Roberto de Mattei: Mißbrauchsgipfel im Vatikan droht zu scheitern

Sexueller Mißbrauchsskandal: das Symptom einer tieferen Kirchenkrise


Roberto de Mattei warnte auf einer Pressekonferenz vor einem Scheitern des Mißbrauchsgipfel im Vatikan.
Roberto de Mattei warnte auf einer Pressekonferenz vor einem Scheitern des Mißbrauchsgipfel im Vatikan.

(Rom) Stel­lung­nah­me von Prof. Rober­to de Mat­tei bei der Pres­se­kon­fe­renz, die heu­te nach­mit­tag von einer inter­na­tio­na­len Koali­ti­on katho­li­scher Orga­ni­sa­tio­nen am Sitz der Aus­lands­pres­se in Rom abge­hal­ten wur­de. Anlaß war ein Akti­ons­tag zum bevor­ste­hen­den Gip­fel über den sexu­el­len Miß­brauch, zu dem Papst Fran­zis­kus vom 21.–24. Febru­ar in den Vati­kan lädt. Die Ver­tre­ter der Koali­ti­on for­den eine Ende der „Mau­er des Schwei­gens“ in der Kir­che und warn­ten vor einem Schei­tern des Gip­fels. Er wer­de nur Kos­me­tik sein, wenn über den sexu­el­len Miß­brauchs­skan­dal gespro­chen, aber zugleich die wah­ren Grün­de dafür aus­ge­klam­mert blei­ben und ver­schwie­gen wer­den. Auf der Pres­se­kon­fe­renz wur­de deut­lich, daß die Ver­tre­ter der inter­na­tio­na­len Koali­ti­on im sexu­el­len Miß­brauchs­skan­dal ein beson­ders schwer­wie­gen­des Phä­no­men, aber letzt­lich nur ein Sym­ptom einer tie­fe­ren Kir­chen­kri­se sehen.

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Die Stel­lung­nah­me von Prof. de Mat­tei im Wortlaut.

Die Mauer des Schweigens brechen

Von Rober­to de Mattei*

Wenn der Gip­fel der Vor­sit­zen­den der Bischofs­kon­fe­ren­zen der Welt, die von Papst Fran­zis­kus ver­sam­melt wer­den, sich dar­auf beschrän­ken wird, den Miß­brauch von Min­der­jäh­ri­gen zu behan­deln, wie der Titel des Tref­fens ankün­digt, ohne zum Bei­spiel die Fra­ge der Homo­se­xua­li­tät in der Kir­che zu behan­deln, wird das Tref­fen zum Schei­tern ver­ur­teilt sein, weil es nicht zu den wirk­li­chen Ursa­chen des Pro­blems vor­dringt. Es wäre Heu­che­lei, die Skan­da­le nur auf die Pädo­phi­lie ein­zu­schrän­ken, aber das Übel der Homo­se­xua­li­tät zu igno­rie­ren, die nicht nur ein wider­na­tür­li­ches Laster, son­dern auch eine Macht­struk­tur inner­halb der Kir­che ist. Eben­so heuch­le­risch wäre es, sich dar­auf zu beschrän­ken, mora­li­sche Skan­da­le zu bekla­gen, ohne auf Ent­wick­lun­gen zu Fra­gen der Glau­bens­leh­re ein­zu­ge­hen, die bis in die Jah­re des Kon­zils und der unmit­tel­ba­ren Nach­kon­zils­zeit zurückreichen. 

Roberto de Mattei
Rober­to de Mattei

Statt­des­sen scheint es, als wür­den sich die kirch­li­chen Auto­ri­tä­ten für die Ver­bre­chen wie Pädo­phi­lie und Ver­ge­wal­ti­gung nicht des­halb inter­es­sie­ren, weil sie eine sehr schwer­wie­gen­de Ver­let­zung des gött­li­chen Geset­zes und des Natur­rechts sind, und daher eine Belei­di­gung Got­tes dar­stel­len, son­dern nur des­halb, weil sie eine Ver­let­zung des Näch­sten sind und von den moder­nen Staa­ten straf­recht­lich geahn­det werden. 

Die­sel­ben moder­nen Staa­ten, die die Pädo­phi­lie ver­ur­tei­len, för­dern aber gleich­zei­tig die Homo­se­xua­li­tät, und die heu­ti­gen Kir­chen­män­ner haben Angst davor, als „homo­phob“ bezeich­net zu werden. 

Gera­de in die­sen Tagen fin­det eine gro­ße Medi­en­ope­ra­ti­on statt, um das Buch von Fré­dé­ric Mar­tel „Sodo­ma“ zu lan­cie­ren, der dar­in behaup­tet, daß jeder Kir­chen­mann, der die Homo­se­xua­li­tät ver­ur­teilt, „homo­phob“ sei, und jeder „Homo­pho­be“ ein ver­steck­ter Homo­se­xu­el­ler sei, der sei­ne Homo­se­xua­li­tät unter­drücke. Die wah­re Sün­de nach die­ser Logik sei die Heu­che­lei jener, die sich nicht öffent­lich als Homo­se­xu­el­le bekennen. 

Die­ses Buch, des­sen Erschei­nungs­ter­min bewußt mit dem Beginn des Miß­brauchs­gip­fels zusam­men­ge­legt wur­de, ist ein Ver­such, einen bedroh­li­chen Medi­en­druck auf die sich in Rom ver­sam­meln­den Bischö­fe aus­zu­üben mit dem Ziel, sie zum Schwei­gen zu bringen. 

Wir sind heu­te hier, um die Mau­er des Schwei­gens nie­der­zu­rei­ßen. Das Schwei­gen kann man mit Wor­ten bre­chen, wie wir es mit die­ser Pres­se­kon­fe­renz tun, aber auch mit sym­bo­li­schen Gesten, wie wir es auf der Piaz­za San Sil­ve­stro getan haben. Reden bedeu­tet nicht nur Wor­te zu mur­meln, und eine öffent­li­che Kund­ge­bung kann eine Bot­schaft stär­ker ver­mit­teln als Worte.

Der hei­li­ge Gre­gor der Gro­ße nennt in der Pasto­ral­re­gel die schlech­ten Hir­ten „stum­me Hun­de, die nicht bel­len kön­nen“ (Jes 56,10). „Was ist die Angst des Hir­ten, die Wahr­heit zu sagen, wenn nicht Feig­heit vor dem Feind durch Schweigen?“ 

Wir rich­ten einen Appell an die Vor­sit­zen­den der Bischofs­kon­fe­ren­zen, die sich in Rom ver­sam­meln, und an alle Bischö­fe der gan­zen Welt: Habt den Mut auf­zu­ste­hen und das Schwei­gen zu bre­chen, wie es Erz­bi­schof Car­lo Maria Viganò getan hat. Wenn das nicht geschieht, wird unser Zeug­nis zur War­nung für jene Hir­ten der Kir­che, die durch ihre Gra­bes­stil­le, ob aus Furcht oder aus Arro­ganz, de fac­to den katho­li­schen Glau­ben und die katho­li­sche Moral verleugnen. 

Unser Herr Jesus Chri­stus hat uns aber gesagt, daß Er sich vor Gott zu denen beken­nen wird, die sich zu Ihm bekannt haben, und jene ver­leug­nen wird, die Ihn ver­leug­net haben (Mt 10,32–33; Lk 9,26; 13,8–9).

*Rober­to de Mat­tei, Histo­ri­ker, Vater von fünf Kin­dern, Pro­fes­sor für Neue­re Geschich­te und Geschich­te des Chri­sten­tums an der Euro­päi­schen Uni­ver­si­tät Rom, Vor­sit­zen­der der Stif­tung Lepan­to, Autor zahl­rei­cher Bücher, zuletzt in deut­scher Über­set­zung: Ver­tei­di­gung der Tra­di­ti­on: Die unüber­wind­ba­re Wahr­heit Chri­sti, mit einem Vor­wort von Mar­tin Mose­bach, Alt­öt­ting 2017.

Übersetzung/​Fußnote: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Cor­ri­spon­den­za Romana/​LifeSiteNews

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Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

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