(Rom) Im vatikanischen Staatssekretariat brodelt es. Das italienische Revolverblatt Il Fatto Quotidiano veröffentlichte gestern unter dem Titel „Die fünf Jahre von Bergoglio. Wenn ich nach Rom komme, bin ich tot“, eine ausführliche Reportage.
Im Artikel werden so viele Stichwörter und Themen aufgeboten, daß er ein Dickicht erzeugt, das Leser mehr verwirren als sachgerecht informieren dürfte. Die Schilderungen werden krampfhaft in eine Schablone gepreßt: die Erzählung vom „guten Papst“, dem eine „böse Kurie“ Probleme bereite. Nach fünf Jahren sollte auch beim Fatto angekommen sein, daß Papst Franziskus mit der Unterstützung gewichtiger Vertreter der Römischen Kurie, gerade aus dem Umfeld der Diplomaten, zum Papst gewählt wurde, und von den anderen kaum noch jemand an seinem Platz ist.
Interessanter ist jener Teil des Berichts, in dem es um das Verhältnis zwischen Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin und seinem Stellvertreter, Kurienerzbischof Angelo Becciu, geht. Angelo Becciu, eigentlich Giovanni Angelo Becciu, ist Sarde. Allein deshalb liegt einige Distanz zwischen ihm und dem nüchternen, „nordischen“ Parolin. Becciu wurde 2011, auf Vorschlag des damaligen Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone, von Benedikt XVI. als Nummer Zwei an das Staatssekretariat berufen. Seither leitet er dort die Erste Sektion (Sektion für Allgemeine Angelegenheiten), die auch die größte ist.
Obwohl von Kardinal Bertone berufen, dem vom Diplomatenkreis um Kardinal Angelo Sodano am wenigsten geliebten Mann im Vatikan, wurde Becciu von Papst Franziskus im Amt bestätigt. Becciu gilt als Technokrat. Als solcher konnte er auch dem neuen Papst nützlich sein.
Il Fatto Quotidiano schrieb:
„Eine klassische ‚politische Rivalität‘ zwischen Kardinal Pietro Parolin und dem bereits genannten Becciu kann Bergoglio zu einer aufsehenerregenden Entscheidung drängen. […] Die Zeit hat den Spielraum im Staatssekretariat verkleinert. Parolin und Becciu geraten aneinander, und im Doppel kommen zu viele Ellbogen zum Einsatz.
Um Becciu einzudämmen, hat Franziskus vor wenigen Monaten im Staatssekretariat eine ‚dritte Sektion‘ geschaffen, die sich um die Nuntien kümmert. Das reicht aber nicht. ‚Wenn Becciu nicht geht, wird Parolin gehen‘, sagt eine vatikanische Quelle zum Fatto. Bergoglio hat nicht die Absicht, Becciu zu ‚bestrafen‘, er kann ihn aber befördern und entfernen: ihn zum Kardinal erheben und in ein Dikasterium verschieben.“
Fest steht, sollte es hart auf hart kommen, wird Franziskus an seinem Staatssekretär festhalten.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Formiche.net (Screenshot)
Weder Parolin noch Becciu fallen durch besonderes diplomatisches Können auf. Gallagher ist auch nicht viel besser. Wenn man bedenkt welche großartigen Diplomaten der Heilige Stuhl im 19.Jh und in der ersten Hälfte des 20. Jh. noch aufbot sind die beiden auch ein weiteres Beispiel dafür wieweit die Strahlkraft päpstlicher Diplomatie bereits verblasst ist. Außer den ewiggleichen Phrasen und Betroffenheitsadressen im UN-Sprech ist da nicht mehr viel drin.