(Rom) Die in Italien seit September amtierende Linksregierung läßt der Schule von Bologna ab 2020 jährlich eine Million Euro zukommen. Die Schule von Bologna ist eine der wichtigsten Einrichtungen des organisierten, innerkirchlichen Progressismus.
Am 17. Dezember verabschiedete das italienische Parlament den Staatshaushalt 2020. Da Italien weitgehend zentralstaatlich organisiert ist, erfolgt dies durch ein „kilometerlanges“ Finanzgesetz, wie der Vatikanist Sandro Magister kommentierte. Gemeint ist damit, daß auch kleinste Ausgaben in der tiefsten Provinz darin enthalten sind. Darunter finden sich auch kryptische Angaben, die für Außenstehende unverständlich bleiben.
Nur eine Einrichtung als Empfänger
Dazu gehört im Artikel 28 die Genehmigung von einer Million Euro jährlich ab 2020 aus dem Topf des Bildungsministeriums „zum Zweck, die europäischen Infrastrukturen der Human- und Sozialwissenschaften zu stärken“. Vorausgeschickt sei, daß es sich beim Bildungsministerium nur um einen Förderer aus dem öffentlichen Bereich handelt. Hoffnungen auf dieses Geld braucht sich aber niemand zu machen, denn sie sind bereits vergeben. Die Verteilung ist zwar verklausuliert, aber so formuliert, daß nur eine Einrichtung in Italien als Empfänger in Frage kommt: die Fondazione per le Scienze Religiose Giovanni XXIII (FSCIRE) mit Sitz in Bologna. Diese international vernetzte, nach Papst Johannes XXIII. benannte Stiftung „für die Religionswissenschaften“ wiederum ist die Trägerin der Schule von Bologna, die seit 2007 von Alberto Melloni geleitet wird.
Im Finanzgesetz wird die Verteilung sogar so definiert, daß ein Teil des Geldes in das strukturschwache Süditalien fließen muß. Daraus müßte der unbedarfte Leser folgern, daß zumindest zwei Einrichtungen von dem Geldregen profitieren werden. Dem ist aber nicht so. Die Kriterien für die Nutznießer sind so formuliert, daß auch in diesem Fall nur eine Einrichtung in Frage kommt, nämlich das Forschungszentrum und die Bibliothek „La Pira“ in Palermo, die wiederum Ableger der Schule von Bologna und der FSCIRE sind.
Zum kleinen FSCIRE-Imperium gehört seit 2018 auch die Bibliothek „Dossetti“ in Bologna, benannt nach dem Gründer der Schule von Bologna, dem Politiker und Priester Giuseppe Dossetti. Sie wurde im vergangenen Jahr vom neuen Erzbischof von Palermo, Corrado Lorefice, eingeweiht, der selbst ein Zögling der Schule von Bologna ist und Dossetti ein Buch widmete.
Schule von Bologna – Reserve für Bischofsernennungen
Auch in Bologna wurde durch einen Wechsel auf dem Bischofsstuhl das Klima zugunsten der Schule gewendet. Stand ihr Kardinal Carlo Caffarra sehr distanziert gegenüber, herrscht unter seinem Nachfolger, Kardinal Matteo Zuppi, traute Eintracht.
Kardinal Caffarra war einer der vier Unterzeichner der „Dubia“ an Papst Franziskus wegen des umstrittenen nachsynodalen Schreibens Amoris laetitia, auf die Franziskus bis heute die Antwort schuldig geblieben ist. Msgr. Zuppi hingegen gehört der Gemeinschaft von Sant’Egidio an, die den „Geist von Assisi“ weckte. Papst Franziskus machte Zuppi zum Erzbischof von Bologna und Kardinal und Lorefice zum Erzbischof von Palermo.
Kardinal Zuppi wird von Papst Franziskus als nächster Vorsitzender der Italienischen Bischofskonferenz in Stellung gebracht, während er Kardinal Luis Antonio Tagle, ebenfalls ein Angehöriger der Schule von Bologna, als möglichen Nachfolger auf dem Papstthron aufbaut. Franziskus berief Kardinal Tagle vor wenigen Tagen an die Römische Kurie und ernannte ihn zum Präfekten der Kongregation für die Evangelisierung der Völker. Sowohl Tagle als auch Zuppi gelten als „Papabili“.
Stichwortgeberin und Stimmungsmacherin
Die Schule von Bologna ist unter Franziskus nicht nur ein Reservoir für Bischofsernennungen – und zwar für einflußreiche Spitzenpositionen –, sondern auch Stichwortgeberin und Stimmungsmacherin.
Die Schule von Bologna wirbt bereits seit 2016 für Kardinal Tagle als Franziskus-Nachfolger. Laut dem Ultrabergoglianer Alberto Melloni ist Tagle der „vollkommene Franziskus-Interpret“. Im April 2017 verkündete die Schule von Bologna das Ende des zölibatären Priestertums. Mit der Amazonassynode wurden die Voraussetzungen dafür geschaffen. Die Schule unterstützt den „synodalen Weg“, den nicht nur Deutschlands Bischöfe verordnen, sondern auch Papst Franziskus für die italienische Kirche will. Die Schule gehört zu den Kritikern der Enzyklika Humanae vitae und wünscht deren „Überprüfung“. Als Kurienerzbischof Georg Gänswein beim Requiem für Kardinal Joachim Meisner „Grußworte zur Beisetzungsfeier“ von Benedikt XVI. verlas, der darin die Notwendigkeit „überzeugender Hirten“ unterstrich, die sich „der Diktatur des Zeitgeistes“ widersetzen, giftete Alberto Melloni, der Leiter der Schule von Bologna, daß es „jetzt auch einen Pseudo-Ratzinger mit negativen Anspielungen auf den regierenden Papst“ gebe. Alberto Melloni ist auch der Herausgeber der Gesammelten Werke des umstrittenen Priesters Lorenzo Milani, dessen Grab von Papst Franziskus besucht wurde, was die Frage aufwarf, welches Priestermodell Franziskus fördern will. Von der Schule von Bologna stammt eine fünfbändige Geschichte des Zweiten Vatikanischen Konzils, unter anderem gesponsert von der Deutschen Bischofskonferenz, mit der sich progressive Kirchenkreise die Deutungshoheit über das Konzil weitgehend und international sichern konnte. Darin wird eine Hermeneutik des Bruches vertreten, laut der die nachkonziliare Kirche die vorkonziliare überwunden habe, und das sei – laut Schule von Bologna – gut so. Ihr Leiter Melloni ist auch Herausgeber eines dreibändigen, enzyklopädischen Werkes über Martin Luther, mit dem „Leben und Wirken Martin Luthers in all seiner gesamten Komplexität“ betrachtet werde. Es bleiben wenig Zweifel, auf wessen Seite sich die meisten Vertreter der Schule geschlagen hätten.
Lange Sponsorenliste
Bereits seit 2016 kassierte die von Alberto Melloni geleitete Stiftung jährlich eine Million Euro aus dem staatlichen Steuertopf. Auch damals war der Posten von einer Linksregierung in das Finanzgesetz hineingeschrieben worden. Das neue Finanzgesetz birgt jedoch ein besonderes „Weihnachtsgeschenk“ für die Papst Franziskus nahestehende Denkfabrik: 2020 kassiert die Schule von Bologna gleich doppelt. Sie bekommt die letzte Million Euro aus dem Finanzgesetz 2016 und die erste Million aus dem Finanzgesetz 2020. Praktisch.
Insgesamt lebt die Schule fast zur Gänze von der Förderung durch die öffentliche Hand (siehe „Wunder des Pauperismus“ – Finanzierung und Finanzgebaren der „Schule von Bologna“), was nicht zuletzt mit dem Verständnis von öffentlichem Eigentum der ihr nahestehenden politischen Kreise zu tun hat. Die Liste der Förderer ist beachtlich und reicht von der Europäischen Kommission über den öffentlichen bis in den staatsnahen Bereich.
2016 und 2020 tragen die Finanzgesetze die Handschrift der Linksdemokraten, jener Partei, die schrittweise seit 1995 aus dem Zusammenschluß der Kommunistischen Partei Italiens und des linken Flügels der Christdemokraten entstanden ist. Hier schließt sich der Kreis.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: FSCIRE (Screenshots)