(Rom) Bei seiner ersten Generalaudienz 2019, am 2. Januar, sagte Papst Franziskus, das Evangelium sei „revolutionär“. Am selben Tag veröffentlichte das vatikanische Nachrichtenportal Vatican News einen Artikel über die 60-Jahrfeiern der kubanische Revolution. Das ganze Jahr hindurch will das kommunistischen Regime der Karibikinsel die gewaltsame Machtübernahme von 1959 feiern. Gibt es einen Zusammenhang zwischen beiden Ereignissen?
Vor 60 Jahren stürzte die „Rebellenarmee“ unter Führung von Fidel Castro den als Diktator regierenden Staats- und Regierungschef Fulgencio Batista und übernahm gewaltsam selbst die Macht auf Kuba. Der bewaffnete Kampf hatte 1953 begonnen. Nach sechs Jahren war es den Kommunisten nicht nur gelungen, Batista von der Macht zu verdrängen, sondern auch alle politischen Konkurrenten zu eliminieren oder zu isolieren. Aus den Integrierten Revolutionären Organisationen Kubas wurde die Vereinigte Partei der Kubanischen Sozialistischen Revolution und schließlich 1965 die neue Kommunistische Partei Kubas.
Zu den „Ironien“ der kubanischen Geschichte gehört, daß Fulgencio Batista, der als Ruben Zaldivar geboren wurde, erstmals 1940 nicht nur regulär zum Staatspräsidenten gewählt wurde, sondern an der Spitze einer Demokratischen Sozialistischen Koalition stand, der auch die alte Kommunistische Partei Kubas angehörte. Die Kommunisten betrieben damals massive Agitation gegen Batistas Kontrahenten bei der Wahl, den sie als „Faschisten“ und „Reaktionär“ diskreditierten.
Unter Batista trat Kuba an der Seite der Alliierten in den Zweiten Weltkrieg ein und erklärte dem Dritten Reich, Italien und Japan den Krieg. Batista wollte sogar gegen das „faschistische“ Spanien von General Franco Krieg führen, wie er es nannte. 1944 unterlag er allerdings, beim Versuch wiedergewählt zu werden, und ging ins Exil. 1952 kehrte er zurück und bewarb sich erneut bei den Präsidentschaftswahlen um das höchste Amt im Staat, putschte allerdings vor dem Wahltermin und riß die Macht gewaltsam an sich. Gleichzeitig begann der bewaffnete Kampf gegen ihn, der von den USA gestützt wurde. Den USA wurde vorgeworfen, sich die Insel als Militärstützpunkt, als Zuckerlieferanten und als Bordell zu halten. Eine Einschätzung, die von der Bevölkerung zunehmend geteilt wurde. Die Opposition gegen Batista bestand keineswegs nur aus linksradikalen Gruppen. Auch bürgerliche Kräfte waren dabei, wurden aber von den geschulten, kommunistischen Revolutionären ausgestochen.
Eine weitere „Ironie“ stellt die Tatsache dar, daß Batista und Fidel Castro miteinander verwandt waren. Beide waren unehelich zur Welt gekommen, aber beide entstammten auch der kubanischen Oberschicht. Während sich Batista an Washington ausrichtete, blickte Castro nach dem Zweiten Weltkrieg nach Moskau.
Revolutionsjubiläum mit vatikanischer Reverenz
Das Jahr 2019 steht auf Kuba ganz im Zeichen des Revolutionsjubiläums. Das Nachrichtenportal Vatican News erinnerte gleich zu Jahresbeginn daran und zelebrierte die kubanische Revolution auf seine Weise.
Die Vatikanmedien befinden sich seit Mitte Dezember fest in der Hand von treuen Bergoglianern. Die inhaltliche Ausrichtung bestimmt Andrea Tornielli, der Hausvatikanist von Papst Franziskus.
Die Brücke nach Kuba wurde von Papst Franziskus selbst geschlagen. Im Rahmen der ersten Generalaudienz traten, wohl kaum zufällig, Artisten des Circo Nacional de Cuba auf. Ein Foto, das den Papst mit einem kubanischen Zirkusartisten beim Jonglieren mit einem Ball zeigt, wurde von Vatican News für den Artikel über die Revolutionsfeiern als Titelbild gewählt.
Der Artikel bezeichnet das Revolutionsjubiläum als „historischen Jahrestag“ und schildert unkritisch die Revolution und die Festlichkeiten, zum 60. Jahrestag, die am 1. Januar stattfanden. Wörtlich schrieb Vatican News:
„In einer umfassenden Rede bekräftigte der ehemalige Staatspräsident Raul Castro die Fortsetzung des Sozialismus auf der Insel, trotz der harten Gegenposition der USA und der ‚Einkreisung durch das Imperium‘ (der USA).“
Zugleich erinnerte der Artikel an die beiden Besuche von Papst Franziskus auf Kuba im September 2015 und im Februar 2016. Beim ersten Besuch reiste er anschließend von Havanna in die USA, die damals noch von Barack Obama regiert wurden. Auch das war kein Zufall. Durch die Wahl von Donald Trump wurden die päpstlichen Versuche, Brücken zwischen dem linken Regime in Havanna und einem linken Präsidenten in Washington zu bauen, allerdings unterbrochen.
Der Artikel endet mit einem „revolutionären“ Brückenschlag zwischen Franziskus und dem kommunistischen Regime auf Kuba. Die Redaktion stellte „die Revolution der Barmherzigkeit des Papstes“, der kubanischen Revolution an die Seite. Dadurch wurde ein Bild von „Revolutionären“ gezeichnet, die sich begegnen. Implizit wurde eine „revolutionäre“ Solidarität beschworen.
Die Vorlage machte Papst Franziskus in seiner Ansprache, indem er vom „revolutionären“ Evangelium sprach.
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In Havanna dürfte er seine Wirkung nicht verfehlt haben.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Vatican News/Cuba (Screenshots)