(Rom) Das Pontifikat von Papst Franziskus führte zur Rehabilitierung von Ariel Álvarez Valdés, gegen den 1997 von Kardinal Tarcisio Bertone, dem damaligen Sekretär der Glaubenskongregation, ein Verfahren eröffnet worden war. Der Grund waren heterodoxe Lehren und Schriften. Nach sieben Jahren hob nun Papst Franziskus die gegen seinen Landsmann verhängten Sanktionen auf, ohne daß dieser sich von seinen beanstandeten Irrlehren distanzierten mußte.
1995 veröffentlichte Álvarez Valdés den Aufsatz „Sind Teufel und Dämon dasselbe?“ Darin behauptete der Autor, daß es sich bei den in der Heiligen Schrift wiedergegebenen Fällen von dämonischer Besessenheit in Wirklichkeit um Pathologien gehandelt habe, die damals nur nicht bekannt gewesen seien.
Aufgrund anderer, von der katholischen Lehre abweichender Positionen war der Aufsatz Anlaß zur Einleitung eines Verfahrens durch die römische Glaubenskongregation. Zuständig dafür war der spätere Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone, der als Stellvertreter des damaligen Kardinalpräfekten Joseph Ratzinger 1999 von Álvarez Valdés eine Distanzierung von den beanstandeten Thesen forderte.
Álvarez Valdés, dessen Lehre einem biblischen Rationalismus nach dem Vorbild des Lutheraners Rudolf Bultmann folgt, versuchte sich durch Verweis auf andere Autoren derselben Richtung zu verteidigen. Die Tatsache, daß selbst viele Theologen irrige Positionen vertreten, ließ Rom als Argument nicht gelten und bekräftigte 2002 die Forderung, sich öffentlich von den irrigen Thesen zu distanzieren.
Neun beanstandete Thesen
Die Glaubenskongregation beanstandete neun Lehrsätze von Álvarez Valdés und stellte ihnen den jeweiligen Glaubenssatz entgegen, zu dem sich der Argentinier bekennen sollte. Dieser bestreitet die erlösende Heilsbedeutung des Leidens für den Menschen. Er bestreitet nicht expressis verbis die Existenz von Wundern, aber de facto, da für ihn die Naturgesetze nicht außer Kraft gesetzt werden können, auch nicht wenn Gott Wunder wirkt. Die ersten Kapitel des Buches Genesis enthalten für ihn keine historischen Wahrheiten. Der Engel, der Maria die Geburt Jesu verkündete, sei nur ein literarisches Genre. In Wirklichkeit habe Gott in ihr Herz gesprochen. Die Gottesmutter Maria kann, so Álvarez Valdés, niemandem „physisch“ erscheinen, da sie keinen materiellen Körper habe, weshalb „Marienerscheinungen“ nur „Visionen“ seien. Stigmata seien kein Zeichen von Heiligkeit und kämen auch nicht von Gott, weil Gott keine Wunden zufüge, die Menschen leiden lassen. Der Auferstehungsglaube impliziere, laut dem Argentinier, nicht notwendigerweise die Trennung von Seele und Körper. Das sei ein Erklärungsmuster, aber kein Dogma.
Um seine Lehrtätigkeit fortsetzen zu können, erklärte sich Álvarez Valdés jedoch nach mehreren Jahren bereit, seinen Thesen öffentlich abzuschwören. Als die Glaubenskongregation 2006 alles für die Veröffentlichung seiner Distanzierung vorbereitet hatte, zog der Theologe seine Bereitschaft jedoch wieder zurück. Der Grund: Er hätte die Formel unterschrieben müssen, daß er sich aus „freien Stücken“ distanziere, während er sich als „Opfer“ Roms sehen wollte, der nur „unter Zwang“ unterschreibe. Damit war offensichtlich, daß der Theologe seine Distanzierung nicht ernst meinte.
Auf diese Weigerung hin – Roms Mühlen mahlen langsam – wurde 2008, nach mehr als zwölf Jahren, gegen Álvarez Valdés ein Lehr- und Schreibverbot verhängt. Statt Einsicht zu zeigen, erklärte dieser 2009 sein Priestertum aufzugeben, um „ohne Druck“ – und ohne kirchliche Lehrerlaubnis – weiterhin an staatlichen Einrichtungen katholische Theologie lehren zu können.
Papst Franziskus hebt einseitig alle Sanktionen auf
Nach sieben Jahren hob nun Papst Franziskus das Lehr- und Schreibverbot gegen Álvarez Valdés auf. Mit einem handgeschriebenen Brief teilte Franziskus seinem Landsmann mit, daß Rom alle Sanktionen fallengelassen und keinerlei Beanstandungen gegen ihn hat.
Da es bei nicht in diesem Fall nicht um einen Verstoß gegen die kirchliche Ordnung, sondern gegen die Glaubenslehre handelte, wurden durch den päpstlichen Schritt nicht nur der Theologe, sondern auch seine heterodoxen Positionen rehabilitiert.
Álvarez Valdés kann sich als „Opfer“ einer repressiven Kirche sehen, deren Glaubenskongregation eine Verfolgungsbehörde ist, die „Unschuldige“ unter Druck setzt und bestraft. In kirchenfernen und progressiven Kirchenkreisen gern gehegte Klischees und Vorurteile finden durch den päpstlichen Alleingang eine höchste Bestätigung.
Secretum meum mihi verwies zum Vorfall auf die von Papst Franziskus zum Heiligen Jahr der Barmherzigkeit propagierte Medizin namens „Misericordina“, ein in einer Medikamentenverpackung als geistliche Medizin angebotener Rosenkranz und ein Bild des barmherzigen Jesus:
„Warum drängt sich nur der Eindruck auf, daß die Misericordina von Franziskus für Dissidenten großzügig und umfassend ist, während gegen Glaubenstreue nicht existente Fälle konstruiert werden und unerbittlich vorgegangen wird?“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Elliberal (Screenshots)
Hier ein hübsches Zitat aus einer klassischen Dogmatik. Scheeben §330 IV:
„Es ist nur eine Folge des Gesagten, wenn wir den sog. Indifferentismus oder die religiöse Toleranz, sei es daß dieselbe alle möglichen religiösen (und selbst religionslosen) Richtungen oder daß sie nur die verschiedenen christlichen Sekten für gleich gut hält, als absolut verwerflich bezeichnen. Eine solche Toleranz ist häretisch, weil sie sichern Glaubenslehren widerspricht; sie ist eine Auflehnung gegen Gott, insofern sie seine Offenbarung oder wenigstens einen Teil derselben verschmäht, ihm den Gehorsam verweigert und seiner Wahrhaftigkeit, Weisheit und Gerechtigkeit widerstreitet; sie ist eine Auflehnung gegen die Kirche, insofern sie deren göttliche Zweckbestimmung, einzige Vermittlerin der Wahrheit und des Heiles zu sein im Prinzip läugnet und eben damit deren Einsetzung für überflüssig erklärt; sie ist absurd, weil sie den verschiedensten, einander entgegengesetzten Lehren und eben damit Wahrheit und Irrtum für gleich erklärt; sie verläugnet die Natur des menschlichen Geistes, welcher nur in der Wahrheit Befriedigung finden kann; sie verläugnet das Wesen der religiösen Wahrheit, die jeden Irrtum ausschließt; sie ist verderblichsowohl für den einzelnen Menschen wie für die menschliche Gesellschaft, weil nur in der wahren Religion und in der wahren Kirche das ewige Heil und zum guten Teil auch die zeitliche Wohlfahrt der Menschen gefunden werden kann. – Wenn aber auch die religiöse Toleranz in sich selber schlechthin verwerflich ist, so erlaubt, ja gebietet dennoch die Kirche nicht bloß Duldung, sondern Liebe zu den irrenden Personen aus natürlichen und übernatürlichen Motiven nach dem Vorbilde Christi. Allerdings kann die Kirche auch in ihrem Verhalten gegen andersgläubige Personen nicht soweit gehen, daß sie dieselben ruhig gewähren läßt, wenn sie ihre Irrtümer zu verbreiten und die Glieder der Kirche selber anzustecken suchen. Sie muss vielmehr in solchen Fällen mit allen ihr notwendig oder angemessen erscheinenden Mitteln auch gegen die irrenden Personen (Häresiarchen) auftreten, weil sie die schwere Pflicht hat, die Wölfe von der Herde Christi abzuhalten (vgl. Hebr. 13,17), weil sie ferner das Recht bzw. die Pflicht der Selbsterhaltung hat und folglich ebenso Angriffe von außen abzuwehrenwie schädliche innere Störungen beseitigen kann und muß.
Das bezüglich der religiösen Toleranz Gesagte findet keine schlechthinige Anwendung auf die sogen. politische Toleranz .…“
Wo bleiben heute die Kardinäle, die feierlich einen Eid geschworen haben die Kirche zu verteidigen.
Der Autor kann von Bergoglios Barmherzigeit aus eigener Erfahrung ein Lied singen.
Sehr pikante Themen:
Über den Unterschied von Teufel und Dämon(en);
über „physisch“ und „psychisch“ in der Metaphysik.
Und über alles: „Ipse harmonia est.“…