Erschreckende Missbrauchsdimensionen bei Laien-Katholiken

Der Synodale Weg zum BRUCH mit Bibel, Tradition und Lehramt (12)


Der Synodale Weg lasse eine erschreckende Missbrauchsdimensionen bei Laien-Katholiken erkennen, konstatiert Hubert Hecker in seiner aktuellen Analyse.
Der Synodale Weg lasse erschreckende Missbrauchsdimensionen bei Laien-Katholiken erkennen, konstatiert Hubert Hecker in seiner aktuellen Analyse.

Ein Gast­kom­men­tar von Hubert Hecker

Anzei­ge

Ein Ver­gleich zwi­schen dem im Früh­jahr ver­öf­fent­lich­ten Bericht einer unab­hän­gi­gen Kom­mis­si­on zu Miss­brauch in der Kir­che in Frank­reich mit der deut­schen MHG-Stu­die bringt neue Ein­sich­ten. Bei­de For­schungs­be­rich­te unter­su­chen sexu­el­le Über­grif­fe an Kin­dern und Jugend­li­chen im Zeit­raum von 1945/​50 bis 2015/​2020. Ent­schei­dend ist der Unter­schied: Die fran­zö­si­sche Stu­die CIASE beschränkt ihre Unter­su­chung nicht auf Kle­ri­ker, son­dern bezieht auch die sexu­el­len Über­grif­fe von Lai­en im Rah­men der kirch­li­chen Arbeit ein. Dar­über hin­aus wer­den die kirch­li­chen Zah­len der Gesamt­zahl der sexu­ell miss­brauch­ten Opfer in der fran­zö­si­schen Gesell­schaft gegenübergestellt.

Alle fol­gen­den Zah­len sind Hoch­rech­nun­gen auf der Basis von Stich­pro­ben­un­ter­su­chun­gen. Es sind also eher Schät­zun­gen, nicht belast­ba­re Daten, sie soll­ten nur als Ten­denz- und Ver­hält­nis­wer­te auf­ge­fasst wer­den. Nach der Stu­die sind bis zu 5,5 Mil­lio­nen Men­schen in Frank­reich (gleich 10,2 Pro­zent) in ihrer Kind­heit oder Jugend­zeit miss­braucht wor­den. Die­se Pro­zent­zahl an der fran­zö­si­schen Gesamt­be­völ­ke­rung ent­spricht einer deut­schen Stu­die von 2017. Von den selbst­be­zeich­ne­ten Opfern in Frank­reich gaben 2 Pro­zent an, etwa 115.000 Per­so­nen, in ihrer Zeit als Min­der­jäh­ri­ge von kirch­lich beauf­trag­ten Lai­en miss­braucht wor­den zu sein, 4 Pro­zent (gleich 216.000) von Geistlichen.

In Frank­reich sind wie in Austra­li­en und Deutsch­land seit 2010 alle ans Licht gekom­me­nen Miss­brauchs­fäl­le im kirch­li­chen Bereich von den Medi­en kam­pa­gnen­mä­ßig skan­da­li­siert wor­den. Damit wur­de die Bevöl­ke­rung glau­ben gemacht, dass sexu­el­le Über­grif­fe haupt­säch­lich in der Kir­che vor­kä­men und Kle­ri­ker beson­ders anfäl­lig dafür wären.

In Wirk­lich­keit ist der Anteil von zöli­ba­t­ä­ren Prie­stern an Miss­brauchs­fäl­len signi­fi­kant nied­ri­ger als bei ande­ren Män­nern, wie ver­schie­de­ne Stu­di­en der Pro­fes­so­ren Ley­graf und Krö­ber im Jah­re 2012 erwie­sen haben. Dazu kommt, dass die kirch­li­chen Miss­brauchs­zah­len in den letz­ten 30 Jah­ren stär­ker zurück­ge­gan­gen sind als in der übri­gen Bevöl­ke­rung. Wenn aber die fran­zö­si­sche CIA­SE-Stu­die der Öffent­lich­keit die­se aktu­el­len Zah­len prä­sen­tiert hät­te, dass der Anteil von über­grif­fi­gen Geist­li­chen im unte­ren Pro­mil­le­be­reich der Gesamt­be­völ­ke­rung liegt, dann hät­ten die Medi­en nicht mehr in gewohn­ter Wei­se auf der Kir­che her­um­hacken und zugleich den Miss­brauch von über 99,5 Pro­zent in der Gesell­schaft igno­rie­ren kön­nen. Die auf die Kir­che fokus­sier­te Skan­dal­kul­tur mag ein wei­te­rer Grund dafür sein, dass der CIA­SE-Bericht mit der Zahl von vier bzw. sechs Pro­zent über­grif­fi­gen Tätern bei kirch­li­chen Ange­stell­ten die Erwar­tun­gen der Medi­en bediente.

Der eigent­li­che Skan­dal aber besteht in der media­len Aus­blen­dung der Mil­lio­nen Miss­brauchs­tä­ter und ‑opfer aus allen gesell­schaft­li­chen Bereichen.

Erschreckende Missbrauchsdimensionen bei nicht-zölibatären Laien

Ca. 50 Pro­zent der 5,5 Mil­lio­nen fran­zö­si­schen Opfer sind außer­halb des fami­liä­ren Umfelds miss­braucht wor­den, also von Frem­den, in Ver­ei­nen, Schu­len und ande­ren Orga­ni­sa­tio­nen, eben auch mit gerin­gem Anteil im kirch­li­chen Bereich. Die ande­re Hälf­te der sexu­el­len Über­grif­fe fand im näch­sten Umfeld der Opfer statt. 1,16 Mil­lio­nen Mäd­chen wur­den miss­braucht durch Bekann­te oder Ver­wand­te im Umkreis der Fami­lie. Der glei­che Täter­typ brach­te 220.000 Jun­gen in sexu­el­le Bedräng­nis. Wei­te­re 1,4 Mil­lio­nen Mäd­chen und 160.000 Jun­gen erlit­ten Miss­brauch in ihren Fami­li­en. Einer davon war der Zwil­lings­bru­der von Camil­le Kouch­ner, die den Miss­brauch durch ihren pro­mi­nen­ten Stief­va­ter Oli­vi­er Duha­mel mit ihrem Buch „La fami­lia gran­de“ kürz­lich bekannt mach­te. Dar­auf­hin brach­te eine spe­zi­el­le Unter­su­chungs­kom­mis­si­on zu Inzest und fami­liä­rer Gewalt Erschrecken­des an den Tag: „22.000 Kin­der sind jähr­lich Opfer von sexu­el­ler Gewalt durch den Vater.“ Doch nur 3,5 Pro­zent der Täter wur­den 2018 wegen Inzest­ver­ge­hen ver­ur­teilt. Die Zahl von jähr­lich miss­brauch­ten Kin­dern in Frank­reich beläuft sich auf 160.000 (FAZ 1.11.2021).

Für Deutsch­land lie­gen die Zah­len in ähn­li­chen Dimen­sio­nen. Nach Stu­di­en des Ulmer Kin­der- und Jugend­psych­ia­ters Jörg Fegert liegt „die Häu­fig­keit des sexu­el­len Miss­brauchs deut­lich bei mehr als zehn Pro­zent“ (FAZ 5.3.2018) – also gleich­auf mit der Ver­hält­nis­zahl in Frank­reich. Die abso­lu­te Zahl durch Hoch­rech­nung dürf­te bei 8 Mil­lio­nen Deut­schen als Miss­brauchs­op­fer in ihrer Kind­heit und Jugend­zeit lie­gen. Die Opfer­zahl unter den 22,2 Mil­lio­nen Katho­li­ken läge ent­spre­chend bei mehr als 2,2 Mil­lio­nen. Bei einer durch­schnitt­li­chen Opfer­zahl von 2,2 Per­so­nen pro Täter (vgl. MHG-Stu­die) ergä­be die Hoch­rech­nung auf Katho­li­ken als Miss­brauchs­tä­ter die Zahl von etwa 1.000.000, davon mehr als 99 Pro­zent Lai­en. In Wor­ten: Etwa eine Mil­li­on Lai­en-Katho­li­ken miss­brauch­ten in den ver­gan­ge­nen 70 Jah­ren im fami­liä­ren Kreis oder in gesell­schaft­li­chen Orga­ni­sa­tio­nen ein­schließ­lich der Kir­che Kin­der und Jugendliche.

Der ehe­ma­li­ge Miss­brauchs­be­auf­trag­te der Bun­des­re­gie­rung Johan­nes-Wil­helm Rörig nennt die Zahl von einer Mil­li­on aktu­ell betrof­fe­ner Kin­der und Jugend­li­cher in Deutsch­land. Das bedeu­tet ein bis zwei min­der­jäh­ri­ge Opfer in jeder Schul­klas­se, miss­braucht etwa je zur Hälf­te in Fami­lie und deren Umkreis sowie in den ver­schie­den­sten gesell­schaft­li­chen Organisationen.

In den mei­sten zivil­ge­sell­schaft­li­chen Berei­chen und Orga­ni­sa­tio­nen sind sol­che Stu­di­en wie die MHG-Stu­die oder Unter­su­chun­gen in ein­zel­nen Diö­ze­sen noch nicht ein­mal ins Auge gefasst wor­den. Auch von den katho­li­schen Ver­bän­den, deren Lai­en-Ver­tre­ter den Miss­brauch von Kle­ri­kern ankla­gen, hat noch kei­ne Ver­ei­ni­gung eine Miss­brauchs­un­ter­su­chung ein­ge­lei­tet. Das ZdK als Zen­tral­gre­mi­um des katho­li­schen Ver­band­s­ka­tho­li­zis­mus zeigt im Empö­rungs­ge­stus auf miss­brau­chen­de Kle­ri­ker, macht aber kei­ne Anstal­ten, sexua­li­sier­te Gewalt in den eige­nen Rei­hen aufzuklären.

Bei den weni­gen Miss­brauchs­un­ter­su­chun­gen in gesell­schaft­li­chen Orga­ni­sa­tio­nen kommt Erschrecken­des zum Vor­schein. Eine Stu­die zu Spit­zen­sport­lern brach­te an den Tag, dass ein Drit­tel der Ath­le­ten von sexu­el­len Über­grif­fen in Wort und Tat berich­te­ten. Zu allen Sport­ver­ei­nen nennt Prof. Fegert die Zahl von 200.000 Miss­brauchs­op­fer unter Min­der­jäh­ri­gen, „unge­fähr dop­pelt so vie­le Fäl­le wie in der katho­li­schen Kir­che“ (RPon­line 14.7.2019). Für den Bereich der evan­ge­li­schen Kir­che hat­te der Ulmer For­scher in sei­ner Stu­die eben­falls eine Miss­brauchs­zahl von ca. 100.000 hochgerechnet.

Die fatale Doppelwirkung der Skandalisierung von Missbrauch in der Kirche

Ange­sichts die­ser schockie­ren­den Dimen­sio­nen von sexua­li­sier­ter Gewalt in allen gesell­schaft­li­chen Berei­chen stellt der schei­den­de Miss­brauchs­be­auf­trag­te im Spie­gel-Inter­view fest: „Sexu­el­le Gewalt gegen Kin­der hat pan­de­mi­sche Aus­ma­ße, es ist eine Kin­der­schutz­ka­ta­stro­phe, was da pas­siert“. Sei­ne Bilanz nach zehn Jah­ren Arbeit für den Kin­der­schutz ist ernüch­ternd. Regie­rung, Par­la­ment und Län­der sowie die gesell­schaft­li­chen Orga­ni­sa­tio­nen reagie­ren nur sehr schlep­pend. „Aus­ge­hend von der rea­len Dimen­si­on sexu­el­ler Gewalt, erschei­nen die bis­he­ri­gen Maß­nah­men eher wie ein Trop­fen auf den hei­ßen Stein“, erklär­te Prof. Fegert. Dar­an sind auch die Skan­da­li­sie­run­gen von ein­zel­nen Fäl­len wie Stau­fen (BW) und Lüg­de (NRW) oder die Fokus­sie­rung auf die katho­li­sche Kir­che schuld. Sie bewir­ken zwar an den Ein­schlags­stel­len Ver­än­de­run­gen. Aber auf­grund der skan­dal­ori­en­tier­ten Auf­blä­hun­gen mit Kli­schees, media­ler Pran­ger­stel­lung und popu­li­sti­schen Radi­kal­for­de­run­gen „ver­stel­len sie den Blick auf die Gesamt­di­men­si­on von Gewalt gegen Kin­der“ (Fegert).

Die­se Dop­pel­wir­kung von skan­da­li­sie­ren­der Über­zeich­nung einer­seits und Ablen­kung von dem gesamt­ge­sell­schaft­li­chen Pro­blem ande­rer­seits traf im letz­ten Jahr­zehnt mit vol­ler Wucht die katho­li­sche Kirche:

Nach der Auf­deckung von Miss­bräu­chen am Ber­li­ner Jesui­ten­kol­leg im Janu­ar 2010 ent­fes­sel­ten die Medi­en drei Mona­te lang einen Skan­dal­sturm gegen die Kir­che als eine ver­meint­li­che Täter­or­ga­ni­sa­ti­on von sexu­ell miss­bräuch­li­chen Kle­ri­kern. Die Pres­se stell­te bald den Zöli­bat und die katho­li­sche Sexu­al­mo­ral als kir­chen­spe­zi­fi­sche Ursa­chen kle­ri­ka­ler Über­grif­fig­keit hin. Im Ergeb­nis glaub­ten nach einer Befra­gung im Som­mer 2010 etwa 56 Pro­zent der Deut­schen, dass Miss­brauch in der katho­li­schen Kir­che weit­aus häu­fi­ger vor­kom­me als in ande­ren Insti­tu­tio­nen der Gesell­schaft. Seit­her blie­ben die Medi­en in sprung­be­rei­ter War­te­stel­lung, um bei jeder Gele­gen­heit von bischöf­li­chen Beschlüs­sen oder neu­en Ein­zel­fäl­len mit ihren Mel­dun­gen im Empö­rungs­ge­stus fort­zu­fah­ren. Als dann im Herbst 2018 die MHG-Stu­die her­aus­kam, wur­de die media­le Skan­da­li­sie­rungs­wel­le wie­der für Mona­te hochgefahren.

Generalabrechnung mit der Kirche als Sündenbock

Der Bun­des­rich­ter a. D. Tho­mas Fischer bezeich­ne­te die Bericht­erstat­tung über Miss­brauch in der katho­li­schen Kir­che als „Hyste­ri­sie­rung“. Dabei trü­gen die Skan­dal­kam­pa­gnen teil­wei­se den Cha­rak­ter von „einer Gene­ral­ab­rech­nung“ mit der katho­li­schen Kir­che. Denn über 40 Pro­zent der zumeist links-grü­nen Jour­na­li­sten hal­ten die Kir­che für schein­hei­lig und nut­zen daher jeden Anlass, um der Kir­che eins aus­zu­wi­schen. Da die Pres­se­leu­te inzwi­schen wis­sen (müss­ten), dass es auch in vie­len ande­ren gesell­schaft­li­chen Struk­tu­ren wie im Sport, in Schu­len, in the­ra­peu­ti­schen Pra­xen etc. eben­falls mas­sen­haf­ten Miss­brauch gebe, hät­ten ihre ein­sei­ti­gen Skan­da­li­sie­run­gen eine Art „Sün­den­bock­cha­rak­ter“: hier die Kir­che und Kle­ri­ker als der „schein­bar gro­ße Böse­wicht“ und auf der ande­ren Sei­te die Lai­en als Ohn­mäch­ti­ge, Unschul­di­ge und Opfervertreter.

An die­ser Stel­le ist dar­an zu erin­nern, dass vier Pro­zent der Kle­ri­ker in Miss­brauch ver­wickelt waren, 96 Pro­zent nicht. Wenn ein ähn­lich klei­ner Anteil von Leh­rern, Sport­trai­nern, Poli­zi­sten, Ärz­ten, Sozi­al­ar­bei­tern schwe­res Fehl­ver­hal­ten begeht, wird nie­mand die gesam­te Pro­fes­si­on ankla­gen oder die ent­spre­chen­de Insti­tu­ti­on als Täter­ver­band denun­zie­ren, son­dern dif­fe­ren­zie­ren zwi­schen Tätern und Unschul­di­gen. Doch bei der Kir­che begann eine pau­scha­le Tri­bu­na­li­sie­rung durch die Medi­en, wie man sie histo­risch nur von den noto­risch anti­kle­ri­ka­li­sti­schen Kräf­ten der Sozia­li­sten, Links­li­be­ra­len und Natio­nal­so­zia­li­sten kannte.

Die Deutsche Bischofskonferenz betreibt Selbstskandalisierung

Seit 2010 hat die DBK eine Rei­he von Reform­pro­zes­sen zur Auf­ar­bei­tung und Vor­beu­gung von Miss­brauchs­vor­kom­men auf den Weg gebracht. In Sachen Prä­ven­ti­ons­struk­tu­ren, Betrof­fe­nen­rä­te, Unter­su­chun­gen, Ent­schä­di­gungs­fonds etc. sind die mei­sten deut­schen Diö­ze­sen wei­ter als alle ande­ren gesell­schaft­li­chen Orga­ni­sa­tio­nen. Das fin­det auch die Aner­ken­nung vom ehe­ma­li­gen Miss­brauchs­be­auf­trag­ten Rörig.

Aber an zen­tra­len Punk­ten sind die füh­ren­den Ver­tre­ter der DBK vor den media­len Skan­dal­kam­pa­gnen ein­ge­knickt: Die pau­scha­le und popu­li­sti­sche Ver­ur­tei­lung der Kir­che als „Täter­or­ga­ni­sa­ti­on“ über­nah­men Bischof Bät­zing und erst kürz­lich erneut der Köl­ner Weih­bi­schof Stein­häu­ser. Auch den Vor­wurf, dass die Miss­bräu­che von Geist­li­chen und deren Ver­tu­schung haupt­säch­lich kir­chen­spe­zi­fi­sche Ursa­chen hät­ten wie Zöli­bat, Kle­ri­ka­lis­mus und katho­li­sche Sexu­al­mo­ral, hat­ten zuerst die Medi­en breit­ge­streut. Die Deut­sche Bischofs­kon­fe­renz zog sich die­sen Schuh an und beauf­trag­te die MHG-For­scher, „insti­tu­tio­nel­le Ursa­chen“ für Miss­brauch in der Kir­che zu iden­ti­fi­zie­ren. Trotz inten­si­ver Suche konn­ten die Wis­sen­schaft­ler kei­ne belast­ba­ren Ergeb­nis­se zu der Hypo­the­se von den syste­mi­schen Ursa­chen vor­wei­sen. Im Gegen­teil zeig­ten sie in der Ver­gleichs­stu­die des Teil­pro­jek­tes 2 auf, dass sich in den Grund­mu­stern der Miss­brauch von Kle­ri­kern nicht von sexu­el­len Über­grif­fen in ande­ren Insti­tu­tio­nen unter­schei­det. Damit war dem Gere­de von den kir­chen­spe­zi­fi­schen Bedin­gun­gen eigent­lich der Boden entzogen.

Doch die damals füh­ren­den DBK-Bischö­fe Marx und Bode woll­ten die­ses wis­sen­schaft­li­che Ergeb­nis nicht wahr­ha­ben. Sie ver­folg­ten lie­ber das ein­mal gefass­te Vor­ur­teil, haupt­säch­lich die Kir­che und ihre angeb­lich kle­ri­ka­li­sti­schen Struk­tu­ren des (Macht-) Miss­brauchs zu beschul­di­gen. Die inner­kirch­li­chen System­be­din­gun­gen für Miss­brauch mach­ten sie dann zum Begrün­dungs­mär­chen für den Syn­oda­len Weg.

Die­ses Vor­ge­hen kann nur in die Irre füh­ren, weil Bischö­fe und Syn­oda­le in mehr­fa­cher Hin­sicht die Tat­sa­chen ausblenden:

• Für Miss­brauch­sta­ten im kirch­li­chen Bereich sind in erster Linie die Täter ver­ant­wort­lich. Deren Typo­lo­gie unter­schei­det sich nicht von Miss­brauchs­tä­tern in ande­ren Insti­tu­tio­nen – so die MHG-Stu­die in der „Zusam­men­fas­sung“ auf Sei­te 12.

• Auch die Kon­tex­te von Miss­brauch wie schwei­gen­de Mit­wis­ser, Ver­tu­schung als dis­kre­te Rege­lung durch Orga­ni­sa­ti­ons­ver­ant­wort­li­che, Ver­harm­lo­sung der Tat und der Scha­dens­wir­kung für die Opfer waren und sind eben­falls in ande­ren Insti­tu­tio­nen ver­brei­tet.
(Nach dem Film­be­richt „miss­braucht“ im deut­schen Schwimm­sport­ver­band (20.8.2022, 22.40 Uhr, 1. Pro­gramm) über jah­re­lan­gen Miss­brauch von Trai­ner­sei­te, Weg­schau­en und Ver­tu­schen der Funk­tio­nä­re kann nie­mand mehr ernst­haft kir­chen­spe­zi­fi­sche System­ur­sa­chen wie Zöli­bat oder prie­ster­li­ches Amt behaupten.)

• Die Syn­oda­len ver­schlie­ßen ihre Augen vor dem Miss­brauch von Lai­en-Mit­ar­bei­tern in der Kir­che. Im Ergeb­nis wird den über­grif­fi­gen Lai­en und Lai­in­nen im Kir­chen­dienst Täter­schutz gewährt.

• Schließ­lich wen­det der Syn­oda­le Weg sei­nen Blick weg von dem mas­sen­haf­ten Miss­brauch durch Katho­li­ken in Berei­chen außer­halb der Kir­che (sie­he oben). Somit blen­den die Syn­oda­len die „gesamt­ge­sell­schaft­li­che Dimen­si­on von Miss­brauch“ (Fegert) aus.

Ange­sichts die­ser schwer­wie­gen­den Fehl­ein­schät­zun­gen soll­te der Syn­oda­le Irr­weg schleu­nigst gestoppt und mit einem neu­en Ansatz die Pro­ble­me ange­packt werden:

• Abkehr von dem ideo­lo­gi­schen Tun­nel­blick allein auf Kle­ri­ker als Miss­brauchs­tä­ter – rea­li­sti­scher Blick auf über­grif­fi­ge Lai­en im Kir­chen­dienst
• Hin­wen­dung zu der Ein­sicht, dass Miss­brauch ein Phä­no­men in allen gesell­schaft­li­chen Berei­chen ist, bei dem Täter­stra­te­gien und Umfeld­be­din­gun­gen über­all ähn­lich sind; des­halb Abkehr von der fal­schen Selbst­an­kla­ge bezüg­lich kir­chen­spe­zi­fi­scher Ursa­chen von Miss­brauch
• Die Kri­se der Kir­che besteht nicht im Miss­brauch durch einen klei­nen Anteil von Kle­ri­kern und kirch­li­chen Lai­en­mit­ar­bei­tern, son­dern im Glau­bens­schwund bei Bischö­fen, Prie­stern und Lai­en. Des­halb ist eine Glau­bens­er­neue­rung und ‑ver­tie­fung durch Kate­che­se und Evan­ge­li­sie­rung über­le­bens­not­wen­dig für die Kir­che, begin­nend mit der Selbst­evan­ge­li­sie­rung von Bischö­fen und Priestern.

Bild: MiL


Bis­her in der Rei­he „Der Syn­oda­le Weg zum BRUCH mit Bibel, Tra­di­ti­on und Lehr­amt“ erschienen:

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1 Kommentar

  1. Es gibt drei The­men, mit denen die Medi­en immer auf die katho­li­sche Kir­che zuge­hen. Zöli­bat, Frau­en als Prie­ster und Miss­brauch an Min­der­jäh­ri­gen inner­halb der Kir­che. Gera­de Miss­brauch ist ein ganz hei­ßes Eisen. Was war da in der Oden­wald­schu­le? Wie sehen die Miß­brauchs­zah­len in nicht­kirch­li­chen Ein­rich­tun­gen aus? Mir lie­gen kei­ne Zah­len vor, aber das war doch schlim­mer als in katho­li­schen Ein­rich­tun­gen? War­um greift man sich ein The­ma, wo man sel­ber „Lei­chen im Kel­ler“ hat? Könn­te es viel­leicht sein, daß das stän­di­ge Zurück­keh­ren auf das The­ma Miss­brauch noch einen ande­ren Sinn hat? Will man etwa von etwas ablen­ken? Durch das Ver­gan­ge­ne von der Gegen­wart ablenken? 

    Wenn wir auf die Gegen­wart schau­en, erle­ben wir Kin­der, die früh der Por­no­gra­phie aus­ge­setzt sind. Wir erle­ben ins­ge­samt eine gestör­te Sozia­li­sie­rung. Wie stark muss ein Jugend­li­cher in die­sem Sin­ne miß­braucht wor­den sein, daß er (bzw. sie) Schutz dar­in sucht, sich gleich­ge­schlecht­lich zu ori­en­tie­ren oder gar sein ange­bo­re­nes Geschlecht ablehnt? Es ist doch eine unwi­der­leg­ba­re Wahr­heit, daß es nur zwei Geschlech­ter gibt. Kön­nen wir uns nicht um die­ses Leid der Gegen­wart kümmern?

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