„Das Synodensekretariat ist sehr effektiv in der Kunst der Manipulation“

Schreiben von Kardinal Zen an die Synodalen


Kardinal Joseph Zen schrieb am 21. September den Synodalen der Synodalitätssynode, um ihnen auch auf diesem Weg seine Bedenken mitzuteilen und sie aufzufordern, die vorgesehene Synodenregie abzulehnen.
Kardinal Joseph Zen schrieb am 21. September den Synodalen der Synodalitätssynode, um ihnen auch auf diesem Weg seine Bedenken mitzuteilen und sie aufzufordern, die vorgesehene Synodenregie abzulehnen.

(Rom) Die „Syn­oden-Show“ in Rom, wie man gestern in einer spon­ta­nen Reak­ti­on aus­rief, hat begon­nen. Damit ist gewiß nicht die Zele­bra­ti­on der Papst­mes­se auf dem Peters­platz zum Gedenk­tag des hei­li­gen Franz von Assi­si gemeint. Viel­mehr schon der thea­tra­li­sche Run­de Tisch, der anschlie­ßend auf dem­sel­ben Platz mit Papst Fran­zis­kus statt­fand. Doch inter­es­sie­ren soll an die­ser Stel­le ein Schrei­ben, das Kar­di­nal Joseph Zen, der eme­ri­tier­te Bischof von Hong­kong und graue Emi­nenz der chi­ne­si­schen Unter­grund­kir­che, eine Sym­bol­ge­stalt des beharr­li­chen Wider­stands gegen die kom­mu­ni­sti­sche Unter­drückung, an alle Syn­oda­len gerich­tet hat.

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Der 92jährige gei­stig rüsti­ge Kar­di­nal gehört zu den Unter­zeich­nern der Dubia, die Papst Fran­zis­kus am 21. August über­mit­telt, von ihm aber bis­her nicht beant­wor­tet wur­den. Um genau zu sein, will er sie bereits am 11. Juli beant­wor­tet haben mit einem sie­ben­sei­ti­gen Schrei­ben, das noch mehr Fra­gen auf­wirft und Ver­wir­rung stif­tet als jene, die ohne­hin schon im Raum stan­den und Anlaß für die Dubia waren.

Das Schrei­ben des Kar­di­nals stammt vom 21. Sep­tem­ber und ist an die 365 Syn­oden­teil­neh­mer gerich­tet. Ob es sie erreich­te, ist eine ande­re Fra­ge. Bereits 2014, bei der ersten Bischofs­syn­ode, die unter Fran­zis­kus statt­fand, wur­den Schrift­stücke von Syn­oda­len und ande­ren Kir­chen­ver­tre­tern, die nicht die gewünsch­te Mei­nung ver­tra­ten, nicht wei­ter­ge­lei­tet. Erst­mals kann auch nicht mehr von einer Bischofs­syn­ode gespro­chen wer­den, da auch Nicht-Bischö­fe und Lai­en, dar­un­ter 54 Frau­en, stimm­be­rech­tig­te Syn­oda­len sind.

Gestern, zum Syn­oden­auf­takt, wur­de das Schrei­ben von Kar­di­nal Zen über zwei Medi­en, The Pil­lar und CNA, öffent­lich bekannt. „Alt wie ich bin“, habe er nach welt­li­chen Maß­stä­ben „nichts zu gewin­nen oder zu ver­lie­ren“, Sei­ne ern­sten Beden­ken an der vor­ge­se­he­nen Syn­oden­me­tho­de woll­te er aber auf die­se per­sön­li­che Wei­se eigens deponieren.

Kar­di­nal Zen infor­miert die Syn­oda­len, daß in den Jah­ren 2014–2017 die Fra­ge über die „Syn­oda­li­tät im Leben und in der Sen­dung der Kir­che“ von der Inter­na­tio­na­len Theo­lo­gen­kom­mis­si­on, die bei der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on (heu­te Glau­bens­dik­aste­ri­um) ange­sie­delt ist, genau stu­diert und das Ergeb­nis im gleich­na­mi­gen Doku­ment fest­ge­hal­ten, aber in kei­ner Wei­se für das Arbeits­do­ku­ment, das Instru­men­tum labo­ris, der Syn­ode ver­wen­det wurde.

Der Kar­di­nal äußert zudem sei­ne Befürch­tung, daß der deut­sche „Syn­oda­le Weg“ zum nivel­lie­ren­den Modell für die Gesamt­kir­che gemacht wer­den soll, jenes „Modell“ also, das zwar nicht die Zustim­mung von Fran­zis­kus erhielt, aber von die­sem auch nicht gestoppt wurde.

Kar­di­nal Zen warnt vor die­sem deut­schen Weg, der „eine revo­lu­tio­nä­re Ver­än­de­rung in der Ver­fas­sung der Kir­che und in der Leh­re über die Sexu­al­mo­ral“ anstrebt. Das wur­de, so der Pur­pur­trä­ger, den deut­schen Bischö­fen von hun­dert Kar­di­nä­len und Bischö­fen atte­stiert, ohne daß die­se „ihren Irr­tum“ ein­ge­se­hen hätten.

Kar­di­nal Zen wird noch deutlicher:

„Das Gene­ral­se­kre­ta­ri­at der Syn­ode ist sehr effek­tiv in der Kunst der Manipulation“.

Er führt die­sen schwer­wie­gen­den, aber schon seit der ersten Bischofs­syn­ode unter Papst Fran­zis­kus im Jahr 2014 geäu­ßer­ten Vor­wurf näher aus:

„Sie begin­nen damit, daß sie sagen, daß wir allen zuhö­ren müs­sen, und nach und nach geben sie uns zu ver­ste­hen, daß es unter die­sen ‚allen‘ vor allem jene gibt, die wir ‚aus­ge­schlos­sen‘ haben. Schließ­lich ver­ste­hen wir, daß die sich für eine ande­re Sexu­al­mo­ral als die der katho­li­schen Tra­di­ti­on entscheiden.“

Jene in der Kir­che, die der Kar­di­nal kri­ti­siert, wür­den oft behaup­ten, „kein Pro­gramm“ zu haben, „das aber ist wirk­lich eine Belei­di­gung unse­rer Intel­li­genz. Jeder kann sehen, auf wel­che Schluß­fol­ge­run­gen sie abzielen.“

„Sie spre­chen vom ‚Gespräch im Gei­ste‘, als ob es sich dabei um eine Zau­ber­for­mel han­deln wür­de. Und sie laden alle ein, ‚Über­ra­schun­gen‘ vom Geist zu erwar­ten (offen­sicht­lich sind sie bereits dar­über infor­miert, wel­che Über­ra­schun­gen sie erwar­ten kön­nen). Bedeu­tet dies, daß Kon­sens und Ein­stim­mig­keit auf wun­der­sa­me Wei­se zustan­de kommen?“

Der Kar­di­nal kri­ti­siert auch, daß die Syn­oden­ar­bei­ten in klei­nen Arbeits­krei­sen begin­nen, wo doch zunächst die Debat­te in der Ver­samm­lung not­wen­dig wäre, da nur „auf die­se Wei­se die umstrit­ten­sten Pro­ble­me auf­tau­chen, Pro­ble­me, die eine wirk­li­che Dis­kus­si­on erfordern“.

Absicht sei, so der Kar­di­nal, die sakra­men­ta­le Hier­ar­chie der Kir­che durch Demo­kra­tie zu erset­zen, um (eine neue) Glau­bens­leh­re fest­zu­le­gen. Dabei wer­de nur so getan, als sei man „demo­kra­tisch“, so der Kar­di­nal. In Wirk­lich­keit sehe er chi­ne­si­sche kom­mu­ni­sti­sche Tak­ti­ken am Werk, denn es hand­le sich um Mani­pu­la­teu­re und Revo­lu­tio­nä­re wie im Kom­mu­nis­mus. Es gehe um eine Form von „demo­kra­ti­schem Zen­tra­lis­mus“, der von einer Art „Zen­tral­ko­mi­tee“ aus­ge­übt wer­de wie in den kom­mu­ni­sti­schen Parteien.

Der Kar­di­nal emp­fiehlt daher ein Ver­fah­ren wie in der Ver­gan­gen­heit, „nicht weil ‚es schon immer so war‘, son­dern weil es das Ver­nünf­tig­ste ist, was man tun kann“. Wer die offe­ne Kon­fron­ta­ti­on mei­de, ver­hin­de­re in Wirk­lich­keit die Wahrheit.

Damit wen­det sich der Kar­di­nal unter ande­rem gegen das Wahl­recht für Lai­en, das ein Novum die­ser Syn­ode ist:

„Wäre ich eines der Syn­oden­mit­glie­der, wür­de ich hef­tig pro­te­stie­ren, denn die­se Ent­schei­dung ver­än­dert radi­kal das Wesen der Syn­ode, die Papst Paul VI. als Instru­ment der bischöf­li­chen Kol­le­gia­li­tät kon­zi­piert hat­te, auch wenn im Gei­ste der Syn­oda­li­tät Lai­en als Beob­ach­ter mit der Mög­lich­keit, sich zu Wort zu mel­den, zuge­las­sen wurden.“

Nicht ohne Grund stellt der Kar­di­nal die Fra­ge in den Raum: 

„Sind wir sicher, daß die­se ein­ge­la­de­nen Lai­en glau­bens­treu sind, daß sie wenig­stens noch in die Kir­che gehen?“

Wäh­rend bei den Bischö­fen ein­deu­tig sei, wen sie reprä­sen­tie­ren, näm­lich ihre Juris­dik­ti­on, sei das bei den ein­ge­la­de­nen Lai­en völ­lig unklar.

Auch die erneu­te Zwei­tei­lung der Syn­ode, wie es bereits bei der Fami­li­en­syn­ode 2014 und 2015 der Fall war, indem für 2024 eine zwei­te Ses­si­on vor­ge­se­hen ist, wird von Kar­di­nal Zen kritisiert:

„Mein dunk­ler Ver­dacht ist, daß die Orga­ni­sa­to­ren sich für mehr Zeit zum Manö­vrie­ren ent­schei­den, weil sie sich nicht sicher sind, ob sie ihre Zie­le wäh­rend die­ser Sit­zung errei­chen können.“

Der Kar­di­nal erin­ner­te auch an den Vor­wurf, der von drei­zehn Kar­di­nä­len mit einem Beschwer­de­brief vor Beginn der zwei­ten Fami­li­en­syn­ode 2015 gegen „vor­ge­fer­tig­te Ergeb­nis­se“ erho­ben wur­de. Zugleich ruft er die Syn­oda­len auf, sich gegen die unan­ge­mes­se­nen Metho­den für die begin­nen­de Syn­ode zu wenden:

„Ein unan­ge­mes­se­nes Ver­fah­ren zu akzep­tie­ren bedeu­tet, die Syn­ode zum Schei­tern zu verurteilen“.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Wiki­com­mons

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3 Kommentare

  1. Im Maga­zin BENE des Bis­tums Essen steht in einer Stel­lung­nah­me zum deut­schen syn­oda­len Weg: „Die Ergeb­nis­se des Syn­oda­len Weges haben nur einen bera­ten­den, kei­nen ver­pflich­ten­den Charakter.“ 

    Wenn nun der deut­sche „Syn­oda­le Weg“ zum „nivel­lie­ren­den Modell“ wird, ist dann auch hier ein nicht ver­pflich­ten­der Cha­rak­ter zu erwarten? 

    Der Teu­fel ver­sucht in der End­zeit so vie­le See­len wie mög­lich mit her­ab­zu­rei­ßen. Weil der Mensch als Got­tes Schöp­fung frei in sei­ner Ent­schei­dung ist, was auch der Teu­fel aner­ken­nen muß, kann der Mensch nur dann her­ab­ge­ris­sen wer­den, wenn er sich frei­wil­lig dazu ent­schei­det. Es geht um das See­len­heil und das kom­men­de Jüng­ste Gericht. Nie­mand kann im Gericht für Din­ge gerich­tet wer­den, zu denen er gezwun­gen war. Das Aus­maß der Sün­de hängt von der Frei­wil­lig­keit ab. Die Ver­lockung der Sün­de liegt in der Akzep­tanz, im Bei­fall, in der Reak­ti­on der Welt. Der Teu­fel ver­spricht alle Rei­che der Welt. Aber er zwingt nicht. 

    Es geht in erster Linie nicht um die Katho­li­sche Kir­che. Es geht um den ein­zel­nen Men­schen. Der ein­zel­ne ist dem aus­ge­setzt, was ihn her­ab­rei­ssen kann. Die Syn­ode und was mit ihr zusam­men­hängt ist nicht Geg­ner der Kir­che, sie ist Geg­ner der Menschen. 

    Alle jetzt ablau­fen­den Pro­zes­se haben einen vor­über­ge­hen­den Cha­rak­ter. Sie sind mit dem Gericht been­det. Wir wis­sen, die Kir­che wird mit dem Gericht in einer neu­en Form wiederhergestellt. 

    Der Weg zum Gericht wird tra­di­tio­nell als Gna­den­zeit bezeich­net. Die Gna­den­zeit ist dadurch gekenn­zeich­net, daß Gott han­delt. Wir müs­sen immer Gott in unser Han­deln ein­be­zie­hen und Geduld haben. Vie­les sieht unab­wend­bar aus, aber gelingt dann doch, weil der Herr han­delt. Grund­vor­aus­set­zung ist immer die Bekennt­nis zu Jesus Chri­stus. Aus der Bekennt­nis haben wir die Stär­ke, nicht aus uns selbst. Der, der in uns ist, ist stär­ker, als der der in der Welt ist, ver­kün­det Paulus.

  2. Die Syn­oden-Show hat was von einem kom­mu­ni­sti­schen Par­tei­tag: Die Beschlüs­se sind längst gefal­len und alles wird groß­ar­tig als pseu­do-demo­kra­ti­sche Par­ti­zi­pa­ti­on der Mas­sen ver­kauft. Der Unter­schied ist: Man schiebt alles noch recht „katho­lisch“ hübsch dem Hei­li­gen Geist in die Schu­he, den man in blas­phe­mi­scher Wei­se für die eige­ne, kir­chen­feind­li­che Agen­da instrumentalisiert.

    • Und dann gilt Mat­thä­us 12,31: „Alle Sün­de und Läste­rung wird den Men­schen ver­ge­ben, aber die Läste­rung wider den Geist wird den Men­schen nicht vergeben.“

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