Von Hubert Hecker
Kritiker und Kritiken des Synodalen Wegs werden vom Synodalpräsidium und dessen Hofmedien meistens totgeschwiegen. So ist es bisher den deutschen Kardinälen Walter Brandmüller, Gerhard Ludwig Müller und Walter Kasper bei ihren zahlreichen kritischen Beiträgen zum deutsch-synodalen Weg ergangen. Der ehemalige Kurienkardinal Kasper, Vorgänger von Kardinal Koch, hat mehrfach davor gewarnt, dass die angezielten neuen Lehren und Leitungsstrukturen der „Kirche das Genick brechen“ würden. Alle diese theologisch gut begründeten Beiträge ließen Bischof Bätzing und seine Gefolgsleute von sich abprallen.
Das Ziel dieser Strategie des Totschweigens ist klar: Man will sich mit den Kritiken nicht inhaltlich auseinandersetzen.
Die gleiche Zielsetzung, aber mit einer anderen Methode verfolgt Bischof Bätzing zu dem kritischen Interview des Schweizer Kurienkardinals Kurt Koch. Der hat in dem Tagespost-Interview vom 29. 9. 2022 grundsätzliche Kritik am Orientierungstext des Synodalen Wegs geäußert:
- „Es irritiert mich, dass neben den Offenbarungsquellen von Schrift und Tradition noch neue Quellen angenommen werden (wie die Zeichen der Zeit).“ Diesen deutsch-synodalen Irrtum hat der Kardinal an einem historischen Beispiel illustriert:
- 1934, zu Anfang der Nazizeit, hatte das protestantische Bündnis ‚Bekennende Kirche‘ als „falsche Lehre“ verworfen, dass die den Nazis nahestehende Vereinigung ‚Deutscher Christen‘ neben dem Wort Gottes in der Schrift auch noch andere weltliche Ereignisse und Mächte, eben die damaligen Zeitzeichen, als Gottes Offenbarung reklamierten.
An dieser zweischrittigen Argumentationsführung von Kardinal Koch ist sachlich nichts auszusetzen.
Aber Bischof Bätzing reagierte darauf mit einem Empörungsaufschrei, indem er die zweite Aussage der Beispielerklärung skandalisierte: Das befremdliche Beispiel sei eine „inakzeptable Entgleisung“ und ein „absurder Vergleich“. Wenn der Kardinal sich nicht umgehend für seine provokative Aussage entschuldigte, würde er den großen Bruder Franziskus zur Beschwerde anrufen. Das erwartbare Skandalecho der Medien verstärkte die Prangerwirkung gegen den zu Unrecht Beschuldigten.
Doch der Kardinal ließ sich durch die unlautere Methode der von der Sache ablenkenden Skandalisierung nicht von einer sachlichen Kritik abbringen. In seiner Stellungnahme bestand er darauf: Die Zeichen der Zeit müssten zwar erkannt, geprüft und unterschieden werden (nach guten und bösen – wie eben die der Nazizeit), aber sie dürften keinesfalls als Offenbarungsquellen neben Schrift und Tradition gestellt werden. Deshalb könne und werde er seine grundsätzliche Aussage, die kritische Rückfrage an dem Orientierungstext, nicht zurücknehmen.
In seiner Replik blieb Bischof Bätzing im Skandalmodus, indem er sogar von Verschlimmerung sprach. Auch die umgehende Richtigstellung von Kardinal Koch bezüglich der (falschen) Interpretation des historischen Vergleichs wollte der DBK-Vorsitzende nicht akzeptieren.
Bei seinem Versuch, die infrage stehenden Passagen des Orientierungstext zu rechtfertigen, bestätigte der deutsche Bischof letztlich die Berechtigung der Sachkritik des römisch-vatikanischen Kardinals:
- Erneut stellte Bischof Bätzing die Zeichen der Zeit unmittelbar neben die einzige göttliche Offenbarung der Hl. Schrift als Gottes Wort.
- In profanen „Ereignissen der Geschichte“ würde sich „Gott immer wieder offenbaren“:
- Nicht allein aus der Hl. Schrift, sondern auch aus säkularen „Zeitereignissen und Zeitentwicklungen“ könne man „den Willen Gottes für die Menschen und die Kirche“ herauslesen.
Bischof Bätzing hat sich mit seinen Aussagen auf eine Relativierung der Hl. Schrift als eine unter mehreren göttlichen Offenbarungsquellen festgelegt. Diese deutsch-synodale Neu-Lehre steht im Widerspruch zur gesamten 2000-jährigen Glaubenslehre der Kirche. Für die Jetztzeit hat das II. Vatikanische Konzil die Einzigartigkeit und Unüberholbarkeit der göttlichen Offenbarung in der Person und Lehre Jesu Christi dogmatisch bestätigt.
Bei der Neu-Lesung des einschlägigen Konzilstextes, der „Dogmatischen Konstitution über die göttliche Offenbarung – Dei Verbum“, dürfte jedem der Bischöfe, die bei der synodalen Abstimmung über den Orientierungstext Passagen mit häretischem Inhalt zugestimmt haben, die Augen aufgehen. Auch Bischof Bätzing steht als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz in der besonderen Pflicht, die Lehre der Kirche in Treue zu seinem Bischofseid zu verkünden – statt seine Kritiker an den Skandalpranger zu stellen.
Im Rahmen des kürzlichen Rom-Besuchs des DBK-Vorsitzenden zur Vorbereitung des Ad-limina-Besuchs der deutschen Bischöfe hat es in Rom eine vertrauliche Aussprache mit Kardinal Koch gegeben. Dazu musste Bischof Bätzing vom hohen Ross des Skandalschreiers herabsteigen und wieder zu sachlicher Auseinandersetzung zurückkehren, was er von vornherein hätte tun sollen. Er musste akzeptieren, was Kardinal Koch schon in seiner ersten Stellungnahme gesagt hatte: Sein historisches Beispiel war kein „Nazivergleich“ der ‚Deutschen Christen‘ mit dem Synodalen Weg, sondern eine geschichtliche Illustrierung eines theologischen Irrwegs in einer Sachfrage:
Neben der Offenbarung in der Hl. Schrift gibt es keine weiteren Offenbarungsquellen!
Bischof Bätzing musste außerdem zugestehen, dass mit der Abstimmung des Orientierungstextes zur umstrittenen Deutung der ‚Zeichen der Zeit‘ die von Kardinal Koch angestoßene theologische Debatte darüber „weitergeführt werden muss“ – so die DBK-Pressemeldung vom 5. 10. 2022.
Bild: Wikicommons/Montage
Bisher in der Reihe „Der Synodale Weg zum BRUCH mit Bibel, Tradition und Lehramt“ erschienen:
- Gutachter bedienen das Skandalinteresse der Medien (1)
- Mediale Schuldsprüche, rechtlicher Freispruch und ein Bekenntnis des Papstes (2)
- Castellucci, das Sündenbocksyndrom und die journalistische Doppelmoral (3)
- Synodaler Rufmord an einem Bischof (4)
- Abschieben von persönlicher Täterschuld auf Strukturen und Systeme der Kirche (5)
- Synodale Verfälschung der biblischen Freiheitsethik (6)
- Deutsch-synodale Desorientierung: grundstürzende Neu-Lehre zu Bibel und Zeitgeist (7)
- Krisenrhetorik und Kirchenbeschimpfung (8)
- Bischöfliche Vertuschung der MHG-Ergebnisse: Systemische Ursachen von Missbrauch werden als Begründungsmärchen des Synodalen Irrwegs verbreitet (9)
- Anmaßung teutonischer Synodal-Theologen (10)
- Der deutsch-synodale Sonderweg im Widerstreit zur weltkirchlichen Synode (11)
- Erschreckende Missbrauchsdimensionen bei Laien-Katholiken (12)
- Infame Thesen des Synodalen Wegs (13)
Machen wir uns nichts vor: Der synodale Weg in Deutschland ist absolut alternativlos.
Wenn die Lehre der Kirche nicht geändert wird, dann müssen sich die deutschen Kirchenfunktionäre bekehren, um an den Fleischtöpfen der Kirchensteuer bleiben zu können.
Das ist ausgeschlossen. Also ist der synodale Weg alternativlos.
Ich muss mich hier outen. Anfang 2012 nahm ich an der ersten Veranstaltung teil, die zum synodalen Weg führen sollte. Im Pfarrsaal der Hubertusgemeinde in Essen fand ein dialogisches Ersttreffen statt. Damit startete Bischof Overbeck unter dem Namen „Dialogprozess“ den synodalen Weg. Die Beschreibung dieses Weges findet sich immer noch auf der Seite des Bistums Essen zum Synodalen Weg. Der Titel der Schrift ist „Zukunft auf katholisch“.
https://zukunftsbild.bistum-essen.de/fileadmin/zukunftsbild/projekte/dialogprozess/DIALOG_DOKU_WEB.pdf
Das Treffen selbst war ein unspektakuläres Brainstorming der teilnehmenden Laien und Geistlichen. Es zeigte sich schon damals die Aufspaltung der Meinungen in traditionell und synodal. Ein gemeinsames Vaterunser, leider erst am Ende der Veranstaltung, hinterließ einen starken positiven Einfluss auf die Versammelten.
In der Rückbetrachtung ist klar, in welche Richtung Overbeck von Anfang an sein Bistum manövrieren wollte. Nicht, wie er vorgab als Benedikt XVI nahestehender, sondern als Verändernder, wenn man es vorsichtig ausdrückt. Nun gab es zwei denkwürdige Dinge. Einmal zelebrierte Overbeck 2013 direkt nach der Emeritierung Benedikts in schwarzer Trauergewandung. Ich glaube, ich habe das damals ganz falsch interpretiert. Das andere ist ein Blitzeinschlag. Im Januar 2014 schlug der Blitz in den Kirchturm der Hubertuskirche ein. Eben dort, wo der Dialogprozess begonnen hatte. Der höchste Kirchturm der Stadt ist mittlerweile wiederhergestellt. Die Baugerüste stehen noch immer. Die Kirche ist seit 8 Jahren de facto eine Baustelle.
Wer ich mit den „Deutschen Christen“ beschäftigt hat, kann Ähnlichkeiten zur „Reformagenda“ des „Synodalen Weges“ nicht verkennen:Um bei den Zeitgenossen noch anzukommen, um weiterhin eine Volkskirche bleiben zu können, müsse die Kirche sich der Zeit anpassen, z.B. ihre innere Ordnung der guten staatlichen Ordnung anpassen. Die „DC“ forderte so das Führerprinzip für die Kirche. Sie müsse positiv die vorherrschende Ideologie der Zeit in sich aufnehmen um so die Menschen zu erreichen. Nur die Aussagen der Bibel können noch als wahr gelten, die mit der jetzigen herrschenden Ideologie übereinstimmen. Der Feind seien die Conservativen, die eine Kirche ewiger Wahrheiten wollen und so sie musealisieren; eine Relevanz könne die Kirche nur behalten, wenn sie eine Kirche wird, in der der christliche Glaube synthetisiert wird mit dem Zeitgeist, jetzt dem Feminismus, der Genderideologie und dem Glauben an die Demokratie. Der Primat der Pastoraltheologie, dogmatische Wahrheiten kommen nicht an, man muß den Menschen nach dem Munde reden, verbindet „DC“ und den „Synodalen Irrweg“.