Wer wird Nachfolger Beccius beim Malteserorden?

Die langen Nachwirkungen eines Putsches


Fahne des Malteserordens auf dem Palast des Großmeisters in Rom.
Fahne des Malteserordens auf dem Palast des Großmeisters in Rom.

(Rom) Nach der Ent­las­sung von Kar­di­nal Becciu aus allen sei­nen Ämtern wird Msgr. Sil­va­no Maria Toma­si als sein mög­li­cher Nach­fol­ger als Päpst­li­cher Dele­gat beim Sou­ve­rä­nen Mal­te­ser­or­den genannt. Wird damit der Bock zum Gärt­ner gemacht, wie der Vati­ka­nist Mar­co Tosat­ti warnt?

Anzei­ge

Der Ita­lie­ner Toma­si, ein Sca­la­b­ri­ni-Mis­sio­nar, 1965 zum Prie­ster geweiht, wur­de 1989 von Papst Johan­nes Paul II. zum Sekre­tär des inzwi­schen auf­ge­lö­sten Päpst­li­chen Rates der Seel­sor­ge für die Migran­ten und Men­schen unter­wegs ernannt. 1996 erfolg­te sein Über­tritt in den Diplo­ma­ti­schen Dienst und die Ernen­nung zum Titu­lar­erz­bi­schof und Apo­sto­li­schen Nun­ti­us in Äthio­pi­en und Eri­trea. Im Jahr 2000 über­nahm er die­se Auf­ga­be zusätz­lich auch für Dschibuti. 

2003 erfolg­te sei­ne Ent­sen­dung als Stän­di­ger Beob­ach­ter des Hei­li­gen Stuhls bei der UNO und der WHO nach Genf. Die­se Auf­ga­be nahm er bis 2016 wahr, als er von Papst Fran­zis­kus mit Errei­chung der kano­ni­schen Alters­gren­ze von 75 Jah­ren eme­ri­tiert wurde.

Seit 1999 ist er Titu­lar­erz­bi­schof von Acelum, womit die in Vene­ti­en gele­ge­ne Stadt Aso­lo gemeint ist, die zur Kir­chen­pro­vinz Vene­dig gehört. 969 wur­de das ver­fal­le­ne Bis­tum von Kai­ser Otto dem Gro­ßen auf­ge­ho­ben. Seit 1970 wird es als Titu­lar­bis­tum verliehen.

Die Absetzung des Großmeisters des Malteserordens

Erz­bi­schof Toma­si wur­de nicht nur wegen sei­ner diplo­ma­ti­schen Auf­ga­ben bekannt, son­dern auch im Zusam­men­hang mit dem Putsch im Sou­ve­rä­nen Mal­te­ser­or­den, bei dem der 79. Groß­mei­ster und Fürst des Ordens, Fra Matthew Fest­ing, im Janu­ar 2017 von Papst Fran­zis­kus abge­setzt wurde.

Eng mit Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Pie­tro Paro­lin befreun­det, wur­de Msgr. Toma­si im Dezem­ber 2016 von die­sem zum Mit­glied der fünf­köp­fi­gen Unter­su­chungs­kom­mis­si­on ernannt, die den Auf­trag erhielt, die Abset­zung von Albrecht von Boe­se­la­ger als Groß­kanz­ler des Mal­te­ser­or­dens zu über­prü­fen. Groß­mei­ster Fest­ing hat­te Boe­se­la­ger schwe­res Fehl­ver­hal­ten vor­ge­wor­fen und ihn Anfang Dezem­ber 2016 sei­nes Amtes ent­ho­ben. Boe­se­la­ger wand­te sich an das vati­ka­ni­sche Staats­se­kre­ta­ri­at um Hil­fe. Min­de­stens drei der fünf Mit­glie­der der von Paro­lin mit Bil­li­gung des Pap­stes ein­ge­setz­ten Unter­su­chungs­kom­mis­si­on stamm­ten aus dem nähe­ren Umfeld Boe­se­la­gers, dar­un­ter auch Msgr. Toma­si, der zum Vor­sit­zen­den der Kom­mis­si­on bestimmt wur­de. Die Kom­mis­si­on kam nach weni­gen Wochen zum abseh­ba­ren Schluß und reha­bi­li­tier­te den abge­setz­ten Groß­kanz­ler. Groß­mei­ster Fest­ing, der ver­ge­bens beim Papst um eine Audi­enz ersuch­te, sprach empört von einem Gefäl­lig­keits­gut­ach­ten. Papst Fran­zis­kus nahm das Gut­ach­ten aber zur Grund­la­ge, um von Groß­mei­ster Fest­ing die Wie­der­ein­set­zung Boe­se­la­gers als Groß­kanz­ler zu ver­lan­gen. Als Fest­ing das ablehn­te, for­der­te Fran­zis­kus sei­nen Rücktritt.

Erz­bi­schof Sil­va­no Maria Toma­si mit Papst Franziskus

Msgr. Toma­si und die Mehr­heit der Kom­mis­si­on befan­den sich in einem veri­ta­blen Inter­es­sens­kon­flikt. Toma­si und Gefähr­ten, die das Han­deln des Groß­mei­sters prü­fen soll­te, waren bereits zuvor ins Visier von Groß­mei­ster Fest­ing gera­ten. Dabei ging es um eine mehr als hun­dert Mil­lio­nen Euro schwe­re Schen­kung eines fran­zö­si­schen Ade­li­gen, von der 30 Mil­lio­nen Euro an den Mal­te­ser­or­den flie­ßen soll­ten. Von die­sem Geld hat­te der Groß­mei­ster zunächst nichts gewußt. Als er davon Kennt­nis erhielt, stell­te er Ermitt­lun­gen an, was es mit dem Geld auf sich hat­te und war­um und wie das Geld vor ihm ver­bor­gen gehal­ten wur­de. Auch dar­um ging es bei der Ent­las­sung des Groß­kanz­lers. Bei sei­nen Ermitt­lun­gen stieß der Groß­mei­ster auf Msgr. Toma­si, der Vor­sit­zen­der eines kari­ta­ti­ven Treu­hand­fonds namens Cari­tas Pro Vitae Gra­du Cha­ri­ta­ble Trust (CPVG) ist, der in Neu­see­land errich­tet wor­den war. Zwei wei­te­re Mit­glie­der der Unter­su­chungs­kom­mis­si­on waren mit dem CPVG ver­bun­den: Marc Odend­all als Schatz­mei­ster und Mar­wan Sen­haoui, der an meh­re­ren Tagun­gen betei­ligt war, die vom CPVG ver­an­stal­tet wurden.

Groß­mei­ster Fest­ing war empört dar­über, daß die Mehr­heit der Unter­su­chungs­kom­mis­si­on aus Per­so­nen bestand, gegen die er ermit­telt hat­te. Papst Fran­zis­kus ließ sich davon aber nicht beein­drucken. Er hat­te ent­schie­den, auf wes­sen Sei­te er sich stell­te – und das war nicht die Sei­te des Großmeisters.

Die Chronologie der Ereignisse

Eine Chro­no­lo­gie der Ereig­nis­se, in die Msgr. Toma­si ver­wickelt ist, bie­tet etwas Einblick:

  • 2012 ver­ein­bar­te Marc Odend­all ohne Auf­trag der Regie­rung des Mal­te­ser­or­dens mit dem Schwei­zer CPVG-Treu­hän­der eini­ge Schen­kun­gen an Orga­ni­sa­tio­nen des Ordens, dar­un­ter auch an eine Stif­tung, deren Vor­sit­zen­der Msgr. Sil­va­no Toma­si ist, der damals Stän­di­ger Beob­ach­ter des Hei­li­gen Stuhls bei der UNO und der WHO war. Die Stif­tung, an die das Geld floß, stand in kei­ner Ver­bin­dung mit dem Mal­te­ser­or­den. Ihr Schatz­mei­ster war Odend­all, ein deutsch-fran­zö­si­scher Ban­ker, der 2011 in den Mal­te­ser­or­den auf­ge­nom­men wur­de und an der diplo­ma­ti­schen Ver­tre­tung des Ordens bei den inter­na­tio­na­len Orga­ni­sa­tio­nen in Genf aktiv wur­de – wo auch Msgr. Toma­si wirk­te. Odend­all wur­de unter Papst Fran­zis­kus zudem Direk­to­ri­ums­mit­glied der vati­ka­ni­schen Finanz­auf­sichts­be­hör­de AIF.
  • 2013 beschlag­nahm­te die Staats­an­walt­schaft Genf den Treu­hand­fonds wegen des Ver­dachts „der Über­vor­tei­lung, des Ver­trau­ens­bruchs und der Geld­wä­sche“. Um den­noch an einen Teil des Gel­des zu gelan­gen, ver­such­ten Odend­all, Msgr. Toma­si, Sen­haoui und Boe­se­la­ger im Zeit­raum 2013–2016 Druck auf Groß­mei­ster Fest­ing und auch auf Boe­se­la­gers Vor­gän­ger als Groß­kanz­ler aus­zu­üben, damit der Groß­mei­ster einer Trans­ak­ti­on mit dem CPVG-Treu­hän­der zustimmt. Boe­se­la­ger war zunächst Groß­hos­pi­ta­lier des Ordens und über­nahm 2014 das Amt des Groß­kanz­lers. Groß­mei­ster Fest­ing, der erst jetzt von der Exi­stenz des Gel­des erfuhr, lehn­te jedoch ab. Er woll­te erst Klar­heit über das Geld erhal­ten und das Schwei­zer Ermitt­lungs­ver­fah­ren abwarten.
Msgr. Sil­va­no Maria Toma­si, Vor­sit­zen­der des CPVG-Treuhandfonds
  • Am 1. Dezem­ber 2016 erteil­te Papst Fran­zis­kus nach einer Aus­spra­che mit dem Kar­di­nal­pa­tron des Ordens, Ray­mond Bur­ke, also dem per­sön­li­chen Ver­tre­ter des Pap­stes beim Orden, einen schrift­li­chen Auf­trag: „Beson­ders gilt es zu ver­mei­den, daß Aus­drucks­for­men eines welt­li­chen Gei­stes in den Orden ein­drin­gen eben­so wie Zuge­hö­rig­kei­ten zu Ver­ei­ni­gun­gen, Bewe­gun­gen und Orga­ni­sa­tio­nen, die gegen den katho­li­schen Glau­ben oder rela­ti­vi­sti­scher Prä­gung sind. Soll­te sich das her­aus­stel­len, sind die Rit­ter, die even­tu­ell Mit­glie­der sol­cher Orga­ni­sa­tio­nen, Bewe­gun­gen und Ver­ei­ni­gun­gen sind, auf­zu­for­dern, ihre Zuge­hö­rig­keit zurück­zu­neh­men, weil die­se mit dem katho­li­schen Glau­ben und der Ordens­zu­ge­hö­rig­keit unver­ein­bar ist.“
  • Am 6. Dezem­ber 2016 kam es in Gegen­wart des Kar­di­nal­pa­trons zur Kon­fron­ta­ti­on zwi­schen Groß­mei­ster Fest­ing und Groß­kanz­ler Boe­se­la­ger. Der Groß­mei­ster hat­te ein Dis­zi­pli­nar­ver­fah­ren gegen Boe­se­la­ger ein­ge­lei­tet, weil wäh­rend sei­ner Zeit als Groß­hos­pi­ta­lier vom ordens­ei­ge­nen Hilfs­werk in Zusam­men­ar­beit mit UNO-Pro­gram­men in Kri­sen­ge­bie­ten im Namen des Ordens Ver­hü­tungs­mit­tel ver­teilt wor­den waren. Da Boe­se­la­ger sich unein­sich­tig zeig­te, ent­hob ihn Groß­mei­ster Fest­ing sei­nes Amtes als Großkanzler. 
  • Am 21. Dezem­ber 2016 gab der Hei­li­ge Stuhl, der soeben Boe­se­la­gers Bru­der Georg, einen Ban­ker, zum Auf­sichts­rats­mit­glied der Vatik­an­bank IOR ernannt hat­te, obwohl der Mal­te­ser­or­den sou­ve­rän ist, die Errich­tung einer Unter­su­chungs­kom­mis­si­on wegen der Abset­zung Bose­la­gers durch den Groß­mei­ster bekannt. Zu Mit­glie­dern der fünf­köp­fi­gen Kom­mis­si­on wur­den Msgr. Toma­si, Odend­all und Sen­haoui ernannt, Toma­si wur­de Kom­mis­si­ons­vor­sit­zen­der. Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Pie­tro Paro­lin inter­pre­tier­te den erwähn­ten Auf­trag des Pap­stes an Kar­di­nal Bur­ke nun so: Der Papst habe damit eine Hal­tung der aus­ge­streck­ten Hand und „Lösun­gen“ gewollt, aber „nie gesagt, jeman­den zu ver­ja­gen!“ Damit warf er Kar­di­nal Bur­ke vor, den Auf­trag des Pap­stes miß­braucht zu haben, was die­sen spä­ter ver­an­las­sen soll­te, den anders­lau­ten­den Auf­trag publik zu machen.
  • Am 14. Janu­ar 2017 beklag­te Groß­mei­ster Fest­ing öffent­lich den offen­sicht­li­chen Inter­es­sens­kon­flikt der Mehr­heit der Kom­mis­si­ons­mit­glie­der und gab bekannt, daß der Mal­te­ser­or­den, da es sich um eine ordens­in­ter­ne Regie­rungs­an­ge­le­gen­heit han­del­te und nicht um eine Glau­bens­fra­ge, allein zustän­dig sei und eine eige­ne Unter­su­chungs­kom­mis­si­on ein­set­zen wer­de, um Licht in den CPVG und die UNO-Koope­ra­ti­on zur Ver­hü­tungs­mit­tel­ver­tei­luung zu brin­gen. Die Ankün­di­gung wur­de von ande­rer Sei­te offen­sicht­lich als Dro­hung auf­ge­faßt, denn dar­auf über­schlu­gen sich die Ereignisse.
  • Am 24. Janu­ar 2017 zitier­te Papst Fran­zis­kus, der in den Wochen zuvor die insi­sten­ten Bit­ten des Groß­mei­sters um eine Audi­enz unbe­ant­wor­tet gelas­sen hat­te, Groß­mei­ster Fest­ing plötz­lich zu sich, leg­te ihm den offen­sicht­lich blitz­schnell fer­tig­ge­stell­ten Abschluß­be­richt der vati­ka­ni­schen Unter­su­chungs­kom­mis­si­on vor, der Boe­se­la­ger reha­bi­li­tier­te, und erzwang Fest­ings Rück­tritt. Von ver­schie­de­ner Sei­te wur­de dar­in eine Unter­gra­bung der völ­ker­recht­lich aner­kann­ten Sou­ve­rä­ni­tät des Mal­te­ser­or­dens gese­hen. Von Staats­ober­haupt zu Staats­ober­haupt konn­te der Groß­mei­ster dem Papst Fran­zis­kus wider­ste­hen, nicht aber als Gläu­bi­ger sei­nem Kir­chen­ober­haupt, so Fest­ings Über­zeu­gung. Die Sou­ve­rä­ni­tät des Ordens soll­te aber noch weit stär­ker in Fra­ge gestellt werden.
Am 24. Janu­ar 2017 trat Groß­mei­ster Fest­ing, ohne es zu ahnen, den letz­ten Gang zum Papst an
  • Am 25. Janu­ar 2017 teil­te Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Paro­lin, der als Draht­zie­her der Ope­ra­ti­on gese­hen wur­de, den Mit­glie­dern des Sou­ve­rä­nen Rates des Ordens (Regie­rung) mit, daß Papst Fran­zis­kus den Rück­tritt von Groß­mei­ster Fest­ing „akzep­tiert“ hat­te. Zudem wur­den alle Ent­schei­dun­gen und Beschlüs­se des Groß­mei­sters und des Sou­ve­rä­nen Rates seit dem 6. Dezem­ber 2016 für null und nich­tig erklärt. Damit wur­de Boe­se­la­ger zugleich wie­der als Groß­kanz­ler ein­ge­setzt. So geht der Hei­li­ge Stuhl gegen­über reli­giö­sen Orden vor. Der Mal­te­ser­or­den ist jedoch ein sou­ve­rä­nes Völ­ker­rechts­sub­jekt. Recht­lich stell­te die­se Ein­mi­schung einen schwer­wie­gen­den Ein­griff dar: Die Regie­rung eines Staa­tes erklär­te die Regie­rungs­be­schlüs­se eines ande­ren Staa­tes für null und nichtig.
  • Am 4. Febru­ar 2017 ernann­te Papst Fran­zis­kus den dama­li­gen Kuri­en­erz­bi­schof Ange­lo Becciu, Sub­sti­tut des Staats­se­kre­ta­ri­ats, zum Päpst­li­chen Dele­ga­ten beim Mal­te­ser­or­den. Zugleich wur­den dem offi­zi­el­len päpst­li­chen Ver­tre­ter beim Orden, Kar­di­nal­pa­tron Ray­mond Bur­ke, alle Zustän­dig­kei­ten ent­zo­gen und nur mehr der Titel belassen.
  • Bereits am 1. März 2017 unter­zeich­ne­te die neue Ordens­re­gie­rung die Zustim­mung zur Trans­ak­ti­on mit dem Schwei­zer CPVG-Treu­hän­der, die Boe­se­la­ger, Msgr. Toma­si, Odend­all und Sen­haoui seit 2013 erfolg­los ange­strebt hat­ten. Die Besei­ti­gung des Groß­mei­sters hat­te den Weg end­lich frei­ge­macht. Die Ver­ein­ba­rung sah jähr­li­che Schen­kun­gen an den Orden für die Dau­er von sie­ben Jah­ren vor. Die Schwei­zer Staats­an­walt­schaft gab den Fonds aber nicht frei.
  • Der Orden beauf­trag­te dar­auf eine exter­ne Gesell­schaft, die Pro­mon­to­ry Finan­cial Group, ein Gut­ach­ten über die Pro­ve­ni­enz des Gel­des zu erstel­len. Der Bericht wur­de nie ver­öf­fent­licht, aber vom Orden akzep­tiert. Dem­nach sei bezüg­lich der Pro­ve­ni­enz alles sau­ber und das Han­deln der inter­es­sier­ten Per­so­nen damit nicht zu bean­stan­den. Des­halb hät­te es aber kaum des Put­sches gegen Groß­mei­ster Fest­ing bedurft. Der Bericht soll, wie Insi­der berich­te­ten, auch nicht von den zustän­di­gen Ordens­gre­mi­en akzep­tiert wor­den sein, son­dern von einem klei­nen Kreis. Man stell­te sich selbst eine Unbe­denk­lich­keits­er­klä­rung aus.
  • Am 22. Juni 2017 wur­de Msgr. Becciu vom dama­li­gen Statt­hal­ter Fra Gia­co­mo Dal­la Tor­re, der bis zur Wahl eines neu­en Groß­mei­sters des­sen Auf­ga­ben wahr­nahm, in den Mal­te­ser­or­den aufgenommen.
  • Im Dezem­ber 2017 ging der ermit­teln­de Staats­an­walt in Genf in Pen­si­on. Der CPVG-Fonds wur­de frei­ge­ge­ben. Die erste Schen­kung aus dem Fonds erfolg­te an die liba­ne­si­sche Mal­te­ser­ver­ei­ni­gung, deren Vor­sit­zen­der Mar­wan Sen­haoui ist. „Die Treue­sten wer­den belohnt“, schrieb der Vati­ka­nist Mar­co Tosatti.
  • Am 9. Febru­ar 2018 bedank­te sich der Orden in einer Pres­se­er­klä­rung bei Msgr. Toma­si und Odend­all dafür, daß sie „die guten Bezie­hun­gen zum Fonds­treu­hän­der seit 2012 erleich­tert haben“.
  • Am 2. Mai 2018 fand die Wahl von Fra Gia­co­mo Dal­la Tor­re del Tem­pio di San­gui­net­to zum 80. Groß­mei­ster und Für­sten des Ordens statt. Der CPVG-Fonds dürf­te kein unbe­deu­ten­des „Argu­ment“ gewe­sen sein, das Wahl­ver­hal­ten eini­ger Wahl­män­ner zu bestim­men, zu denen auch Sen­haoui gehör­te. Tosat­ti schreibt dazu: „Die klei­ne Grup­pe, die Groß­mei­ster Fest­ing gestürzt hat­te, saß fester im Sat­tel denn je. Die bei­den Brü­der Boe­se­la­ger kon­trol­lie­ren sowohl die Vati­kan­finan­zen, die Finan­zen des Mal­te­ser­or­dens (auch dank der stil­len Ent­eig­nung der Güter, die ita­lie­ni­sche Fami­li­en dem ita­lie­ni­schen Zweig des Ordens ver­macht haben) als auch das Geld des neu­see­län­di­schen Treuhandfonds.
  • Am 29. April 2020 ver­starb der 80. Groß­mei­ster Fra Dal­la Tor­re über­ra­schend. Sei­ne kur­ze Amts­zeit ver­lief wenig glor­reich. Die Regie­rung des Ordens liegt seit dem Sturz Fest­ings in der Hand von Groß­kanz­ler Boe­se­la­ger. Dal­la Tor­re ging mehr durch die unor­tho­do­xen Umstän­de in die Ordens­ge­schich­te ein, unter denen er Groß­mei­ster wur­de, und durch einen Beschluß, mit dem er die Zele­bra­ti­on des über­lie­fer­ten Römi­schen Ritus bei offi­zi­el­len Orden­s­er­eig­nis­sen unter­sag­te und damit jenen Kräf­ten nach­gab, die jene Berech­ti­gung des über­lie­fer­ten Ritus, die Papst Bene­dikt XVI. ihm mit dem Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum 2007 zurück­gab, nicht akzep­tie­ren wollen.
  • Seit dem Tod von Fra Dal­la Tor­re wird der Orden bis zur Wahl des 81. Groß­mei­sters von Fra Ruy Gon­ça­lo do Val­le Pei­xo­to de Vil­las Boas als Statt­hal­ter geleitet.
Kar­di­nal­pa­tron Ray­mond Bur­ke mit Mal­te­ser­rit­tern: Titel ohne Einfluß.

Die Reform des Ordens als Gefahr

Boe­se­la­ger, als Anfüh­rer einer „deut­schen Frak­ti­on“, die seit 2017 das Sagen hat, strebt eine Reform der Ordens­ver­fas­sung an, mit der die bald tau­send­jäh­ri­ge Domi­nanz des Ersten Stan­des, der Pro­feß­rit­ter, zugun­sten des Zwei­ten Stan­des, dem Boe­se­la­ger ange­hört, und des Drit­ten Stan­des besei­tigt wer­den soll. Damit wür­de aber der Cha­rak­ter eines reli­giö­sen Ordens ver­lo­ren­ge­hen, der durch die Ver­bin­dung aus Rit­ter und Mönch zustan­de kam. Die Ange­hö­ri­gen des Zwei­ten und Drit­ten Stan­des legen kei­ne Gelüb­de ab. Was das bedeu­tet, soll am Bei­spiel der Fran­zö­si­schen Zun­ge, einer der acht histo­ri­schen Ordens­pro­vin­zen, auf­ge­zeigt wer­den: Die Fran­zö­si­sche Zun­ge (Nord- und West­frank­reich) zähl­te 2011 sechs Pro­feß­rit­ter (Erster Stand mit Gelüb­den), 23 Obö­di­enz­rit­ter (Zwei­ter Stand mit Ver­spre­chen) und 543 Lai­en­rit­ter (Drit­ter Stand). Nur die Pro­feß­rit­ter wäh­len den Groß­mei­ster aus dem Kreis der Pro­feß­rit­ter, wäh­rend die übri­gen Ämter von allen Stän­den mit­be­stimmt wer­den. Bei einer Aus­wei­tung des Wahl­rechts auf den Zwei­ten und Drit­ten Stand, wür­den die Pro­feß­rit­ter zur klei­nen Min­der­heit und sei­nen bis­he­ri­gen Cha­rak­ter verlieren.

Der Orden, wovor Kri­ti­ker war­nen, könn­te zu einem rei­nen Hilfs­werk wer­den, frei­lich einem ein­zig­ar­ti­gen, da aus­ge­stat­tet mit dem Rechts­sta­tus eines sou­ve­rä­nen Völ­ker­rechts­sub­jekts samt diplo­ma­ti­scher Immu­ni­tät. Gera­de damit schei­nen man­che eini­ge Inter­es­sen und Plä­ne zu verknüpfen.

Seit Papst Fran­zis­kus am ver­gan­ge­nen 24. Sep­tem­ber von Kar­di­nal Ange­lo Becciu den Rück­tritt von allen sei­nen Ämtern ver­lang­te, ist auch die des Päpst­li­chen Dele­ga­ten beim Mal­te­ser­or­den unbe­setzt. Ange­sichts der Ver­wick­lung in den CPVG und den Sturz von Groß­mei­ster Fest­ing erscheint es kaum denk­bar, daß aus­ge­rech­net Msgr. Toma­si zum neu­en Päpst­li­chen Dele­ga­ten ernannt wer­den könn­te. Bei Papst Fran­zis­kus sei aller­dings nichts aus­ge­schlos­sen, wie es in Rom heißt, wo der Name Toma­sis ver­stärkt her­um­ge­reicht wird.

Fran­zis­kus hat­te nach dem Sturz von Groß­mei­ster Fest­ing, den Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Paro­lin im Sin­ne Boe­se­la­gers betrie­ben hat­te, nach dem Mot­to divi­de et impe­ra Becciu zu sei­nem per­sön­li­chen Dele­ga­ten beim Orden ernannt, um einen noch grö­ße­ren Ein­fluß Paro­lins zu ver­hin­dern. Der Kar­di­nal­staats­se­kre­tär und sein Sub­sti­tut stan­den zwar gemein­sam an der Spit­ze des Staats­se­kre­ta­ri­ats, sich per­sön­lich aber nicht nahe, son­dern viel­mehr in einem Kon­flikt- und Konkurrenzverhältnis.

Durch die Aus­schal­tung Becci­us könn­te der Kar­di­nal­staats­se­kre­tär die Gunst der Stun­de nüt­zen und sei­nen Ein­fluß auf den Mal­te­ser­or­den aus­wei­ten. Dafür wür­de sich der Rück­griff auf Msgr. Toma­si anbie­ten. Ob Kar­di­nal Paro­lin den Papst dafür gewin­nen kann, muß sich erst zei­gen. Folgt man den römi­schen Stim­men, besteht die Absicht.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Giu­sep­pe Nardi/​MiL/​Remnant/​VaticanNews (Screen­shot)

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