Der Überschuß an neuen Papstwählern

Der getriebene Papst


Mit dreizehn weiteren Kardinälen baut Papst Franziskus das Kardinalskollegium um.
Mit dreizehn weiteren Kardinälen ergänzt Papst Franziskus das Kardinalskollegium und baut es zugleich um.

(Rom) Papst Fran­zis­kus kün­dig­te beim gest­ri­gen Ange­lus die Kre­ierung neu­er Kar­di­nä­le an. Am 28. Novem­ber wird er das Kar­di­nals­kol­le­gi­um um drei­zehn Pur­pur­trä­ger erwei­tern, neun davon Papst­wäh­ler. Dabei besteht gar kein Bedarf, da das auf 120 Kar­di­nä­le begrenz­te Wahl­kol­le­gi­um der­zeit voll besetzt ist. Ein Blick auf die neu­en Kardinäle.

Anzei­ge

Am Sams­tag, dem 28. Novem­ber, einen Tag vor dem Christ­kö­nigs­fest im Novus Ordo, dem Abschluß des Kir­chen­jah­res, will Papst Fran­zis­kus drei­zehn Kir­chen­män­nern den Kar­di­nals­pur­pur ver­lei­hen. Neun von ihnen haben noch nicht das kano­ni­sche Alter von 80 Jah­ren erreicht und wer­den somit zu Papst­wäh­lern in einem kom­men­den Kon­kla­ve. Vier wei­te­re wer­den für ihre beson­de­ren Ver­dien­ste um die Kir­che mit der Auf­nah­me in das Kar­di­nals­kol­le­gi­um geehrt, dür­fen aber nicht mehr an einer Papst­wahl teilnehmen.

Der „Senat“ der Kir­che zählt aktu­ell 219 Kar­di­nä­le, 99 davon sind über 80 Jah­re alt, die übri­gen 120 in einem Kon­kla­ve stimm­be­rech­tigt. Das Wahl­kol­le­gi­um ist genau auf 120 Wäh­ler begrenzt, wes­halb die Ernen­nung über­schüs­si­ger Papst­wäh­ler zum jet­zi­gen Zeit­punkt erstaunt.

Alters­be­dingt ver­lie­ren zwar lau­fend Kar­di­nä­le ihr Wahl­recht, mit der Kre­ierung von neun Papst­wäh­lern wird das Höchst­maß aller­dings in einem sol­chen Maß über­schrit­ten, daß abseh­bar erst wie­der Mit­te April 2022 die Höchst­gren­ze unter­schrit­ten wird. Das hie­ße auch, daß Fran­zis­kus in den kom­men­den andert­halb Jah­ren kei­ne neu­en Papst­wäh­ler kre­ieren dürf­te, dabei scheint es ihn gera­de dazu zu drän­gen. Aller­dings han­delt es sich bei der Höchst­gren­ze um eine Bestim­mung des Pap­stes für den Papst, wes­halb es sich um einen Richt­wert ohne Sank­tio­nen handelt.

Bis­her war es üblich, daß die Päp­ste für Kre­ierun­gen zuwar­te­ten, bis die Höchst­gren­ze um die Zahl der Neu­ernann­ten unter­schrit­ten war. Erst dann erfolg­te die Ein­be­ru­fung eines Kon­si­sto­ri­ums, um neue Pur­pur­trä­ger zu beru­fen. Dabei konn­te es vor­kom­men, daß zwei, drei Kar­di­nä­le mehr ernannt wur­den, weil bereits in den näch­sten Wochen, höch­stens Mona­ten die­se Zahl unter­schrit­ten wür­de und Kar­di­nals­er­he­bun­gen sel­ten statt­fin­den. Was Fran­zis­kus gestern ankün­dig­te, ist hin­ge­gen neu.

Baut Fran­zis­kus für den Fall der Fäl­le vor, falls es dem­nächst zu einem Kon­kla­ve kommt? 

Fran­zis­kus ernennt Papst­wäh­ler auf Vor­rat und setzt den Umbau des Wahl­kol­le­gi­ums, das sei­nen Nach­fol­ger wäh­len wird, in schnel­len Schrit­ten fort. Die­ser Umbau, obwohl schon weit gedie­hen, scheint ihn noch nicht zufrie­den­zu­stel­len. Es ist eine Unru­he bemerk­bar, weil man sich in San­ta Mar­ta der Wahl eines Fran­zis­kus II. noch nicht sicher fühlt. 

Mit der sieb­ten Kar­di­nals­kre­ierung sei­nes Pon­ti­fi­kats festigt Papst Fran­zis­kus die Mehr­heit der von ihm ernann­ten Kar­di­nä­le im Konklave

Das wird auch dar­an deut­lich, daß Fran­zis­kus im sel­ben Zeit­raum, in dem Bene­dikt XVI. fünf­mal Kar­di­nä­le kre­ierte, bereits zum sieb­ten Mal Pur­pur ver­leiht. Fran­zis­kus ernann­te bereits im Okto­ber 2019 einen sol­chen Über­schuß an Papst­wäh­lern, daß erst vor einem Monat mit dem Aus­schei­den von Kar­di­nal Loren­zo Bal­dis­se­ri wie­der die höchst­zu­läs­si­ge Gren­ze von 120 Wäh­lern erreicht wur­de. Um genau zu sein, wäre daher frü­he­stens am 13. Novem­ber mit dem Aus­schei­den von Kar­di­nal Wuerl an die Ernen­nung eines Papst­wäh­lers zu den­ken – vor­erst nur eines ein­zi­gen. Erst im Febru­ar 2021 dann eines zwei­ten. Aus die­sem Grund wur­de von Beob­ach­tern all­ge­mein erst im Juni 2021 mit Kar­di­nals­kre­ierun­gen gerech­net. Doch Papst Fran­zis­kus ver­hält sich wie ein Getrie­be­ner, dem die Zeit knapp zu wer­den scheint und der Über­ra­schun­gen im Kon­kla­ve aus­schlie­ßen will. 

Auf­fäl­lig an den Neu­ernann­ten ist zudem, daß die Hälf­te der neu­en Papst­wäh­ler Ita­lie­ner sind, dabei hat­te Fran­zis­kus anfangs eine geo­gra­phi­sche Gewichts­ver­la­ge­rung betont.

Treu blieb Fran­zis­kus mit Aus­nah­me der Haupt­städ­te sei­ner Linie, nicht die Ober­hir­ten von Erz­bis­tü­mern aus­zu­zeich­nen, die tra­di­tio­nell mit der Kar­di­nals­wür­de ver­bun­den waren.

Kommt es nach dem 28. Novem­ber zum Kon­kla­ve, wer­den die 73 von Fran­zis­kus ernann­ten Papst­wäh­ler mit 56,6 Pro­zent ein deut­li­ches Über­ge­wicht haben. Nur mehr 40 wer­den noch von Bene­dikt XVI. und 16 von Johan­nes Paul II. ernannt sein.

Die neuen bergoglianischen Purpurträger

Zwei der neu­en Kar­di­nä­le gehö­ren der Römi­schen Kurie an. Es sind zwei Kir­chen­män­ner, die unter Fran­zis­kus einen kome­ten­haf­ten Auf­stieg erleb­ten: Msgr. Mario Grech, der neue Gene­ral­se­kre­tär der Bischofs­syn­ode und eme­ri­tier­te Bischof von Gozo (Mal­ta), und Msgr. Mar­cel­lo Semer­a­ro, der neue Prä­fekt der Kon­gre­ga­ti­on für die Selig- und Hei­lig­spre­chungs­pro­zes­se und eme­ri­tier­te Bischof von Alba­no (Ita­li­en). Bei­de taten sich als beson­ders ent­schlos­se­ne Ver­tei­di­ger und Unter­stüt­zer der „pasto­ra­len Linie“ von Papst Fran­zis­kus hervor. 

Bischof Mario Grech mit Papst Franziskus
Bischof Mario Grech mit Papst Franziskus

Wei­te­re sechs Papst­wäh­ler sind Diözesanbischöfe:

  • Msgr. Antoine Kam­ban­da, Erz­bi­schof von Kiga­li (Ruan­da)
  • Msgr. Wil­ton Gre­go­ry, Erz­bi­schof von Washing­ton (USA)
  • Msgr. Cor­ne­li­us Sim, Apo­sto­li­scher Vikar von Brunei
  • Msgr. Jose Fuer­te Advin­cu­la, Erz­bi­schof von Capiz (Phil­ip­pi­nen)
  • Msgr. Cele­sti­no Aós Bra­co OFMCap, Erz­bi­schof von Sant­ia­go de Chile
  • Msgr. Augu­sto Pao­lo Loju­di­ce, Erz­bi­schof von Sie­na (Ita­li­en)

Der neun­te Papst­wäh­ler, den Fran­zis­kus kre­ieren wird, ist P. Mau­ro Gam­bet­ti OFM, der Guar­di­an des Hei­li­gen Kon­vents von Assi­si. Die Ver­ant­wort­li­chen des Hei­li­gen Kon­ven­tes spie­len bei zwei Initia­ti­ven eine wich­ti­ge Rol­le: den umstrit­te­nen Assi­si-Tref­fen und dem „Vor­hof der Völ­ker“. Letz­te­re wur­de mehr zu einem Selbst­zweck und ziel­lo­sen Umher­ir­ren.

Zu den Papst­wäh­lern kom­men noch vier neue Kar­di­nä­le, die das kano­ni­sche Alter von 80 Jah­ren bereits über­schrit­ten haben. Sie erhal­ten alle Wür­den und Rech­te in Kon­si­sto­ri­en und Kon­gre­ga­tio­nen außer dem Stimm­recht bei der Papst­wahl. Es sind:

  • Msgr. Feli­pe Ariz­men­di Esqui­vel, eme­ri­tier­ter Bischof von San Cri­sto­bal de Las Casas (Mexi­ko)
  • Msgr. Sil­va­no Toma­si, Stän­di­ger Beob­ach­ter des Hei­li­gen Stuhls bei den Ver­ein­ten Natio­nen in Genf a. D., Vati­kan­di­plo­mat i. R.
  • P. Ranie­ro Can­tal­am­es­sa, Pre­di­ger des Päpst­li­chen Hauses
  • Don Enri­co Fero­ci, Pfar­rer i. R.

Der Kar­di­nals­pur­pur, der Kir­chen­män­nern ver­lie­hen wird, sym­bo­li­siert ihre Bereit­schaft zum Opfer usque ad san­gui­nis effu­sio­nem (bis zum Blutvergießen).

Mit den Ernen­nun­gen setzt Fran­zis­kus eine gan­ze Rei­he von Gesten und sen­det Signa­le aus:

Msgr. Antoine Kambanda

Msgr. Kam­ban­da, 61 Jah­re alt, ein Tut­si und Moral­theo­lo­ge, war Direk­tor der Cari­tas sei­nes Lan­des. Sein Dok­to­rat erwarb er an der Päpst­li­chen Aka­de­mie Alfon­sia­na in Rom. Papst Fran­zis­kus ernann­te ihn 2013 zum Bischof von Kibungo und 2018 zum Erz­bi­schof von Kiga­li. Seit­her lei­tet er als Apo­sto­li­scher Admi­ni­stra­tor auch das Bis­tum Kibungo. Sei­ne Eltern und sechs Geschwi­ster wur­den beim Völ­ker­mord von 1994 getö­tet. 2015 ver­trat er Ruan­da bei der Fami­li­en­syn­ode. Kam­ban­da beton­te mehr­fach, daß sein Wir­ken der Aus­söh­nung zwi­schen Hutus und Tut­sis die­ne, da es beim Völ­ker­mord Kir­chen­män­ner gab, die die­sen zu ver­hin­dern ver­such­ten, aber auch sol­che, die sich dar­an mit­schul­dig mach­ten. Die Pur­pur­wür­de kann als Aus­zeich­nung für die­ses Wir­ken gese­hen werden.

Msgr. Wilton Gregory

Erz­bi­schof Wil­ton Gregory

Msgr. Wil­ton Gre­go­ry, 72, wird der erste afro­ame­ri­ka­ni­sche Kar­di­nal der USA sein. Ein Signal im Zusam­men­hang mit den Ras­sen­un­ru­hen, die seit dem Früh­jahr von Orga­ni­sa­tio­nen wie Black Lives Mat­ter befeu­ert wer­den. Gre­go­ry wur­de im Alter von 12 Jah­ren getauft und stu­dier­te nach sei­ner Prie­ster­wei­he Lit­ur­gie­wis­sen­schaf­ten am Päpst­li­chen Athe­nae­um Sant’Anselmo in Rom. Als Zere­mo­nien­mei­ster dien­te er den damals im US-Epi­sko­pat füh­ren­den pro­gres­si­ven Kar­di­nä­len Cody und Ber­nar­din, bei­de Erz­bi­schö­fe von Chia­ca­go. Auch Gre­go­ry selbst wird die­ser Rich­tung zuge­rech­net. Kar­di­nal Ber­nar­din ernann­te ihn 1983 zu sei­nem Weih­bi­schof. 1993 berief ihn Papst Johan­nes Paul II. zum Bischof von Bel­le­ville, einem Suf­fra­gan des Erz­bi­schofs von Chi­ca­go. In einer sei­ner letz­ten Bischofs­er­nen­nun­gen beför­der­te ihn Johan­nes Paul II. zum Erz­bi­schof von Atlan­ta. 2016 unter­stütz­te Msgr. Gre­go­ry das umstrit­te­ne nach­syn­oda­le Schrei­ben Amo­ris lae­ti­tia von Papst Fran­zis­kus. 2018 wei­ger­te er sich einen homo­phi­len Mon­si­gno­re sei­nes Erz­bis­tums vom Amt des geist­li­chen Assi­sten­ten der Opfer des sexu­el­len (meist homo­se­xu­el­len) Miß­brauchs durch Kle­ri­ker abzu­zie­hen, denn die­ser, so Gre­go­rys Recht­fer­ti­gung, beglei­te ganz im Sin­ne von Papst Fran­zis­kus „Men­schen am Rand der Gesell­schaft“ und sein Herz „sei nicht ver­schlos­sen“. 2019 ernann­te ihn Papst Fran­zis­kus zum Erz­bi­schof von Washing­ton, einem der bedeu­tend­sten Bischofs­sit­ze der USA, weil er die Bun­des­haupt­stadt und damit den Kon­takt zur US-Regie­rung und den Bun­des­be­hör­den umfaßt. Die Ernen­nung Gre­go­rys wur­de von ver­schie­de­ner Sei­te kri­ti­siert, weil er zum Kreis des ehe­ma­li­gen Kar­di­nals Theo­do­re McCar­ri­ck gezählt wird. McCar­ri­ck selbst war Erz­bi­schof von Washing­ton gewe­sen. Des­sen Nach­fol­ger, Kar­di­nal Dani­el Wuerl, Gre­go­rys Vor­gän­ger, muß­te wegen sei­ner Ver­strickung in die McCar­ri­ck-Cli­que zurück­tre­ten. Kri­ti­ker sehen in der Ernen­nung eines wei­te­ren McCar­ri­ck-Pro­te­gés einen man­geln­den Wil­len, den homo­phi­len Sumpf im Erz­bis­tum Washing­ton trocken­zu­le­gen. Die deutsch­ame­ri­ka­ni­sche Histo­ri­ke­rin und Kolum­ni­stin Mai­ke Hick­son nann­te Gre­go­ry im ver­gan­ge­nen Jahr in der Tages­post „kei­nen Hoff­nungs­trä­ger“. Gre­go­ry fiel wie­der­holt durch schar­fe Kri­tik an US-Prä­si­dent Donald Trump auf, wäh­rend er für des­sen Vor­gän­ger Barack Oba­ma Wor­te der Begei­ste­rung gefun­den hat­te. Auch dies­be­züg­lich bewegt er sich auf der „pasto­ra­len Linie“ von Papst Fran­zis­kus. Die­ser setzt sei­nen Kurs fort, den US-Epi­sko­pat umzu­bau­en. Dazu gehört es, nur pro­gres­si­ve Kir­chen­män­ner zu Kar­di­nä­len zu kre­ieren. Msgr. Gre­go­ry wird bereits der vier­te sein.

Msgr. Cornelius Sim

Msgr. Cor­ne­li­us Sim

Msgr. Cor­ne­li­us Sim, 69, Chi­ne­se, ist der zwei­te ein­hei­mi­sche Prie­ster, der aus dem isla­mi­schen Sul­ta­nat Bru­nei stammt, in dem 2019 die Scha­ria ein­ge­führt wur­de. Er erwarb zunächst einen aka­de­mi­schen Abschluß als Diplom­in­ge­nieur in Schott­land und stu­dier­te dann Theo­lo­gie an der Fran­zis­kan­er­uni­ver­si­tät Steu­ben­ville in den USA. 1989 wur­de er in Bru­nei zum Prie­ster geweiht. 1995 wur­de er Gene­ral­vi­kar und 1997 von Papst Johan­nes Paul II. zum Prä­fek­ten der Apo­sto­li­schen Prä­fek­tur Bru­nei ernannt. 2004 wur­de dar­aus ein Apo­sto­li­sches Vika­ri­at und Msgr. Sim zum Titu­lar­bi­schof von Putia in Numi­di­en. 2015–2017 war Msgr. Sim Gene­ral­se­kre­tär der Bischofs­kon­fe­renz von Malay­sia, Sin­ga­pur und Bru­nei, seit­her ist er deren stell­ver­tre­ten­der Vor­sit­zen­der. Die katho­li­sche Gemein­schaft besteht zum Groß­teil aus Ein­wan­de­rern, haupt­säch­lich Fili­pi­nos. Kir­che in Not zählt das Land zu den 17 Staa­ten, mit denen die EU aus­ge­zeich­ne­te Han­dels­be­zie­hun­gen unter­hält, obwohl dort die Men­schen­rech­te miß­ach­tet und die Chri­sten dis­kri­mi­niert werden.

Msgr. Jose Fuerte Advincula

Msgr. Jose Fuer­te Advin­cu­la, 68, Psy­cho­lo­ge und Kir­chen­recht­ler, wur­de 2001 von Papst Johan­nes Paul II. auf den Phil­ip­pi­nen zum Bischof von San Car­los ernannt. Papst Bene­dikt XVI. beför­der­te ihn 2011 zum Erz­bi­schof von Capiz. Vor eini­gen Jah­ren fiel er durch eine Initia­ti­ve zur Selbst­mord­prä­ven­ti­on unter Jugend­li­chen auf. Zusam­men mit Msgr. Sim reprä­sen­tiert Advin­cu­la die Kir­che „an den Rändern“.

Msgr. Celestino Aós Braco OFMCap

Erz­bi­schof Cele­sti­no Aós

Msgr. Cele­sti­no Aós Bra­co (75) ist Spa­ni­er, Kapu­zi­ner und Psy­cho­lo­ge, er übte Ämter in sei­nem Orden und Lehr­tä­tig­keit auf aka­de­mi­scher Ebe­ne aus und wirk­te in der Seel­sor­ge. 1983 wur­de er von Kapu­zi­ner­or­den nach Chi­le ent­sandt, wo er Kaplan, Guar­di­an, Pfar­rer, schließ­lich Bischofs­vi­kar für das geweih­te Leben sowie Pro­mo­tor Ius­ti­tiae und Kir­chen­rich­ter im Bis­tum Val­pa­rai­so war. 2014 ernann­te ihn Papst Fran­zis­kus zum Bischof von Copi­a­po. Nach den Ver­wer­fun­gen wegen des Falls Bar­ros, bei denen der gesam­te chi­le­ni­sche Epi­sko­pat sei­nen Rück­tritt anbot, wur­de Aós zum Apo­sto­li­schen Admi­ni­stra­tor und schließ­lich zum Erz­bi­schof des Erz­bis­tums Sant­ia­go de Chi­le beru­fen. Als sol­cher ist er auch Pri­mas des Lan­des. Chi­le wur­de in den ver­gan­ge­nen Jah­ren vom homo­se­xu­el­len Miß­brauchs­skan­dal erschüt­tert. Das Ver­hal­ten von Papst Fran­zis­kus stürz­te die Orts­kir­che dann noch tie­fer in das Dilem­ma. Kir­chen waren bereits in der Ver­gan­gen­heit und sind in die­sen Tagen wie­der Ziel­schei­be von Brand­an­schlä­gen und Schmier­schrif­ten. Aós ist einer jener Ver­trau­ens­män­ner des Pap­stes, die in Chi­le in den Fäl­len Kara­di­ma und Bar­ros gro­ßen Scha­den ange­rich­tet haben. Der spa­ni­sche Kolum­nist Fran­cis­co Fer­nan­dez de la Cigo­ña, ein exzel­len­ter Ken­ner der Kir­che Latein­ame­ri­kas, schrieb damals: „Um nichts zu sehen und nichts zu behe­ben, ernann­te Fran­zis­kus einen alten Kapu­zi­ner, der außer­stan­de ist, ohne ein Wun­der Got­tes, irgend etwas zu lösen, und der nur ein wei­te­res Opfer auf dem Altar der Unfä­hig­keit und der Ver­zö­ge­run­gen wird“. Der neue Kar­di­nal fiel zudem auf, als ihn ver­schie­de­ne Video­auf­nah­men zeig­ten, wie er Gläu­bi­gen in der Kathe­dra­le die Kom­mu­ni­on ver­wei­ger­te, weil sie die­se kniend emp­fan­gen woll­ten. Durch die Auf­zeich­nun­gen bloß­ge­stellt, ent­schul­dig­te er sich in einem Inter­view bei den Gläu­bi­gen und spen­det seit­her auch die knien­de Mundkommunion.

Msgr. Augusto Paolo Lojudice

Msgr. Augu­sto Pao­lo Loju­di­ce, 56, Römer, stu­dier­te an der Päpst­li­chen Uni­ver­si­tät Gre­go­ria­na und wur­de im Päpst­li­chen Prie­ster­se­mi­nar von Rom auf das Prie­ster­tum vor­be­rei­tet. 1989 erfolg­te sei­ne Prie­ster­wei­he. Seit­her war er in der Pfarr­seel­sor­ge tätig, bis er 2005 zum Spi­ri­tu­al des Päpst­li­chen Prie­ster­se­mi­nars ernannt wur­de. Seit 2014 war er wie­der in der Pfarr­seel­sor­ge tätig, wur­de aber kurz dar­auf von Papst Fran­zis­kus zum Weih­bi­schof von Rom und Titu­lar­bi­schof von Alba Marit­ti­ma ernannt. Zugleich über­nahm er das Amt eines Gene­ral­vi­kars für das sub­ur­bi­ka­ri­sche Bis­tum Ostia. Am 6. Mai 2019 erfolg­te die Ernen­nung zum Erz­bi­schof von Sie­na-Col­le di Val d’Elsa-Montalcino in der Tos­ka­na. Msgr. Loju­di­ce trat im ver­gan­ge­nen Früh­jahr als ener­gi­scher Ver­tei­di­ger der Coro­na-Maß­nah­men von Regie­rung und Bischofs­kon­fe­renz auf und attackier­te zugleich „popu­li­sti­sche“ Poli­ti­ker, die auch Papst Fran­zis­kus nicht mag. Ins Visier des Erz­bi­schofs gerie­ten der Appell und die Unter­schrif­ten­samm­lung des kon­ser­va­ti­ven Wochen­ma­ga­zins Tem­pi, mit denen dar­um ersucht wur­de, zu Ostern die hei­li­ge Lit­ur­gie wie­der für das Volk zu öff­nen. Die beson­de­re Ableh­nung des Erz­bi­schofs fand, daß Oppo­si­ti­ons­füh­rer Matteo Sal­vi­ni von der EU-kri­ti­schen Lega die Initia­ti­ve unter­stütz­te und den Appell unter­zeich­ne­te. Erz­bi­schof Loju­di­ce hielt Initia­to­ren und Unter­zeich­nern vor, daß ihr Wunsch „völ­lig unsin­nig“ sei. Den „selbst­er­nann­ten Kri­ti­kern“ der Coro­na-Maß­nah­men, wie er sie nann­te, schleu­der­te der Erz­bi­schof ent­ge­gen, sie soll­ten bes­ser „für das Gemein­wohl arbei­ten“, anstatt mit „sinn­wid­ri­ger Kri­tik“ Unru­he zu stiften.

Erz­bi­schof Loju­di­ce von Siena

Die vier Nicht-Wähler

Drei der vier künf­ti­gen Pur­pur­trä­ger, die bereits über 80 sind, brach­ten es im der­zei­ti­gen Pon­ti­fi­kat zu eini­ger Bekanntheit.

Msgr. Felipe Arizmendi Esquivel

Der eme­ri­tier­te Bischof von San Cri­sto­bal de Las Casas, Msgr. Feli­pe Ariz­men­di Esqui­vel, 80, steht in Zusam­men­hang mit dem sin­gu­lä­ren Chia­pas-Expe­ri­ment, bei dem er eine ambi­va­len­te Rol­le ein­nahm (sie­he dazu Ist der Zöli­bat in Gefahr? – Nein, er soll nur abge­schafft wer­den). Eben­so ver­tei­dig­te Msgr. Ariz­men­di die Pacha­ma­ma-Ritua­le im Zuge der Ama­zo­nas­syn­ode im Herbst 2019.

Msgr. Silvano Tomasi

Msgr. Sil­va­no Toma­si, 80, der frü­he­re Stän­di­ge Bob­ach­ter des Hei­li­gen Stuhls bei den Ver­ein­ten Natio­nen in Genf, ist in den Putsch ver­wickelt, der zur Abset­zung von Fra Matthew Fest­ing, dem Groß­mei­ster des Sou­ve­rä­nen Mal­te­ser­or­dens, führ­te. Zuletzt wur­de er als Nach­fol­ger von Kar­di­nal Ange­lo Beccciu als Son­der­de­le­gat des Pap­stes beim Mal­te­ser­or­den genannt. Als Kar­di­nal stei­gen sei­ne Chan­cen sogar, Kar­di­nal Ray­mond Bur­ke als Kar­di­nal­pro­tek­tor des Mal­te­ser­or­dens abzulösen.

P. Raniero Cantalamessa OFMCap

P. Ranie­ro Can­tal­am­es­sa, 82, Pre­di­ger des Päpst­li­chen Hau­ses, hat­te mit Kar­di­nal Jor­ge Mario Berg­o­glio bereits vor des­sen Wahl zum Papst Kon­takt. Er ist auf dem Bild zu sehen, das um die Welt ging und Kar­di­nal Berg­o­glio zeigt, wie er vor evan­ge­li­ka­len Pasto­ren kniet und von ihnen den Hei­li­gen Geist auf sich her­ab­ru­fen läßt. Am Kar­frei­tag 2013 beschwor P. Can­tal­am­es­sa im Peters­dom vor dem neu­en bzw. wegen des neu­en Pap­stes ein „neu­es Zeit­al­ter des Gei­stes“. In sei­ner Pre­digt sag­te er: „Wir ken­nen die Hin­der­nis­se, die den Boten auf­hal­ten kön­nen: die Trenn­wän­de, ange­fan­gen bei denen, die die ver­schie­de­nen christ­li­chen Kir­chen von­ein­an­der tren­nen; dann ein Über­maß an Büro­kra­tie, die Über­bleib­sel der Ritua­le, Geset­ze und Strei­tig­kei­ten der Ver­gan­gen­heit, die heu­te über­holt sind.“ Bei sei­ner Kar­frei­tags­pre­digt 2016, wie­der­um im Peters­dom und in Anwe­sen­heit von Papst Fran­zis­kus, ver­kün­de­te der Kapu­zi­ner den katho­li­schen Chri­sten Erstaun­li­ches: Das „Ver­dienst“ Mar­tin Luthers sei es, die „Wahr­heit“ über die „Gerech­tig­keit Got­tes“ wie­der „ans Licht gebracht zu haben“.

Msgr. Enrico Feroci

Msgr. Enri­co Fero­ci, 80, ist Dom­herr an der Late­ran­ba­si­li­ka und wur­de trotz sei­nes Alters 2018 zum Regens eines der vier diö­ze­sa­nen Prie­ster­se­mi­na­re von Rom und zum Pfar­rer des Mari­en­hei­lig­tums und zugleich römi­sche Stadt­pfar­rei del Divi­no Amo­re (der Gött­li­chen Lie­be) ernannt. Das Hei­lig­tum geht auf die erste Hälf­te des 18. Jahr­hun­derts zurück. Unter Papst Johan­nes Paul II. wur­de mit Blick auf das Hei­li­ge Jahr 2000 am Fuß der alten Kir­che eine moder­ne Kir­che errich­tet, die 1.500 Gläu­bi­gen Platz bietet.

Drei neue Kar­di­nä­le (v. l.): P. Can­tal­am­es­sa, Bischof Ariz­men­di, Erz­bi­schof Tomasi

Kardinäle, die bis April 2022 das Wahlrecht verlieren

Zuletzt ist noch ein Blick auf die Papst­wäh­ler zu wer­fen, die dem­nächst ihr Wahl­recht im Kon­kla­ve ver­lie­ren. Vor dem Namen wird jeweils das Datum ihres 80. Geburts­tags angeführt:

  • 12. Novem­ber 2020: Donald Kar­di­nal Wuerl (USA)
  • 27. Febru­ar 2021: Gabri­el Kar­di­nal Zubeir Wako (Sudan)
  • 8. März 2021: Wil­frid Fox Kar­di­nal Napier OFM, (Süd­afri­ka)
  • 8. Juni 2021: Geor­ge Kar­di­nal Pell (Austra­li­en)
  • 19. Juli 2021: Mau­rice Kar­di­nal Piat CSSp (Mau­ri­ti­us)
  • 18. August 2021: Benia­mi­no Kar­di­nal Stel­la (Ita­li­en)
  • 7. Novem­ber 2021: Ange­lo Kar­di­nal Sco­la (Ita­li­en)
  • 7. Janu­ar 2022: Ricar­do Kar­di­nal Ezza­ti And­rel­lo SDB (Chi­le)
  • 7. April 2022: Gual­tie­ro Kar­di­nal Bas­set­ti (Ita­li­en)

Erst dann sinkt die Zahl der Papst­wäh­ler auf die vor­ge­schrie­be­ne Höchst­gren­ze von 120 Kar­di­nä­le. Eine mas­siv und so lan­ge über die­se Höchst­zahl hin­aus­ge­hen­des Wahl­kol­le­gi­um gab es bis­her nicht, was von man­chen als Indiz gese­hen wird, daß Fran­zis­kus ein Kon­kla­ve nahen sieht.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: IC/IV/MiL/Vatican.va (Screen­shot)

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Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

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