Der Begriff „Volk“ (spanisch pueblo) spielt für das Pontifikat von Papst Franziskus eine zentrale Rolle. Dasselbe gilt für den Jesuitenorden. Jesuiten haben in den 1970er Jahren den Begriff zum Synonym für „Proletariat“ gemacht und nicht selten die Brücke bis zum Marxismus geschlagen. Das heißt auch, daß Volk nicht immer Volk meint, wie derzeit die Venezolaner leidvoll feststellen müssen.
In Venezuela findet seit mehr als zwei Jahren ein offener Konflikt statt, weil das verzweifelte Volk aufbegehrt. Papst Franziskus vermied es aber, sich auf die Seite des unterdrückten Volkes zu stellen. Dabei demonstrierten im Mai 2017 Venezolaner mit schwarzen Kreuzen auf dem Petersplatz gegen die Unterdrückung in ihrer Heimat. Die Unterdrückung erfolgt durch das sozialistische Regime von Nicolas Maduro, für den Papst Franziskus Sympathien hegt. Das kompliziert die Sache mit dem „Volk“
Wo man sich erwarten würde, daß der Papst für die Unterdrückten Partei ergreift, begünstigt er stattdessen die Unterdrücker. Er erklärt, sich paritätisch zu verhalten, als seien Unterdrücker und Unterdrückte „paritätisch“.
Beim gestrigen Angelus auf dem Petersplatz wiederholte Franziskus seine Haltung zu Venezuela, die Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin als „positive Neutralität“ lobte:
„Ich möchte noch einmal meine Verbundenheit mit dem geliebten venezolanischen Volk zum Ausdruck bringen, das von der anhaltenden Krise besonders hart getroffen ist. Der Herr möge alle beteiligten Parteien inspirieren und erleuchten, damit sie so bald als möglich eine Einigung erzielen können, die dem Leid der Menschen zum Wohle des Landes und der gesamten Region ein Ende setzt.“
Selbst die deutsche Redaktion von VaticanNews scheint davon enttäuscht worden zu sein und merkte zwischen den spärlichen Worten von Franziskus an:
„Auf Einzelheiten der schweren politischen, sozialen und wirtschaftlichen Krise in Venezuela ging der erste lateinamerikanische Papst nicht ein. Er fuhr lediglich fort: …“
Das war alles, was das Kirchenoberhaupt zu Venezuela sagte, während die Ortsbischöfe sofortige Neuwahlen verlangen. Dagegen wehrt sich Maduro und seine Vereinigte Sozialistische Partei Venezuelas (PSUV).
In Venezuela gibt es keine gleichen und paritätischen Parteien, auch Franziskus weiß das. Es gibt ein kriminelles, diktatorisches Regime, an dessen Spitze Nicolas Maduro steht. Und es gibt ein unterdrücktes Volk, das Opfer dieses Regimes ist. Die Logik würde es verlangen, daß ein Papst sich auf die Seite des Opfers stellt, doch im konkreten Fall hindern ihn Vorbehalte und Sympathien daran.
Was will man auch erwarten, angesichts seiner Haltung zu den Konflikten in Nikaragua, wo das sandinistische Regime von Daniel Ortega die Kirche verfolgt, oder seines freundlichen Umgangs mit den Castro-Brüdern auf Kuba.
Text: Andreas Becker
Bild: VaticanNews (Screenshot)
Es widert einen nur noch an ob der Gleichgültigkeit bzw. der offen zur Schau getragenen Symphatie unserer linken Zeitgeistler incl. der im Vatikan mit dem Regime in Venezuela.
Was „kämpft“ man heroisch gegen Ungarn, Polen oder Brasilien mit Nulltoleranz, aber der Despot in Venezuela wird vom Papst hofiert.
Das verschlägt einem nur noch die Sprache.
Eine Frage der Logik wäre es nur, wenn man Begriffe wie „das Volk“ u. ä. deskriptiv verwenden würde. Stattdessen werden sie (u.a.) von Jesuiten normativ verwandt und damit obliegt es dem Definierenden zu bestimmen, wer in diesem Sinne „das Volk“ darstellt und wer nicht. Ein beliebter rhetorischer Kniff „fortschrittlicher“ Gruppierungen, Begriffe nicht dazu zu gebrauchen, sichtbare Tatsache zu beschreiben, sondern mit ihnen Normen festzulegen. Aus dieser Sicht stellen die Massen in Venezuela nicht „das Volk“, sondern lediglich die von der CIA manipulierten Mittelschichten dar. Die „Krise“ hat so gesehen ihre Ursache im Versuch der USA und global tätiger Finanzfonds und Konzerne, das sozialistische Experiment in Venezuela zu beenden.
Diese Denkweise fußt im politischen Bereich auf Jean-Jacques Rousseau, der davon ausging, dass eine Gruppe, welche den (normativen) „allgemeinen Willen“ (volonté général) erkannt hat, berechtigt war, ihn gegen den (deskriptiven) „Willen aller“ (volonté de tous, der Summe der Einzelinteressen) und durchaus auch gegen den (bei Wahlen ebenso deskriptiv feststellbaren) Mehrheitswillen (volonté de la majorite) durchzusetzen. Wahlergebnisse als solche sind daher nur relevant, wenn sie dem (von der Avantgarde erkannten) „allgemeinen Willen“ entsprechen und somit „dem Volk“ nützen. Die Ergebnisse dieses Denkens sind u.a. in der Französischen Revolution sowie der „Oktoberrevolution“ deutlich zu Tage getreten…