Tabu Homosexualität – ob verboten oder erlaubt

Nachbetrachung zum Anti-Mißbrauchsgipfel


Homosexualität in der Kirche: von der Todsünde zum geschützten Tabu.
Homosexualität in der Kirche: von der Todsünde zum geschützten Tabu.

(Rom) Nach dem ent­täu­schen­den Anti-Miß­brauchs­gip­fel im Vati­kan setzt das päpst­li­che Umfeld unbe­irrt ihre umstrit­te­ne Deu­tung des sexu­el­len Miß­brauchs­skan­dals fort. Was gelobt und wer kri­ti­siert wird: eine Nachbetrachtung.

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Am ver­gan­ge­nen Sonn­tag, den 24. Febru­ar, das Gip­fel­tref­fen im Vati­kan war soeben zu Ende gegan­gen, twit­ter­te der Jesu­it und Papst-Ver­trau­te Anto­nio Spa­da­ro sei­ne erste Reaktion. 

Er zitier­te eine Aus­sa­ge sei­nes engen Mit­ar­bei­ters und der­zei­ti­gen Vati­kan­spre­chers Ales­san­dro Gisot­ti. Gisot­ti hat­te sie bei der ersten Pres­se­kon­fe­renz am Beginn des Miß­brauchs­gip­fels geäu­ßert. Der schein­bar zufäl­li­ge Zusam­men­hang ist viel­mehr bezeich­nend: Das Ergeb­nis stand von Anfang an fest. In der Ver­gan­gen­heit wur­de bereits mehr­fach kri­ti­siert, daß unter Fran­zis­kus gelenk­te Syn­oden mit vor­ge­fer­tig­ten Ergeb­nis­sen statt­fin­den. Auch das Gip­fel­tref­fen der ver­gan­ge­nen Woche war letzt­lich, wenn auch nicht for­mal­recht­lich eine Art Bischofssynode.

Und was zitier­te Spa­da­ro von Gisotti?

„Wir müs­sen den Opfern dan­ken, daß sie mit ihrem Mut das Schwei­gen gebro­chen haben.“

Spa­da­ros Gip­fel­er­geb­nis: Dank an Opfer, daß sie ihr Schwei­gen gebro­chen haben.

Das Schwei­gen der Opfer war aller­dings auch bis­her nicht das Haupt­pro­blem, viel­mehr die Taten­lo­sig­keit der Kir­chen­ver­ant­wort­li­chen. Vie­le Opfer haben schon vor Jah­ren ihr Schwei­gen gebro­chen. Es ist Papst Fran­zis­kus, es sind sei­ne Ver­trau­ten und Regis­seu­re des Gip­fel­tref­fens, die nicht den Mut hat­ten, ihr Schwei­gen zu bre­chen, obwohl sie mehr­fach dazu auf­ge­for­dert wur­den. Zum Haupt­pro­blem des kle­ri­ka­len Miß­brauchs, zur Homo­se­xua­li­tät, wur­de beim Vati­kan-Gip­fel nicht nur geschwie­gen: Sie wur­de verschwiegen.

Mehr noch: Berg­o­glia­ner wie Gian­ni Valen­te von Vati­can Insi­der attackier­ten wäh­rend des Gip­fels jene muti­gen Stim­men in der Kir­che, die vor einer fal­schen Inter­pre­ta­ti­on des Miß­brauchs­skan­dals warn­ten und Abwehr­maß­nah­men gegen die sich in der Kir­che aus­brei­ten­de Homo-Häre­sie (Dari­usz Oko ) ein­for­der­ten. Vati­can Insi­der ist die vom päpst­li­chen Haus­va­ti­ka­ni­sten Andrea Tor­ni­el­li gegrün­de­te Nachrichtenplattform.

Valen­te warf den Kri­ti­kern der päpst­li­chen Linie, daz gehö­ren Kar­di­nal Mül­ler, Kar­di­nal Brand­mül­ler und Kar­di­nal Bur­ke, „Dona­tis­mus“ vor. Die Kar­di­nä­le hat­ten wie ande­re auch, zum Bei­spiel eine inter­na­tio­na­le Alli­anz katho­li­scher Lai­en­or­ga­ni­sa­tio­nen um den Histo­ri­ker Rober­to de Mat­tei, zu ver­ste­hen gege­ben, daß die Schuld­zu­wei­sung gegen einen omi­nö­sen „Kle­ri­ka­lis­mus“ anstatt über das Haupt­mo­tiv der Täter, ihre Homo­se­xua­li­tät, zu spre­chen, wie ein Ablen­kungs­ma­nö­ver wir­ke und der Kir­che scha­de. Auf der Grund­la­ge einer fal­schen Dia­gno­se kön­ne man kei­ne rich­ti­ge The­ra­pie wählen. 

Anstatt auf sol­che Beden­ken ein­zu­ge­hen, zog Fran­zis­kus sei­ne Linie, der „Kle­ri­ka­lis­mus ist schuld“, durch. Das The­ma Homo­se­xua­li­tät ist wei­ter­hin ein Tabu. Valen­te unter­stüt­ze die­se Linie durch media­les Sperr­feu­er auf die Kri­ti­ker: Er bezich­tig­te die Mah­ner, „homo­pho­be Neo-Rigo­ri­sten“ zu sein, die der Kir­che eine „dona­ti­sti­sche“ Fal­le stel­len wollten. 

Valen­tes Liste unfreund­li­cher Titu­lie­run­gen ist lang. Jene, die ange­sichts der Tat­sa­che, daß min­de­stens 80 Pro­zent der sexu­el­len Miß­brauchs­op­fer von Kle­ri­kern puber­tie­ren­de Jugend­li­che sind, eins und eins zusam­men­zäh­len, und in der Homo­se­xua­li­tät der Täter das Haupt­pro­blem erken­nen und Maß­nah­men dage­gen for­dern, sind „Homo­pho­be“, „Neo-Rigo­ri­sten“, „Dona­ti­sten“ und damit „Häre­ti­ker“. Ihre „Ver­su­chung“ sei es, eine Kir­che „der Rei­nen“ zu wollen. 

Zwi­schen einer so gewag­ten Unter­stel­lung und dem offen­sicht­li­chen Zusam­men­hang zwi­schen sexu­el­lem Miß­brauch und Homo­se­xua­li­tät liegt ein Abgrund, näm­lich die päpst­li­che Stra­te­gie. Von ihr weiß man nicht, wo sie hin­füh­ren soll. Offen­sicht­lich ist nur, daß die Homo­se­xua­li­tät in der Kir­che noch vor weni­gen Jahr­zehn­ten eine him­mel­schrei­en­de Sün­de war, Der inner­kirch­li­che Weg vom ver­bo­te­nen Tabu zum erlaub­ten Tabu, von der Sün­de zur tole­rier­ten und geschütz­ten Pra­xis, ist atem­rau­bend. Die­se Ver­keh­rung eines Tabus in sein Gegen­teil spie­gelt letzt­lich das Wesen der Homo­se­xua­li­tät wider, die per defi­ni­tio­nem durch ihre Wider­na­tür­lich­keit eine Ver­keh­rung ist. 

Mit päpst­li­cher Zustim­mung darf nicht ein­mal dar­über gere­det wer­den, ohne sich eine Beschimp­fung zuzu­zie­hen. Das ent­spricht dem vor­herr­schen­den, homo­phi­len Den­ken der Welt. Auch das sagt etwas über das der­zei­ti­ge Pon­ti­fi­kat aus.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: MiL/​Twitter (Screen­shot)

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