Liebe Brüder und Schwestern,
das Vaterunser steht in der Mitte der Bergpredigt, in der Jesus die Grundaussagen seiner Botschaft zusammenfasst. Denken wir an die Seligpreisungen, in denen die Unbedeutenden und am Rande Stehenden zu Protagonisten beim Aufbau des Reiches Gottes werden.
Hier werden die üblichen Maßstäbe auf den Kopf gestellt und die Neuheit des Evangeliums tritt hervor. Es geht nicht mehr um die äußere Erfüllung des Gesetzes, sondern um die Wiederentdeckung seines ursprünglichen Sinns: »Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen, damit ihr Kinder eures Vaters im Himmel werdet« (Mt 5, 44–45). Seid Kinder eures Vaters im Himmel. Dieses Bewusstsein liegt der ganzen Bergpredigt zugrunde, auch ihrer anspruchsvollen, bisweilen utopisch erscheinenden Ethik. Ein Christ ist nicht einer, der sich müht, besser zu sein als die anderen, sondern derjenige, der zu Gott „Vater“ sagt, sich von der Kraft seiner Liebe erneuern lässt und etwas von seiner Güte in diese Welt hineinträgt. Wenn wir also zu Gott, unserem Vater, in solch einer familiären Beziehung stehen, braucht unser Beten weder die Beachtung und Bewunderung anderer, noch sind dazu viele Worte nötig. Wir müssen uns seine Gunst nicht erst erwerben. Gerade auch beim Beten des Vaterunsers dürfen wir erkennen, wie sehr wir schon immer seine geliebten Kinder sind.
Ein herzlicher Gruß den Pilgern deutscher Sprache! Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes haben wir dieses neue Jahr eröffnet. Seiner Güte und Liebe dürfen wir uns anvertrauen und gewiss sein, dass er das Gute, das wir in seinem Namen anfangen, auch vollenden wird. Gott segne und behüte euch! Ein gutes neues Jahr euch allen!
Bild: Vatican.va (Screenshot)