
(Rom) Fünf Kardinäle haben im vergangenen Sommer fünf Dubia (Zweifel) an Papst Franziskus gerichtet, die zentrale Aspekte der bevorstehenden Synodalitätssynode betreffen. Dubia sind die innerkirchlich legitime Form, um vom Kirchenoberhaupt die Klärung offener Fragen, zu denen Zweifel bestehen, zu erwirken. Doch Franziskus reagiert, wie er es bereits 2016 getan hat, als ihm vier Kardinäle Dubia zum umstrittenen nachsynodalen Schreiben Amoris laetitia unterbreiteten: Er schweigt (aber nicht ganz). Das Vorbringen der Dubia ist dennoch von großer Bedeutung.
Die Namen fünf namhafter Kardinäle stehen unter den Dubia, die nun öffentlich bekanntgegeben wurden. Es sind: Walter Kardinal Brandmüller (Deutschland), Raymond Kardinal Burke (USA), Juan Kardinal Sandoval Íñiguez (Mexiko), Robert Kardinal Sarah (Guinea) und Joseph Kardinal Zen Ze-kiun (China). Sie repräsentieren alle Erdteile ausgenommen Ozeanien, doch darf mit Sicherheit angenommen werden, daß der Anfang des Jahres verstorbene Kardinal George Pell die Dubia unterzeichnet hätte, so der Vatikanist Sandro Magister.
Magister ist es auch, dem die Kardinäle die Veröffentlichung ihrer Zweifel anvertrauten. Er legte heute eine Chronologie der jüngsten Dubia vor, die am 10. Juli Papst Franziskus und dem Präfekten des Glaubensdikasteriums übermittelt wurden. Anders als 2016, als die Kardinäle Walter Brandmüller, Raymond Burke, Carlo Caffarra und Joachim Meisner Dubia zu Amoris laetitia vorlegten, reagierte Papst Franziskus dieses Mal umgehend. Bereits am nächsten Tag setzte er ein Antwortschreiben auf, das die Kardinäle am 13. Juli erreichte. Diese kamen jedoch überein, daß die Antwort, trotz ihrer Länge von sieben auf Spanisch geschriebenen Seiten, keine Antwort ist. Der Papst reagierte zwar schnell, doch mit einem ausweichenden und vagen Wortschwall, sodaß keines der Dubia von ihm geklärt wurde.
Aus diesem Grund faßten die fünf Kardinäle den Entschluß, ihre Zweifel nach 40 Tagen, am 21. August, erneut dem Papst vorzulegen, diesmal allerdings in einer schärferen Formulierung.
Die fünf Fragen betreffen zentrale Bereiche der Glaubenslehre und der Moral und beziehen sich auf die Synodalitätssynode, deren erste Session am 4. Oktober beginnen wird. Die zweite Session soll dann im Herbst 2024 folgen.
Seither sind weitere 40 Tage vergangen, ohne daß sie eine Antwort von Santa Marta erhalten haben. Deshalb haben die fünf Kardinäle sich entschlossen, ihre Dubia öffentlich bekanntzumachen. Damit folgen sie dem Vorgehen jener vier Kardinäle, die 2016 Dubia zu Amoris laetitia vorlegten. Zwei der damaligen Unterzeichner sind verstorben, ohne eine Antwort zu bekommen. Die anderen beiden sind nun wiederum Initiatoren und Unterzeichner der neuen Dubia. In der Tat überschneiden sie sich auch inhaltlich.
Den Inhalt der Dubia faßt Magister zusammen:
„Die Unterzeichner fragen den Papst, ob die Kirche in Fragen des Glaubens und der Moral das Gegenteil von dem lehren kann, was sie immer gelehrt hat, und ob einer Synode wie der laufenden, die sich auch aus einfachen Getauften zusammensetzt, die Autorität verliehen werden kann, die immer ausschließlich dem Papst und den Bischöfen zustand.“
Neben diesen grundsätzlichen Zweifeln gehen die fünf Purpurträger auch auf einige konkrete Punkte ein:
- die Segnung homosexueller Paare
- den Zugang von Frauen zum Weihesakrament
- die bedingungslose Absolution in der Beichte für alle und immer
Die blitzschnelle Antwort von Franziskus, die am 11. Juli erfolgte, trägt zwar seine Unterschrift, entspricht aber in ihrem Schreibstil dem päpstlichen Protegé und Ghostwriter Victor Manuel Fernández, den Franziskus zum neuen Glaubenspräfekten ernannte und am Samstag zum Kardinal kreierte. Seine Texte sind wortreich, blumig, aber inhaltsschwach.
Die neuen Dubia, mit denen die fünf Kardinäle auf die Nicht-Antwort des Papstes reagierten, sind so formuliert, daß sie eindeutig mit einem „Ja“ oder „Nein“ zu beantworten sind – „ohne Schlupflöcher“, wie Sandro Magister ergänzt. Diese sind unter Franziskus zum römischen Markenzeichen geworden, wo „Klärungen“ notwendig wurden. So hatte Glaubenspräfekt Luis Kardinal Ladaria SJ auf ein Dubium zur Segnung homosexueller Paare 2021, mit Zustimmung von Franziskus, eine klärende Antwort gegeben. Doch kurz nachdem das Dokument der Glaubenskongregation veröffentlicht worden war, fiel Franziskus seinem Glaubenspräfekten in den Rücken und widersprach mehrfach. Auf diese Weise aber werden Dokumente römischer Institutionen überflüssig und wertlos, wie die Unterzeichner der neuen Dubia befanden. Es muß Franziskus selbst sein, der vor aller Welt klare und eindeutige Antworten gibt.
Genau das aber sagt Franziskus ganz und gar nicht zu. Er mag es nicht, sich festnageln zu lassen, eine eindeutige und unmißverständliche Antwort zu geben. Und noch weniger mag er es, gedrängt zu werden. Was er mag, ist völliger Handlungsspielraum und die Möglichkeit, bei Bedarf eine Aussage in eine andere Richtung korrigieren zu können, notfalls auch, daß sie dem Gegenteil des zuvor Gesagten entspricht.
Genau diese Verschwommenheit, die schwarz und weiß meidet und sich bevorzugt im Graubereich aufhält, in dem man gegebenenfalls abtauchen und sich verstecken kann, das ist es, was Franziskus zusagt.
Kardinal Ladaria, ein Jesuit wie Franziskus, weshalb der Papst von ihm mit absoluter Loyalität rechnen konnte, wurde inzwischen vom Papst durch seinen erwähnten Ziehsohn Kardinal Fernández ersetzt. Der 2021 in der Homo-Frage von Franziskus vor aller Welt gedemütigte Ladaria zog aus dem Verhalten des Papstes, nun, da er nicht mehr dienstverpflichtet ist, seine persönlichen Konsequenzen und gab bekannt, daß er nicht an der Synodalitätssynode teilnehmen werde.

Die klare Vorgabe der am 21. August vorgelegten Dubia, die ein „Ja“ oder ein „Nein“ verlangen, erhielt von Franziskus keine Antwort mehr. Und sie werden auch keine erhalten. Rom wird darauf beharren, bereits geantwortet zu haben.
Die Dubia vom 21. August sind bewußt in jenem Stil der Klarheit formuliert wie die Dubia von 2016. Eine der beiden Antworten entspricht der kirchlichen Lehre, die andere ihrem Gegenteil. Franziskus müßte sich damit eindeutig bekennen oder offen erklären, nicht mehr mit der überlieferten Lehre übereinzustimmen und damit das Petrusamt verlieren.
Bereits 2016 gab es, wie sein Umfeld durchsickern ließ, zornige Ausbrüche in Santa Marta wegen der ihm damals vorgelegten Dubia zu Amoris laetitia. Der päpstliche Zorn richtete sich ausdrücklich gegen die Formulierungsart: Ein Nein zur kirchlichen Lehre kam a priori nicht in Frage, denn es hätte den Anfang vom sicheren Ende eines unrühmlichen Pontifikats bedeutet. Ein Ja zur kirchlichen Lehre, die eine Selbstverständlichkeit für einen Papst sein sollte, wollte Franziskus aber nicht abgeben, weil es das ganze „Werk“ seines Pontifikats in Frage stellen würde, die kirchliche Lehre in der Theorie unverändert zu lassen, aber in der Praxis umzugestalten und auf den Kopf zu stellen.
Franziskus möchte ein „Ja, aber“ zur Antwort geben, ein „Ja“, dem eine lange, nicht enden wollende Erklärung über Schattierungen, Graustufen, Ausnahmen aller Art und graduelle Abstufungen folgen würde.
Die fünf Kardinäle wenden sich heute mit folgender Erklärung an das gläubige Volk
Mitteilung an die Laien zu den an Papst Franziskus gerichteten „Dubia“
Brüder und Schwestern in Christus!
Wir, Mitglieder des heiligen Kardinalskollegiums, haben im Bewußtsein der Pflicht aller Gläubigen, „den heiligen Hirten ihre Gedanken über das, was das Wohl der Kirche betrifft, mitzuteilen“ (can. 212 § 3), und vor allem der Verantwortung der Kardinäle, die „dem Papst … als Einzelne … besonders in der täglichen Sorge um die Gesamtkirche beistehen“ (can. 349), in Anbetracht verschiedener Erklärungen einiger hoher Prälaten bezüglich der Durchführung der nächsten Bischofssynode, die eindeutig im Widerspruch zur ständigen Lehre und Disziplin der Kirche stehen und die bei den Gläubigen und anderen Menschen guten Willens große Verwirrung hervorgerufen haben – in einem Fall sogar einen Irrtum – und weiterhin hervorrufen, dem Papst unsere tiefste Besorgnis mitgeteilt.
Unter Rückgriff auf die bewährte Praxis, einem Oberen „dubia“ [Fragen] vorzulegen, um ihm Gelegenheit zu geben, durch seine „responsa“ [Antworten] die Lehre und Disziplin der Kirche zu klären, haben wir Papst Franziskus mit unserem Schreiben vom 10. Juli 2023 fünf „dubia“ [Fragen] vorgelegt, von denen eine Kopie beigefügt ist. Papst Franziskus hat uns mit Schreiben vom 11. Juli 2023 geantwortet.
Nach dem Studium dieses Briefes, der nicht der Praxis der „responsa ad dubia“ [Antworten auf Fragen] folgte, haben wir die „dubia“ neu formuliert, um eine klare Antwort zu erhalten, die auf der immerwährenden Lehre und Disziplin der Kirche beruht. Mit unserem Schreiben vom 21. August 2023 haben wir die umformulierten „dubia“ dem Papst vorgelegt, eine Kopie davon ist beigefügt. Bis heute haben wir keine Antwort erhalten.
In Anbetracht der Ernsthaftigkeit der Angelegenheit der „dubia“, insbesondere im Hinblick auf die oben erwähnte bevorstehende Session der Bischofssynode, haben wir es für unsere Pflicht gehalten, Sie, die Gläubigen, zu informieren (can. 212 § 3), damit Sie nicht Verwirrung, Irrtum und Entmutigung ausgesetzt sind, und Sie zu bitten, für die Gesamtkirche und insbesondere für den Papst zu beten, damit das Evangelium immer klarer gelehrt und immer treuer befolgt wird.
Mit freundlichen Grüßen in Christus,
Walter Card. Brandmüller
Raymond Leo Card. Burke
Juan Card. Sandoval Íñiguez
Robert Card. Sarah
Joseph Karde. Zen Ze-kiun
Rom, 2. Oktober 2023
Und nun das Schreiben und die fünf Dubia, wie sie die fünf Kardinäle am 21. August Papst Franziskus vorgelegt haben:
An Seine Heiligkeit Franziskus, den Papst
Heiliger Vater!
Wir sind sehr dankbar für die Antworten, die Ihr uns freundlicherweise gegeben habt. Wir möchten zunächst klarstellen, daß wir Euch diese Fragen nicht aus Furcht vor dem Dialog mit den Menschen unserer Zeit gestellt haben, auch nicht aus Angst vor den Fragen, die sie uns über das Evangelium Christi stellen könnten. Denn wir sind ebenso wie Eure Heiligkeit davon überzeugt, daß das Evangelium dem menschlichen Leben Fülle verleiht und Antworten auf alle unsere Fragen bietet. Die Sorge, die uns bewegt, ist eine andere: Wir sehen mit Sorge, daß es Seelsorger gibt, die an der Fähigkeit des Evangeliums zweifeln, die Herzen der Menschen zu verwandeln, und ihnen schließlich keine gesunde Lehre, sondern „Lehren nach ihren eigenen Wünschen“ (vgl. 2 Tim 4,3) vorschlagen. Wir sind auch besorgt darüber, daß nicht verstanden wird, daß die Barmherzigkeit Gottes nicht darin besteht, unsere Sünden zuzudecken, sondern viel größer ist, weil sie uns befähigt, auf Seine Liebe zu antworten, indem wir Seine Gebote halten, das heißt, uns bekehren und an das Evangelium glauben (vgl. Mk 1,15).
Mit der gleichen Aufrichtigkeit, mit der Ihr uns geantwortet habt, müssen wir hinzufügen, daß Eure Antworten die Zweifel, die wir geäußert hatten, nicht ausgeräumt, sondern vielmehr noch vertieft haben. Wir sehen uns daher veranlaßt, diese Fragen erneut und neu formuliert an Eure Heiligkeit zu richten, der Ihr als Nachfolger des Petrus vom Herrn beauftragt seid, Eure Brüder im Glauben zu stärken. Dies ist umso dringlicher angesichts der bevorstehenden Synode, die viele dazu nutzen wollen, die katholische Lehre zu genau den Themen zu verleugnen, um die es in unseren „Dubia“ geht. Wir stellen daher unsere Fragen neu, sodaß sie mit einem einfachen „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden können.
1. Eure Heiligkeit besteht darauf, daß die Kirche ihr Verständnis des Glaubensgutes vertiefen kann. Dies ist in der Tat das, was Dei Verbum 8 lehrt und zur katholischen Lehre gehört. Ihre Antwort erfaßt jedoch nicht unser Anliegen. Viele Christen, darunter auch Pastoren und Theologen, argumentieren heute, daß die kulturellen und anthropologischen Veränderungen unserer Zeit die Kirche dazu bringen sollten, das Gegenteil von dem zu lehren, was sie immer gelehrt hat. Dies betrifft Fragen, die für unser Heil wesentlich und nicht zweitrangig sind, wie das Bekenntnis des Glaubens, die subjektiven Bedingungen für den Zugang zu den Sakramenten und die Einhaltung des Sittengesetzes. Wir wollen daher unser „dubium“ neu formulieren:
- Ist es der Kirche heute möglich, Lehren zu verbreiten, die im Widerspruch zu dem stehen, was sie früher in Fragen des Glaubens und der Moral gelehrt hat, sei es durch den Papst „ex cathedra“, sei es durch die Definitionen eines ökumenischen Konzils, sei es durch das allgemeine ordentliche Lehramt der über die ganze Welt verstreuten Bischöfe (vgl. Lumen Gentium, 25)?
2. Eure Heiligkeit hat darauf bestanden, daß es keine Verwechslung zwischen der Ehe und anderen Arten von Verbindungen sexueller Natur geben darf und daß daher jeder Ritus oder jede sakramentale Segnung gleichgeschlechtlicher Paare, die zu einer solchen Verwechslung führen würde, vermieden werden sollte. Unsere Sorge ist jedoch eine andere: Wir sind besorgt, daß die Segnung homosexueller Paare in jedem Fall Verwirrung stiften könnte, nicht nur dann, wenn sie den Anschein einer Analogie zur Ehe erwecken könnte, sondern auch insofern, als homosexuelle Handlungen praktisch als etwas Gutes oder zumindest als ein mögliches Gutes dargestellt würden, das Gott von den Menschen auf ihrem Weg zu ihm verlangt. Wir formulieren also unseren Zweifel neu:
- Ist es möglich, daß ein Pfarrer unter bestimmten Umständen die Ehe zwischen homosexuellen Personen segnen kann und damit impliziert, daß homosexuelles Verhalten als solches nicht im Widerspruch zum Gesetz Gottes und zum Weg der Person zu Gott steht? In Verbindung mit diesem „dubium“ muß ein weiteres aufgeworfen werden: Bleibt die vom universalen ordentlichen Lehramt vertretene Lehre gültig, wonach jede sexuelle Handlung außerhalb der Ehe und insbesondere homosexuelle Handlungen eine objektiv schwere Sünde gegen das Gesetz Gottes darstellen, unabhängig von den Umständen, unter denen sie stattfinden, und der Absicht, mit der sie vollzogen werden?
3. Ihr habt darauf bestanden, daß die Kirche eine synodale Dimension hat, daß alle, auch die Laien, aufgerufen sind, daran teilzunehmen und ihre Stimme zu erheben. Unsere Schwierigkeit ist jedoch eine andere: Sie stellen heute die künftige Synode als „Synodalität“ dar, als ob sie in Gemeinschaft mit dem Papst die höchste Autorität der Kirche darstellen würde. Die Bischofssynode ist jedoch ein beratendes Organ des Papstes, sie vertritt nicht das Bischofskollegium und kann die in ihr behandelten Fragen nicht lösen oder Dekrete dazu erlassen, es sei denn, der Papst, dessen Aufgabe es ist, die Beschlüsse der Synode zu ratifizieren, hat ihr in bestimmten Fällen ausdrücklich eine Beratungsbefugnis erteilt (vgl. can. 343 C.I.C.). Das ist insofern ein entscheidender Punkt, als die Nichtbeteiligung des Bischofskollegiums an Fragen, wie sie die bevorstehende Synode aufwerfen will und die die Verfassung der Kirche selbst berühren, genau der Wurzel jener Synodalität zuwiderlaufen würde, die sie zu fördern vorgibt. Erlauben Sie uns daher, unser „dubium“ neu zu formulieren:
- Wird die Bischofssynode, die in Rom abgehalten werden soll und der nur eine ausgewählte Vertretung von Hirten und Gläubigen angehört, in den lehrmäßigen oder pastoralen Fragen, zu denen sie sich äußern soll, die höchste Autorität der Kirche ausüben, die ausschließlich dem römischen Papst und, „una cum capite suo“, dem Bischofskollegium zukommt (vgl. can. 336 C.I.C.)?
4. In Eurer Antwort haben Eure Heiligkeit deutlich gemacht, daß die Entscheidung des heiligen Johannes Paul II. in „Ordinatio sacerdotalis“ endgültig ist, und Ihr habt zu Recht hinzugefügt, daß es notwendig ist, das Priestertum nicht im Sinne der Macht, sondern im Sinne des Dienstes zu begreifen, um die Entscheidung unseres Herrn, die Weihe nur Männern vorzubehalten, richtig zu verstehen. Andererseits habt Ihr im letzten Punkt Eurer Antwort hinzugefügt, daß die Frage noch weiter erforscht werden kann. Wir sind besorgt, daß einige diese Aussage dahingehend interpretieren könnten, daß die Angelegenheit noch nicht endgültig entschieden ist. Johannes Paul II. erklärt in „Ordinatio sacerdotalis“, daß diese Lehre vom ordentlichen und universalen Lehramt unfehlbar gelehrt worden ist und daher zum Glaubensgut gehört. Dies war die Antwort der Kongregation für die Glaubenslehre auf ein „dubium“, das bezüglich des apostolischen Schreibens erhoben wurde, und diese Antwort wurde von Johannes Paul II. selbst gebilligt. Wir müssen also unser „dubium“ neu formulieren:
- Könnte die Kirche in Zukunft die Möglichkeit haben, Frauen die Priesterweihe zu erteilen und damit im Widerspruch dazu stehen, daß der ausschließliche Vorbehalt dieses Sakraments für getaufte Männer zum Wesen des Weihesakraments gehört, das die Kirche nicht ändern kann?
5. Am Ende bestätigte Eure Heiligkeit die Lehre des Konzils von Trient, daß die Gültigkeit der sakramentalen Absolution die Reue des Sünders voraussetzt, die die Absicht einschließt, nicht mehr zu sündigen. Und Ihr habt uns aufgefordert, nicht an der unendlichen Barmherzigkeit Gottes zu zweifeln. Wir möchten noch einmal betonen, daß unsere Frage nicht aus dem Zweifel an der Größe der Barmherzigkeit Gottes stammt, sondern im Gegenteil aus dem Bewußtsein, daß diese Barmherzigkeit so groß ist, daß wir uns zu Ihm bekehren, unsere Schuld bekennen und so leben können, wie Er es uns gelehrt hat. Manche wiederum könnten Eure Antwort aber so interpretieren, daß die bloße Annäherung an die Beichte eine ausreichende Bedingung für den Erhalt der Absolution ist, da sie implizit das Sündenbekenntnis und die Reue einschließen könnte. Wir möchten daher unser „dubium“ neu formulieren:
Kann ein Pönitent die sakramentale Absolution gültig empfangen, wenn er zwar eine Sünde zugibt, sich aber weigert, in irgendeiner Weise die Absicht zu bekunden, sie nicht wieder zu begehen?
Vatikanstadt, 21. August 2023
Walter Card. Brandmüller
Raymond Leo Card. Burke
Juan Card. Sandoval Íñiguez
Robert Card. Sarah
Joseph Karde. Zen Ze-kiun
Die fünf Kardinäle verteidigen mit ihren Dubia die überlieferte Glaubens- und Morallehre der Kirche. Diesen Markstein haben sie in den Boden gerammt, ganz gleich, ob Papst Franziskus durch Schweigen, wie schon 2016, erneut versuchen wird, die Sache auszusitzen. Franziskus steht seit damals vor der Welt und der Kirchengeschichte als der Papst da, der sich geweigert hat, seinen Brüdern auf ernste Zweifel Antwort zu geben. Diese Weigerung bekräftigt er seit dem 21. August. Je länger Santa Marta dazu schweigt, desto stärker leuchten die Dubia in die Welt hinein und bieten den Gläubigen einen wichtigen Orientierungspunkt und zwar wenige Tage vor Beginn einer Synode, von der Kräfte, die Franziskus sehr nahestehen, den großen Umbruch erhoffen und entschlossen sind, ihn zu erreichen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: vatican.va (Screenshots)