Der neue Amazonas-Priester soll „Presbyter“ heißen

Öffentlichkeitsarbeit zur Amazonassynode von Vatican News


Vatican News berichtete über das „diskrete“ Geheimtreffen zur Vorbereitung der Geheimsynode und verschweigt den Angriff gegen den priesterlichen Zölibat – außer auf deutsch.
Vatican News berichtete über das „diskrete“ Geheimtreffen zur Vorbereitung der Geheimsynode und verschweigt den Angriff gegen den priesterlichen Zölibat – außer auf deutsch.

(Rom) Am 25. Juni fand in der Nähe von Rom ein Geheim­tref­fen zur bevor­ste­hen­den, hoch­um­strit­te­nen Ama­zo­nas­syn­ode zwi­schen höch­sten Papst-Ver­trau­ten und vor­wie­gend deut­schen Ver­tre­tern aus Hier­ar­chie und Theo­lo­gie statt. Das Tref­fen wur­de jedoch auf­ge­deckt. Seit­her bemüht sich Rom den Geheim­hal­tungs­cha­rak­ter zu „erklä­ren“ und zu verschleiern.

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An dem gehei­men Tref­fen hat­ten rund 30 Per­so­nen teil­ge­nom­men. Die Zusam­men­set­zung bestä­tig­te, daß die trei­ben­den Kräf­te hin­ter der Ama­zo­nas­syn­ode nicht, wie zu erwar­ten wäre, aus dem Ama­zo­nas-Tief­land kom­men, son­dern aus dem deut­schen Sprach­raum. Es han­delt sich um pro­gres­si­ve Kir­chen­krei­se, die nörd­lich der Alpen den Kir­chen­ap­pa­rat und die theo­lo­gi­schen Fakul­tä­ten fest im Griff haben – und einen Ein­fluß, der bis nach San­ta Mar­ta reicht. Die­ses Zusam­men­wir­ken ver­deut­licht, daß die Son­der­syn­ode inte­gra­ler Bestand­teil der päpst­li­chen Agen­da ist, für die Papst Fran­zis­kus von eben den­sel­ben Kar­di­nä­len (Hum­mes, Kas­per, Leh­mann, Marx) gewählt wur­de, die auch in der Ama­zo­nas­syn­ode eine zen­tra­le Rol­le spielen.

Das tie­fe­re Agen­da der Ama­zo­nas­syn­ode ist die Abschaf­fung des prie­ster­li­chen Zöli­bats und die Zulas­sung ver­hei­ra­te­ter Män­ner zur Prie­ster­wei­he. Par­al­lel sol­len auch erste Schrit­te zur Öff­nung des Wei­he­sa­kra­ments für Frau­en erreicht werden.

Das vor kur­zem ver­öf­fent­lich­te Instru­men­tum labo­ris ent­hüllt zudem die Absicht, eine neue, radi­ka­le Form der mar­xi­sti­schen Befrei­ungs­theo­lo­gie durch­zu­set­zen, die der katho­li­sche Intel­lek­tu­el­le Rober­to de Mat­tei als Öko­be­frei­ungs­theo­lo­gie iden­ti­fi­zier­te und benannte.

Marschrichtung „mit den Deutschen“ abstimmen

Das Geheim­tref­fen dien­te offen­sicht­lich zum nähe­ren Abstecken der Syn­oden-Marsch­rich­tung zwi­schen der päpst­li­chen Entou­ra­ge und den eigent­li­chen Auf­trag­ge­bern aus dem deut­schen Sprach­raum. Ähn­li­che Geheim­tref­fen fan­den bereits vor den ande­ren Syn­oden statt, die unter Papst Fran­zis­kus statt­fan­den. Die schnel­le Ent­hül­lung des Tref­fens sorg­te im päpst­li­chen Umfeld aller­dings für offen­sicht­li­chen Ärger. Sofort wur­den Gegen­maß­nah­men ergrif­fen, um die Kon­trol­le über die Deu­tungs­ho­heit zu behal­ten und den Ein­druck sini­strer Hin­ter­zim­mer­ab­spra­chen zu zerstreuen. 

Ver­mei­den will der Vati­kan vor allem das Bild von gelenk­ten Syn­oden. Genau die­ser Vor­wurf liegt seit den bei­den Fami­li­en­syn­oden über dem von Papst Fran­zis­kus bevor­zug­ten Instru­ment namens Bischofs­syn­ode. 13 Kar­di­nä­le, die damals auch Syn­oden­vä­ter waren, mach­ten genau das am Beginn der zwei­ten Fami­li­en­syn­ode der Syn­oden-Regie zum Vor­wurf und beklag­ten „vor­ge­fer­tig­te Ergeb­nis­se“. Der Vor­wurf ent­behrt auch des­halb nicht der Bri­sanz, weil es pro­gres­si­ve Krei­se waren, die mit dem­sel­ben Vor­wurf die vor­be­rei­te­ten Sche­ma­ta des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils abge­lehnt und eine neue Agen­da ange­sto­ßen hat­ten – auch damals schon maß­geb­lich unter deut­scher Führung. 

Amazonassynode auf portugiesisch: Thema Großkozerne.
Ama­zo­nas­syn­ode auf por­tu­gie­sisch: The­ma Großkozerne.

Die Auf­re­gung über die Kri­tik der 13 Kar­di­nä­le war im Okto­ber 2015 jeden­falls groß. Wer will sich schon eine ver­bor­ge­ne Len­kung und Mani­pu­la­ti­on vor­wer­fen las­sen. Das macht sich in der Öffent­lich­keit nicht gut. Papst Fran­zis­kus trat außer Pro­gramm vor die Syn­oden­ver­samm­lung und sprach von einer „kon­spi­ra­ti­ven Her­me­neu­tik“, die er kri­ti­sier­te. Die Kar­di­nä­le hat­ten offen­sicht­lich den emp­find­li­chen Nerv getroffen.

Die Ama­zo­nas­syn­ode steht nach allem bis­her Erkenn­ba­ren für eine noch mas­si­ve­re Len­kung. Das päpst­li­che Umfeld hat aus den bis­he­ri­gen Syn­oden gelernt und die Steue­rungs­me­tho­den ver­fei­nert. Fran­zis­kus hat zudem 2018 den recht­li­chen Rah­men der Syn­oden geän­dert. Er kann­de­ren Ergeb­nis­se a prio­ri ver­bind­lich erklä­ren. Bei der Jugend­syn­ode mach­te er nicht davon Gebrauch, könn­te es aber bei der Ama­zo­nas­syn­ode tun.

Ein „diskretes“ Treffen weitab vom Amazonas

Eine klei­ne, über­schau­ba­re Schar des uni­ver­sa­len Bischofs­kol­le­gi­ums, nur die Bischö­fe des Ama­zo­nas-Beckens und von Papst Fran­zis­kus hin­zu­ge­ru­fe­ne Ober­hir­ten, soll die Ama­zo­nas-Agen­da bestim­men, die aber eine Wei­chen­stel­lung für die Welt­kir­che sein soll. Das paßt nicht zusam­men und läßt erah­nen, daß „Gro­ßes“ und Ein­schnei­den­des beab­sich­tigt ist. Da sind Inter­fe­ren­zen durch unab­hän­gi­ge, katho­li­sche Medi­en stö­rend und sol­len mög­lichst gering gehal­ten werden. 

Die Sofort­re­ak­ti­on auf die Ent­hül­lung des Geheim­tref­fens war eine Stel­lung­nah­me des inte­ri­mi­sti­schen Vati­kan­spre­chers Ales­san­dro Gisot­ti, der beteu­er­te, es habe sich nicht um ein Geheim­tref­fen, son­dern ledig­lich um ein „dis­kre­tes“ Tref­fen gehan­delt. Um genau zu sein, sei es ein „Stu­di­en­tref­fen“ gewe­sen, so Gisot­ti, um eini­ge Aspek­te im Zusam­men­hang mit der Ama­zo­nas­syn­ode zu „stu­die­ren“. Die unge­wöhn­lich ein­sei­ti­ge Zusam­men­set­zung der illu­stren Run­de erklär­te Gisot­ti nicht.

Viel­mehr ver­such­te er dem Gan­zen einen mehr oder weni­ger offi­zi­el­len Cha­rak­ter zu geben, aber zugleich jede direk­te Betei­li­gung des Hei­li­gen Stuhls in die Fer­ne zu rücken. Das „dis­kre­te“ Tref­fen sei von der REPAM (Red Ecle­si­al Pana­m­zo­ni­ca) orga­ni­siert wor­den. War­um die­ses ter­ri­to­ri­al defi­nier­te, kirch­li­che Netz­werk Ama­zo­ni­ens ein Tref­fen in Euro­pa orga­ni­siert, an dem kein Ama­zo­nas-Ver­tre­ter teil­nahm, dafür aber vor­wie­gend deut­sche und eini­ge ita­lie­ni­sche Kir­chen­ver­tre­ter, wur­de eben­so­we­nig erklärt. Das Vor­läu­fer­tref­fen, folgt man der offi­zi­el­len Sprach­re­ge­lung, fand zudem aus­ge­rech­net in Washing­ton statt.

REPAM ist ein Netz­werk, das im Herbst 2014 in Bra­si­li­en gegrün­det wur­de mit dem Zweck, die Ama­zo­nas­syn­ode vor­zu­be­rei­ten und den Ana­con­da-Plan zu för­dern, vor des­sen Umset­zung Jair Bol­so­n­a­ro, der neue Staats- und Regie­rungs­chef Bra­si­li­ens jüngst warn­te. Es gibt einen REPAM-Able­ger in jedem Land, das Anteil am Ama­zo­nas-Becken hat. Die­se Able­ger sind in einem Dach­ver­band zusam­men­ge­schlos­sen. Wirk­li­che Rele­vanz haben aber nur der Dach­ver­band und REPAM-Brasilien. 

REPAM ist das zen­tra­le Steue­rungs­ele­ment für die Son­der­syn­ode. Den Auf­trag dazu erteil­te Papst Fran­zis­kus wis­send, daß die bei­den maß­geb­li­chen Figu­ren die­ses Netz­werks, der bra­si­lia­ni­sche Kar­di­nal Clau­dio Hum­mes (Vor­sit­zen­der des REPAM-Dach­ver­ban­des) und der öster­rei­chi­sche Bischof Erwin Kräut­ler (Vor­sit­zen­der von REPAM-Bra­si­li­en), radi­ka­len Posi­tio­nen ver­tre­ten, die weit links­au­ßen in der Kir­che ange­sie­delt sind (Befrei­ungs­theo­lo­gie, Frau­en­prie­ster­tum, Zöli­bats­be­kämp­fung, ver­hei­ra­te­tes Prie­ster­tum, Ökosozialismus). 

Kri­ti­ker behaup­ten, daß sie gera­de des­halb mit der Agen­da betraut wur­den. Die­se per­so­nel­le Beset­zung ent­hüllt trotz aller Ver­schleie­rungs­ver­su­che seit 2014 offen­kun­dig, in wel­che Rich­tung die Rei­se gehen soll – mit päpst­li­cher Billigung.

Die geographisch dosierte Deutung von Vatican News

Gestern folg­te der näch­ste Schritt, das „dis­kre­te“ Geheim­tref­fen als „nor­ma­les“ Ereig­nis dar­zu­stel­len. Mit einer Woche Ver­spä­tung berich­te­te Vati­can News, die Nach­rich­ten-Platt­form der Vati­kan­me­di­en, über das Tref­fen in der Nähe von Rom. Die media­le Offen­si­ve erfolg­te gleich in meh­re­ren Spra­chen. Die Sprach­dien­ste Spa­nisch und Por­tu­gie­sisch sind dabei die wich­tig­sten, weil es es sich um die bei­den Haupt­spra­chen im Amzo­nas-Becken han­delt – möch­te man mei­nen. Die Akzen­te der Arti­kel in den bei­den Spra­chen sind unter­schied­lich, gemein­sam ist ihnen aber, daß die eigent­li­che Agen­da der Ama­zo­nas­syn­ode, der Angriff auf das Wei­he­sa­kra­ment, nicht erwähnt wird. Vati­can News dosiert die Deu­tung jedoch fein säu­ber­lich nach Sprachräumen. 

Amazonassynode auf spanisch: „Habt keine Angst!“
Ama­zo­nas­syn­ode auf spa­nisch: „Habt kei­ne Angst!“ 

Der ita­lie­ni­sche Sprach­dienst berich­te­te nicht, brach­te aber am 1. Juli einen Arti­kel über die For­de­rung des neu­en Erz­bi­schofs von Lima, „eine neue Art von Ama­zo­nas-Kir­che“ zu schaf­fen. Am 25. Janu­ar 2019 eme­ri­tier­te Papst Fran­zis­kus den dama­li­gen Erz­bi­schof von Lima und Pri­mas von Peru, Kar­di­nal Juan Luis Cipria­ni Thor­ne. Es war kein Geheim­nis, daß der Opus-Dei-Prie­ster in San­ta Mar­ta nicht wohl­ge­lit­ten war. Die Ernen­nung von Car­los Castil­lo Mat­ta­so­glio zu sei­nem Nach­fol­ger gehört nicht zu den Ruh­mes­blät­tern die­ses Pon­ti­fi­kats. Viel­mehr han­delt es sich sich um eine Pro­vo­ka­ti­on, ver­gleich­bar mit der Ernen­nung von Msgr. Gian­car­lo Pere­go zum Nach­fol­ger von Msgr. Lui­gi Negri als Erz­bi­schof von Fer­ra­ra oder von Msgr. Jozef De Kesel zum Nach­fol­ger von Msgr. André-Joseph Léo­nard als Erz­bi­schof von Mecheln-Brüs­sel oder von Msgr. Bla­se Cupich zum Nach­fol­ger von Kar­di­nal Fran­cis Geor­ge als Erz­bi­schof von Chi­ca­go oder… Mit ande­ren Wor­ten, es han­del­te sich viel­mehr um eine typi­sche Ernen­nung für Papst Fran­zis­kus, dem nach­ge­sagt wird, stets auf der Suche nach den pro­gres­siv­sten Kan­di­da­ten für ein Bischofs­amt zu sein, beson­ders für die Bischofs­stüh­le, auf denen zuvor glau­bens­treue und pro­non­ciert kon­ser­va­ti­ve Kan­di­da­ten saßen.

Ganz anders fiel der Arti­kel des deut­schen Sprach­dien­stes aus. Er läßt die Absicht mehr als deut­lich erken­nen, kein Wun­der, sind deut­sche Krei­se ja schließ­lich die Haupt­in­ter­es­sen­ten an der Ama­zo­nas­syn­ode. Ent­spre­chend prangt es von der deut­schen Home­page von Vati­can News:

„Ama­zo­nas-Syn­ode: „Es geht gar nicht gegen den Zölibat“.

Die Über­schrift, ein Zitat von Josef Say­er, bis 2012 Lei­ter des bischöf­li­chen deut­schen Hilfs­werks Mise­re­or, meint, was Katho​li​sches​.info bereits am 28. Juni mit den iro­ni­schen Wor­ten wiedergab: 

„Ist der Zöli­bat in Gefahr? Nein, er soll nur abge­schafft werden“.

In einer Zeit der kirch­lich gedul­de­ten, wenn nicht sogar geför­der­ten Sün­den­ver­ges­sen­heit erfin­det Say­er gleich eine neue Sündenkategorie:

„Es sei eine ‚insti­tu­tio­nel­le Sün­de‘, wenn die Kir­che es nicht schaf­fe, ‚die Vor­aus­set­zun­gen für die Eucha­ri­stie, die Sün­den­ver­ge­bung, aber auch die Kran­ken­sal­bung zu schaffen‘.“

Im Klar­text: Wenn der Zöli­bat nicht als kon­sti­tu­ti­ves Ele­ment des Prie­ster­tums besei­tigt und ein ver­hei­ra­te­tes oder auch weib­li­ches Prie­ster­tum zuge­las­sen wer­de, sei das eine „Sün­de“. Der Weg, daß es sich dabei sogar um eine schwe­re, ja him­mel­schrei­en­de Sün­de hand­le, ist da schon mal vor­ge­zeich­net für den Fall, daß sich hart­näcki­ger Wider­stän­de rüh­ren sollte.

Der verheiratete Priester heißt „Presbyter“

Für die Erfin­dung eines neu­en Prie­ster­tums, damit sich die Kir­che nicht der erwähn­ten „insti­tu­tio­nel­len Sün­de“ schul­dig mache, nennt Say­er den Begriff „Pres­by­ter“. So sol­le der ver­hei­ra­te­te Prie­ster hei­ßen, „der aus der Gemein­de kommt“, was den Vor­teil habe, daß er nicht „her­um­rei­sen“ müs­se – man denkt ja auch wirk­lich an alles. Natür­lich darf auch nicht der Ein­druck feh­len, bei die­sem „Pres­by­ter“ hand­le es sich um eine Art Urform des Prie­ster­tums, die noch älter als der zöli­ba­t­ä­re Prie­ster sei.

Say­er wörtlich:

„Pres­by­ter: Das wäre der Rück­griff auf ein Lei­tungs­amt, das es in der frü­hen Kir­che gege­ben hat. Histo­risch gese­hen steht es an den Anfän­gen des Prie­ster­am­tes, wie wir es heu­te kennen.“

Seit dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil wur­de jede Neue­rung mit die­ser angeb­li­chen Urform-Theo­rie einer omi­nö­sen „Urge­mein­de“ begrün­det. Und jedes­mal hielt die Behaup­tung einer genaue­ren histo­ri­schen Über­prü­fung nicht stand. Doch dann war es meist schon zu spät und die reform­eif­ri­gen Bischö­fe hat­ten bereits ihre Zustim­mung erteilt und Rom die Dis­pens. Ein Zurück gibt es dann nicht mehr, denn das wäre ja ein unzu­mut­ba­rer „Rück­schritt“. Der­glei­chen kennt man aus der Politik.

Say­er war sowohl am „dis­kre­ten“ Tref­fen bei Rom als auch bei einer Vor­be­rei­tungs­ta­gung für die Ama­zo­nas­syn­ode in Washing­ton dabei. Er gehört somit zum enge­ren Kreis der Syn­oden-Vor­be­rei­tung. Was er auf Vati­can News von sich gibt, ist als Ergeb­nis des Geheim­tref­fens anzu­se­hen – auch die Bezeich­nung der neu­en „Wei­he­stu­fe“ als „Pres­by­ter“.

Amazonassynode auf italienisch: „Neue Form von Kirche“.
Ama­zo­nas­syn­ode auf ita­lie­nisch: „Neue Form von Kirche“.

Schuld ist Donald Trump

Apro­pos Poli­tik: Say­er, der bei Vati­can News unver­kenn­bar als Pro­pa­gan­dist mit kla­rem Auf­trag und eben­sol­cher Absicht auf­tritt, zieht alle Regi­ster. So ver­gißt er nicht, zu erwäh­nen, daß US-Prä­si­dent Donald Trump und der neue bra­si­lia­ni­schen Prä­si­dent Jair Bol­so­n­a­ro die „Geg­ner“ sei­en. Ein sol­cher Griff in die ziem­lich unter­ste Schub­la­de ideo­lo­gi­scher Agi­ta­ti­on ist frei­lich in einem kirch­li­chen Kon­text nicht nur pein­lich, son­dern eigent­lich eines Prie­sters, der Say­er ist, unwürdig.

Auch Kar­di­nal Kas­per wird bemüht, nicht von unge­fähr, ist der deut­sche Kar­di­nal ja einer der Erfin­der und der Spi­ri­tus rec­tor der der­zei­ti­gen Pon­ti­fi­kats. Der heu­te 86 Jah­re alte Kas­per, der selbst nicht mehr Papst wird, kann seit 2013 end­lich ein deut­sches Gegen-Pon­ti­fi­kat zum lang­jäh­ri­gen Ein­fluß sei­nes Lands­man­nes Joseph Ratz­in­ger gestal­ten, der im Pon­ti­fi­kat von Bene­dikt XVI. sei­nen Höhe­punkt erreich­te. Es bleibt eine Iro­nie der Geschich­te, daß es aus­ge­rech­net Bene­dikt XVI. war, der durch sei­nen uner­war­te­ten Amts­ver­zicht die­ses deut­sche Gegen-Pon­ti­fi­kat zu sei­nem eige­nen mög­lich mach­te und es durch das von ihm gewähl­te Rück­tritts­da­tum Kas­per um läp­pi­sche drei Tage ermög­lich­te, eine zen­tra­le Rol­le im Kon­kla­ve zu spie­len, aus dem Kas­pers Kan­di­dat, Jor­ge Mario Berg­o­glio, als neu­er Papst hervorging.

Auch Kas­per, so Say­er, habe beim „dis­kre­ten“ Geheim­tref­fen betont, daß es schließ­lich „um die Zukunft einer bedroh­ten Orts­kir­che“ gehe und „ange­sichts der pasto­ra­len Not­si­tua­ti­on“ am Ama­zo­nas „über eine Dis­pens für die Wei­he von ver­hei­ra­te­ten Män­nern“ nach­ge­dacht wer­den müsse. 

Die For­mu­lie­run­gen von Kas­per, Say­er & Co. beschwö­ren eine „Not­si­tua­ti­on“, ähn­lich dem täg­li­chen Geschrei der Kli­ma­hy­ste­ri­ker, die es so nicht gibt – nicht ein­mal ansatz­wei­se. Dazu paßt Say­ers Aus­sa­ge, „Umwelt- und Kir­chen­the­men sind nicht zu tren­nen“. Bis­her sind aller­dings in Bra­si­li­en noch kei­ne Peti­tio­nen von Ama­zo­nas-Indi­os gesich­tet wor­den, mit denen ein ver­hei­ra­te­tes Prie­ster­tum gefor­dert oder ein „Not­stand“ behaup­tet wird. Die Agen­da ist eben am grü­nen Tisch im fer­nen Euro­pa geschrie­ben worden. 

Im Spät­som­mer 2016 – zu einem Zeit­punkt, als die Ein­be­ru­fung einer Ama­zo­nas­syn­ode und ein Angriff auf den prie­ster­li­chen Zöli­bat von Berg­o­glia­nern noch als halt­lo­ses Gerücht abge­tan wur­de – war es der REPAM-Vor­sit­zen­der und Papst­ver­trau­te Kar­di­nal Clau­dio Hum­mes, der bei einer Tagung in Bra­si­li­en den Offen­ba­rungs­eid lei­ste­te. Nach­dem Hum­mes wegen Prie­ster­man­gels den „pasto­ra­len Not­stand“ unter den Ama­zo­nas-Indi­os behaup­tet hat­te, mach­te ein Tagungs­teil­neh­mer den Vor­schlag, jeden Mis­si­ons­or­den der Kir­che um die Ent­sen­dung von zwei Prie­stern zu bit­ten, und das Pro­blem wäre gelöst. Hum­mes, dem der Vor­schlag gar nicht ins Kon­zept paß­te, reagier­te emo­tio­nal: „Nein, nein, das will der Papst nicht“. Hört, hört. 

Selbstbezogener Linkskatholizismus unfähig zur Selbstkritik?

Ist im Zusam­men­hang mit der Syn­ode vom Ama­zo­nas­becken die Rede, ist ein Gebiet gemeint, in dem rund vier Mil­lio­nen Men­schen leben. Ledig­lich 250.000–300.000 davon sind Indi­os, die noch ver­streut in weit ent­fern­ten, tra­di­tio­nel­len Dör­fern woh­nen. Mise­re­or, dem Say­er bis 2012 vor­stand, ist der größ­te Ein­zel­fi­nan­cier der Kir­che in Bra­si­li­en. Die­ser Geld­fluß übt schon län­ger kei­nen segen­brin­gen­den Ein­fluß auf das größ­te Land am Ama­zo­nas aus, wie Beob­ach­ter fest­stel­len. Viel­mehr sei Bra­si­li­en (aber nicht nur) vor allem die „Spiel­wie­se“ eines west­li­chen Links­ka­tho­li­zis­mus, der in der exo­ti­schen Fer­ne Süd­ame­ri­kas mit zwangs­be­glücken­dem Gön­ner­tum sei­ne Ideo­lo­gie umset­zen will. Die Fol­gen sind nicht aus­ge­blie­ben: Der zah­len­mä­ßig star­ke bra­si­lia­ni­sche Epi­sko­pat gilt als medio­kre und stark befrei­ungs­theo­lo­gisch geprägt, was Mil­lio­nen von bra­si­lia­ni­schen Katho­li­ken in die Flucht schlägt und evan­ge­li­ka­len Frei­kir­chen in die Arme treibt. Bar jeder Selbst­kri­tik wird der fern­ge­steu­er­te Links­kurs, trotz der bekann­ten Fak­ten, noch ver­stärkt und der Ero­si­ons­pro­zeß in Bra­si­li­en wei­ter beschleu­nigt. Dabei ist Bra­si­li­en das weit­aus größ­te katho­li­sche Land der Welt. 

Doch das scheint die Krei­se hin­ter der Ama­zo­nas-Agen­da nicht zu beeindrucken. 

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Vati­can News (Screen­shots)

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