
(Rom) Während die Päpste neben ihrer spezifischen Orientierung aus Respekt vor kirchlichen Bräuchen und Gewohnheiten und mit Blick auf die Gesamtheit der Kirche in großem Maß auch Ernennungen von Kirchenmännern vornahmen, die nicht ihrer kirchlichen Sensibilität entsprachen, geht Papst Franziskus einen anderen Weg.
Seit seinen ersten Ernennungen von 2013 – sie betrafen Argentinien – tragen die Bischofs- und Kardinalsernennungen eine akzentuierte Handschrift. Gleiches gilt für die Vergabe von Leitungsämtern an der Römischen Kurie. Der altgediente Vatikanist Sandro Magister urteilte bereits nach zwei Jahren, im November 2015, daß die „wirkliche Revolution durch Ernennungen erfolgt“, die Franziskus im Gegensatz zur Kurienreform „systematisch“ betreibe.
Im April 2016 faßte der Kanadier Alain Pronkin im Journal de Montréal die Ernennungspolitik mit den Worten zusammen, Franziskus suche jeweils „nach den progressivsten Kandidaten“.
In den vergangenen zwei Jahren wurde ein weiterer Aspekt erkennbar: Franziskus bereitet seine Nachfolge vor. Das betrifft in erster Linie die Kardinalserhebungen, die er mit auffälligem Tempo vorantreibt. Die nächsten neun Papstwähler wird er am kommenden 28. November kreieren. Es betrifft aber auch Um- und Neubesetzungen an der Römischen Kurie. Er besetzt Schlüsselpositionen, auch hier „systematisch“, mit den Vertrautesten der Vertrauten, womit nicht nur die persönliche Loyalität gemeint ist, auf die Franziskus großen Wert legt, sondern auch eine deutliche Affinität im Kirchenverständnis.
Zum Kronprinzen kürte er frühzeitig den philippinischen Kardinal Luis Antonio Tagle, den großen Aufsteiger des zurückliegenden Jahres. Dabei geht es nicht so sehr um dessen Karriere, sondern um dessen Berufung an die Römische Kurie und seine dortige Verankerung. Es ist ein weiterer Schritt zur Nachfolgeregelung, daß Franziskus seinen Kandidaten an den römischen Hof und damit in seine Nähe berief, um ihn mit der Kurie vertraut zu machen und ihm auch dort Rückendeckung zu sichern.
In den päpstlichen Überlegungen spielt dabei die römische Kongregation für die Evangelisierung der Völker eine wichtige Rolle. Dieser Kongregation untersteht der Großteil der weltweiten Bistümer. Sie ist für das gesamte einstige Missionsgebiet zuständig, das von Rom im vergangenen halben Jahrtausend erschlossen wurde. Und es sind die „Ränder“, die für Franziskus Vorrang haben.

Am 8. Dezember 2019 übernahm Kardinal Tagle die Leitung dieser Kongregation und wurde damit sinnigerweise zum „Roten Papst“, wie der Kardinalpräfekt der einstigen Propaganda Fide genannt wird. Es kann kein Zweifel bestehen, daß der erste Jesuit auf dem Papstthron den vom „Schwarzen Papst“ geführten Jesuitenorden, so die umgangssprachliche Bezeichnung des Jesuitengenerals, zur aktiven Loyalität gegenüber dem von ihm erkorenen Nachfolger einschwört. Und der Orden, seit 500 Jahren die schlagkräftigste Armee der Welt, die aber in unübersehbarer Opposition zu den Pontifikaten von Johannes Paul II. und Benedikt XVI. stand, wird dem Appell mit Überzeugung Folge leisten.
Am Dienstag erfolgte die Ernennung von zwei weiteren Getreuen an die Kongregation für die Evangelisierung der Völker. Das Tagesbulletin des Heiligen Stuhls gab es etwas versteckt bekannt, dafür deutlicher Fides, die hauseigene Presseagentur der Kongregation. Franziskus ernannte die beiden neuen Kardinäle, den Spanier Miguel Angel Ayuso Guixot MCCJ, seit 2019 Vorsitzender des Päpstlichen Rates für den interreligiösen Dialog, und den Portugiesen José Tolentino Calaça de Mendonça, seit 2018 Archivar und Bibliothekar der Heiligen Römischen Kirche, zu Mitgliedern der Kongregation. Beide waren von Franziskus bei dessen siebtem, bisher „progressivsten“ Konsistorium zur Kreierung neuer Kardinäle am 5. Oktober 2019 mit dem Purpur bedacht worden.
Kardinal Guixot ist eine zentrale Figur im päpstlichen Dialog mit dem Islam. Er ist auch Vorsitzender der Kommission für die Beziehungen zum Islam, aus deren Zuständigkeitsbereich das hochumstrittene Dokument für eine universale Brüderlichkeit aller Menschen von Abu Dhabi stammt, das Franziskus den Vorwurf eintrug, die Verbreitung der „Häresie der Häresien“ zu betreiben. Der österreichische Philosoph Joseph Seifert sprach von der „Summe aller Häresien“.
Weitere Ernannte, die Papst Franziskus Kardinalpräfekt Tagle zur Seite stellte, sind der US-Amerikaner Msgr. Joseph Marino, seit 2019 Vorsitzender der Päpstlichen Diplomatenakademie, Msgr. George Antonysamy, Bischof von Madras und Mylapore in Indien, sowie mehrere Nationaldirektoren des Päpstlichen Missionswerks: Don José María Calderón, Nationaldirektor für Spanien, P. Antonio de Jesús Mascorro Tristán MG, Nationaldirektor für Mexiko und P. Godefroid Manuga-Lukokisa SVD, Nationaldirektor für die Demokratische Republik Kongo.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons