„Wunder des Pauperismus“ – Finanzierung und Finanzgebaren der progressiven „Schule von Bologna“ in der Kritik


Finanzierung und Finanzgebaren der "Schule von Bologna" in der Kritik
Finanzierung und Finanzgebaren der progressiven "Schule von Bologna" in der Kritik

(Rom) Die pro­gres­si­ve „Schu­le von Bolo­gna“ und ihr Ein­fluß auf das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil und des­sen Deu­tung ist nicht zu unter­schät­zen. In die Kri­tik gera­ten ist nun die Finan­zie­rung des Insti­tuts aus staat­li­chen Mit­teln, aber auch – wenn auch in ver­gleichs­wei­se beschei­de­ne­rer Form – aus kirch­li­chen Mitteln.

Das 1953 von Giuseppe Dossetti gegründete Institut

Ein Teilband träg den Titel: "Das mündige Konzil"
Ein Teil­band trägt den Titel: „Das mün­di­ge Konzil“
Anzei­ge

Die pro­gres­si­ve „Schu­le von Bolo­gna“ wur­de von Giu­sep­pe Dos­set­ti (1913–1996) bereits etli­che Jah­re vor Beginn des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils gegrün­det. Ein hal­bes Jahr­hun­dert war Giu­sep­pe Albe­ri­go (1926–2007) ihr Lei­ter. Die heu­te von Alber­to Mel­lo­ni gelei­te­te „Schu­le“ sieht sich als Grals­hü­te­rin einer pro­gres­si­ven Deu­tungs­ho­heit über das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil. Für den deut­schen Sprach­raum wur­de das durch die mehr­bän­di­ge deut­sche Aus­ga­be der Kon­zils­ge­schich­te deut­lich, die von der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz finan­ziert wur­de. Erst durch das Pon­ti­fi­kat von Bene­dikt XVI. geriet das Mono­pol durch sei­nen Wider­spruch gegen die vom Insti­tut ver­tre­te­ne Her­me­neu­tik des Bru­ches ins Wan­ken. Ihr setz­te Bene­dikt XVI. eine Her­me­neu­tik der Kon­ti­nui­tät ent­ge­gen, die kei­ne Schei­dung in eine Kir­che vor und eine Kir­che nach dem Kon­zil dul­det. Um so hef­ti­ger klam­mert sich das heu­te vom Histo­ri­ker Alber­to Mel­lo­ni gelei­te­te Insti­tut an das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus, der zwar wider­sprüch­li­che Signa­le zum Kon­zil und sei­ner Deu­tung aus­sand­te, den das Insti­tut aber für das pro­gres­si­ve Kir­chen­ver­ständ­nis einer „armen Kir­che der Armen“ reklamiert.

Mel­lo­ni erteilt Papst Fran­zis­kus „lau­fend Lek­tio­nen“ über sei­ne Kolum­ne in La Repubbli­ca, der ein­zi­gen Tages­zei­tung, die Fran­zis­kus laut eige­nen Anga­ben „täg­lich“ liest, so Andrea Zem­bra­no am 26. Juli in der katho­li­schen Inter­net­zei­tung Nuo­va Bus­so­la Quo­ti­dia­na über die „öffent­li­chen Gel­der“ für die „arme Kirche“.

Millionen für ein progressives Kirchenverständnis

Nun ist die Finan­zie­rung des Insti­tuts in die Kri­tik gera­ten, das offi­zi­ell von der Stif­tung für Reli­gi­ons­wis­sen­schaf­ten Johan­nes XXIII. (Fon­da­zio­ne per le sci­en­ze reli­gio­se Gio­van­ni XXIII) getra­gen wird. Selbst Ver­tre­tern der Links­par­tei­en im Regio­nal­par­la­ment der Emi­lia-Roma­gna, Bolo­gna, – wo das Insti­tut sei­nen Sitz hat – ist die Haupt­stadt der Regi­on, kam ein Ver­dacht. Die Regio­nal­rats­ab­ge­ord­ne­te Sil­via Pro­di, Nich­te des ehe­ma­li­gen ita­lie­ni­schen Mini­ster­prä­si­den­ten und EU-Kom­mis­si­ons­prä­si­den­ten Roma­no Pro­di, gewählt in den Rei­hen der regie­ren­den Links­de­mo­kra­ten, kri­ti­sier­te jüngst die ein­fluß­rei­che Denk­fa­brik. Grund war eine Son­der­zu­wen­dung der links­re­gier­ten Regi­on von 1,5 Mil­lio­nen Euro an Mel­lo­nis Institut.

Bereits 2016 geriet das Insti­tut in Ver­dacht, als es eine Aus­schrei­bung des Bil­dungs­mi­ni­ste­ri­ums in der Höhe von einer Mil­li­on Euro gewon­nen hat­te. Kri­ti­ker spra­chen von einer „maß­ge­schnei­der­ten Aus­schrei­bung“ und äußer­ten den Ver­dacht, der Wett­be­werb könn­te „getürkt“ gewe­sen sein. Mel­lo­ni war zur sel­ben Zeit als Bera­ter des Bil­dungs­mi­ni­ste­ri­ums tätig.

Im Vor­stand des Insti­tuts sit­zen wei­te­re Aus­hän­ge­schil­der des „Kathop­ro­gres­sis­mus“, wie in Ita­li­en die Rich­tung der „mün­di­gen Chri­sten“ genannt wird. Der Bekann­te­ste unter ihnen ist Enzo Bian­chi, der „Pri­or“ des „monasti­schen“, öku­me­ni­schen „Klo­sters von Bose“. Eine höchst umstrit­te­ne Figur, den der ehe­ma­li­ge Dekan der Phi­lo­so­phi­schen Fakul­tät der Late­ran­uni­ver­si­tät. Msgr. Anto­nio Livi, einen „fal­schen Pro­phe­ten“ nann­te, wäh­rend ihn Papst Fran­zis­kus zum Con­sul­tor für die Öku­me­ne machte.

Einflußreiche Denkfabrik

Alberto Melloni mit Staatspräsident Mattarella
Alber­to Mel­lo­ni mit Ita­li­ens Staats­prä­si­den­ten Mattarella

Das Gewicht des 1953 von Dos­set­ti gegrün­de­ten Insti­tuts zeigt sich an der Per­son des der­zei­ti­gen Stif­tungs­vor­sit­zen­den, des Links­po­li­ti­kers und ehe­ma­li­gen Prä­si­den­ten des Ita­lie­ni­schen Ver­fas­sungs­ge­richts­ho­fes, Vale­rio Oni­da. Dos­set­ti, der nach dem Zwei­ten Welt­krieg Mit­glied der ver­fas­sungs­ge­ben­den Ver­samm­lung Ita­li­ens war, arbei­te­te auf eine Nach­kriegs­ord­nung hin, die gemein­sam von Christ­de­mo­kra­ten und Kom­mu­ni­sten getra­gen wer­den soll­te. Als die­se links­ka­tho­li­sche Idee geschei­tert war, zog er sich aus der Poli­tik zurück, stu­dier­te Theo­lo­gie und wur­de vom dama­li­gen Erz­bi­schof von Bolo­gna, Kar­di­nal Gia­co­mo Ler­ca­ro, zum Prie­ster geweiht. Beim Kon­zil war Dos­set­ti der Haupt­be­ra­ter von Kar­di­nal Ler­ca­ro und einer der Haupt­or­ga­ni­sa­to­ren der pro­gres­si­ven „Rhei­ni­schen Allianz“.

Ein ande­rer Beleg ist die inten­si­ve Zusam­men­ar­beit mit dem enzy­klo­pä­di­schen Insti­tut Trec­ca­ni (gedruckt und online), das dem deut­schen Brock­haus ver­gleich­bar ist. Mit­ar­bei­ter der „Schu­le von Bolo­gna“ sind Autoren zahl­rei­cher Ein­trä­ge, dar­un­ter einer Kri­tik am Kul­tur­ver­ständ­nis des ehe­ma­li­gen Vor­sit­zen­den der Ita­lie­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz, Camil­lo Kar­di­nal Rui­ni, den Johan­nes Paul II. ein­ge­setzt hat­te. Kar­di­nal Rui­ni war kein Freund der „Schu­le von Bolo­gna“. Dafür revan­chier­te sich das Insti­tut mit dem Trec­ca­ni-Ein­trag „Rui­nis­mus“ (rui­nis­mo) über die „poli­ti­sche Sicht­wei­se und Pra­xis des Vor­sit­zen­den der Ita­lie­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz (1991–2007). Die Schu­le von Bolo­gna wirft Kar­di­nal Rui­ni dar­in vor, in den 90er Jah­ren „unduld­sam“ mit dem gemein­sa­men poli­ti­schen Pro­jekt des lin­ken Flü­gels der Christ­de­mo­kra­tie und der Links­par­tei­en gewe­sen zu sein, das eine Ant­wort auf die Ver­än­de­run­gen nach dem Zusam­men­bruch des Ost­blocks sein soll­te. Kar­di­nal Rui­ni habe damals Kri­tik an der Hal­tung die­ses poli­ti­schen Pro­jekts zur Abtrei­bung und dem Lebens­recht der Unge­bo­re­nen und zur Fami­lie geübt.

Schule von Bologna fordert: „arme Kirche, volle Taschen“ (für sich selbst)

Im Lau­fe der Zeit schrumpf­ten für das Insti­tut die Finan­zie­run­gen  durch Wirt­schafts­un­ter­neh­men und Finanz­in­sti­tu­te. Um so wich­ti­ger sind seit­her für des­sen Fort­be­stand die öffent­li­chen Zuwen­dun­gen, die einer „Umver­tei­lung unter Gleich­ge­sinn­ten“ ähn­le, so Nuo­va Bus­so­la Quo­ti­dia­na. Das schafft umge­kehrt auch Abhän­gig­kei­ten. Nach wie vor ist der Kreis der Spon­so­ren beacht­lich, wenn­gleich es sich nur in weni­gen Fäl­len um wirk­li­che Pri­vat­un­ter­neh­men han­delt, die frei von poli­ti­scher Ein­fluß­nah­me sind.

Zu den Finan­ciers gehört, wenn­gleich in weit klei­ne­rem Umfang, auch die Ita­lie­ni­sche Bischofs­kon­fe­renz. Die­se lebt fast zur Gän­ze von dem staat­lich gere­gel­ten Kir­chen­bei­trag (nicht zu ver­wech­seln mit der Kir­chen­steu­er in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land und in Österreich).

Melloni mit dem "falschen Propheten" Enzo Bianchi
Mel­lo­ni mit dem „fal­schen Pro­phe­ten“ Enzo Bianchi

Die Stif­tung, die seit ihrer Grün­dung die „arme Kir­che der Armen“ for­dert, ver­fügt jeden­falls über üppi­ge staat­li­che Zuwen­dun­gen, die für „zwei­fel­haf­te Initia­ti­ven ein­ge­setzt wer­den“, so Nuo­va Bus­so­la Quo­ti­dia­na. Neben einer grund­sätz­li­chen Kri­tik an den Zuwen­dun­gen wer­fen Kri­ti­ker der Stif­tung auch „man­geln­de Trans­pa­renz“ beim Finanz­ge­ba­ren vor.

Nuo­va Bus­so­la Quo­ti­dia­na ver­öf­fent­lich­te eine mehr­tei­li­ge Repor­ta­ge über die Schu­le von Bolo­gna unter dem Titel „Arme Kir­che, vol­le Taschen“. Die katho­li­sche Inter­net­sei­te frag­te beim Insti­tuts­se­kre­ta­ri­at nach, für wel­ches Pro­jekt sich die Ita­lie­ni­sche Bischofs­kon­fe­renz auf der Inter­net­sei­te des Insti­tuts die Nen­nung als „Donor 2016“ ver­dient habe. Eine Ant­wort kam, sei aber „schel­misch“ gewe­sen: Die Bischofs­kon­fe­renz habe auf Anre­gung von Kar­di­nal Car­lo Caf­farra das Insti­tut finan­zi­ell unter­stützt. Zuvor habe das „nur die Deut­sche Bischofs­kon­fe­renz“ getan „auf Emp­feh­lung von Kar­di­nal Joseph Ratz­in­ger“. Der auf­merk­sa­me Beob­ach­ter staunt. Aus­ge­rech­net Kar­di­nal Ratz­in­ger, das Feind­bild Num­mer Eins der „Kathop­ro­gres­si­sten“, und aus­ge­rech­net Kar­di­nal Caf­farra, den Mel­lo­ni seit des­sen Eme­ri­tie­rung als Erz­bi­schof von Bolo­gna am lieb­sten ein­ge­sperrt in der Engels­burg sehen möch­te, sol­len im Jahr 2016 die Men­to­ren des Insti­tuts gewe­sen sein?

Bei nähe­rem Hin­se­hen erweist sich die Ant­wort als Ablen­kung oder Nicht-Ant­wort. Eine Anfra­ge bei der Ita­lie­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz ist erhel­len­der. Es sei­en 35.000 Euro Zuschuß zur Ver­öf­fent­li­chung einer Stu­die über „Die Kon­zi­le der ost- und west­sy­ri­schen Kir­chen“ gewährt wor­den. Die Gewäh­rung von Bei­trä­gen rich­te sich nach der „Serio­si­tät“ der Antrags­stel­ler, ließ die zustän­di­ge Finanz­kam­mer der Bischofs­kon­fe­renz wissen.

Die „Wunder des Pauperismus“

Sponsoren der "Schule von Bologna"
Spon­so­ren der „Schu­le von Bologna“

War­um aber woll­te Mel­lo­ni die­se Finan­zie­rung vor Nuo­va Bus­so­la Quo­ti­dia­na geheim­hal­ten und ließ sich dafür die aben­teu­er­li­che „Unterstützer“-Geschichte der Kar­di­nä­le Caf­farra und Ratz­in­ger ein­fal­len, die bei­de 2016 schon eme­ri­tiert waren? Weil die Stu­die nicht ein­mal Kon­zil von Kir­chen behan­delt, die von Rom getrennt sind, son­dern von vor-chal­ce­do­ni­schen Gemein­schaf­ten, die auch von der Ortho­do­xie abge­lehnt wer­den, so die Mut­ma­ßung der katho­li­schen Internetzeitung.

Viel­leicht sind die Ver­tre­ter der „Schu­le von Bolo­gna“ vor­sich­tig gewor­den. Im Zusam­men­hang mit eini­gen Arbei­ten zum Con­ci­li­o­rum oecu­me­ni­corum gene­ra­li­um­que decre­ta muß­te das Insti­tut bereits Kri­tik ein­stecken, unter ande­rem vom Sub­sti­tu­ten des vati­ka­ni­schen Staats­se­kre­ta­ri­ats, Kuri­en­erz­bi­schof Ange­lo Becciu, und vom bekann­ten Kir­chen­hi­sto­ri­ker Kar­di­nal Wal­ter Brand­mül­ler, der bis 2009 Vor­sit­zen­der des Päpst­li­chen Komi­tees für Geschichts­wis­sen­schaft war.

Wäh­rend zahl­rei­chen katho­li­schen Ein­rich­tun­gen die Gel­der gekürzt oder gestri­chen wur­den, wur­de bei der „Schu­le von Bolo­gna“ der Rot­stift nicht ange­setzt, weder von staat­li­cher Sei­te noch von Sei­ten der Bischofs­kon­fe­renz. Von „Wun­dern des Pau­pe­ris­mus“, spricht  Nuo­va Bus­so­la Quo­ti­dia­na.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Cor­sia dei Servi/​Libertà  e Persona/​Nuova Bus­so­la Quotidiana/Fscire.it (Screen­shots)

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