(Rom) Kardinal Luis Ladaria Ferrer SJ wurde gestern von Papst Franziskus in Audienz empfangen. War es die seiner Entlassung als Präfekt der Glaubenskongregation?
Der katalanische Jesuit wurde am 19. April 78 Jahre alt. Am 30. Juni endet sein fünfjähriges Mandat als Glaubenspräfekt der Kirche. Seit Monaten gilt es als gesichert, daß der Mitbruder von Papst Franziskus nicht mehr im Amt bestätigt wird.
Gestern wurde Kardinal Ladaria von Franziskus in Audienz empfangen. Das ist an sich keine Besonderheit, sondern gehört zur Routine. Es gibt festgelegte regelmäßige Audienzen. Jene von gestern gehört allerdings nicht dazu. Die jüngste routinemäßige Audienz fand am 12. Mai statt. Gestern fand eine außerordentliche Begegnung statt.
Über den Inhalt der Audienz wurde nichts bekannt. Sie fand jedoch, da außerplanmäßig, besondere Aufmerksamkeit und nährt bevorstehende Entscheidungen, die das Amt des Glaubenspräfekten betreffen könnten. Teilte Papst Franziskus gestern dem Kardinal das Ende seiner Amtszeit mit?
Luis Ladaria, 1944 auf den Balearen geboren, trat 1966 in den Jesuitenorden ein, für den er 1973 zum Priester geweiht wurde. Er war Professor der Dogmatik an der Päpstlichen Universität Comillas in Madrid und an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom.
Johannes Paul II. berief ihn 1992 in die Internationale Theologenkommission, deren Generalsekretär er später wurde, und 1995 zum Consultor der Glaubenskongregation.
Benedikt XVI. ernannte den eher scheuen Jesuiten 2008 zum Sekretär der Glaubenskongregation und zum Titularerzbischof. Zudem wurde er Consultor der Kongregation für die Bischöfe und weiterer Dikasterien.
Papst Franziskus berief ihn 2016 zum Vorsitzenden der Studienkommission über das Frauendiakonat. Als es im Juni 2017 zum Bruch mit Glaubenspräfekt Kardinal Gerhard Müller kam, den Franziskus von Benedikt XVI. übernommen hatte, rückte Erzbischof Ladaria an die Spitze der Glaubenskongregation auf. Er ist der erste Jesuit in der Kirchengeschichte, der das Amt des Glaubenspräfekten bekleidet.
2018 wurde er von Franziskus in den Kardinalsrang erhoben und ihm die Ignatiuskirche am Campo Marzio in Rom, eine der beiden großen Jesuitenkirchen der Ewigen Stadt, als Titelkirche zugewiesen. Der Kardinal legte sich ein in heraldischer und kirchenheraldischer Hinsicht außergewöhnliches Wappen zu. Das gilt vor allem für die Schildfarbe Fuchsia, aber auch für zwei fünfzackige Sterne und einen nach unten weisenden Schlüssel. Die Strahlensonne des heiligen Bernhardin von Siena mit Jesus-Monogramm, Kreuz und Nägeln der Passion Christi ist hingegen Ausdruck seiner Zugehörigkeit zum Jesuitenoren und zugleich eine Reverenz an Papst Franziskus, der ihn zum Kardinal erhob und ebenfalls die Strahlensonne im päpstlichen Wappen führt. Der fünfzackige Stern, ein Symbol der Freimaurerei und des Sozialismus, den Franziskus anfangs im Wappen zeigte, wurde im Papstwappen nach erheblichen Irritationen durch einen sechszackigen Stern ersetzt.
Kardinal Müller sah im Pontifikat von Franziskus seine Aufgabe zunehmend darin, den Glaubensschatz anstelle und trotz des Papstes zu verteidigen. Zu heftigen Reibungen hinter den Kulissen führten die Dubia von vier Kardinälen zum umstrittenen nachsynodalen Schreiben Amoris laetitia. Eine Beantwortung, obwohl die Fragen auch an die Glaubenskongregation gerichtet waren, wurde von Franziskus untersagt. Der Konflikt war vorprogrammiert. Franziskus ignorierte seinen Glaubenspräfekten, drängte insgesamt den Einfluß der Glaubenskongregation zurück und entließ den deutschen Kardinal, sobald dessen Amtszeit abgelaufen war. Die Entlassung erfolgte, so der Kardinal, sehr unfreundlich.
Eine solche „Anmaßung“ hatte Franziskus von seinem Ordensmitbruder Ladaria nicht zu befürchten. Als es darum ging, die Absicht der Mehrheit der US-Bischöfe zu torpedieren, die linken Abtreibungspolitiker wie Joe Biden und Nancy Pelosi von der Kommunion auszuschließen, erfüllte Kardinal Ladaria den päpstlichen Auftrag pflichtbewußt. In der Frage der Homo-Segnungen, wie sie vor allem von einer homophilen, ungeduldigen Kirche im deutschen Sprachraum angestrebt werden, legte sich die Glaubenskongregation allerdings quer. Auch in der Frage der Interkommunion, ein weiteres Steckenpferd deutscher Bischöfe, mußte Franziskus die Glaubenskongregation zurückpfeifen.
Die Frage, die in Rom beschäftigt, lautet daher: Wer wird der Nachfolger von Kardinal Ladaria an der Spitze der Glaubenskongregation? In der Vergangenheit waren bereits eine Reihe von Namen genannt worden, von Erzbischof Bruno Forte bis Erzbischof Victor Manuel Fernández. Franziskus ist allerdings für Überraschungen bekannt.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Vatican.va/Wikicommons (Screenshot)