(Managua) Am vergangenen 30. August beklagte der US-Kolumnist und gebürtige Argentinier Andrés Oppenheimer das Schweigen von Papst Franziskus zur Lage in Nikaragua. Oppenheimer nannte das päpstliche Verhalten „beschämend“ und forderte eine Stellungnahme zum „Tod von mindestens 322 Menschen in den vergangenen vier Monaten bei Protesten gegen die Regierung“. Andere Quellen sprechen von über 400 Toten, die durch Regierungseinheiten oder der Linksregierung nahestehende paramilitärische Gruppen getötet wurden. Inzwischen wurde bekannt, daß von Papst Franziskus Stellung genommen wurde, allerdings nicht im Sinne Oppenheimers.
Wer die Geschichte Nikaraguas seit den 70er Jahren kennt, weiß welchen Anteil die dortigen Jesuiten und die marxistische Befreiungstheologie an der sandinistischen Revolution, dem Sturz Somozas und der Errichtung einer sozialistischen Diktatur hatten. Im Zusammenhang mit dem Besuch von Papst Johannes Paul II. 1983 in Nikaragua wurde dieser Bruch mitten durch die Kirche international besonders sichtbar. Die westeuropäische Neue Linke überschlug sich in den 80er Jahren an Begeisterung für das damals neueste „sozialistische Experiment“.
Während der Jesuit und Kulturminister Ernesto Cardenal 1983 Johannes Paul II. am Flughafen geheuchelt mit einem Kniefall begrüßte, trotzte er gleichzeitig dessen Aufforderung, sein Ministeramt niederzulegen, da das Kirchenrecht Klerikern die Ausübung politischer Ämter untersagt. Bei der anschießenden Papstmesse in Managua besetzte das Regime mit ihren klerikalen Unterstützern den Platz vor der Papst-Tribüne mit überzeugten Sandinisten, die den Papst auspfiffen und niederschrien. Das war die Toleranz katholischer Marxisten gegenüber dem Papst.
1983 sahen die Sandinisten, ob klerikal oder antiklerikal, und ihre europäischen Unterstützer den Papst in Rom als Feindbild. 2018 sehen sie in ihm einen der Ihren.
Tempora mutantur.
Grüße von Papst Franziskus an Comandante Ortega
Wie erst jetzt bekannt wurde, nahm Papst Franziskus am 31. August, einen Tag nach Oppenheimers Kolumne, tatsächlich zu Nikaragua Stellung, wenn auch ganz anders als vom Kolumnisten erhofft.
Papst Franziskus sandte über die Apostolische Nuntiatur in Managua eine Grußbotschaft an Nikaraguas sandinistischen Staatspräsidenten Daniel Ortega. Anlaß war der am 15. September begangene Nationalfeiertag, mit dem an den 197. Jahrestag der Unabhängigkeit des Landes von Spanien erinnert wird.
Gestern gab die „Genossin“ Rosario Murillo, Vizepräsidentin von Nikaragua und zugleich Ehefrau von Präsident Ortega, der Bevölkerung „erfreut“ den Inhalt des päpstlichen Schreibens bekannt.
„Ich weiß das wunderbare, passende Schreiben des Heiligen Vaters, Papst Franziskus, an Comandante Daniel Ortega und das Volk von Nikaragua zutiefst zu schätzen. Und wir wissen die Aufmerksamkeit des Herrn Nuntius zu schätzen, mit der er uns das Schreiben des Heiligen Vaters zukommen ließ, damit wir in diesen Tagen des Vaterlandes und des Herzens vereint feiern.“
Und was genau schrieb Papst Franziskus dem Comandante?
„Seiner Exzellenz, Herr José Danel Ortega Saavedra
Präsident der Republik Nikaragua
Managuaanläßlich des Nationalfeiertages von Nikaragua lasse ich allen Söhnen und Töchtern dieses geliebten Landes einen herzlichen Gruß zukommen und versichere Sie meines Gebets, auf daß Jesus Christus, der Friedensfürst, Ihnen die Gnaden einer brüderlichen Versöhnung und eines friedlichen und solidarischen Zusammenlebens schenke.
Franziskus PP.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MiL