
(Rom) „Italien ist der Vorgarten von Papst Franziskus und das Herkunftsland seiner Familie. Es erstaunt daher nicht, daß er ein starkes Interesse daran hat, wer in der Italienischen Bischofskonferenz wie kommandiert.“ So der Vatikanist Sandro Magister, der das Verhältnis zwischen dem Papst und „seiner“ Bischofskonferenz analysiert, in deren Führungsspitze Papst Franziskus mehrfach eingriff, um den italienischen Episkopat auf seine Linie zu bringen. Weitgehend mit Erfolg, aber nicht in allen Bereichen. Es knistert im Gebälk, obwohl keine inhaltlichen Unterschiede erkennbar sind. Papst Franziskus ist unzufrieden mit der von ihm eingesetzten Spitze der Bischofskonferenz. Es geht um das Tempo beim bergoglianischen Umbau der Kirche. Offenbar auch mit Blick auf die bevorstehenden Wahlen zum Europäischen Parlament.
Päpstlichen Eingriffe
Noch im Jahr seiner Wahl, 2013, setzte Franziskus einen neuen Generalsekretär ein, den damals „fast unbekannten“ Bischof Nunzio Galantino. Damit blieb der Vorsitz in der Bischofskonferenz unangetastet. Kardinal Angelo Bagnasco, von Papst Benedikt XVI. eingesetzt, blieb weiterhin an seiner Stelle. Galantino, mit dem Mandat des Papstes ausgestattet, der als Bischof von Rom automatisch Vorsitzender der Bischofskonferenz wäre, traditionell aber darauf verzichtet, entmachtete Kardinal Bagnasco de facto im Handumdrehen, ohne auf diesem Wege in der Öffentlichkeit großes Aufsehen zu erregen.
2015 ließ Franziskus in der Kathedrale von Florenz nicht nur die Bischöfe, sondern die gesamte Führung der amtlich organisierten katholische Welt Italiens versammeln, um den Bischöfen den Kopf zu waschen. Er „und seine Vertrauensmänner wie Galantino und der Jesuit Antonio Spadaro“, Chefredakteur der römischen Jesuitenzeitschrift La Civiltà Cattolica, verlangten eine „breite Einbindung des Gottesvolkes in einen synodalen Prozeß, der nicht nur auf eine Elite beschränkt“ sein dürfe. Mit Elite waren die Bischöfe selbst gemeint, die allerdings laut Kirchenrecht allein die Verantwortung in ihrem Jurisdiktionsbereich tragen.
2017 erfolgte mit dem Auslaufen von Kardinal Bagnascos Mandat auch eine Neubesetzung an der Spitze der Bischofskonferenz. Franziskus ernannte Kardinal Gualtiero Bassetti, den Erzbischof von Perugia, zum neuen Vorsitzenden. Ihn hatte er bereits zuvor in den Kardinalsstand erhoben, obwohl mit Perugia kein Purpur verbunden war, während die Bischöfe führender Bischofssitze wie Venedig und Turin vergeblich auf die Kardinalserhebung warten. Auch damit signalisierte Franziskus den Bischöfen, daß er personenbezogene Formen der Loyalität verlangt und von ihm ernannte Bischöfe bei Kardinalsernennungen bevorzugt.
„Franziskus machte deutlich, in Kardinal Gualtiero Bassetti größeres Vertrauen zu setzen als auf dessen Vorgänger“, so Magister.
Allerdings kam es nun an der Spitze zu Rivalitäten. Generalsekretär Galantino, gewohnt, sich durchzusetzen, mußte schließlich weichen. Kardinal Bassetti ernannte mit Bischof Stefano Russo einen neuen Generalsekretär. Galantino wurde von Papst Franziskus an die Römische Kurie berufen und zum Vorsitzenden der Apostolischen Güterverwaltung (APSA) ernannt. Er steht seither der wahrscheinlich reichsten Vatikanbehörde vor, die Franziskus offensichtlich eng an sich binden will.
Spadaros Angriff für eine „Synode für Italien“
„Aber auch in dieser neuen Konstellation agiert Spadaro weiterhin als longa manus des Papstes“, so Sandro Magister.
Im Gegensatz zu Galantino behindern ihn keine Ämterkollisionen. Spadaro begnügt sich mit dem Einfluß, der seinem Ruf vorauseilt, einer der engsten und ergebensten Vertrauten des Papstes zu sein.
„Ende Januar muß er jedoch eine Linie überschritten haben, so wie der Vorsitzende der Italienischen Bischofskonferenz auf seine Provokation reagierte.“
Magister spielt auf einen Artikel in der Civiltà Cattolica (Heft 4047 v. 2. Februar) an, mit dem Spadaro „eine Synode für die italienische Kirche“ forderte und dabei direkt an die Rede von Papst Franziskus 2015 in Florenz anknüpfte. Unterschwellig beschuldigte er die Führung der Bischofskonferenz, sie habe jene „prophetische“ Rede von Franziskus „in der Schublade“ verschwinden lassen. Die Bischofskonferenz verwende weiterhin eine „alte Rhetorik“ und hänge am „Klerikalismus“.
Eine sehr harte Anklage, denn Papst Franziskus stellte den nebulösen, aber von ihm häufig anklagend gebrauchten Begriff „Klerikalismus“ in einen Zusammenhang mit dem sexuellen Mißbrauch.
„Das Präsidium der Bischofskonferenz nahm den feindseligen Angriff von Pater Spadaro naturgemäß gar nicht gut auf“, so Magister. Erst recht, als klar wurde, daß die Sache sehr ernstgemeint ist, denn noch am 2. Februar sekundierte im Osservatore Romano Msgr. Domenico Pompili der Idee Spadaros, eine Synode für die italienische Kirche einzuberufen. Pompili war 2015 von Papst Franziskus zum Bischof von Rieti ernannt worden.
Die Zuspitzung
Kardinal Bassetti bemühte sich zunächst in ruhigen Tönen, die Sache klarzustellen. Im Avvenire, der Tageszeitung der Bischofskonferenz gab er am 10. Februar bekannt, daß ein „synodaler“ Weg in der italienischen Kirche bereits im Gange sei, und zwar „von unten“. Dazu gehöre, so der Kardinal, der Aufbau eines „Bürgernetzes zwischen Katholiken, die in der Politik engagiert sind“.
Der Avvenire, schon seit langem auf linkskatholischen Pfaden unterwegs, folgt der Linie von Santa Marta mit Begeisterung. In der Zeit, als Galantino als Generalsekretär der Bischofskonferenz für deren Medien zuständig war, festigte er diese Bindung in den Vatikan. Das bekam nun auch Kardinal Bassetti zu spüren.
Kaum hatte er seine Verteidigung formuliert, veröffentlichten der Avvenire und der Corriere della Sera die Stellungnahmen weiterer Bischöfe, die „eifrige Bergoglio-Anhänger“ (Magister) sind.
Der Bischof von Modena, Erio Castellucci, forderte am 17. Februar im Avvenire eine „Synode für die italienische Kirche“.
Es habe in Italien „vor einigen Jahrzehnten einen Kurzschluß gegeben“, so der Bischof. „Als die ‚ideologischen‘ Parteien gefallen sind [gemeint ist die Auflösung der christdemokratischen und der sozialistischen sowie weiterer Parteien der Mitte und die Umbenennung der kommunistischen und der neofaschistischen Partei], haben die Bischöfe eine Ersatzarbeit geleistet, durch die jede politische Initiative der katholischen Laien erstickt wurde.“
Obwohl die Darstellung so nicht den Tatsachen entspricht, feuerte Castellucci damit eine Breitseite gegen die Bemühungen von Papst Johannes Paul II. und Papst Benedikt XVI. sowie dem von Johannes Paul II. ernannten seinerzeitigen Vorsitzenden der Italienischen Bischofskonferenz, Camillo Kardinal Ruini, ab, den nicht verhandelbaren Werten in der Gesellschaft und der Gesetzgebung Geltung zu verschaffen. Gemeint dürfte auch sein, daß sich die genannten Päpste weigerten, strukturelle Allianzen mit politischen Parteien einzugehen.
Am 18. Februar folgte im Corriere della Sera Erzbischof Corrado Lorefice, den Franziskus 2015 zum Erzbischof von Palermo gemacht hatte. Lorefice „ist auch ein Zögling der ‚Schule von Bologna‘, dem einst bekannten internationalen Zentrum progressiver, katholischer Intellektueller“, so Magister.
Spadaro veröffentlichte erfreut auf Twitter Links sowohl zum Artikel von Bischof Castellucci als auch zu dem von Erzbischof Lorefice. Dafür erntete er prompt Likes von Alberto Melloni und Massimo Faggioli, der eine ist derzeitiger Direktor der „Schule von Bologna“, der andere Direktor ihres Ablegers in den USA.
Replik mit der Mittelmeerkonferenz
Am 27. Februar reagierte Kardinal Bassetti, diesmal im Osservatore Romano, mit einer deutlichen Erwiderung. Dabei verwies er vor allem auf eine „Begegnung des Nachdenkens und der Spiritualität für den Frieden im Mittelmeerraum“, die 2020 in Bari alle Bischöfe der Mittelmeeranrainerstaaten in Europa, Asien und Afrika versammeln wird.
Die Idee, auf die Bassetti und die aktuelle Spitze der Bischofskonferenz viel gibt, knüpft an die „Mittelmeer-Gespräche“ an, die Giorgio La Pira 1958 ins Leben rief. La Pira, der in den 50er und frühen 60er Jahren christdemokratischer Bürgermeister von Florenz war, gehörte dem linken Parteiflügel an. Er arbeitete eng mit Giuseppe Dossetti, einem der Gründer der „Schule von Bologna“, zusammen. La Pira war es, der 1959 mit Zustimmung von Papst Johannes XXIII. in Moskau vor einem Gremium des ZK der KPdSU sprach. La Pira war es auch, der Salvador Allende und die chilenischen Christdemokraten überzeugte, eine Allianz einzugehen, die Allende ins Amt des Staatspräsidenten brachte.
Seit vielen Jahren wird von progressiven Kreisen La Piras Seligsprechung betrieben.
Der Konflikt zwischen der derzeitigen Führung der Italienischen Bischofskonferenz und dem Jesuiten Antonio Spadaro ist demnach kein Richtungsstreit. Vielmehr scheint es um Personen, Einfluß und vor allem das Tempo zu gehen.
Am 27. Februar führte der neue Chefredakteur des Osservatore Romano, Andrea Monda, ein Interview mit Kardinal Bassetti. Auch Monda sprach das Thema „Synode für die italienische Kirche“ an. Dem Kardinal mußte dadurch klarwerden, daß der Druck auf ihn erhöht werden soll. Entsprechend reagierte er, als ihn Monda auf die von Papst Franziskus 2015 in Florenz erhobene Forderung nach „Synodalität“ ansprach:
„Das mir der Synode ist eine gute Idee, die aber mit der Zeit reifen muß. In diesem Moment ist es grundlegend, einige Kriterien der Synodalität zu vertiefen und vor allem uns auf die ‚Begegnung des Nachdenkens und der Spiritualität für den Frieden im Mittelmeerraum‘ vorzubereiten, die im Februar 2020 in Bari stattfinden wird. Das ist ein in seiner Art einzigartiges Treffen, das von der italienischen Kirche ausgeht, die Begegnung zwischen den Bischöfen der Länder ermöglicht, die an das Mittelmeer angrenzen und vor allem die Synodalität zur Geltung bringt, um die kirchliche Unterscheidung zu den Problemen und zur Zukunft der ganzen Region zu fördern. Die Begegnung von Bari, die von der Intuition La Piras inspiriert ist, wird daher eine konkrete Anwendung der synodalen Methode sein, um einige Fragen von großer Bedeutung für Italien und Europa anzugehen, zum Beispiel den interreligiösen Dialog, den Frieden im Mittelmeerraum und die internationale Migration.“
Das Tempo und die EU-Wahlen
Das Interview wurde vom Osservatore Romano mit einer nichtssagenden Überschrift versehen und vom Avvenire nicht auf dessen Internetseite übernommen, obwohl Kardinal Bassetti Eigentümer und Dienstgeber der Zeitung ist. In der gedruckten Ausgabe wurde lediglich auf Seite 17 eine kurze, kaum sichtbare Zusammenfassung wiedergegeben.
Der Vorfall zeigt, wer in den Medien der Italienischen Bischofskonferenz das Sagen hat. Offenbar ist man in Santa Marta unzufrieden mit dem Tempo, das Kardinal Bassetti bei der Umsetzung der Vorgaben aus Santa Marta an den Tag legt. Es liegt eine gewisse Unduldsamkeit in der Luft, die auch mit den bevorstehenden Wahlen zum Europäischen Parlament zu tun haben soll. Papst Franziskus wünscht, daß die Kirche, also die Bischöfe, Wahlempfehlungen gegen das ausgeben, was er eine „populistische Versuchung“ nennt.
Wen er damit meint, ist ausreichend deutlich, in Italien die derzeit regierende Fünfsternebewegung und noch mehr die Lega von Matteo Salvini. Und alle Salvinis in anderen EU-Staaten.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Vatican.va/Formiche/La Pira (Screenshots)
Mit seiner Agenda wurde schon die katholische Kirche zerstört. Fastnachtsmessen, Frauen am Altar wie in der evangelischen Kirche, sog. konservative Bischöfe und Priester verfolgt und entlassen, Modernisten haben Vorrang. Veränderung des Evangeliums (Amoris L), Interkommunion uuu. Das ist nicht mehr katholische Kirche. Und die größte Häresie des Pluralismus der Religionen unterschrieben in Abbu Dabi. Dezentralisierung hat dazu beigetragen, dass jeder Priester macht, was er will in der Liturgie, Entehrung des Allerheiligsten, Kommunion ohne Beichte. Diese Kirche muss nur durch Eingreifen Gottes gereinigt werden. Er kann noch so viele Synoden berufen, es kommt alles noch schlimmer.