
(Washington) Kaum wagt ein Bischof, eine deutlichere Sprache zu sprechen, wird er des „Kulturkampfes“ bezichtigt und von der „Barmherzigkeit“ von Papst Franziskus eingeholt. Gegen Msgr. Joseph E. Strickland, Bischof von Tyler im Staat Texas, wurde vom Vatikan eine Untersuchung durchgeführt, die nun abgeschlossen ist. Was wird mit Bischof Strickland geschehen?
Wie in anderen Fällen ( z. B. Ciudad del Este oder Albenga-Imperia) wurde für die Untersuchung die Form einer Apostolischen Visitation gewählt. In den genannten Diözesen folgte auf die Visitation die Absetzung oder faktische Absetzung der traditionsfreundlichen Bischöfe. Ähnliches befürchten Gläubige nun auch für die Diözese Tyler.
„Strickland ist ein weithin beliebter, aber polarisierender Bischof, der von vielen Konservativen in den Vereinigten Staaten als Verfechter des Kulturkampfes angesehen wird, weil er das ungeborene Leben, die Ehe, die überlieferte lateinische Messe und die katholische Rechtgläubigkeit standhaft verteidigt“, so CNA.
Der heute 64jährige Msgr. Strickland wurde 2012 von Papst Benedikt XVI. zum Bischof für den Osten von Texas ernannt. Im Gegensatz zu Johannes Paul II. und erst recht zu Franziskus hatte Benedikt XVI. dank der Beratung durch Kardinal Raymond Burke häufig eine sehr gute Hand bei Bischofsernennungen in den USA.
Die klare Sprache von Bischof Strickland
Die deutliche Sprache, die Bischof Strickland verwendet, hebt ihn aus dem Kreis der Bischöfe hervor, brachte ihm aber auch viel Kritik ein. Neben progressiven Stimmen, die den Inhalt seiner Stellungnahmen ablehnen, finden sich auch konservative Bischöfe unter den Kritikern, welche seine akzentuierte Wortwahl für einen US-Bischof nicht für geeignet halten. Einige Beispiele:
Am vergangenen 13. Mai traf Bischof Strickland auf Twitter die aufsehenerregende Feststellung, daß Papst Franziskus das Glaubensgut untergrabe. Wörtlich schrieb der Bischof durchaus begründet:
„Erlauben Sie mir eine Klarstellung bezüglich ‚Patrick Coffin hat die Authentizität von Papst Franziskus in Frage gestellt‘. Wenn das stimmt, bin ich nicht einverstanden. Ich glaube, daß Papst Franziskus der Papst ist, aber es ist Zeit für mich zu sagen, daß ich sein Programm, das Glaubensgut zu untergraben, ablehne. Folge Jesus nach.“
Am 14. Mai schrieb er ebenfalls auf Twitter:

„Eine Richtigstellung… wie Bischof Schneider erklärt hat, befindet sich die FSSPX [Priesterbruderschaft St. Pius X.] nicht im Schisma. Die FSSPX hält die Tradition weiterhin für die Weltkirche aufrecht. Die Eucharistie der FSSPX wird von der katholischen Kirche als gültig angesehen. Wir müssen uns dem eucharistischen Antlitz Jesu zuwenden.“
Am 17. Mai übernahm der Bischof einen Hinweis des Moraltheologen John Haas. Dieser hatte die Aussage von Papst Benedikt XVI. als „prophetisch“ bezeichnet, mit der er die Gender-Ideologie „die ultimative Rebellion gegen Gott“ nannte.

Am 20. Mai übernahm Bischof Strickland eine Aussage von Kardinal Robert Sarah, dem ehemaligen Präfekten der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung. Dieser hatte gesagt: „Der Westen hat seine christlichen Wurzeln verleugnet. Ein Baum ohne Wurzeln stirbt.“ Bischof Strickland ergänzte:
„Amen, Euer Eminenz… denken wir daran, wir sind die Reben, Er ist der Weinstock. Sind die Reben vom Weinstock getrennt, verwelken sie schnell…“
Am 26. Mai reagierte Bischof Strickland auf Bischof Georg Bätzing, den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, der behauptet hatte, die meisten deutschen Katholiken würden den Synodalen Weg unterstützen, weshalb es keine Schismagefahr gebe:
„Dieser Bischof glaubt, daß die meisten deutschen Katholiken nicht an die katholische Lehre glauben. Es wäre so traurig, wenn er recht hat. Beten Sie für die deutschen Katholiken, die glauben und somit wirklich katholisch sind. Sie müssen sich wie Schafe fühlen, die von ihren Hirten verlassen wurden.“
Am 30. Mai ließ er erneut Kritik an Papst Franziskus anklingen, indem er die Stellungnahme eines Diakons übernahm, der nach dem Interview von Franziskus im Sender Telemundo den Katechismus zitierte: „Das menschliche Leben ist vom Augenblick der Empfängnis an absolut zu achten und zu schützen. Schon im ersten Augenblick seines Daseins sind dem menschlichen Wesen die Rechte der Person zuzuerkennen, darunter das unverletzliche Recht jedes unschuldigen Wesens auf das Leben“ (KKK, 2270), und die Frage stellte: „Was hat Papst Franziskus in einem Interview mit Telemundo über das ungeborene Kind gesagt?“
Bischof Strickland schrieb dazu:
„Amen, Diakon, vielen Dank…“
Am 2. Juni zitierte er erneut Kardinal Robert Sarah mit den Worten: „Die von der UNO geförderten ‚Grundwerte‘ beruhen auf einer Ablehnung Gottes“, und schrieb dazu:
„Amen, Euer Eminenz… Wenn wir Gott ablehnen, lehnen wir das Leben, die Freude und das menschliche Wohlergehen ab…“
Am 3. Juni warnte er in Anspielung auf die im Juni stattfindenden Homo-Veranstaltungen namens Gay Pride (auf deutsch Homo-Stolz, besser Homo-Hochmut):
„Ein Rat für Katholiken: Verfallen Sie diesen Juni nicht (into pride) in Hochmut.“
Am 11. Juni schrieb US-Präsident Joe Biden auf Twitter, der am Weißen Haus in Washington eine große Homo-Fahne anbringen hatte lassen, daß das Weiße Haus, „das Haus des Volkes, euer Haus, eine klare Botschaft an das Land und die Welt sendet: ‚America is a nation of pride‘ “. Bischof Strickland antwortete ihm auf Twitter:
„Ich fürchte, Sie haben recht, Herr Präsident, aber denken Sie daran: Hochmut kommt vor dem Fall…“
Am 16. Juni nahm er an einer Sühneprozession in Los Angeles teil gegen die Entscheidung des Baseballteams Los Angeles Dodgers, die antikatholische Drag-Queen-Gruppe Sisters of Perpetual Indulgence einzuladen. Die Gruppe besteht aus Schwulen, die sich in lächerlicher Kostümierung als Ordensfrauen verkleiden und offen Gotteslästerung betreiben.
Die Kritiker von Bischof Strickland empörten sich darauf, daß er gegen das „kirchliche Protokoll“ verstoßen habe. Das Erzbistum Los Angeles hatte die Einladung des Drag-Queen-Kollektivs verurteilt, die Sühneprozession aber weder „gebilligt noch genehmigt“.
Am 21. Juni übte Msgr. Strickland Kritik am Instrumentum laboris, dem Arbeitsdokument des für den kommenden Oktober angesetzten ersten Teils der Synodalitätssynode, das verklausuliert eine Anerkennung der Homosexualität, die Sprengung des Weihesakraments durch Einführung des Frauendiakonats und die Aufhebung des priesterlichen Zölibats durch Zulassung verheirateter Priester forciert. Bischof Strickland schrieb dazu:
„Es ist eine Farce, daß diese Dinge überhaupt zur Diskussion gestellt werden. Ich bete, daß alle, die Jesus Christus wirklich kennen, sich nicht von diesem Weg täuschen lassen. Das Evangelium heißt alle zur Umkehr und Heiligkeit willkommen. Wenn es keine Umkehr gibt, bleiben die Hindernisse für die Heiligkeit bestehen.“
Progressiven Kirchenkreisen soll auch die Zusammenarbeit von Bischof Strickland mit dem kanadischen katholischen Nachrichtenportal LifeSite ein Dorn im Auge sein, bei dem er ein wöchentliches Videoformat gestaltet.
Rom schickt Visitatoren
Am Samstag, dem 24. Juni, berichteten erste Medien über eine von Rom durchgeführte Apostolische Visitation der Diözese Tyler. Der gestrige Tweet von Bischof Strickland kann als Reaktion darauf verstanden werden:
„Verfolgt zu werden, weil man die Wahrheit sagt, ist eine Ehre, die jeder Christ bereit sein sollte, auf sich zu nehmen. Es bedeutet, mit Jesus Christus zu gehen, der die fleischgewordene Wahrheit ist. Wenn wir Jesus kennen, ist es einfacher, seine Wahrheit zu sagen, egal welche Kräfte sich uns entgegenstellen. Der Widerstand ist vorübergehend, Jesus ist ewig.
Laut EWTN führten die Visitatoren Msgr. Gerald Kicanas, emeritierter Bischof von Tucson, und Bischof Dennis Sullivan von Camden in New Jersey vergangene Woche eine Reihe von Gesprächen mit Priestern und Laien der Diözese. Das letzte Gespräch fand am Samstag mit Bischof Strickland selbst statt. Im Mittelpunkt der Befragung standen die Nutzung Sozialer Netzwerke wie Twitter durch Bischof Strickland und Aspekte der Diözesanverwaltung.
Im Priesterseminar der Diözese Tyler, die nur 125.000 Katholiken zählt, bereiten sich 21 Seminaristen auf das Priestertum vor. Das ist deutlich mehr als im Durchschnitt. Im deutschen Sprachraum können die Diözesen nur mehr davon träumen. Das Bistum verfügt auch über intakte Finanzen in einer Zeit, in der einige US-Bistümer wegen enormer Schadenersatzzahlungen an Opfer von sexuellem Mißbrauch vor dem Bankrott stehen.
Über dem Bistum Tyler hängt nun das Damoklesschwert der „Barmherzigkeit“ von Papst Franziskus.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Youtube/Twitter/Wikicommons (Screenshot)