(Rom) Kardinal Joseph Zen schilderte in einem gestern von ihm veröffentlichten Brief die jüngsten Ereignisse um die Situation der chinesischen Kirche und das Verhältnis zwischen dem Heiligen Stuhl und der Volksrepublik China. Er enthüllte, daß im Vatikan jemand ein doppeltes Spiel spielt.
Der Kardinal ist entsetzt darüber, daß eine „vatikanische Delegation“ in China unterwegs ist, um rechtmäßige Bischöfe aufzufordern, ihren Platz für unrechtmäßige und exkommunizierte Bischöfe zu räumen.
Nachdem im Oktober 2017 ein Bischof eine schriftliche Aufforderung aus Rom erhalten hatte, zugunsten eines exkommunizierten Bischofs zurückzutreten, schrieb Kardinal Zen besorgt Papst Franziskus einen Brief, ohne Antwort zu erhalten.
Kurienerzbischof Savio Hon, von Kardinal Zen gebeten, informierte Papst Franziskus daraufhin im Herbst 2017 persönlich. Der Papst war erstaunt, schien von nichts zu wissen und versicherte, die Sache zu studieren.
Im Dezember war dann jedoch eine „vatikanischen Delegation“ in der Volksrepublik China unterwegs und wiederholte „im Namen des Heiligen Stuhls“ die Rücktrittaufforderung zugunsten unrechtmäßiger Bischöfe.
Wer spielt in Rom welches Spiel?
Noch besorgter bestieg Kardinal Zen selbst ein Flugzeug und flog nach Rom, wo er Papst Franziskus am 10. Januar am Rande der Generalaudienz persönlich mehrere Schreiben übergab. Der Papst ließ ihn darauf rufen und das Anliegen vortragen. Der Papst versicherte ihm, nach der Begegnung mit Kurienerzbischof Hon Anweisung gegeben zu haben, „keinen zweiten Fall Mindszenty“ zu schaffen.
Gestern machte Kardinal Zen diese Antwort von Papst Franziskus öffentlich, „auch auf die Gefahr hin beschuldigt zu werden, die Verschwiegenheitspflicht zu brechen“.
Der Kardinal wird wissen, warum er einen so eklatanten Schritt setzte.
Es steht nämlich die Frage im Raum, wer eine „vatikanische Delegation“, mutmaßlich angeführt von Kurienerzbischof Claudio Maria Celli, mit dem Auftrag nach Peking entsendet hat, im Namen des Heiligen Stuhls, also des Papstes, rechtmäßige Bischöfe aufzufordern, zugunsten von unrechtmäßigen und exkommunizierten Bischöfen das Feld zu räumen.
Aufgrund der bisherigen Amtsführung fällt es schwer, anzunehmen, jemand könnte es wagen, hinter dem Rücken des Papstes und sogar gegen dessen ausdrücklichen Willen („Ich habe ihnen gesagt, keinen neuen Fall Mindszenty zu schaffen!“) eine eigene China-Politik zu betreiben und potentiell die dortige Untergrundkirche zu gefährden.
Der Seitenhieb des Vatikans
Indem Kardinal Zen die Antwort des Papstes gestern öffentlich machte, versucht er dem Doppelspiel einen Riegel vorzuschieben, wer immer ein solches im Vatikan gespielt hat, und sei es der Papst selbst.
Eine Bestätigung kam heute aus dem Vatikan. Das vatikanische Presseamt „bedauerte“ die Enthüllungen von Kardinal Zen. Die internationale Presseagentur Associated Press (AP), deren Bericht weltweit zahlreiche Medien übernehmen und wahrscheinlich verstärken werden, rückte den Kardinal in die Ecke eines Gegners der „Öffnungen“ von Papst Franziskus gegenüber Peking. Die Handhabe dafür lieferte das vatikanische Presseamt. Mit „Verwunderung und Bedauern“ habe man zur Kenntnis genommen, daß „Personen der Kirche (…) die Verwirrung und Polemik fördern“.
Ein heftiger Seitenhieb gegen Kardinal Zen, der namentlich zwar nicht genannt wurde, dafür aber – obwohl Kardinal der Kirche – zu einer „Person der Kirche“ degradiert wurde.
Vatikansprecher Greg Burke lehnte es zudem ab, den Bericht von AsiaNews „zu kommentieren oder zu bestätigen oder zu dementieren“. AsiaNews hatte am 22. Januar mit einem ausführlichen Hintergrundbericht und unter Berufung auf Kardinal Zen und weitere chinesische Quellen enthüllt, daß rechtmäßige Bischöfe „im Namen des Heiligen Stuhls“ zum Rücktritt gedrängt werden, um unrechtmäßigen, exkommunizierten Bischöfen Platz zu machen.
Wurde Erzbischof Hon für die neue China-Politik aus Rom wegbefördert?
Vor dem Hintergrund der jüngsten Ereignisse zeigt sich auch die Ernennung von Kurienerzbischof Savio Hon zum Apostolischen Nuntius in Griechenland in einem anderen Licht. Msgr. Hon ist nicht nur Chinese, sondern auch Salesianer wie Kardinal Zen.
2010 war er von Papst Benedikt XVI. zum Sekretär der römischen Kongregation für die Evangelisierung der Völker ernannt worden. Die Ernennung war in direktem Zusammenhang mit der China-Politik des Heiligen Stuhls gesehen worden. 2016 wurden ihm Aufgaben außerhalb des Vatikans übertragen, so jene als Apostolischer Administrator des Erzbistums Agaña auf Guam, weil gegen den dortigen Erzbischof ermittelt wurde. Eine Aufgabe, für die es nicht der Nummer Zwei einer römischen Kongregation bedurfte.
Am 28. September 2017 ernannte Papst Franziskus den chinesischen Salesianer überraschend zum Apostolischen Nuntius in Griechenland. Die Entscheidung war deshalb überraschend, weil der damals fast 67 Jahre alte Hon, nie zuvor für den Diplomatischen Dienst des Heiligen Stuhls tätig war und auch über keine diplomatische Erfahrung verfügte.
Einen Monat später, am 26. Oktober, erhielt der rechtmäßige Bischof Peter Zhuang von Shantou die schriftliche Rücktrittsaufforderung aus dem Vatikan.
Für die Volksrepublik China ist in Rom die Kongregation für die Evangelisierung der Völker zuständig, deren Nummer Zwei der mit den Verhältnissen in China bestens vertraute Msgr. Hon war. Ein chinesischer Gesprächspartner ist überzeugt, daß der Salesianer durch die Ernennung zum Nuntius aus dem Vatikan wegbefördert wurde, weil er „nie diese Politik unterstützt“ hätte.
Der Mann, dem Bergoglio ein neues Auto schenkte
Im Zusammenhang mit den jüngsten Ereignissen in China soll eine Episode in Erinnerung gerufen werden, die jeder selbst bewerten soll.
Als Kardinal Bergoglio im März 2013 zum Papst gewählt wurde, veröffentlichte der argentinische Journalist und studierte Philosoph Omar Daniel Bello die Biographie „El verdadero Francisco“ (Der wahre Franziskus, Ediciones Noticias, Buenos Aires 2013). Bello, der sich selbst als „Freund und Vertrauten“ von Kardinal Bergoglio bezeichnete und als „der Philosoph, der Bergoglio am besten kennt“, beschrieben wurde, kam im März 2015 bei einem Verkehrsunfall ums Leben.
Auf den Seiten 36/37 seines Buches schilderte er folgende Begebenheit:
„Du mußt ihn sofort rauswerfen!“, verlangte Bergoglio mit lauter Stimme. Die Wände zitterten. „Keinen Tag länger hat dieser Typ hierzusein. Hast du verstanden?“
Er bezog sich auf einen Mitarbeiter der Kurie, den er nicht ausstehen konnte.
„Wirf ihn mir sofort raus! Verstanden?“
„Er wird aber mit Ihnen sprechen wollen …“, antwortete einer der Ökonomen.
„Ich habe gesagt, du sollst ihn rauswerfen. In welcher Sprache rede ich?“
„In Ordnung, Monseñor, wir werden ihn sofort rauswerfen…“
Nach der Entlassung bat der betroffene Mitarbeiter um ein Gespräch mit dem Kardinal, und es wurde ihm sofort und ohne Fragen gewährt.
„Aber ich habe nichts davon gewußt, mein Sohn, ich bin völlig überrascht …“, versicherte ihm Kardinal Bergoglio, als der „Rausgeworfene“ ihm seine Sorgen vorbrachte.
„Warum haben sie dich rausgeworfen? Wer war das?“
Der Mann verließ das Arbeitszimmer des Kardinals ohne Arbeit, aber mit einem nigelnagelneuen Auto als Geschenk. Er war davon überzeugt, daß Bergoglio ein Heiliger ist, getrieben von Umständen, die er nicht kontrollieren kann, und umgeben von einer Horde bösartiger Assistenten. Die Geschichte dieser Entlassung wird auch von den Sicherheitsleuten der Kurie von Buenos Aires bestätigt.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: AsiaNews
Soweit ich das überblicken kann, sind die Forderungen der diversen hiesigen progressiven antikonservativen Priester- und Laien-Plattformen in der Chinesischen Katholischen-Patriotischen Vereinigung der KP der Demokratischen Volksrepublik China schon umgesetzt. Ich war schon vor Jahren der Meinung, dass diese VR-China-KP-angepasste Bibelauslegung diesen Gruppierungen als Vorbild dient. Nicht die röm. kath. Kirche gibt gestützt auf die Hl. Schrift die Linie vor, sondern die Parteizentrale.
Diese Chinesischen Katholischen-Patriotischen Vereinigung ist eine KP-gesteuerte nationalistische Gruppierung, die sich die Beifügung katholisch (= allumfassend) ausleiht.
Die Einfuhr von nicht System-korrigierten Bibeln in die VR China ist ja verboten so viel mir zu Ohren kam.
Bei einem Katechismus
möchte ich gar nicht wissen,
was da alles hineinzuschreiben und nicht hineinzuschreiben verlangt würde.
Ist ja bei uns in Europa auch schon voll im Gange.
Wenn die von Bello auf den Seiten 36/37 seines Buches geschilderte Begebenheit wirklich so stattgefunden haben sollte, wäre das beinahe schon eine Ungeheuerlichkeit. Dann wäre aber tatsächlich noch weitaus Ungeheuerlicheres zu erwarten. Sollte es sich allerdings um eine erfundene Story des tödlich verunfallten Journalisten handeln, wäre auch das eine Ungeheuerlichkeit. Aber wer kann das – so oder so – verifizieren. Denkbar ist, dass diverse südamerikanische Geheimdienste, aber vor allen auch der amerikanische, der russische und der chinesische, genügend Material über den argentinischen Jesuiten und späteren Bischof/Kardinal Jorge M. Bergoglio zusammengetragen haben. Bergoglio dürfe schon in jungen Jahren als politische Figur interessant gewesen sein und nicht erst jetzt als Papst.
P. Bernardo Cervellera PIME, der mit China gut vertraut ist und Chinesisch spricht, betreibt die von Giuseppe Nardi genannte Nachrichtenseite AsiaNews, die auch auf Englisch verfügbar ist: http://www.asianews.it/en.html
Klar ist, daß sich hier ganz häßliche Dinge abspielen und daß ein zweiter Fall Mindszenty (oder Slipyj, ukrainischer Großerzbischof, den Paul VI. ganz widerlich behandelt hat) sehr wohl beabsichtigt ist.
Der manchen Lesern dieser Seite sicher bekannte kanadische Autor Michael D. O’Brien hat bereits 1996 in Father Elijah China thematisiert. Dort betreibt nach dem Roman der sinistre Kardinal Vettore eine eigenmächtige Politik (allerdings gegen den Willen des Papstes). Im Roman The Father’s Tale (2011) thematisiert O’Brien ebenfalls die chinesische Untergrundkirche, die sich heroisch dem kommunistischen System widersetzt. Offenbar spielt China für die Zukunft der Kirche eine nicht zu unterschätzende Rolle, eventuell kann man sich sogar eine spirituelle Erneuerung der am Boden liegenden postkonziliaren Kirche aus China erwarten.
Ganz klar, daß das die derzeitige Abbruchspolitik der St. Gallen – Mafia und ihrer Epigonen verhindern will.
Für manche scheint zu gelten: Reden ist eine Sache, handeln eine andere.
Trotz allem: Beten und hoffen!