Vatikan will Geheimabkommen mit der Volksrepublik China ein weiteres Mal erneuern

Der Heilige Stuhl und der Ferne Osten


Die 1587 fertiggestellte Dominikanerkirche von Macau ist die älteste noch erhaltene Kirche Chinas
Die 1587 fertiggestellte Dominikanerkirche von Macau ist die älteste noch erhaltene Kirche Chinas

(Rom) Der Hei­li­ge Stuhl beab­sich­tigt das Geheim­ab­kom­men mit der Volks­re­pu­blik Chi­na ein wei­te­res Mal zu erneu­ern. Dies bestä­tig­te Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Pie­tro Paro­lin gegen­über Life­Si­teNews.

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Das Abkom­men geht auf den Herbst 2018 zurück und war auf zwei Jah­re befri­stet. Seit­her wur­de es 2020 und 2022 ver­län­gert. Im Okto­ber 2024 läuft es wie­der aus. Der Inhalt des Abkom­mens ist bis heu­te geheim. Nur soviel ist bekannt, daß es um den Modus der Bischofs­er­nen­nun­gen geht. Papst Fran­zis­kus soll das Nomi­nie­rungs­recht an die kom­mu­ni­sti­schen Macht­ha­ber in Peking abge­tre­ten haben, was indi­rekt durch die Pra­xis der seit­her erfolg­ten Bischofs­er­nen­nun­gen bestä­tigt wird.

Der schärf­ste Kri­ti­ker des Abkom­mens, Kar­di­nal Joseph Zen, eme­ri­tier­ter Bischof von Hong­kong und graue Emi­nenz der chi­ne­si­schen Unter­grund­kir­che, ver­ur­teil­te das Abkom­men wegen sei­ner Inten­ti­on schon vor sei­ner Unter­zeich­nung. Er hält an sei­ner Kri­tik fest, daß Rom vor Peking kapi­tu­liert habe, das Abkom­men tot sei, aber damit Chi­nas Katho­li­ken dem kom­mu­ni­sti­schen Regime aus­ge­lie­fert wur­den. Für sei­nen Wider­stand wur­de er mit Gerichts­ver­fah­ren über­zo­gen. Der Kar­di­nal, der für den Frie­dens­no­bel­preis vor­ge­schla­gen wur­de, paßt in kein poli­ti­sches Sche­ma, wes­halb er vom Nobel­preis­ko­mi­tee nicht berück­sich­tigt wur­de und wegen sei­ner Kri­tik am aktu­el­len Pon­ti­fi­kat auch in Rom zu den uner­wünsch­ten Per­so­nen gehört. So warf er dem Sekre­ta­ri­at der Syn­oda­li­täts­syn­ode vor, „sehr effek­tiv in der Kunst der Mani­pu­la­ti­on“ zu sein, und for­der­te Ende Janu­ar den Rück­tritt von „Por­no­prä­fekt“ Tucho Fernández.

Der Vati­kan beharrt hin­ge­gen dar­auf, so auch Papst Fran­zis­kus, ohne auf Details ein­zu­ge­hen, daß das Abkom­men „funk­tio­niert“ Im Juli 2023 hat­te Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Paro­lin erklärt, war­um der Hei­li­ge Stuhl das Abkom­men akzep­tiert.

Die Bekehrung Chinas

Die bis heu­te nicht durch­schla­gen­den Bekeh­rungs­ver­su­che Chi­nas spie­geln eine eben­so span­nen­de wie dra­ma­ti­sche Geschich­te wider. Der Glau­ben an Jesus Chri­stus gelang­te spä­te­stens 635 nach Chi­na, zur glei­chen Zeit, als sich im Nahen Osten der Islam aus­zu­brei­ten begann. Die ersten Mis­sio­na­re waren Nesto­ria­ner der ost­sy­ri­schen Hei­li­gen Apo­sto­li­schen und Katho­li­schen Kir­che des Ostens, so die Selbst­be­zeich­nung, die sich 424 auf dem Gebiet des per­si­schen Sas­sa­ni­den­rei­ches von der katho­li­schen Kir­che getrennt hatte. 

Sie bekehr­ten eine Rei­he von Turk- und Mon­go­len­völ­kern zu Chri­stus, dar­un­ter die Nai­ma­nen, Ogu­sen, Kerai­ten, Meki­ten und Uiguren. 

1299 erbau­te der ita­lie­ni­sche Fran­zis­ka­ner Gio­van­ni da Mon­te­cor­vi­no, der noch eine bedeu­ten­de nesto­ria­ni­sche Prä­senz in Chi­na vor­fand, in Kam­ba­luk, dem heu­ti­gen Peking, die erste katho­li­sche Kir­che, die 1307 zur ersten katho­li­schen Kathe­dra­le des Lan­des wurde.

Wie auch zuletzt 1949 mit der kom­mu­ni­sti­schen Macht­über­nah­me mach­ten immer wie­der poli­ti­sche Umbrü­che das Erreich­te zunich­te. Das seit 2018 gel­ten­de Geheim­ab­kom­men erbrach­te zwar eine ein­sei­ti­ge Vor­lei­stung von Papst Fran­zis­kus, indem er alle schis­ma­ti­schen regi­me­hö­ri­gen Bischö­fe aner­kann­te, doch umge­kehrt wur­de die Fra­ge der Patrio­ti­schen Ver­ei­ni­gung, der vom Regime geschaf­fe­nen schis­ma­ti­schen Par­al­lel­kir­che, nicht geklärt.

Vatikan hält am Geheimabkommen fest

Nach einem lan­gen Still­stand ging es dann zu Jah­res­be­ginn Schlag auf Schlag, als inner­halb weni­ger Tage drei neue Bischö­fe im Rah­men des Geheim­ab­kom­mens ernannt wurden.

Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Paro­lin bekräf­tig­te nun gegen­über Micha­el Hynes, dem Vati­kan-Kor­re­spon­den­ten von Life­Si­teNews, bezüg­lich einer Erneue­rung des Geheimabkommens:

Papst Fran­zis­kus, mit Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Paro­lin, ver­folgt eige­ne geo­po­li­ti­sche Absich­ten, auch gegen­über China

„Wir hof­fen, es zu erneu­ern. (…) Auch zu die­sem Punkt ste­hen wir im Dia­log mit unse­ren chi­ne­si­schen Gesprächspartnern.“

Das deckt sich mit der Linie des kom­mu­ni­sti­schen Regimes. Wang Wen­bin, Spre­cher des volks­chi­ne­si­schen Außen­mi­ni­ste­ri­ums, sag­te am 2. Februar:

„In den ver­gan­ge­nen Jah­ren haben Chi­na und der Vati­kan die Kom­mu­ni­ka­ti­on auf­recht­erhal­ten, und das Inte­rims­ab­kom­men zwi­schen dem Hei­li­gen Stuhl und der Volks­re­pu­blik Chi­na über die Ernen­nung von Bischö­fen wur­de gut umge­setzt. Chi­na ist bereit, die Bezie­hun­gen zum Vati­kan im Gei­ste des gegen­sei­ti­gen Respekts und des gleich­be­rech­tig­ten Dia­logs zu verbessern.“

Die Aus­sa­ge ist zum Groß­teil eine Stan­dard­flos­kel, mit der die chi­ne­si­sche Diplo­ma­tie eine Nicht-Aver­si­on signa­li­siert. Sie wird seit der Unter­zeich­nung des Geheim­ab­kom­mens vor bald bald sechs Jah­ren ver­wen­det, ganz egal ob in der betref­fen­den Zeit Bischö­fe im Ein­ver­neh­men mit Rom oder ein­sei­tig ernannt oder sogar ver­haf­tet wur­den. Die Regeln des Spiels dik­tiert, soviel scheint offen­sicht­lich, Peking.

Zunehmende geopolitische Unruhe

Immer­hin akzep­tiert das kom­mu­ni­sti­sche Chi­na, zumin­dest in rudi­men­tä­ren Ansät­zen, eine eigen­stän­di­ge Rol­le des Hei­li­gen Stuhls. Die­ser unter­hält näm­lich als nur mehr einer von zwölf Staa­ten diplo­ma­ti­sche Bezie­hun­gen mit der Repu­blik Chi­na, dem ande­ren Chi­na, das nach dem Bür­ger­krieg, in dem die Natio­nal­chi­ne­sen den Rot­chi­ne­sen unter­la­gen, 1949 auf der Insel Tai­wan (For­mo­sa) errich­tet wurde.

Offi­zi­el­le diplo­ma­ti­sche Ver­tre­tun­gen zwi­schen Rom und Peking gibt es hin­ge­gen seit 75 Jah­ren nicht mehr. Von den Staa­ten, die sol­che wol­len, ver­lan­gen die Kom­mu­ni­sten, die diplo­ma­ti­schen Bezie­hun­gen zu Tai­wan abzu­bre­chen. Das haben fast alle der welt­weit der­zeit 193 aner­kann­ten Staa­ten getan, auch die USA, bereits 1979. Auf nie­der­schwel­li­ger Ebe­ne sind die Bezie­hun­gen natür­lich auf­recht­ge­blie­ben. Tai­wan lebt vom Schutz durch die USA.

Auf Insel-Chi­na sind der­zeit zwei Bewe­gun­gen im Gan­ge: ein­mal die Ent­sor­gung des Per­so­nen­kul­tes um den 1975 ver­stor­be­nen Staats­grün­der Tschiang Kai-schek, dem Anfüh­rer von Natio­nal­chi­na, der übri­gens ein Schwa­ger von Mao Tse-tung, dem Anfüh­rer von Rot­chi­na, war; zum ande­ren die mas­si­ve Auf­rü­stung der Insel. Bei­de Staa­ten, Fest­land-Chi­na und Insel-Chi­na, betrach­ten Chi­na als Ein­heit und lei­ten dar­aus gegen­sei­ti­ge Ansprü­che ab. Die Situa­ti­on ist ver­gleich­bar dem Dua­lis­mus BRD und DDR und Nord­ko­rea und Süd­ko­rea als Fol­ge des Ost-West-Kon­flik­tes nach 1945.

Ins­ge­samt sind die welt­wei­ten Mili­tär­aus­ga­ben so hoch wie nie zuvor, das gilt auch für den Fer­nen Osten, wie das Stock­holm Inter­na­tio­nal Peace Rese­arch Insti­tu­te (SIPRI) soeben in einem Bericht vor­leg­te. Sie sind 2023 gegen­über dem Vor­jahr um 6,8 Pro­zent ange­stie­gen. Die Welt rüstet auf. Der Kon­flikt zwi­schen der Volks­re­pu­blik Chi­na und der Repu­blik Chi­na gilt nach dem Ukrai­ne­krieg und dem Nah­ost-Kon­flikt als die drit­te gro­ße Gefah­ren­zo­ne für einen bewaff­ne­ten Zusammenprall.

In die­sem Kon­text agiert die vati­ka­ni­sche Diplomatie.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Wikicommons/​MiL (Screen­shots)

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