Franziskus und das deutsche Schisma – Die Chronologie eines Alptraums

Die Vorgeschichte zur ausgebliebenen Zölibats-Revolution


Kardinal Marx mit Papst Franziskus: zwei Gesichtsausdrücke, zwei Charaktere.
Kardinal Marx mit Papst Franziskus: zwei Gesichtsausdrücke, zwei Charaktere.

(Rom) Sorg­te am 15. Janu­ar die Ver­öf­fent­li­chung des Buches „Aus den Tie­fen unse­rer Her­zen“[1] von Kar­di­nal Robert Sarah und Bene­dikt XVI. für einen Pau­ken­schlag, so sorgt seit dem 15. Febru­ar die Ver­öf­fent­li­chung des nach­syn­oda­len Schrei­bens Quer­ida Ama­zo­nia von Papst Fran­zis­kus in bestimm­ten Kir­chen­krei­sen für einen Kat­zen­jam­mer – vor allem im deut­schen Sprach­raum. Sei­ne Zusam­men­schau soll dem deut­schen Publi­kum nicht vor­ent­hal­ten bleiben.

Anzei­ge

Der Vati­ka­nist San­dro Magi­ster ver­öf­fent­lich­te einen Rück­blick auf die Ereig­nis­se, den er „Chro­no­lo­gie eines Alp­traums“ nennt und von einem „deut­schen Schis­ma“ spricht. Auch er weist der Ver­öf­fent­li­chung des Buches von Kar­di­nal Sarah und Bene­dikt XVI. eine maß­geb­li­che Bedeu­tung zu, zieht den Kreis aber wei­ter und nimmt vor allem das Ver­hält­nis zwi­schen Papst Fran­zis­kus und der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz in den Fokus. Rück­blickend habe sich eine Ent­frem­dung ange­bahnt, die sich in den ver­gan­ge­nen zwölf Mona­ten immer mehr ver­tief­te. Ver­ant­wort­lich dafür sei das rück­sichts­lo­se Vor­stür­men von deut­scher Sei­te gewe­sen. Fran­zis­kus muß­te mit wach­sen­dem Unbe­ha­gen fest­stel­len, daß der Geist der deut­schen Rebel­len, den er selbst aus der Fla­sche gelas­sen hat­te, sich sogar ihm zu wider­set­zen begann. Die geför­der­ten Kin­der, die sich gegen den Vater wen­den, das mag Fran­zis­kus nicht. 

Die Ama­zo­nas­syn­ode sei bereits „die zwei­te Syn­ode hin­ter­ein­an­der“, bei der Fran­zis­kus die Erwar­tun­gen jener ent­täusch­te, die sich davon Neue­run­gen erhoff­ten. Die­se Erwar­tun­gen sei­en vom Papst jeweils selbst genährt wor­den, indem er „Öff­nun­gen“ in Aus­sicht stellte.

Erste Enttäuschung: die Jugendsynode

Die erste „Ent­täu­schung“ war die Jugend­syn­ode 2018. Die Erwar­tun­gen zu ihr betra­fen die Homo­se­xua­li­tät. Es gehört zum Stil von Fran­zis­kus, die heik­len Fra­gen, zu denen Inter­ven­ti­ons­be­reit­schaft zeigt, unschein­bar zu ver­packen. Der Para­graph 197 des Arbeits­pa­piers für die­se Syn­ode sah aus­drück­lich einen Para­dig­men­wech­sel in der kirch­li­chen Hal­tung zur Homo­se­xua­li­tät vor. Natür­lich kommt die End­fas­sung die­ses Instru­men­tum labo­ris nur mit Bil­li­gung des Pap­stes zustande.

„Doch nichts. Sobald sich die Syn­ode ver­sam­mel­te, erleg­te ihr Fran­zis­kus zu die­sem The­ma Schwei­gen auf, und bekam es auch. Weder war in der Dis­kus­si­on im Ple­num etwas davon zu hören noch im Schluß­do­ku­ment ein Wort dar­über zu lesen, erst recht nicht im nach­syn­oda­len Schrei­ben Chri­stus vivit

Nach­dem die Jugend­syn­ode aber ihrer „ein­zi­gen pikan­ten Zutat beraubt“ war, so Magi­ster, wur­de dar­aus „die unnö­tig­ste und lang­wei­lig­ste Syn­ode der Geschichte“. 

Das hat­te damit zu tun, weil die Jugend­syn­ode, wie das päpst­li­che Umfeld unüber­hör­bar zu ver­ste­hen gab – Magi­ster sagt es nicht so deut­lich –, eigens mit Blick auf die Homo-Fra­ge ein­be­ru­fen wor­den war. Anders aus­ge­drückt: Die wesent­lich damit befaß­ten Krei­se hat­ten weder ein Inter­es­se an Fra­gen, wie Jugend­li­che heu­te evan­ge­li­siert wer­den könn­ten, noch hat­ten sie sich dar­auf vor­be­rei­tet. Des­halb muß­te die Syn­ode ohne Homo-Agen­da zur Tot­ge­burt wer­den. So ver­wun­dert es auch nicht, daß das nach­syn­oda­le Schrei­ben Chri­stus vivit bis­her kei­ne nen­nens­wer­te Reso­nanz fand, nicht ein­mal in berg­o­glia­ni­schen Krei­sen – oder viel­leicht gera­de dort nicht. Es wur­de letzt­lich für den Papier­korb produziert. 

Zweite Enttäuschung: die Amazonassynode

Das war 2018. Ein Jahr spä­ter folg­te die Ama­zo­nas­syn­ode, und wie­der schnell­ten die Erwar­tun­gen nach oben, erhöh­te sich die Span­nung mit näher rücken­dem Ter­min, um schließ­lich in sich zusam­men­zu­fal­len wie ein Luft­bal­lon, dem die Luft aus­ge­las­sen wird. In die neue Syn­ode über den exo­ti­schen Regen­wald im fer­nen Ama­zo­nas wur­de die Fra­ge des Prie­ster­tums hin­ein­ge­packt. Es ging um Bestre­bun­gen zur Zulas­sung ver­hei­ra­te­ter Män­ner zur Prie­ster­wei­he und von Frau­en zum Wei­he­sa­kra­ment. Was arg­li­stig geplant war, ende­te im fak­ti­schen Nichts. Doch hören wir dazu Magister:

„Dies­mal wur­de bei der Syn­ode über die am mei­sten erwar­te­te und am mei­sten bekämpf­te Ände­rung dis­ku­tiert: die Prie­ster­wei­he für ver­hei­ra­te­te Män­ner. Im Schluß­do­ku­ment wur­de der Vor­schlag mit mehr als zwei Drit­teln der Stim­men ange­nom­men. Noch Anfang Janu­ar waren sich vie­le sicher, daß ihn Fran­zis­kus sich zu eigen machen und im nach­syn­oda­len Schrei­ben geneh­mi­gen wer­de, das jeden Tag erwar­tet wurde.“

Doch es folg­te das Unerwartete.

„Dann aber kam, zur ent­schie­de­nen Ver­tei­di­gung des zöli­ba­t­ä­ren Prie­ster­tums, das explo­si­ve Buch des eme­ri­tier­ten Pap­stes Bene­dikt XVI. und Kar­di­nal Robert Sarahs, das von den Neue­rern als dunk­le Vor­ah­nung auf­ge­nom­men wurde.“

Magi­ster gibt zu ver­ste­hen, daß das Buch der ent­schei­den­de Anstoß für die Voll­brem­sung war, die Fran­zis­kus kurz dar­auf zum The­ma Wei­he­sa­kra­ment und Zöli­bat hinlegte.

Im nach­syn­oda­len Schrei­ben Quer­ida Ama­zo­nia fin­det sich nach jah­re­lan­gem Hin­ar­bei­ten plötz­lich kein Wort mehr zu die­sem The­men­kom­plex. Damit blei­be den ver­bis­se­nen Neue­rern nichts ande­res mehr übrig, so Magi­ster, als sich an letz­te Stroh­hal­me zu klam­mern wie Msgr. Vic­tor Manu­el Fer­nan­dez, der päpst­li­che Aug­ap­fel in Argen­ti­ni­en. Für des­sen Ernen­nung zum Rek­tor der Päpst­li­chen Katho­li­schen Uni­ver­si­tät von Argen­ti­ni­en hat­te sich der dama­li­ge Erz­bi­schof von Bue­nos Aires, Jor­ge Mario Berg­o­glio, sogar mit der römi­schen Bil­dungs­kon­gre­ga­ti­on ange­legt und sich durch­ge­setzt. Fer­nan­dez ist der Ghost­wri­ter des Pap­stes, wenn­gleich es in jüng­ster Zeit ruhi­ger um ihn wur­de, denn Fran­zis­kus sand­te ihn als Erz­bi­schof von La Pla­ta nach Argen­ti­ni­en zurück. Er – und nicht nur er – klam­mert sich an jenen Satz, in dem der Papst ein­lädt, das Syn­oden­schluß­do­ku­ment zu lesen und sich davon „berei­chern“ zu las­sen. Das ist aller­dings auch schon die ein­zi­ge Erwäh­nung die­ses Tex­tes im gan­zen Schreiben.

Die Findigkeit eines Papst-Vertrauten

Fer­nan­dez ist, was Magi­ster noch nicht berück­sich­tigt, inzwi­schen schon wei­ter­ge­gan­gen. Am 17. Febru­ar ver­öf­fent­lich­te er einen „Inter­pre­ta­ti­ons­schlüs­sel“ für Quer­ida Ama­zo­nia auf der Inter­net­sei­te sei­nes Erz­bis­tums und, was aber viel wich­ti­ger ist, auch im Osser­va­to­re Roma­no. Nach den ersten Reak­tio­nen „von Wei­nen oder Tri­umph“ sei es „oppor­tun“, das nach­syn­oda­le Schrei­ben in Ruhe zu lesen, „damit spe­zi­fi­sche Bei­trä­ge nicht unbe­ach­tet blei­ben, und um zu hören, was der Hei­li­ge Geist sei­ner Kir­che sagen will“. Im deut­schen Sprach­raum wur­de die­ser Kom­men­tar zwar berich­tet, nicht aber die wahr­schein­lich wich­tig­ste Pas­sa­ge. Auf ihn ver­weist hin­ge­gen Mai­ke Hick­son. Es han­delt sich um das letz­te Kapi­tel am Ende des Kom­men­tars. Er ist dem „ama­zo­ni­schen Ritus“ gewid­met, den Fran­zis­kus in Quer­ida Ama­zo­nia erwähnt, und sie­he da, aus­ge­rech­net in einer Fuß­no­te. Fuß­no­ten sind unter Fran­zis­kus seit Amo­ris lae­ti­tia berüch­tigt. Die Fuß­no­te 120 lau­tet lapidar:

„Bei der Syn­ode wur­de ein eige­ner ‚ama­zo­ni­scher Ritus‘ vorgeschlagen.“

Das, so Fer­nan­dez, zei­ge, daß Fran­zis­kus in Quer­ida Ama­zo­nia doch die Tür zu den „viri pro­ba­ti“, so lau­tet der Tarn­be­griff für die Zöli­bats­auf­he­bung, geöff­net habe. Im Klar­text: Fran­zis­kus wol­le „nicht von oben“ ent­schei­den, son­dern habe den Weg geeb­net, auf loka­ler Ebe­ne einen „lang­sa­men, lan­gen und rei­chen“ Pro­zeß der Unter­schei­dung zu begin­nen mit dem Ziel, einen „ama­zo­ni­schen Ritus“ zu schaf­fen. In die­sem Pro­zeß, „mit Treue zum Hei­li­gen Geist“ und einer Hal­tung der Ein­heit, wäre dann auch der „geeig­ne­te Rah­men“ gege­ben, um bes­ser die „Even­tua­li­tät“ unter­schei­den zu kön­nen, „eini­ge ‚viri pro­ba­ti‘ zu weihen“. 

Anders aus­ge­drückt: ein neu­er Ritus, ein neu­es Priestertum.

Ist alles nur ein tak­ti­sches Manö­ver, um ein­mal die Wider­stän­de der glau­bens­treu­en Krei­se zu umge­hen, die sonst „einen Wir­bel“ machen, wie Fran­zis­kus 2015 sei­nem getreu­en Son­der­se­kre­tär der Fami­li­en­syn­ode, Erz­bi­schof Bru­no For­te von Chie­ti-Vas­to, erklär­te? Beginnt alles über eine Fuß­no­te von vorne?

So ganz ein­fach wird die Sache aber nicht wer­den. Die neo­mo­der­ni­sti­schen Krei­se, die Fran­zis­kus bis­her unter­stützt haben und sich nun ent­täuscht und getäuscht füh­len, wer­den nicht auf Knopf­druck wie­der in Eupho­rie ver­fal­len. Auch ihnen hat sich Fran­zis­kus zu sehr ent­zo­gen, als daß das Ver­trau­en in ihn unge­bro­chen wäre. 

Doch set­zen wir nach die­sem aktu­el­len Ein­schub Magi­sters Rekon­struk­ti­on fort, der die Ant­wort auf die Fra­ge, was Fran­zis­kus dazu getrie­ben hat, die ihn unter­stüt­zen­den neo­mo­der­ni­sti­schen Krei­se im Regen ste­hen­zu­las­sen, „in Deutsch­land“ sucht.

Die deutsche Entfremdung: Hinweis 1

Der Vati­ka­nist ver­weist auf den „Syn­oda­len Weg“ der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz, der am 1. Dezem­ber 2019 sei­nen Auf­takt mit dem erklär­ten Ziel nahm, inner­halb von zwei Jah­ren die Zöli­bats­be­stim­mung aus dem Weg zu räu­men, die maß­geb­li­chen Kir­chen­krei­sen nörd­lich der Alpen ver­haßt ist, auch Frau­en zum Wei­he­sa­kra­ment zuzu­las­sen, Homo-Ver­bin­dun­gen zu seg­nen und die Lei­tung der Kir­che zu demokratisieren.

Der „Syn­oda­le Weg“ wur­de als „logi­sche“ Nach­fol­ge­ver­an­stal­tung zur Ama­zo­nas­syn­ode kon­zi­piert. Die Macher stell­ten sich vor, daß Fran­zis­kus die Ama­zo­nas­syn­ode zum Vor­wand für die Zöli­bats­be­sei­ti­gung neh­men wür­de und sie ihrer­seits dann schon bereit­ste­hen, um ver­hei­ra­te­te Män­ner zum Prie­ster­tum zuzu­las­sen. Das­sel­be Sze­na­rio war für die Kle­ri­ka­li­sie­rung der Frau geplant und die Aner­ken­nung der Homo­se­xua­li­tät, die sich die­se Krei­se schon im Zuge der Jugend­syn­ode erhofft hatten. 

„Was die ver­hei­ra­te­ten Prie­ster und die Frau­en­äm­ter betrifft, ziel­te die deut­sche Syn­ode auf die Ama­zo­nas­syn­ode als Weg­be­rei­ter. Wären von dort [der Ama­zo­nas­syn­ode] Öff­nun­gen gekom­men zu die­sen Fra­gen, auch nur gering­ste, wäre der Weg frei gewe­sen, um sie auch im Her­zen Euro­pas zu wie­der­ho­len und zu ver­stär­ken. Papst Fran­zis­kus wuß­te das.“

Er habe im ver­gan­ge­nen Jahr „viel unter­nom­men“, so Magi­ster, um die katho­li­sche Kir­che in Deutsch­land zur Ord­nung zu rufen, doch ohne Erfolg.

„Das dop­pel­te Schwei­gen, das er am Ama­zo­nas zu ver­hei­ra­te­ten Prie­stern und Dia­ko­nin­nen ein­nahm, wur­de in Deutsch­land und anders­wo als wei­te­rer Schritt des Pap­stes gese­hen, die Fahrt der deut­schen Kir­che in Rich­tung einer immer akzen­tu­ier­te­ren Eigen­stän­dig­keit zu bremsen.“

Die ersten Reak­tio­nen im deut­schen Sprach­raum waren „Ent­täu­schung“, aber auch „trot­zi­ge Bekräf­ti­gung“ des Wil­lens, die­sen Weg wei­ter­zu­ge­hen. Dar­in ver­such­te sich auch schon Kar­di­nal Rein­hard Marx, der Erz­bi­schof von Mün­chen-Frei­sing und noch Vor­sit­zen­der der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz. Er beton­te nicht das nach­syn­oda­le Schrei­ben, son­dern die Öff­nun­gen der Ama­zo­nasyn­ode in ihrem Schluß­do­ku­ment zu ver­hei­ra­te­ten Prie­stern und Frau­en­äm­tern, und mein­te, der Papst habe kei­ne „kon­kre­ten Ent­schei­dun­gen“ getrof­fen. Anders aus­ge­drückt, er habe nichts ver­bo­ten, son­dern nur geschwie­gen, wes­halb „die Dis­kus­si­on wei­ter­ge­hen“ kön­ne. Man kann es sich immer dre­hen, wie man will.

Magi­ster iden­ti­fi­ziert in Kar­di­nal Marx den „Anfüh­rer der Neue­rer“. Am „Syn­oda­len Weg“ neh­men aber nicht nur die 69 Bischö­fe der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz teil, son­dern mit glei­chem Stimm­recht auch vie­le Ver­tre­ter des umstrit­te­nen Zen­tral­ko­mi­tees der deut­schen Katho­li­ken (ZdK) sowie Ver­tre­ter der reli­giö­sen Orden und Gemein­schaf­ten und wei­te­re Expo­nen­ten, die zumeist dem pro­gres­si­ven Spek­trum ange­hö­ren. Die Unter­schie­de beschrän­ken sich auf die Radi­ka­li­tät, mit der die neo­mo­der­ni­sti­sche Agen­da ver­tre­ten wird. Auch für die­se typisch pro­te­stan­ti­sche Syn­oden-Zusam­men­set­zung war es Fran­zis­kus, der im Sep­tem­ber 2018 mit der Apo­sto­li­schen Kon­sti­tu­ti­on Epis­co­pa­lis Com­mu­nio die kir­chen­recht­li­chen Vor­aus­set­zun­gen geschaf­fen hat­te. Man täte Marx und der Mehr­heit der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz Unrecht, wenn man ihnen unter­stel­len wür­de, eigen­mäch­tig gehan­delt zu haben. Sie haben nur viel­mehr immer rasch und kon­kret umge­setzt, wofür ihnen Fran­zis­kus grü­nes Licht gab. Und natür­lich ging dem grü­nen Licht jeweils inten­si­ves deut­sches Lob­by­ing vor­aus, das nicht zuletzt über Kar­di­nal Wal­ter Kas­per erfolgte.

Nie­mand bezwei­felt, daß die gro­ße Mehr­heit der Syn­oda­len des „Syn­oda­len Weges“ für radi­ka­le Ver­än­de­run­gen ist und auch kei­ne Pro­ble­me damit hät­te, mit der kirch­li­chen Tra­di­ti­on zu bre­chen. Das „sen­ti­re cum eccle­sia“ ist vie­len von ihnen ziem­lich fremd gewor­den. Wen wun­dert es, wenn man bedenkt, in welch pre­kä­rem Geist in den ver­gan­ge­nen 60 Jah­ren gan­ze Gene­ra­tio­nen von Kle­ri­kern, Theo­lo­gen und ande­rem Kir­chen­per­so­nal her­an­ge­bil­det wur­den und Schlüs­sel­po­si­tio­nen beset­zen konn­ten. Man­che wis­sen wahr­schein­lich wirk­lich nicht, was sie tun. Für die Bischö­fe gilt das frei­lich nicht. Die Durch­set­zung des eige­nen Wil­lens, koste es was es wol­le, ist zur star­ken Trieb­fe­der gewor­den. Wer dazu aus der Rei­he tanzt, hat in bestimm­ten Diö­ze­sen kei­nen leich­ten Stand. Die Bischö­fe ste­hen dies­be­züg­lich selbst unter star­kem Druck durch den Ver­band­s­ka­tho­li­zis­mus und den Appa­rat der Haupt­amt­li­chen. Mit­leid ver­die­nen sie dafür nicht, denn sie haben die­se Situa­ti­on selbst geschaf­fen bzw. zugelassen. 

Die abwei­chen­den Stim­men auf dem „Syn­oda­len Weg“ las­sen sich an weni­gen Fin­gern abzäh­len. Magi­ster erin­nert an die Theo­lo­gin und Ratz­in­ger-Preis­trä­ge­rin Mari­an­ne Schlos­ser. Sie gab am 21. Dezem­ber 2019 ihren Rück­zug vom „Syn­oda­len Weg“ bekannt, nach­dem sie gese­hen hat­te, in wel­che Rich­tung der Wagen rollt und wie aus­sichts­los auf­grund der vor­ge­fer­tig­ten Mehr­heits­ver­hält­nis­se jede Gegen­po­si­ti­on ist. 

Auch unter den Bischö­fen las­sen sich Gegen­po­si­tio­nen an zwei Hän­den abzäh­len. Kar­di­nal Rai­ner Maria Woel­ki ist ihr rang­höch­ster Expo­nent. Der Erz­bi­schof von Köln warn­te mehr­fach vor der Gefahr eines Schis­mas. Ande­re deut­sche Kar­di­nä­le wie Ger­hard Mül­ler, Wal­ter Brand­mül­ler und Paul Josef Cor­des lei­sten ener­gi­schen Wider­stand, wes­halb sie vor­sorg­lich auch nicht in den „Syn­oda­len Weg“ ein­ge­bun­den wur­den. Eine wirk­li­che Dis­kus­si­on oder gar Wahr­heits­su­che will man nicht wirk­lich. Der „Syn­oda­le Weg“ folgt dem Syn­oden­mo­dell der vor­ge­fer­tig­ten Ergebnisse. 

Kar­di­nal Brand­mül­ler bezich­tig­te die Syn­oden­ma­cher in einem Inter­view mit der Tages­post, in den Fuß­stap­fen Mar­tin Luthers eine neue pro­te­stan­ti­sche Regio­nal­kir­che schaf­fen zu wol­len, als gäbe es die­se nicht schon seit 500 Jahren.

Eben­so­we­nig wie beim „Syn­oda­len Weg“ bestan­den Zwei­fel über die Mehr­heits­ver­hält­nis­se bei der Ama­zo­nas­syn­ode. Zu aus­ge­tüf­telt war die Selek­ti­on der Syn­oda­len. Auch das wuß­te Fran­zis­kus, hat­te er doch die Aus­wahl­kri­te­ri­en gebil­ligt. Der abrup­te Mei­nungs­um­schwung von Fran­zis­kus kann daher weder mit der Ama­zo­nas­syn­ode zusam­men­hän­gen noch mit den vier deut­schen Kar­di­nä­len, die den „Syn­oda­len Weg“ kri­ti­sie­ren, denn kei­ner von ihnen gehör­te bis­her zu jenen, denen Fran­zis­kus sein Ohr leiht. Ganz im Gegenteil.

Ganz anders ist das mit Kar­di­nal Wal­ter Kas­per, der von Fran­zis­kus seit sei­ner Papst­wahl sehr geschätzt wird und gro­ßen Ein­fluß auf das Pon­ti­fi­kat aus­übt. Fran­zis­kus gewähr­te „den Deut­schen“ schon viel, jeweils auf Kas­pers Emp­feh­lung: zuerst die Zulas­sung wie­der­ver­hei­ra­te­ter Geschie­de­ner, dann auch die Zulas­sung pro­te­stan­ti­scher Ehe­gat­ten von Katho­li­ken zur Kommunion. 

Die deutsche Entfremdung: Hinweis 2

Berg­o­gli­os Ver­such, die deut­schen Bestre­bun­gen unter Kon­trol­le zu behal­ten, „erfolg­ten in meh­re­ren Etap­pen“, die von Lucas Wie­gel­mann Ende 2019 in der Her­der-Kor­re­spon­denz und in Ita­li­en in der Deho­nia­ner-Zeit­schrift Il Reg­no rekon­stru­iert wurden. 

Dem­nach erfolg­te die erste Etap­pe im Früh­jahr 2019. Die kämp­fe­ri­schen Ankün­di­gun­gen („Wir sind kei­ne Filia­le Roms“, O‑Ton Marx), die aus dem Nor­den nach Rom dran­gen, und die besorg­ten Berich­te des Apo­sto­li­schen Nun­ti­us in Ber­lin, Erz­bi­schof Niko­la Etero­vic, die auf den vati­ka­ni­schen Schreib­ti­schen lan­de­ten, rie­fen rang­ho­he Kuri­en­ver­tre­ter auf den Plan, die auf den Papst ein­dran­gen, end­lich den Ernst der Lage zu erken­nen und auch die Not­wen­dig­keit, etwas dage­gen zu unternehmen.

„In die­se Rich­tung beweg­ten sich die Kar­di­nä­le Marc Ouel­let, Prä­fekt der Bischofs­kon­gre­ga­ti­on, Luis Lada­ria, Prä­fekt der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on, Benia­mi­no Stel­la, Prä­fekt der Kle­rus­kon­gre­ga­ti­on, und Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Pie­tro Parolin.“

Apro­pos Bischofs­kon­gre­ga­ti­on und Nun­ti­us Etero­vic, der im Sep­tem­ber 2013 von Fran­zis­kus nach Ber­lin ent­sandt wur­de, die bei­de auf­grund ihres Amtes maß­geb­li­chen Anteil an Bischofs­er­nen­nun­gen haben soll­ten, frei­lich unter Fran­zis­kus nur bedingt haben: Von Papst Fran­zis­kus wur­den bereits 13 von ins­ge­samt 27 Bischofs­stüh­len in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land besetzt. 

Was nicht unbe­dingt etwas über die Qua­li­tät des vor­ber­go­glia­ni­schen Epi­sko­pats aus­sagt. Kar­di­nal Marx wur­de von Johan­nes Paul II. zum Bischof von Trier ernannt und von Bene­dikt XVI. zum Erz­bi­schof von Mün­chen und Frei­sing beför­dert und zum Kar­di­nal kre­iert. Auch des­sen Vize an der Spit­ze der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz, der Bischof von Osna­brück Franz-Josef Bode, ist eine Ernen­nung von Johan­nes Paul II. im Jahr 1995.

Doch zurück zu den erwähn­ten Kar­di­nal­prä­fek­ten. Es wur­de Kar­di­nal Lada­ria, Jesu­it wie Fran­zis­kus und ober­ster Glau­bens­hü­ter nach dem Papst, von den ande­ren Kar­di­nä­len dar­um gebe­ten, Fran­zis­kus per­sön­lich auf­zu­su­chen, um ihm ein Mahn­schrei­ben an die Deut­sche Bischofs­kon­fe­renz nahe­zu­le­gen. Fran­zis­kus ver­öf­fent­lich­te am 29. Juni 2019 tat­säch­lich ein Schrei­ben, aller­dings nicht ver­trau­lich und damit deut­li­cher an die deut­schen Bischö­fe, son­dern einen offe­nen Brief „an das pil­gern­de Volk Got­tes in Deutschland“.

Um den Brief schrei­ben zu kön­nen, bat Fran­zis­kus Kar­di­nal Kas­per um Hil­fe, wie die­ser selbst spä­ter in einem Inter­view der Her­der-Kor­re­spon­denz ent­hüll­te. Bei der Begeg­nung zwi­schen dem Papst und dem deut­schen Kar­di­nal sei die Gesamt­la­ge der Kir­che in Deutsch­land bespro­chen worden. 

„Berg­o­glio setz­te das Schrei­ben in sei­ner Mut­ter­spra­che Spa­nisch auf und ver­trau­te es Kar­di­nal Lada­ria für die Über­set­zung ins Deut­sche an.“

Kern des päpst­li­chen Schrei­bens an die deut­schen Katho­li­ken ist die Beto­nung der Not­wen­dig­keit, „den Pri­mat der Evan­ge­li­sie­rung zurück­zu­ge­win­nen“, anstatt stän­dig „struk­tu­rel­len, orga­ni­sa­to­ri­schen oder funk­tio­na­len Wan­del“ anzu­stre­ben, so Fran­zis­kus, „die nichts oder so gut wie gar nichts mit dem Mis­si­ons­auf­trag der Kir­che zu tun haben“, so Magi­ster ergänzend.

Doch das Schrei­ben erziel­te nicht die von Fran­zis­kus erhoff­te Wir­kung. Das habe auch Kas­per „mit Besorg­nis“ fest­ge­stellt. Der Kar­di­nal sag­te, daß man den Brief zwar in jenen ton­an­ge­ben­den Krei­sen der Kir­che in Deutsch­land sehr geschätzt habe, die sein eigent­li­cher Adres­sat waren, aber dann gleich bei­sei­te­leg­te, um genau­so wei­ter­zu­ma­chen, wie man es geplant hat­te. Selbst Kas­per gab zu beden­ken, daß ohne Glau­bens­er­neue­rung jede struk­tu­rel­le Reform, so gut die Absicht dahin­ter auch sein mag, nir­gend­wo­hin führe.

Papst Fran­zis­kus habe aber nicht resi­gniert, so Magi­ster, son­dern Etap­pe 3 ange­peilt. Dies­mal zog er Kar­di­nal Ouel­let zu Hil­fe. Nach­dem die­ser im Som­mer 2019 den Ent­wurf für die Sta­tu­ten der deut­schen Syn­ode stu­diert hat­te, rich­te­te er am 4. Sep­tem­ber, „offen­sicht­lich im Auf­trag von Fran­zis­kus“, ein deut­li­ches Schrei­ben an Kar­di­nal Marx als Vor­sit­zen­den der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz. Die­sen erreich­te der Brief am 13. Sep­tem­ber. Damit die­ses Schrei­ben nicht so ein­fach umgan­gen wer­den konn­te, wie zuvor das Schrei­ben von Fran­zis­kus, leg­te ihm Kar­di­nal Ouel­let ein Rechts­gut­ach­ten des Päpst­li­chen Rats für die Geset­zes­tex­te bei. Dar­in stell­te die­ser klar, daß die zen­tra­len The­men, mit denen sich der „Syn­oda­le Weg“ befas­sen will (Zöli­bats­auf­he­bung, Frau­en­or­di­nie­rung, Homo­se­xua­li­tät), nicht allein Deutsch­land, son­dern die Welt­kir­che betref­fen, wes­halb eine Orts­kir­che dazu nicht ent­schei­dungs­be­fugt ist.

Kar­di­nal Marx und ZdK-Prä­si­dent Tho­mas Stern­berg beschränk­ten sich in ihrer Reak­ti­on dar­auf, dem Papst öffent­lich für den Erhalt sei­nes Schrei­bens vom 29. Juni zu dan­ken und beharr­ten dar­auf, daß die ange­streb­ten Struk­tur­re­for­men Vor­aus­set­zung für die beab­sich­tig­te und vom Papst gewünsch­te Evan­ge­li­sie­rung seien. 

Wäre es nicht so trau­rig, müß­te man an die­ser Stel­le laut lachen.

Am 19. Sep­tem­ber wur­de Marx sowohl von Papst Fran­zis­kus als auch von Kar­di­nal Ouel­let in Audi­enz emp­fan­gen. Im Anschluß sag­te er gegen­über der Pres­se nichts­sa­gend, bei bei­den Gesprä­chen habe ein „kon­struk­ti­ver Dia­log“ stattgefunden. 

„In Wirk­lich­keit wer­den die Syn­oden­sta­tu­ten ein biß­chen nach­ge­bes­sert“, so Magi­ster. Alle Syn­oda­len, ob Bischö­fe, Kle­ri­ker oder Lai­en, wer­den das glei­che Stimm­recht haben, aber die Letzt­ent­schei­dung ste­he nicht der Syn­ode, son­dern den Bischö­fen zu. Die The­men, zu denen die Orts­kir­chen kei­ne Ent­schei­dungs­ge­walt haben, wür­den wie geplant behan­delt und auch über sie abge­stimmt und dann dem Hei­li­gen Stuhl über­mit­telt, wie Marx wis­sen ließ. Magi­ster schreibt dazu:

„In Rom herrscht wei­ter­hin Miß­trau­en. Vor und wäh­rend der Ama­zo­nas­syn­ode spre­chen sich zwei der hohen Kuri­en­ver­tre­ter, die Fran­zis­kus alar­miert haben, die Kar­di­nä­le Ouel­let und Stel­la, öffent­lich für die Bei­be­hal­tung der Zöli­bats­norm aus und gaben zu ver­ste­hen, daß sie Papst Fran­zis­kus auf ihrer Sei­te hätten.“

Dazu bestan­den zu jenem Zeit­punkt erheb­li­che Zwei­fel, da im Zusam­men­hang mit der Ama­zo­nas­syn­ode schon zu vie­le Signa­le in eine ande­re Rich­tung gewie­sen hat­ten. Kar­di­nal Stel­la, von Fran­zis­kus an die Spit­ze der Kle­rus­kon­gre­ga­ti­on gesetzt, hat­te selbst in einem Anfang 2018 erschie­ne­nen Buch bestä­tigt, daß Papst Fran­zis­kus die Auf­he­bung der Zöli­bats­norm „prüft“, und ent­hüll­te, daß Fran­zis­kus über­le­ge, für den Ama­zo­nas und „abge­le­ge­ne Pazi­fik­in­seln“ ver­hei­ra­te­te Män­ner zu Prie­stern zu wei­hen. Dar­aus ent­stand im deut­schen Sprach­raum der dia­lek­ti­sche Ruf, so durch den omni­prä­sen­ten öster­rei­chi­schen Pasto­ral­theo­lo­gen Paul Zuleh­ner: „Wir sind Amazonas“.

Kar­di­nal Stel­la, der es bis­her in sei­nem Amt an jeder Form von eigen­stän­di­gem Pro­fil man­geln ließ, war wenig geeig­net, die Zwei­fel und Sor­gen zu zer­streu­en. Im Rück­blick erwies er sich aller­dings auch in die­ser Sache als pflicht­be­wuß­ter Notar des amtie­ren­den Papstes.

Was Magi­ster sagen will: Das Buch von Bene­dikt XVI. und Kar­di­nal Sarah war letzt­lich der maß­geb­li­che Anstoß für Fran­zis­kus, auf die Brem­se zu drücken. Die­ser uner­war­te­te Schritt habe sich aber wegen der aggres­si­ven Hal­tung der von Marx und Bode ange­führ­ten Mehr­heit in der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz bereits 2019 abge­zeich­net. Das päpst­li­che Unbe­ha­gen habe in den ver­gan­ge­nen Mona­ten immer mehr zuge­nom­men, je deut­li­cher wur­de, daß der deut­sche Wagen nach einem „deut­schen“ Navi­ga­ti­ons­sy­stem rol­len und sich nicht mehr um Papst und Welt­kir­che sche­ren will. 

Im Nach­hin­ein zeich­ne­te sich eine Ent­frem­dung zwi­schen „den Deut­schen“ und Fran­zis­kus also schon ab. Die deut­schen „Erwar­tun­gen“ zur Ama­zo­nas­syn­ode, die 2019 immer offe­ner und eupho­ri­scher aus­ge­spro­chen wur­den, erziel­ten den gegen­tei­li­gen Effekt. Fran­zis­kus ist trotz gewis­ser Par­al­le­len kein Paul VI. Er will sich die Zügel nicht aus der Hand neh­men las­sen, auch nicht von den Deut­schen, die ihn bis­her maß­geb­lich unter­stützt haben. 

Die handgeschriebene Nachricht

Aus die­sem Grund setz­te der „Papst der Gesten“ eini­ge Gesten mit Signal­wir­kung. Am ver­gan­ge­nen Sonn­tag, dem 16. Febru­ar, berich­te­te der Cor­rie­re del­la Sera, daß Fran­zis­kus Kar­di­nal Mül­ler eine hand­ge­schrie­be­ne, freund­schaft­lich gehal­te­ne Nach­richt zukom­men ließ. Datiert ist sie vom 12. Febru­ar. Das war neun Tage nach sei­ner Begeg­nung mit Kar­di­nal Marx und noch am Tag der Prä­sen­ta­ti­on von Quer­ida Ama­zo­nia. Fran­zis­kus bedank­te sich bei Kar­di­nal Mül­ler für die Über­mitt­lung sei­nes Buches „Der Papst: Sen­dung und Auf­trag“ und für Mül­lers Kom­men­tar im Natio­nal Catho­lic Regi­ster, der „mir sehr gefal­len hat“. 

Fran­zis­kus war es, der Kar­di­nal Mül­ler 2017 in nur „einer Minu­te“ und ohne Nen­nung von Grün­den als Glau­bens­prä­fekt vor die Tür setz­te und ihm, trotz sei­nes ver­hält­nis­mä­ßig jun­gen Alters, seit­her kei­ne neue Auf­ga­be mehr anver­trau­te. Nun scheint er eine Wie­der­an­nä­he­rung an „die ande­ren Deut­schen“ zu suchen, die nicht zur schis­ma­ti­sie­ren­den Fron­de gehö­ren. Ob er auch einen Schul­ter­schluß sucht, muß sich erst zeigen.

Die hand­ge­schrie­be­ne Nach­richt ist auch des­halb bemer­kens­wert, weil Kar­di­nal Mül­ler mit dem erwähn­ten Kom­men­tar sei­ne Genug­tu­ung dar­über zum Aus­druck brach­te, daß der prie­ster­li­che Zöli­bat durch Quer­ida Ama­zo­nia unan­ge­ta­stet bleibt. 

Magi­ster nennt noch eine Beob­ach­tung. Die Papst Berg­o­glio nahe­ste­hen­den Medi­en hat­ten ab dem 12. Janu­ar eine mas­si­ve Kam­pa­gne gegen Bene­dikt XVI. und Kar­di­nal Sarah wegen ihres jüng­sten Buches durch­ge­führt. In den offi­zi­el­len Vati­kan­me­di­en gab es aber nur einen offi­ziö­sen Kom­men­tar, von Andrea Tor­ni­el­li, dem frü­he­ren Haus­va­ti­ka­ni­sten von Fran­zis­kus, den er im Dezem­ber 2018 als Chef­re­dak­teur aller Vati­kan­me­di­en enga­gier­te. Tor­ni­el­li schrieb am 14. Janu­ar im Osser­va­to­re Roma­no, daß zwi­schen dem regie­ren­den und dem eme­ri­tier­ten Papst zum Zöli­bat völ­li­ge Über­ein­stim­mung herr­sche. Eine Behaup­tung, die zum dama­li­gen Zeit­punkt kaum als glaub­wür­dig ein­ge­stuft wer­den konn­te, war doch gera­de durch die Ver­öf­fent­li­chung von „Aus den Tie­fen unse­rer Her­zen“ offen­sicht­lich gewor­den, daß ein gan­zes Buch zwi­schen die bei­den Päp­ste, den amtie­ren­den und sei­nen Vor­gän­ger, paß­te. Die­se Ein­schät­zung hat­te Fran­zis­kus durch sein gan­zes Ver­hal­ten und das sei­ner eng­sten Mit­ar­bei­ter zwi­schen April 2014 und Janu­ar 2019 selbst her­bei­ge­führt. Ein Ver­hal­ten, das detail­liert doku­men­tiert ist.

Erst mit der Ver­öf­fent­li­chung von Quer­ida Ama­zo­nia wur­de der Öffent­lich­keit am 12. Febru­ar bekannt, daß Fran­zis­kus eine Kehrt­wen­de voll­zo­gen hatte.

Alles in den ver­gan­ge­nen Mona­ten, so Magi­ster, sei so gesche­hen, wie es gesche­hen ist, vor dem Hin­ter­grund eines dro­hen­den deut­schen Schis­mas, das zwar nie beim Namen genannt wur­de, aber immer bedroh­lich prä­sent war.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Vati​can​.va (Screen­shot)


[1] Der Titel der deut­schen Aus­ga­be lau­tet „Aus der Tie­fe des Her­zens“, was man ange­sichts der Ereig­nis­se und auch der ita­lie­ni­schen Aus­ga­be („Aus der Tie­fe unse­res Her­zens“) bedau­ern kann. 

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