Infame Thesen des Synodalen Wegs

Der Synodale Weg zum BRUCH mit Bibel, Tradition und Lehramt (13)


Synodale Selbstverwirklichung der Protagonisten auf Kosten einer Kirche des "Synodalen Wegs", die sich auf dem Weg ins Nirwana befindet.
Synodale Selbstverwirklichung der Protagonisten auf Kosten einer Kirche des "Synodalen Wegs", die sich auf dem Weg ins Nirwana befindet.

Ein Gast­kom­men­tar von Hubert Hecker

Anzei­ge

In Deutsch­land haben mehr als acht Mil­lio­nen Deut­sche in Kind­heit und Jugend Miss­brauchs­er­fah­run­gen gemacht in allen gesell­schaft­li­chen Berei­chen. Dafür sind etwa drei­ein­halb Mil­lio­nen Miss­brauchs­tä­ter ver­ant­wort­lich, ein erheb­li­cher Anteil davon Katho­li­ken. Die Zahl der über­grif­fi­gen Kle­ri­ker dage­gen liegt im unte­ren Pro­mil­le-Bereich. Nach einer fran­zö­si­schen Stu­die sind im kirch­li­chen Bereich ein Drit­tel der Miss­brauchs­tä­ter Lai­en, Män­ner und Frau­en. In Deutsch­land dürf­te der Anteil ähn­lich hoch sein, was das Mün­che­ner Gut­ach­ten ten­den­zi­ell bestätigt.

Kleriker als Sündenböcke, Laien-Täter werden geschont und geschützt

In den Medi­en wird die­se objek­ti­ve Täter­ver­tei­lung völ­lig ver­zerrt dar­ge­stellt. Es wer­den haupt­säch­lich kirch­li­che Täter in den media­len Skan­dal­fo­kus gerückt und von denen wie­der­um aus­schließ­lich Kle­ri­ker. Über­grif­fi­ge „Lai­en und Lai­in­nen“ im Kir­chen­dienst wer­den von den Medi­en geschont und geschützt. Das nennt man gewöhn­lich Vertuschung.

Die Medi­en machen Kir­che und Kle­rus zum Sün­den­bock, dem man alle Schuld der gesell­schaft­li­chen „Kin­der­schutz­ka­ta­stro­phe“ (Joh. Rörig) auflädt.

Der Syn­oda­le Weg ließ sich von Anfang an von die­ser Wel­le der media­len Ver­zer­rung und Ver­tu­schung trei­ben. Ins­be­son­de­re pflegt man das Sün­den­bock­syn­drom gegen den Kle­rus. Die füh­ren­den DBK-Bischö­fe und die mehr­heit­li­che Lai­en­syn­ode sind in still­schwei­gen­der Ver­ein­ba­rung dar­in über­ein­ge­kom­men, die Hun­dert­tau­sen­den über­grif­fi­gen Lai­en in und außer­halb des Kir­chen­dien­stes von jeg­li­cher Ankla­ge aus­zu­spa­ren. In den Tex­ten und den Rede­bei­trä­gen der Syn­oda­len soll alle Miss­brauchs­schuld allein den Kle­ri­kern auf­ge­bür­det wer­den. Wegen vier Pro­zent über­grif­fi­ger Geist­li­cher wird der gesam­te Kle­rus in Haf­tung genom­men. Unter dem Gene­ral­ver­dacht des Kle­ri­ka­lis­mus ver­folgt man die Agen­da, das kirch­lich-hier­ar­chi­sche Lei­tungs­ge­fü­ge abzu­bau­en. Im Beson­de­ren soll die von der bischöf­li­chen Lehr- und Lei­tungs­voll­macht abge­lei­te­te Amts­au­tori­tät der Prie­ster auf­ge­ho­ben wer­den zugun­sten der lai­ka­len Par­ti­zi­pa­ti­on an kirch­li­cher Macht. Dadurch soll das Amts­prie­ster­tum ent­mach­tet wer­den, um Ein­fluss und Macht der ver­meint­lich ‚unbe­la­ste­ten‘ Lai­en zu erhö­hen. Der Angriff auf das sakra­men­ta­le Prie­ster­tum zugun­sten der Lai­sie­rung der katho­li­schen Kir­che ist das Pro­gramm des Syn­oda­len Irrwegs.

Dieser verzerrte, einseitige, ungerechte und zutiefst unchristliche Ansatz wird in Texten der ersten beiden Foren vertreten.

Dem Grund­text des Forums I ‚Macht und Gewal­ten­tei­lung in der Kir­che‘ stimm­ten im Febru­ar d. J. 81 Pro­zent der Syn­oda­len zu. Im Forums­text heißt es auf den ersten drei Sei­ten: Die MHG-Stu­die hät­te „ein­drück­lich und in ver­stö­ren­der Viel­falt gezeigt, dass sexua­li­sier­te Gewalt von Kle­ri­kern an Kin­dern und Jugend­li­chen“ ins­be­son­de­re „syste­mi­sche Ursa­chen“ hät­te. Die inner­kirch­li­che Macht­ord­nung wür­de „kri­mi­nel­le und über­grif­fi­ge Hand­lun­gen begün­sti­gen“, etwa dadurch, dass „die Macht ein­sei­tig an die Wei­he“ gebun­den sei und „das Amt ein­sei­tig über­höht wur­de“. Der „syste­mi­sche Miss­brauch“ (sic!) habe die Kir­che in die Kri­se geführt. Des­halb müss­ten alle ideel­len und struk­tu­rel­len Fak­to­ren, die „Miss­brauch von Macht begrün­den, ver­ur­sa­chen und för­dern“, besei­tigt wer­den. Das soll durch Kon­trol­le der Amts­voll­mach­ten des Kle­rus in Form von Gewal­ten­tei­lung und Par­ti­zi­pa­ti­on der ver­meint­lich unbe­la­ste­ten Lai­en auf allen Ebe­nen durch­ge­setzt werden.

Die Grund­the­se des Syn­oden­tex­tes lau­tet dem­nach: Laut MHG-Stu­die sei der Miss­brauch von Min­der­jäh­ri­gen auf kir­chen­spe­zi­fi­sche „syste­mi­sche Ursa­chen“ zurück­zu­füh­ren, ins­be­son­de­re auf kle­ri­ka­li­sti­sche Macht­kon­zen­tra­ti­on. Die­se Behaup­tung der Syn­oda­len ist trotz dut­zend­fa­cher Wie­der­ho­lung auch von den Bischö­fen Marx, Bode, Bät­zing und ande­ren falsch und nich­tig. Ob die unwah­ren Aus­sa­gen der Bischö­fe auf Irr­tum oder Lüge beru­hen, sei dahingestellt.

Es ist eine infa­me The­se des Syn­oda­len Wegs, die apo­sto­li­schen Voll­mach­ten der kirch­li­chen Hier­ar­chie von Bischö­fen und Prie­stern, des Herz­stücks der sakra­men­ta­len Kir­che, als miss­brauchs­ver­ur­sa­chend oder ‑för­dernd zu diffamieren.

Auf zwei Dis­kurs­ebe­nen ist die genann­te The­se als unhalt­bar nachzuweisen:

Erstens: In der Sache gibt es kei­ne wis­sen­schaft­lich trag­fä­hi­ge Begrün­dung für die Behaup­tung von kirch­li­cher (Voll-)Macht als system­ur­säch­lich für Missbrauch.

Jeder kann es in der 15-sei­ti­gen Zusam­men­fas­sung der MHG-For­schun­gen nach­le­sen: Man fin­det kei­nen Hin­weis auf Syste­me und Struk­tu­ren, die als ursäch­lich für Miss­bräu­che nach­ge­wie­sen wer­den. Es gehör­te zwar zu den auf­ge­ge­be­nen Pro­jekt­zie­len der For­scher, „die Iden­ti­fi­ka­ti­on und Ana­ly­se von Struk­tu­ren inner­halb der katho­li­schen Kir­che“ auf­zu­zei­gen, „die das Gesche­hen mög­li­cher­wei­se begün­stigt“ hät­ten (S. 22). Aber im 350-sei­ti­gen For­schungs­be­richt konn­te selbst die dop­pelt abge­schwäch­te For­mu­lie­rung von ‚mög­li­cher­wei­se begün­sti­gen­den Struk­tu­ren‘ nicht veri­fi­ziert werden.

Zwar wird auf S. 13 auf die ein­schlä­gi­ge Arbeit von Doyle ver­wie­sen, bei dem „im Kon­text der katho­li­schen Kir­che der Begriff des Kle­ri­ka­lis­mus als eine wich­ti­ge Ursa­che und ein spe­zi­fi­sches Struk­tur­merk­mal genannt“ wer­de. Aber in der fol­gen­den Pas­sa­ge wird nicht nach­ge­wie­sen, dass die all­ge­mei­ne The­se des Kle­ri­ka­lis­mus auch für das infra­ge­ste­hen­de Miss­brauchs­ge­sche­hen ursäch­lich wirk­sam ist. Jeden­falls sind die ent­spre­chen­den Aus­sa­gen weit­ge­hend spe­ku­la­tiv oder hypo­the­tisch, inso­fern drei Behaup­tun­gen bzw. Fol­ge­run­gen nur als Mög­lich­kei­ten for­mu­liert sind: Drei Mal wird gesagt, so „kann“ es pas­sie­ren, so könn­te es gewe­sen sein, also rei­ne Mut­ma­ßun­gen. Bezüg­lich des Miss­brauchs wird auch kein Hin­weis auf ein Teil­pro­jekt gege­ben, in dem die Kle­ri­ka­lis­mus­the­se empi­risch an Fall­bei­spie­len belegt oder erhär­tet wür­de. Im Teil­pro­jekt 6, auf das man ver­weist, geht es um die Reak­tio­nen der ver­ant­wort­li­chen Stel­len. Und selbst dazu wer­den nur Mög­lich­kei­ten ange­deu­tet. Als Resü­mee bleibt festzustellen:

Die MHG-Studie weist keine kirchenspezifisch systemischen Ursachen für Missbrauch nach.

Die kon­tra­fak­ti­sche Behaup­tung der syn­oda­len Autoren des Tex­tes von Forum I ist rei­ne Spe­ku­la­ti­on. Damit ist den fol­gen­den 20-sei­ti­gen Beschrei­bun­gen von ‚tief­grei­fen­den Ver­än­de­rungs- und Reform­pro­zes­sen‘ die Begrün­dung weggebrochen.

Der Forums­text ist auf spe­ku­la­ti­ven Sand gebaut.

Die­ser Befund vom Feh­len „syste­mi­schen Miss­brauchs“ im For­schungs­be­richt ist umso höher zu gewich­ten, als die MHG-Autoren den Auf­trag hat­ten, nach miss­brauchs­be­gün­sti­gen­den Struk­tu­ren zu suchen. Sie akzep­tier­ten aus­drück­lich das ent­spre­chen­de Pro­jekt­ziel, forsch­ten auch danach, konn­ten aber außer Mut­ma­ßun­gen kein posi­ti­ves, belast­ba­res Ergeb­nis prä­sen­tie­ren. Die Hypo­the­se muss nach den Regeln der Wis­sen­schaft als unhalt­bar ange­se­hen wer­den, da sie nicht veri­fi­ziert wer­den konn­te. Offen­sicht­lich sind die viel­be­schwo­re­nen „syste­mi­schen Ursa­chen“ für sexu­el­le Gewalt ein rei­nes Phan­tom, dem Bischö­fe und Syn­oda­le blind­lings nachlaufen.

Einzelner Machtmissbrauch von Klerikern: weder kirchenspezifisch noch systemisch

Über die­sen Nega­tiv-Nach­weis hin­aus fan­den die MHG-For­scher empi­ri­sche Bele­ge dafür, dass kir­chen­spe­zi­fi­sche Struk­tu­ren für Miss­brauchs­hand­lun­gen von Kle­ri­kern irrele­vant sind, jeden­falls nicht als ermög­li­chend oder gar ver­ur­sa­chend iden­ti­fi­ziert wer­den konn­ten. Bei einem klei­nen Teil von über­grif­fi­gen Geist­li­chen stell­te man Aus­nut­zung der prie­ster­li­chen Amts­au­tori­tät bei der Anbah­nung von Miss­brauch fest (vgl. Bei­trag 9). Es ver­bie­tet sich aber, aus dem schuld­haf­ten Ver­hal­ten zu Macht­miss­brauch von Sei­ten der Täter eine Schuld oder Ursa­che der Ver­hält­nis­se und Struk­tu­ren zu ver­dre­hen. Außer­dem ist Miss­brauch von Macht kein kir­chen­ty­pi­sches Phä­no­men, son­dern in allen Insti­tu­tio­nen mit päd­ago­gi­schen Ermäch­ti­gun­gen nach­weis­bar – etwa bei Leh­rern und Trai­nern: Der Was­ser­sprin­ger Jan Hem­pel klag­te kürz­lich in einer ARD-Doku­men­ta­ti­on, dass sein Trai­ner ihn seit sei­ner Puber­tät 14 Jah­re lang miss­braucht habe.

Die empi­risch begrün­de­ten Ergeb­nis­se der MHG-Teil­pro­jek­te 2, 3 und 6 wider­le­gen ‚ein­drucks­voll‘ die Kle­ri­ka­lis­mus-The­se, dass geist­li­che Macht­do­mi­nanz als Ursa­che, Ermög­li­chung oder För­de­rung von Miss­brauch eine wesent­li­che Rol­le spie­len wür­de. Die MHG-Stu­die fasst auf S. 12 zusam­men: Aus den Befun­den von drei Teil­pro­jek­ten lie­ßen sich drei Grund­mu­ster von Beschul­dig­ten cha­rak­te­ri­sie­ren, „die sich bereits publi­zier­ten Typo­lo­gien sexu­el­ler Miss­brauchs­tä­ter außer­halb des kirch­li­chen Kon­tex­tes zuord­nen las­sen“, die also nicht kir­chen­spe­zi­fisch sind. Auch die Art der sexu­el­len Gewalt unter­schei­det sich nicht dar­in, ob sie von Kle­ri­kern oder Sport­trai­nern oder Fami­li­en­vä­tern began­gen wird. Das bestä­tig­te der MHG-Stu­di­en­lei­ter Prof. Harald Dreß­ling in einem Deutsch­land­funk-Gespräch vom 1. 7. 2019 (sie­he aus­führ­lich im Arti­kel 9 – Bischöf­li­che Ver­fäl­schung der MHG-Ergeb­nis­se zu syste­mi­schen Ursa­chen und Machtstrukturen).

Im Übri­gen ist es nur ein klei­ner Teil der kle­ri­ka­len Miss­brauchs­tä­ter, die „für die Her­stel­lung von Tat­ge­le­gen­hei­ten eben­so wie für die Ver­tu­schung von Über­grif­fen ihre Amts­au­tori­tät instru­men­ta­li­sie­ren“, um ihre sexu­el­len Bedürf­nis­se zu befrie­di­gen. An der Gesamt­heit aller katho­li­schen Geist­li­chen haben macht­miss­brau­chen­de Kle­ri­ker nur einen Anteil im Promillebereich.

Neben die­sem mar­gi­na­len quan­ti­ta­ti­ven Aspekt ist auf eine wich­ti­ge Begriffs­un­ter­schei­dung hin­zu­wei­sen: In der MHG-Teil­stu­die wird der Begriff ‚Macht­miss­brauch‘ als Tat­merk­mal den Kle­ri­kern als Sub­jek­ten zuge­ord­net. In dem Syn­od­al­text des Forums I wird kle­ri­ka­le „Macht“ als objek­ti­ver struk­tu­rel­ler System­fak­tor ange­se­hen, der „Miss­brauch begrün­den, ver­ur­sa­chen und för­dern“ wür­de. Die Miss­brauchs­tä­ter wären nach die­ser Sicht­wei­se eher Opfer der Umstän­de, ver­führt durch die Machtverhältnisse.

Bei den Täter­ty­pen gibt es eben­falls eine wich­ti­ge Dif­fe­renz: Der oben beschrie­be­ne Geist­li­che, der sei­ne Amts­au­tori­tät zur Anbah­nung von Miss­brauch ein­setzt, ent­spricht gera­de nicht dem Typ des ‚sakral über­höh­ten Prie­sters mit kle­ri­ka­li­sti­scher Domi­nanz‘, den der Forums­text als Buh­mann auf­baut, son­dern eher dem moder­nen Jugend­seel­sor­ger, der kle­ri­ka­les Auf­tre­ten und ent­spre­chen­de Insi­gni­en ver­mei­det. Auch unter die­sem Gesichts­punkt hat das Forum I mit sei­nen Macht- und Kle­ri­ka­lis­mus­the­sen kei­ner­lei Basis und Beleg in der MHG-Studie.

Vernunftüberlegungen sprechen gegen den systemischen Synodenansatz

Zwei­tens: Nach der Dar­stel­lung der MHG-For­schungs­er­geb­nis­se zur spe­ku­la­ti­ven The­se vom „syste­mi­schen Miss­brauch“ der prie­ster­li­chen Macht soll mit wei­te­ren Ver­nunft-Über­le­gun­gen die Untrag­bar­keit des Syn­oden­an­sat­zes nach­ge­wie­sen werden:

- Aus der sta­ti­sti­schen Kleinst­grö­ße von 0,6 Pro­zent macht­miss­brau­chen­der Geist­li­cher (vgl. Bei­trag 9) zu schlie­ßen, dass die prie­ster­li­chen Voll­mach­ten gene­rell syste­mi­sche Ursa­che oder För­de­rung für Miss­brauchs­ver­hal­ten sein sol­len, ist ein logi­scher Fehlschluss.

Vie­le Lai­en begrü­ßen die Falsch­the­se, weil sie von der syn­oda­len Fol­ge­rung nach Par­ti­zi­pa­ti­on und Macht­zu­wachs pro­fi­tie­ren. Aber was treibt die Mehr­heit der deut­schen Bischö­fe und Kle­ri­ker an, sich in die Sün­den­bock­rol­le ein­zu­fü­gen und ihren prie­ster­li­chen Auf­trag der Leh­re, Lei­tung und Hei­li­gung leicht­fer­tig zur Dis­po­si­ti­on zu stellen?

- Die ein­fach­sten Regeln wis­sen­schaft­li­chen Den­kens wer­den bei dem syn­oda­len Ansatz über Bord gewor­fen: Die soge­nann­te „Macht­fül­le der geweih­ten Prie­ster“ führt bei 96 Pro­zent der Kle­ri­ker nicht zu Macht­miss­brauch. Aus die­ser Tat­sa­che ist nach wis­sen­schaft­li­cher Logik schlüs­sig zu fol­gern, dass das angeb­lich über­höh­te prie­ster­li­che Wei­he­amt mit einer über­wäl­ti­gen­den Wahr­schein­lich­keit kei­ne Ursa­che für sexu­el­len Miss­brauch darstellt.

- Wenn in einem Sport­ver­band vier Pro­zent der Trai­ner ihre päd­ago­gi­sche Macht­stel­lung aus­nut­zen, um Kin­der und Jugend­li­che zu miss­brau­chen, kommt nie­mand auf die Idee, gene­rell die Amts­au­tori­tät der Trai­ner als ‚ein­sei­tig über­höht‘ infra­ge zu stel­len, sei­ne Lei­tungs­macht durch Kon­trol­le ein­zu­schrän­ken und die Coa­chingauf­ga­ben im Sin­ne par­ti­zi­pa­ti­ver Gewal­ten­tei­lung auf vie­le Übungs­lei­ter demo­kra­tisch aufzuteilen.

P. Mertes zeigt, wie von den Organisationsprozessen der Zivilgesellschaft zu lernen ist

Der Forums­text for­dert, die Kir­che müs­se von der umge­ben­den Zivil­ge­sell­schaft ler­nen, ins­be­son­de­re von ihren „sozia­len Pro­zes­sen und Orga­ni­sa­ti­ons­struk­tu­ren“ (S. 7). Doch an dem auf­ge­zeig­ten Bei­spiel zeigt sich, dass die Syn­oda­len gar nicht an der Pra­xis und den Erfah­run­gen sozia­ler Orga­ni­sa­tio­nen inter­es­siert sind, son­dern sich am grü­nen Tisch eine uto­pisch-demo­kra­ti­sche „System­struk­tur“ aus­den­ken. Die wird dann anschlie­ßend mit aus­ge­such­ten und iso­lier­ten Kon­zil­s­zi­ta­ten garniert.

P. Klaus Mer­tes, Theo­lo­ge und prak­ti­zie­ren­der Päd­ago­ge, hat in einer Pas­sa­ge sei­nes FAZ-Inter­views vom 18. 2. 2022 in luzi­der Fach­lich­keit die fal­sche Rich­tung der ver­meint­lich syste­mi­schen Miss­brauchs­ur­sa­che ‚Macht‘ auf­ge­klärt und die Not­wen­dig­keit von insti­tu­tio­nel­ler Macht­stel­lung aufgezeigt:

„Seit Beginn mei­ner päd­ago­gi­schen Tätig­keit war mei­ne Fra­ge: Wel­che (Macht-) Asym­me­trien sind unver­meid­lich und oben­drein gut? Ärz­te, Eltern, Leh­rer oder Seel­sor­ger han­deln not­wen­dig im Rah­men eines Macht­ge­fäl­les. Es ist falsch, wenn ich ver­su­che, die­se Asym­me­trie abzu­bau­en, weil ich dann den Dienst nicht lei­sten kann, den ich als Päd­ago­ge oder Seel­sor­ger lei­sten muss: den Schü­lern zu ermög­li­chen zu wach­sen. Bei uns im Orden heißt es, der geist­li­che Leh­rer soll Distanz zum Schü­ler hal­ten, damit die­ser zu einer eige­nen geist­li­chen Erkennt­nis kom­men kann. Die eigent­li­che Soli­da­ri­tät mit den Schü­lern besteht eben gera­de dar­in, die­se Distanz zu wahren.“

Übri­gens war die Auf­he­bung die­ser Distanz zu einem distanz­lo­sem Nähe­ver­hält­nis zwi­schen Leh­rern und Schü­lern eine der Ermög­li­chungs­be­din­gun­gen für Miss­brauch in der Reform­päd­ago­gik der Oden­wald­schu­le. Dar­aus folgt:

Die strikte Einhaltung der Autoritätsdistanz hat eineSchutzfunktion vor Missbrauch

Die grund­le­gen­de Macht-Asym­me­trie bei Päd­ago­gen und Seel­sor­gern ist „unver­zicht­bar und oben­drein gut“ (P. Mer­tes). Nach die­sem zwin­gen­den Grund­satz der Insti­tu­tio­nen­so­zio­lo­gie ist es ein offen­sicht­li­cher Irr­weg der Syn­oden­ver­samm­lung, päd­ago­gi­sche oder spi­ri­tu­el­le Macht­stel­lun­gen unter den Gene­ral­ver­dacht des „syste­mi­schen Macht-Miss­brauchs“ zu stel­len. Eben­so falsch sind die Fol­ge­run­gen, Voll­mach­ten in der Kir­che durch par­ti­zi­pa­ti­ve Gewal­ten­tei­lung abbau­en zu wol­len und sie zusätz­lich einer stän­di­gen insti­tu­tio­nel­len Kon­trol­le zu unterwerfen.

Das politologische Missverständnis des Forumtextes I

Wenn die Syn­oden­au­toren die staat­li­chen Grund­sät­ze von „Gewal­ten­tei­lung, Kon­trol­le und Par­ti­zi­pa­ti­on“ (S. 3) auf allen Ebe­nen der Kir­che ein­füh­ren wol­len, so sind sie einem wei­te­ren lai­en­haf­ten Miss­ver­ständ­nis der poli­ti­schen Wis­sen­schaft auf den Leim gegan­gen:
Die poli­tisch-demo­kra­ti­sche Staats­macht ist in legis­la­ti­ve und exe­ku­ti­ve Gewalt geteilt, letz­te­re steht zusätz­lich unter par­la­men­ta­ri­scher Kon­trol­le. Doch die Par­ti­zi­pa­ti­on der Bür­ger geschieht nicht durch Teil­ha­be an der Regie­rung und nicht durch Mit­be­stim­mung an Regie­rungs­pro­gram­men, son­dern durch Wah­len, Par­tei­en und Interessenvertretungen.

Die­se staats­po­li­ti­sche Rah­men­re­gel der Gewal­ten­tei­lung kann und wird nicht auf unte­re staat­li­che Insti­tu­tio­nen wie Behör­den, Ver­wal­tun­gen, Schu­len etc. ange­wandt, etwa dass die Amts­macht von Behör­den­lei­tern oder Schul­di­rek­to­ren auf par­la­men­ta­ri­sche und kon­trol­lie­ren­de Ver­wal­tungs- oder Schul­gre­mi­en auf­ge­teilt wür­de. Eben­so wenig ist die The­se von Gewal­ten­tei­lung auf zivil­ge­sell­schaft­li­che Ver­ei­ni­gun­gen (Sport, Frei­zeit etc.) sowie in Unter­neh­men anwend­bar – und eben auch nicht auf die Kir­che.

Versagen vom Präsidium und Synodalen: Abstimmung unter falschen Voraussetzungen

• 81 Pro­zent der syn­oda­len Voll­ver­samm­lung haben dem Forums­text I auf der drit­ten Voll­ver­samm­lung im Febru­ar 2022 zuge­stimmt im Ver­trau­en dar­auf, dass die Basis­the­se von den „syste­mi­schen Ursa­chen von Miss­brauch“ wahr und rich­tig sei, auch im Glau­ben an Bele­ge in der MHG-Stu­die. Da das nicht zutrifft, hat die Abstim­mung unter fal­schen Vor­aus­set­zun­gen statt­ge­fun­den. Die Forums­teil­neh­mer haben es in ein­ein­halb Jah­ren nicht geschafft, die MHG-Stu­die gründ­lich zu lesen und damit die Falsch­the­se des Syn­oden­tex­tes in Fra­ge zu stel­len. Das Syn­oden­prä­si­di­um hat ver­sagt, indem es den defi­zi­tä­ren Text zur Abstim­mung frei­ge­ge­ben bzw. emp­foh­len hat. Die Syn­oda­len der Voll­ver­samm­lung sind mit ihrer Mehr­heits­zu­stim­mung zu einer unhalt­ba­ren Falsch­be­haup­tung düpiert worden.

• Außer­dem haben vier Fünf­tel der Syn­oda­len dem fal­schen Kon­strukt zuge­stimmt, dass die staat­li­chen Grund­sät­ze von Gewal­ten­tei­lung, Kon­trol­le und Par­ti­zi­pa­ti­on auf allen Ebe­nen der Kir­che ein­ge­führt wer­den soll. Damit hat das Syn­odal­prä­si­di­um die abstim­men­den Syn­oda­len mit einem lai­en­haf­ten Miss­ver­ständ­nis der poli­ti­schen Wis­sen­schaft auf­lau­fen lassen.

• Wei­ter­hin ist zu sagen: Wenn die Basis­the­sen nicht stim­men, dann sind auch die dar­auf auf­bau­en­den Reform­schrit­te zu Abbau und Ein­schrän­kung kirch­li­cher Macht durch Gewal­ten­tei­lung und Par­ti­zi­pa­ti­on nicht rea­li­täts­ba­siert in der Insti­tu­tio­nen­so­zio­lo­gie und kön­nen des­halb auch nicht in der Rea­li­tät sinn­voll umge­setzt wer­den. Dass viel Arbeit und Mühen der Forums-Syn­oda­len in die fal­sche Rich­tung gelenkt wur­den, dafür ist die DBK- und ZdK-Füh­rung verantwortlich.

• Schließ­lich ist fest­zu­stel­len: Die Fehl­lei­tung des syn­oda­len Ansat­zes besteht dar­in, dass man bei der Fokus­sie­rung allein auf den klei­nen Sek­tor der Kle­ri­ker-Täter und ihre Miss­brauchs­op­fer (ca. 0,5 Pro­zent) im Tun­nel­blick geschaut hat, die Mil­lio­nen­zahl der Opfer von kirch­lich bedien­ste­ten Lai­en sowie von Katho­li­ken aus dem Blick­feld aus­blen­det. Auch die rie­si­gen Dimen­sio­nen der gesell­schaft­li­chen „Kin­der­schutz­ka­ta­stro­phe“, also die mehr als zwei Mil­lio­nen nicht-kle­ri­ka­len Miss­brauchs­tä­ter und acht Mil­lio­nen Miss­brauchs­op­fer soll­ten der Kir­che und dem Syn­oda­len Weg nicht egal sein.

• Aus die­ser kri­ti­schen Ana­ly­se folgt zum Schluss: Die deut­schen Bischö­fe soll­ten ihr Bemü­hen um Miss­brauchs­be­kämp­fung und Kin­der­schutz neu aus­rich­ten: Sie sind ein­zu­bet­ten in die gesamt­ge­sell­schaft­li­che Dimen­si­on „pan­de­mi­schen Aus­ma­ßes“, als ein anthro­po­lo­gisch-mora­li­sches und nicht kle­ri­ka­les Pro­blem ein­zu­schät­zen und natür­lich inner­halb der Kir­che im Kle­rus und bei Lai­en mit beson­de­rem Enga­ge­ment anzugehen.

Kirchliche Ressourcen zum Kinder- und Jugendschutz

Die Kir­che hat in der Bibel und ihrer Geschich­te star­ke geist­li­che Res­sour­cen zu Ach­tung und Schutz der Kin­der. Das beginnt mit ver­schie­de­nen Jesus­wor­ten: Wer Kin­der auf­nimmt, nimmt Jesus/​Gott auf; die spi­ri­tu­el­le Hal­tung des Kind­wer­dens und Klein­wer­dens; der Geist ech­ter Kind­schaft vor Gott; schließ­lich das Fluch­wort von dem Mühl­stein gegen Kin­des­ver­füh­rer und Kna­ben­schän­der. Kir­che und Katho­li­ken haben vor Gott, von den Vor­ga­ben der Bibel her und nach ihrem eige­nen Selbst­ver­ständ­nis die beson­de­re Pflicht, Kin­der vor Miss­brauch zu schüt­zen und Täter einer har­ten, gerech­ten Stra­fe zuzu­füh­ren. Bei die­sem Vor­ge­hen kön­nen sie sich an der frü­hen Kir­che orientieren:

Die frü­hen Chri­sten dul­de­ten in ihren Rei­hen kei­ne der anti­ken kin­der­ver­ach­ten­den Prak­ti­ken wie Abtrei­bung, Aus­set­zung behin­der­ter Kin­der, Kin­der­ver­kauf an Men­schen­händ­ler zur Pro­sti­tu­ti­on, Ver­pfän­dung von Kin­dern sowie in Homo­se­xua­li­tät ein­ge­bet­te­te Kna­ben­lie­be. Aus dem Gei­ste Chri­sti soll­te die Kir­che die Miss­brauchs-Ver­feh­lun­gen von Kle­ri­kern und Lai­en streng ahn­den. Aus der urchrist­li­chen Wert­schät­zung von Kin­dern könn­te sie dabei Vor­bild sein für den Kin­der­schutz in allen gesell­schaft­li­chen Bereichen.

Bild: MiL


Bis­her in der Rei­he „Der Syn­oda­le Weg zum BRUCH mit Bibel, Tra­di­ti­on und Lehr­amt“ erschienen:

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Hel­fen Sie mit! Sichern Sie die Exi­stenz einer unab­hän­gi­gen, kri­ti­schen katho­li­schen Stim­me, der kei­ne Gel­der aus den Töp­fen der Kir­chen­steu­er-Mil­li­ar­den, irgend­wel­cher Orga­ni­sa­tio­nen, Stif­tun­gen oder von Mil­li­ar­dä­ren zuflie­ßen. Die ein­zi­ge Unter­stüt­zung ist Ihre Spen­de. Des­halb ist die­se Stim­me wirk­lich unabhängig.

Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

Das ist müh­sam, es ver­langt eini­ges ab, aber es ist mit Ihrer Hil­fe möglich.

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