Am gestrigen Hochfest der Erscheinung des Herrn ernannte Papst Franziskus einen neuen Erzbischof von Washington und setzte damit ein politisches Zeichen, sowohl innerkirchlich als auch weltlich – ein bergoglianisches Zeichen.
Der Erzbischofsstuhl von Washington gilt innerkirchlich nicht als der ranghöchste in den USA, das ist jener von Chicago. Und selbst dann gibt es aufgrund der Geschichte noch andere Bistümer. Das Erzbistum Washington umfaßt jedoch die Bundeshauptstadt Washington D. C. und ist daher von eminent politischer Bedeutung, denn in Washington konzentriert sich die Macht der USA, die von vielen dort noch als „einzige verbliebene Weltmacht“ gesehen werden. Dort residiert auch der Apostolische Nuntius. Die Bedeutung kommt auch darin zum Ausdruck, daß alle bisherigen Erzbischöfe von Washington die Kardinalswürde innehatten, um der weltlichen Macht gegenüber ihren Rang zu verdeutlichen.
Der Erzbischofsstuhl ist seit 2000 fest in McCarrick-Hand. Theodore McCarrick hatte das Amt selbst von 2000 bis 2006 inne und sorgte aufgrund seiner geschickten Netzwerkarbeit dafür, daß die Nachfolge für seine Richtung gesichert blieb. Seine Richtung meint zweierlei: homophil und progressiv. Letzteres hängt allerdings mit den äußeren Umständen zusammen. Regierte in Rom ein konservativer Papst, wußte man in Deckung zu gehen und sich zurückzuhalten. Gleiches gilt bezüglich der politischen Mehrheitsverhältnisse in den USA. Dort hat sich mit dem Aufstieg von Donald Trump diese Zurückhaltung allerdings verflüchtigt. Gegen Trump gibt es stärkeren Widerstand.
Auf McCarrick folgte Donald Kardinal Wuerl (Erzbischof 2006–2018), bis schließlich auch er über den McCarrick- und insgesamt den sexuellen Mißbrauchsskandal stürzte und zurücktreten mußte. Papst Franziskus sicherte mit der Ernennung von Wilton Kardinal Gregory (Erzbischof 2019–2025) die Nachfolge für die McCarrick-Boys.
Der nächste McCarrick-Boy
Gestern ernannte er mit Robert Kardinal McElroy den nächsten McCarrick-Boy zum Erzbischof von Washington. McElroy ist innerkirchlich wie weltlich eindeutig positioniert. Er verteidigte in der Vergangenheit jede der ebenso umstrittenen wie symbolträchtigen „Öffnungen“ von Papst Franziskus, besonders jene zugunsten der Migrations‑, Homo‑, Abtreibungs- und Klima-Agenda. Auf Widerspruch gegen die Zulassung von Homo-Segnungen reagierte der bergoglianische Kardinal mit dem Vorwurf der „Schwulenfeindlichkeit“. Insgesamt war McElroy in den vergangenen Jahren immer dabei, wenn es darum ging, die Anerkennung der Homosexualität zu fordern und zu fördern.
Ob aus Pflichtbewußtsein oder aus Überzeugung, wahrscheinlich beidem, sprang McElroy mit Nachdruck in die Bresche, als es darum ging, die Bestrebungen im US-Episkopat abzuwehren, US-Präsident Joe Biden wegen seiner Abtreibungspolitik für exkommuniziert zu erklären und von der Kommunion auszuschließen. Auch darin trafen sich seine Überzeugungen mit jenen von Papst Franziskus.
Worin McElroy und Papst Franziskus noch übereinstimmen ist ihr grundsätzlicher Umgang mit der Abtreibungsfrage. Natürlich lehnen sie die Tötung ungeborener Kinder ab, doch sobald daraus eine politische Frage wird, wo sie sich gegen ihre lebensfeindlichen linken Freunde stellen müßten, ist von einem Widerspruch nichts mehr zu hören. Man müsse nicht immer darüber reden, hatte Franziskus bereits im September 2013 seine Linie umschrieben, die er mit seinem Pontifikat der Kirche auferlegte. Die Lebensrechtsgruppen werden, sobald sie politische Forderungen erheben, als störend empfunden. Als bei der Herbstvollversammlung 2019 die US-Bischofskonferenz darüber abstimmte, ob die Forderung nach dem Lebensrecht für die ungeborenen Kinder weiterhin eine zentrale Frage bleiben soll, sprach sich eine Zweidrittelmehrheit dafür aus. McElroy aber stimmte dagegen. Mit jedem Jahr des derzeitigen Pontifikats wird die bergoglianische Fraktion im US-Episkopat stärker. Franziskus setzt seine Anhänger und Unterstützer rücksichtslos an die Schalthebel, wo immer er nur kann. Dazu gehört auch der Erzbischofsstuhl von Washington.
Ein von Franziskus geförderter progressiver Außenseiter
Robert McElroy gehörte 2015, als ihn Franziskus zum Bischof von San Diego ernannte, zu den „linken Außenseitern“, jener Spezies von progressiv-homophilen Kirchenmännern, die Franziskus sucht, um sie zu Diözesanbischöfen zu befördern. McElroy, der seine Karriere als Sekretär des früheren Erzbischofs von San Francisco, des ultraprogressiv-homophilen John Raphael Kardinal Quinn (1977–1995), begonnen hatte, war damals durch Theorien zu einer Radikalreform des Papsttums aufgefallen. Mit Hilfe von McCarrick, der damals noch das entscheidende Wort bei Empfehlungen für Bischofsernennungen in den USA hatte, gelangte Quinns geistiger Ziehsohn McElroy auf die bergoglianische Ernennungsliste.
2016 bewarb sich McElroy bei den Wahlen der US-Bischofskonferenz um das Amt des einflußreichen Vorsitzenden der Kommission Iustitia et Pax, unterlag aber einem konservativen Mitbruder. Man wollte sich zählen lassen, um zu sehen, wie stark die einzelnen Fraktionen sind. Franziskus ließ sich von solchen Rückschlägen nicht beirren. Jede Neuernennung würde ihn dem Ziel näherbringen.
Papst Franziskus hat gestern eine hochpolitische Entscheidung getroffen: Mit der Ernennung des 70jährigen McElroy deckt er auf alle Fälle die Amtszeit Trumps ab. Dem neuen US-Präsidenten, der am kommenden 20. Januar in sein Amt eingeführt werden wird, steht damit nicht nur die Bundeshauptstadt selbst feindlich gegenüber, sondern auch die doppelte Vertretung der Kirche in der Stadt, der Ortsbischof und der Nuntius.
Es ist kaum zu glauben und in Europa nur wenigen bekannt, aber Donald Trump erhielt in der Bundeshauptstadt, oder genauer dem sogenannten District of Columbia, nur 6,47 Prozent der Wählerstimmen, die demokratische Kandidatin Kamala Harris aber unglaubliche 90,28 Prozent. Deutlicher kann die Feindseligkeit einer Bundeshauptstadt, in der hauptsächlich Bundesbeamte und andere Dienstnehmer von Bundesbehörden sowie Lobbyisten und Angestellte von NGOs und privater Stiftungen leben, kaum zum Ausdruck gebracht werden.
Franziskus will Anti-Trump-Position
Nun erklärt sich auch, warum Franziskus am 10. Oktober, im Rahmen der Synodalitätssynode in Rom, drei US-Kardinäle, die er zu Synodalen ernannt hatte, in Audienz empfing, den vierten auch von ihm ernannten aber nicht. Empfangen wurden damals von ihm die Kardinäle Blase Cupich, der Erzbischof von Chicago und mächtigste Gestalt der Bergoglianer in den USA, Joseph William Tobin, der Erzbischof von Newark, und Robert McElroy, damals noch Bischof im eher unbedeutenden San Diego in Kalifornien. Franziskus hatte aber vier purpurtragende McCarrick-Boys zu Synodalen der Synodalitätssynode ernannt, der vierte war Wilton Gregory. Er sei, obwohl in Rom anwesend, „verhindert“ gewesen. Bei der Audienz war es offensichtlich um die Nachfolge für Kardinal Gregory als Erzbischof von Washington gegangen. Einzig McElroy, von Franziskus aufgrund seiner „Verdienste“ im August 2022 zum Kardinal kreiert, saß von den drei Anwesenden noch auf keinem Erzbischofsstuhl.
Apropos Abtreibungspolitik und Kommunionempfang: Als Erzbischof Salvatore Cordileone als zuständiger Erzbischof von San Francisco 2022 erklärte, Nancy Pelosi, eine der einflußreichsten Gestalten der linken Demokratischen Partei, wegen ihrer Abtreibungspolitik für exkommuniziert zu betrachten und von der Kommunion auszuschließen, stellte sich ihm McElroy, Suffragan des Nachbarmetropoliten, entschieden entgegen. McElroy ist kein Mann der leisen Töne. Er prescht vor. Auf ihn ist Verlaß. Das weiß man in Santa Marta zu schätzen.
Papst Franziskus will, nun, da Donald Trump der Jahrhundertcoup der Rückkehr ins Weiße Haus gelungen ist, in den kommenden vier Jahren genau einen so sicheren und entschlossenen Anti-Trump-Mann in Washington sitzen haben.
Die Amtseinführung von Robert Kardinal McElroy als neuer Erzbischof von Washington wird im März stattfinden. Das teilte der Ernannte gestern selbst in einem Brief an die Priester der Diözese San Diego mit. Seinen künftigen Nachfolger in San Diego nannte McElroy darin in einer für einen Kirchenmann sehr ungewöhnlichen Wortwahl einen „Glückspilz“. Wörtlich heißt es in dem Brief:
„Ich bleibe noch Bischof von San Diego von jetzt an bis zu meiner Besitzergreifung in Washington im März. Zu diesem Zeitpunkt wird ein Administrator ernannt werden, der die Diözese bis zur Ernennung eines neuen Bischofs leitet. Dieser neue Bischof wird ein Glückspilz sein.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: VaticanMedia/sdcatholic.org (Screenshots)