe wegen ihrer anti-sowjetischen Politik gemacht hatte, schlug Dom Helder eine radikale Verringerung der US-Streitkräfte vor, während er hingegen die UdSSR aufforderte, ihr Kriegspotential beizubehalten, um dem „Imperialismus“ die Stirn bieten zu können. Sich seiner Worte völlig bewußt, rechtfertigte er sich schon im voraus mit den Worten: „Und sagt mir nicht, daß eine solche Haltung die Welt dem Kommunismus ausliefern würde!“
Vom Angriff auf die USA wechselte Helder Câmara direkt zur Verherrlichung der Volksrepublik Chinas von Mao Tse-tung über, in der damals die „Kulturrevolution“ wütete, die Millionen von Toten forderte. Der Rote Erzbischof forderte offiziell die Aufnahme Rotchinas in die Vereinten Nationen bei gleichzeitigem Ausschluß Nationalchinas (Taiwan). Er beendet seine Rede mit einem Aufruf zugunsten des kubanischen Diktators Fidel Castro, der damals zahlreiche blutige kommunistische Guerillabewegungen in Lateinamerika unterstützte. Er forderte, daß Kuba wieder in die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) aufgenommen werden sollte, aus der es 1962 ausgeschlossen worden war.
Diese unverschämt pro-kommunistische und anti-westliche Rede wurde von Plinio Corrêa de Oliveira im Manifest „Der rote Erzbischof öffnet die Tore Amerikas und der Welt dem Kommunismus“ angeprangert:
„Die Erklärungen in der Rede von Dom Helder bedeuten eine Politik der bedingunglosen Kapitulation der Welt vor dem Kommunismus. Wir stehen einer erschütternden Realität gegenüber: Ein Bischof der heiligen römischen Kirche setzt das Prestige, das ihm von seiner Würde als Nachfolger der Apostel herkommt, ein, um die militärischen und strategischen Verteidigungslinien der freien Welt vor dem Kommunismus zu demolieren. Dem Kommunismus, das heißt dem radikalsten, unversöhnlichsten, grausamsten und heimtückischsten Feind, der sich je gegen die Kirche und die christliche Zivilisation erhoben hat“ (Plinio CORRÊA DE OLIVEIRA: O Arcebispo vermelho abre as portas da América e do mundo para o comunismo, in: Catolicismo, Nr. 218, Februar 1969. Es ist übrigens interessant, um zahlreiche Übereinstimmungen festzustellen, die Rede von Dom Helder mit jener von Ernesto „Che“ Guevara vom 12. Dezember 1964 vor der UNO zu vergleichen).
Das Projekt einer kommunistischen Revolution in Lateinamerika
Die Episode, die wahrscheinlich das größte Staunen auslöste, was die sogenannte „Affaire Comblin“.
Im Juni 1968 sickerte in den brasilianischen Medien ein explosives Dokument durch, das vom belgischen Priester Joseph „José“ Comblin, Professor am Theologischen Institut (Priesterseminar) von Recife unter der Ägide von Msgr. Helder Câmara ausgearbeitet worden war. Im Dokument wurde unverhüllt ein subversiver Plan zur Zerschlagung der staatlichen Ordnung und zur Errichtung einer „Volksdiktatur“ kommunistischer Prägung vorgeschlagen. Hier einige Auszüge:
Gegen das Eigentum: Im Dokument verteidigte Comblin eine dreifache Radikalreform (Landreform, Stadtreform, Unternehmensreform), die von der Vorstellung ausging, daß Privateigentum und Kapital intrinsisch ungerecht sind. Jedweder private Gebrauch von Kapital sollte gesetzlich verboten werden.
Totale Gleichheit: Das Ziel, so Comblin, sei es, die totale Gleichheit aller Menschen durchzusetzen. Jede Hierarchie sowohl im politischen und sozialen, als auch im kirchlichen Bereich sei abzuschaffen.
Politisch-soziale Revolution: Im politischen und sozialen Bereich soll diese Revolution der Gleichheit den Staat zerschlagen durch radikale „pressure groups“, die, einmal an der Macht, eine eiserne „Volksdiktatur“ errichten sollten, um die für „träge“ gehaltene Mehrheit mundtot zu machen.
Kirchenrevolution: Um dieser radikalen Minderheit ein „störungsfreies“ Regieren zu sichern, schlug das Dokument eine virtuelle Annullierung der bischöflichen Autorität vor, die faktisch auf ein ausschließlich aus Extremisten zusammengesetztes Gremium übergehen sollte, einer Art kirchlichem „Politbüro“.
Abschaffung der Streitkräfte: Die Streitkräfte sollten abgeschafft und aufgelöst und die Waffen an das Volk verteilt werden.
Medienzensur: Solange das Volk nicht ein ausreichendes Maß an „revolutionärem Bewußtsein“ erreicht, sollten die Medien einer strengen Kontrolle unterliegen. Die Eliten, die mit der neuen Politik nicht einverstanden sind, müßten das Land verlassen.
Volksgerichte: Indem Comblin die Judikative beschuldigte, von „der Bourgeoise korrumpiert“ zu sein, schlug er die Errichtung von „Sondervolksgerichten“ vor, um summarisch gegen jene vorzugehen, die sich der Revolution widersetzen.
Gewalt: Für den Fall, daß dieser subversive Plan nicht mit „normalen Mitteln“ umgesetzt werden könnte, erklärte der Theologe des Priesterseminars von Recife den Einsatz von Waffen für legitim, um gewaltsam das von ihm entworfene Regime zu errichten. [1]S. Plinio CORRÊA DE OLIVEIRA: TFP pede medidas contra padre subversivo, in: Catolicismo, Nr. 211, Juli 1968
Die Unterstützung von Helder Câmara
Das Dokument Comblin schlug in Brasilien wie eine Atombombe ein. In der folgenden heftigen öffentlichen Auseinandersetzung bestritt Comblin nicht die Echtheit des Dokuments, sagte aber, es habe sich dabei „nur um einen Entwurf“ gehandelt. Das Ordinariat der Erzdiözese Olinda-Recife mußte zugeben, daß das Dokument aus dem diözesanen Priesterseminar stammte, daß es sich aber „nicht um ein offizielles Dokument“ handle. So einfach machte es sich Helder Câmara und sein linker Hofstaat.
Plinio Corrêa de Oliveira, der sich zum Sprachrohr der berechtigten Empörung des brasilianischen Volkes machte, schrieb damals einen offenen Brief an Msgr. Helder Câmara, der von 25 Tageszeitungen veröffentlicht wurde:
„Ich bin mir sicher, die Gefühle von Millionen von Brasilianern zum Ausdruck zu bringen, wenn ich Eure Exzellenz ersuche, den Agitator, der sein Priestertum mißbraucht, um der Kirche den Dolch in den Rücken zu stoßen und der die brasilianische Gastfreundschaft ausnützt, um den Kommunismus, die Diktatur und die Gewalt in Brasilien zu predigen, vom Theologischen Institut von Recife und aus der Erzdiözese zu verweisen.“
Helder Câmara antwortete ausweichend: „Jeder hat das Recht anderer Meinung zu sein. Ich bemühe mich, alle Meinungen anzuhören.“ Gleichzeitig bestätigte er Comblin als Professor am Priesterseminar und deckte ihn damit mit seiner erzbischöflichen Autorität. Schließlich hob die brasilianische Regierung die Aufenthaltsgenehmigung für den belgischen Priester auf, der das Land verlassen mußte. Er fand Aufnahme bei Salvador Allende, der Chile „den Weg einer sozialistischen Gesellschaft“ verordnet hatte.
Verfechter der Befreiungstheologie
Msgr. Helder Câmara gilt als Verfechter der sogenannten „Befreiungstheologie“, die vom Heiligen Stuhl 1984 verurteilt wurde.
Zwei Erklärungen fassen diese Theologie kompakt zusammen. Die erste stammt von Leonardo Boff, einem Landsmann von Dom Helder: „Was wir vorschlagen ist Marxismus, historischer Materialismus in der Theologie“ (Leonardo BOFF: Marxismo na Teologia, in: Jornal do Brasil v. 6. April 1980).
Die zweite Erklärung stammt vom Peruaner Gustavo Gutiérrez, dem Begründer der Befreiungstheologie: „Was wir unter Befreiungstheologie meinen, ist die Beteiligung am politisch-revolutionären Prozeß“ (Gustavo GUTIÉRREZ: Praxis de Libertação, Anhang in Gustavo GUTIÉRREZ: Teologia da Libertação, Editora Vozes, Petrópolis 1975, S. 267f).
Gutiérrez erklärte auch, was konkret unter Beteiligung gemeint ist: „Nur indem man die Klassengesellschaft überwindet. (…) Nur indem man den Privatbesitz am Reichtum, der durch menschliche Arbeit geschaffen wurde, beseitigt, werden wir imstande sein, die Grundlagen für eine gerechtere Gesellschaft zu legen. Deshalb richten sich die Anstrengungen zur Schaffung einer neuen Gesellschaft in Lateinamerika immer mehr auf den Sozialismus aus“ (Gustavo GUTIÉRREZ: Liberation Praxis and Christian Faith, in Lay Ministry Handbook, Diocese of Brownsville, Texas 1984, S. 22).
Diesem Thema ist ein jüngst in Italien im Verlag Cantagalli erschienenes Buch: „Teologia della liberazione: un salvagente di piombo per i poveri“ (Befreiungstheologie. Ein Rettungsring aus Blei für die Armen) gewidmet (Julio LOREDO: Teologia della liberazione: un salvagente di piombo per i poveri, Cantagalli, Siena 2014).
Freund der Armen und der Freiheit?
Das vielleicht größte Märchen über Helder Câmara ist, daß er als Freund der Armen und Verteidiger der Freiheit und der Menschenrechte dargestellt wird.
Der Ehrentitel eines Verteidigers der Freiheit eignet sich schlecht für jemanden, der Trinksprüche und Loblieder auf die blutrünstigsten Diktaturen des 20. Jahrhunderts von sich gab, zuerst auf den Nationalsozialismus, dann auf den Kommunismus in allen seinen Varianten, ob sowjetisch, kubanisch, chinesisch …
Vor allem aber ist die Bezeichnung als Freund der Armen eine Beleidigung für jeden Christen. Helder Câmara redete gern über die Armen, unterstützte aber die Regime, die eine erschreckende Armut verursacht haben, so daß sie der damalige Kardinal Joseph Ratzinger als „Schande unserer Zeit“ bezeichnete (KONGREGATION FÜR DIE GLAUBENSLEHRE, Instruktion Libertatis Nuntius, XI, 10).
Eine aufmerksame Analyse Lateinamerikas – Land für Land – zeigt, daß es überall, wo die von Dom Helder propagierte Politik angewandt wurde, zu einer starken Zunahme der Armut und der Unzufriedenheit des Volkes gekommen ist. Wo hingegen eine entgegengesetzte Politik betrieben wurde, kam es zu einer generellen Verbesserung des Allgemeinwohls.
Ein Beispiel: Die Agrarreform, dessen Hauptpromotor Dom Helder in Brasilien war, und die auch in Europa lautstarke mediale und politische Unterstützung fand, wurde laut den unverdächtigen Worten von Francisco Graziano Neto, dem Vorsitzenden des INCRA (Instituto Nacional de Colonização e Reforma Agrária), jenes Instituts, das mit der Umsetzung der Agrarreform beauftragt war, zum „größten Schiffbruch der staatlichen Politik in unserem Land“ (Francisco GRAZIANO NETO: Reforma Agraria de qualidade, in: O Estado de S. Paulo v. 17. April 2012).
Wer das Thema weiter vertiefen will, um sich ein Bild davon zu machen, wer hier mit viel ideologischem Weihrauch seliggesprochen werden soll, kann dies im genannten Buch von Julio Loredo tun, das eine baldige Übersetzung ins Deutsche verdienen würde (Julio LOREDO: Teologia della liberazione: un salvagente di piombo per i poveri, S. 315–338).
Der italienische Historiker, Journalist und Schriftsteller Indro Montanelli (1909–2001) hatte recht, wenn er sagte:
„Die Linke liebt die Armen so sehr, daß sie – wann immer sie an die Macht kommt – ihre Zahl erhöht.“
Papst Franziskus scheint eine Schwäche für linke Ideologen im Klerikergewand zu haben.
Text: ATFP/Giuseppe Nardi
Bild: ATFP/Historia Brasileira/MiL/Erzbistum Olinda-Recife
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↑1 | S. Plinio CORRÊA DE OLIVEIRA: TFP pede medidas contra padre subversivo, in: Catolicismo, Nr. 211, Juli 1968 |
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Ein Kirchenmann ganz genau nach dem Geschmack unserer Medien und den Linkskräfte sowie ahnungslosen Gutmenschen. Die Heiligsprechung ist zu stoppen.
Nicht nur nach dem Geschmack der grün-rot gefärbten Medien sondern vor allem nach dem Geschmack der Bergoglianer
Auch hier wieder: der hl. Stuhl „verurteilt“ 1984 die Befreiungstheologie, aber dieser ihr wildester Vertreter bleibt dennoch im Amt und darf wirken: 1985 tritt er aus Altersgründen von seinem Amt zurück. Überall wird er herumgehoben und tausend katholische Akademien huldigen ihm seit Jahrzehnten unwidersprochen durch ihre Bischöfe…
Unter einer „Verurteilung“ im klassischen kirchlichen Sinn verstehe ich was anders: Anathem über alle Vertreter der Irrlehre und sofortige Amtsenthebung und Exkommunikation bei Beharren.
Folglich war es dieser wachsweiche, halbherzige „heilige Stuhl“, der die Geister selbst herbeigerufen hat, über die wir hier nun greinen.
Und dass derselbe unmögliche Mann – jedenfalls als mal nationalsozialistischer, mal kommunistischer Erzbischof unmöglich! – auch noch ernsthaft „seliggesprochen“ werden soll, müsste doch allmählich jedem noch so verschlafenen Anhänger der nachkonziliaren Amtskirche vor Augen führen, dass sie nicht die selbe Kirche ist, die sie einmal war vor diesem ebenso wachsweich-mehrdeutigen Konzil war.